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Er reichte ihr das Heft, damit sie sich selbst überzeugen konnte.

«Glaubst du mir nun? Das ist eine Firma in New York, Mabel. Steht alles wörtlich da.»

«Es steht aber nicht da, dass man es einem Baby in die Milch rühren darf», antwortete sie. «Ich weiß wirklich nicht, Albert, was du dir dabei gedacht hast.»

«Das Zeug hilft ihr doch, oder nicht?»

«So sicher bin ich da gar nicht mehr.»

«Sei nicht albern, Mabel. Du weißt, dass es hilft.»

«Dann müssten es andere Leute ihren Kindern ja auch geben.»

«Ich sage dir doch, dass es zu teuer ist», antwortete er. «Nur so zum Einnehmen kann sich kein Mensch in der Welt reines Gelée Royale leisten – höchstens vielleicht ein oder zwei Multimillionäre. Die Einzigen, die es kaufen, sind große Handelsgesellschaften, die Hautcreme und andere Schönheitsmittel für Frauen herstellen. Sie mischen ganz wenig davon in eine große Dose Creme, und das geht dann zu enormen Preisen ab wie warme Semmeln. Es soll die Runzeln glätten.»

«Und stimmt das?»

«Du lieber Himmel, wie soll ich das wissen, Mabel? Aber darauf» – er kehrte zu seinem Sessel zurück –, «darauf kommt es nicht an. Wichtig ist nur, dass dieses Gelée Royale unserer Kleinen in kürzester Zeit geholfen hat, und deshalb finde ich, wir sollten es ihr auch weiterhin geben. Nein, unterbrich mich nicht, Mabel. Lass mich ausreden. Ich habe draußen zweihundertvierzig Bienenkörbe, und wenn ich hundert davon auf die Produktion von Gelée Royale umstelle, dann können wir ihr so viel geben, wie sie braucht.»

«Albert Taylor», rief seine Frau und starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, «hast du denn den Verstand verloren?»

«Hör mich doch erst einmal an.»

«Ich verbiete dir das», sagte sie energisch. «Von diesem schrecklichen Gelée bekommt mein Kind keinen Tropfen mehr, verstanden?»

«Aber Mabel …»

«Außerdem hatten wir letztes Jahr eine erbärmliche Honigernte, und wenn du jetzt mit deinen Bienenkörben Unsinn machst, ist gar nicht abzusehen, wohin das führt.»

«Meine Bienenkörbe sind in Ordnung, Mabel.»

«Du weißt genau, dass wir letztes Jahr nur die Hälfte einer normalen Ernte hatten.»

«Tu mir einen Gefallen», bat er. «Lass mich etwas von der wunderbaren Wirkung dieser Substanz erzählen.»

«Du hast überhaupt noch nicht gesagt, was für ein Zeug das ist.»

«Schön, Mabel, auch das sollst du erfahren. Willst du zuhören? Willst du mir erlauben, darüber zu sprechen?»

Seufzend griff sie nach ihrem Strickzeug. «Also rede dir’s von der Seele, Albert. Fang an.»

Er zögerte, denn er wusste nicht recht, wie er beginnen sollte. Es war nicht leicht, so etwas zu erklären, wenn der andere keine Ahnung von Bienenzucht hatte.

«Du weißt wohl», sagte er, «dass jeder Schwarm nur eine Königin hat?»

«Ja.»

«Und dass diese Königin alle Eier legt?»

«Ja, Lieber, so viel weiß ich.»

«Schön. Die Königin kann zwei Arten von Eiern legen. Das wird dir neu sein, aber sie kann es. Wir nennen das eines der Wunder des Bienenstocks. Sie legt Eier, aus denen Drohnen hervorgehen, und sie legt Eier, aus denen Arbeitsbienen schlüpfen. Wenn das kein Wunder ist, Mabel …»

«Ja, Albert, wird schon so sein.»

«Die Drohnen sind die Männchen. Um die brauchen wir uns nicht zu kümmern. Die Arbeitsbienen sind alle weiblich. Und auch die Königin ist natürlich ein Weibchen. Aber es gibt da einen wichtigen Unterschied. Die Arbeiterinnen sind verkümmerte Weibchen, wenn du verstehst, was ich meine. Ihre Geschlechtsorgane sind ganz unentwickelt, während die Königin erstaunlich fruchtbar ist. Sie kann an einem einzigen Tag ihr eigenes Gewicht in Eiern legen.»

Er hielt inne, um seine Gedanken zu ordnen.

«Nun ist es so. Die Königin kriecht auf der Wabe umher und legt ihre Eier in das, was wir Zellen nennen. Du kennst doch die Honigwaben mit den vielen kleinen Löchern, nicht wahr? Nun, eine Brutwabe sieht ebenso aus, nur enthalten die Zellen keinen Honig, sondern Eier. Die Königin legt in jede Zelle ein Ei, und nach drei Tagen schlüpft aus jedem dieser Eier eine kleine Larve. Sobald das geschehen ist, wimmeln die Ammenbienen – das sind junge Arbeiterinnen – um die Larven herum und fangen wie wild an, sie zu füttern. Und weißt du, womit?»

