Выбрать главу

Das war, was ich die erste Periode nenne, und sie erstreckte sich über nahezu sechs Monate. Dann kam der Ärger.

Freilich, ich hätte wissen müssen, dass ein gesunder Mann nicht hoffen darf, Verwicklungen nur dadurch zu vermeiden, dass er auf Distanz zwischen sich und den Damen bedacht ist. Auf die Dauer hilft das gar nichts. Hat es eine Wirkung, dann eher die entgegengesetzte.

Wie oft sah ich sie bei einer Whistpartie verstohlen zu mir herüberspähen. Sie tuschelten miteinander, nickten vielsagend, leckten sich die Lippen, sogen an ihren Zigaretten, schmiedeten flüsternd Angriffspläne. Manchmal fing ich ein paar Gesprächsfetzen auf: «Was für ein scheuer Mensch … ein bisschen nervös ist er, nicht wahr … viel zu verkrampft … er braucht Gesellschaft … man müsste ihm die Hemmungen nehmen … ihn lehren, sich zu entspannen.» Und dann, im Laufe der nächsten Wochen, fingen sie an, mich einzukreisen. Ich wusste, dass sie es taten, ich fühlte, was vor sich ging, obwohl sie fürs Erste ihre Absicht durch nichts verrieten.

Das war die zweite Periode. Sie dauerte den größten Teil eines Jahres. Eine aufreibende Zeit, und doch war es der Himmel auf Erden, verglichen mit der dritten und letzten Phase.

Denn nun gaben die Angreifer nicht mehr vereinzelte, ungezielte Schüsse aus dem Hinterhalt ab – nein, sie stürzten plötzlich mit aufgepflanztem Bajonett auf mich zu. Entsetzlich war es, schreckenerregend. Nichts kann einen Mann mehr entnerven als ein blitzschneller, unerwarteter Überfall. Ich bin kein Feigling. Jedem Einzelwesen meiner Größe biete ich