«Mit Gelée Royale», antwortete Mabel geduldig.

«Richtig!», rief er. «Sie produzieren diesen sogenannten Futtersaft in einer Speicheldrüse und pumpen ihn in die Zelle, um die Larve damit zu ernähren. Und was geschieht dann?»

Er machte eine dramatische Pause, und seine kleinen hellgrauen Augen blinzelten vielsagend. Dann drehte er sich langsam um und griff nach der Zeitschrift, die er am Abend zuvor gelesen hatte.

«Möchtest du wissen, was dann geschieht?» Er feuchtete sich die Lippen an.

«Ich kann’s kaum erwarten.»

«‹Gelée Royale›», las er vor, «‹muss eine ungeheuer nahrhafte Substanz sein, denn die Bienenlarven, die mit nichts anderem gefüttert werden, haben nach fünf Tagen das Fünfzehnhundertfache ihres ursprünglichen Gewichtes erreicht.›»

«Wie viel?»

«Das Fünfzehnhundertfache, Mabel. Und weißt du, was das bedeutet, wenn man das Gewicht eines Menschen zugrunde legt? Es bedeutet» – er senkte die Stimme, beugte sich vor und blickte sie mit seinen kleinen hellen Augen an –, «es bedeutet, dass ein Baby von siebeneinhalb Pfund nach fünf Tagen fünf Tonnen wiegt!»

Zum zweiten Mal hörte Mrs. Taylor auf zu stricken.

«Du darfst das natürlich nicht wörtlich nehmen, Mabel.»

«Warum nicht?»

«Weil es bloß eine wissenschaftliche Ausdrucksweise ist.»

«Gut, Albert. Weiter.»

«Aber das ist nur die halbe Geschichte», fuhr er fort. «Die Hauptsache kommt erst. Das Erstaunlichste über Gelée Royale habe ich dir noch gar nicht erzählt. Ich werde dir jetzt erklären, wie diese Substanz eine gewöhnliche, unscheinbare kleine Arbeitsbiene, die praktisch keine Geschlechtsorgane hat, in eine schöne, starke, fruchtbare Königin verwandeln kann.»

«Willst du damit sagen, dass unser Baby unscheinbar und gewöhnlich ist?», fragte sie scharf.

«Dreh mir bitte nicht die Worte im Mund um, Mabel. Hör lieber zu. Weißt du, dass die Bienenkönigin und die Arbeiterinnen, obwohl sie in ausgewachsenem Zustand völlig verschieden voneinander sind, aus genau der gleichen Art von Ei schlüpfen?»

«Das glaube ich nicht», antwortete sie.

«Es ist so wahr, wie ich hier sitze, Mabel. Die Bienen können es jederzeit so einrichten, dass sich statt einer Arbeiterin eine Königin aus der Larve entwickelt.»

«Wie denn?»

«Ah», sagte er und hob seinen dicken Zeigefinger, «darauf wollte ich gerade kommen. Das ist das Geheimnis. Nun, Mabel, rate mal, was dieses Wunder bewirkt.»

«Gelée Royale», erwiderte sie. «Davon redest du ja schon die ganze Zeit.»

«Jawohl, Gelée Royale!» Er klatschte in die Hände und rutschte aufgeregt im Sessel hin und her. Sein dickes, rundes Gesicht glühte, und auf den Backenknochen brannten zwei dunkelrote Flecke. «Die Sache ist folgendermaßen. Ich will’s dir so einfach wie möglich erklären. Die Bienen wollen eine neue Königin. Also bauen sie eine besonders große Zelle, Königinnenzelle nennen wir sie, und bringen die alte Königin dazu, eines ihrer Eier hineinzulegen. Die anderen eintausendneunhundertneunundneunzig Eier legt sie in gewöhnliche Zellen. Sobald die Larven ausgeschlüpft sind, fangen die Ammenbienen an, Gelée Royale in sie hineinzupumpen. Damit werden alle gefüttert, die Arbeiterinnenlarven ebenso wie die künftige Königin. Aber nun hör gut zu, Mabel, denn jetzt kommt der Unterschied. Die Arbeiterinnenlarven erhalten diese wunderbare Nahrung nur an den ersten drei Tagen ihres Larvenlebens. Dann folgt eine ganz andere Ernährung. Man könnte sagen, dass sie entwöhnt werden, obwohl dieser plötzliche Wechsel natürlich keine richtige Entwöhnung ist. Nach drei Tagen werden sie ganz einfach auf die übliche Bienennahrung gesetzt, also auf eine Mischung von Honig und Blütenstaub, und etwa zwei Wochen später kriechen sie als Arbeiterinnen aus den Zellen. Die Larve in der Königinnenzelle dagegen bekommt ihr ganzes Larvenleben hindurch Gelée Royale. Die Ammenbienen füllen so viel davon in die Zelle, dass die kleine Larve buchstäblich in dem Saft schwimmt. Und dadurch wird eine Königin aus ihr.»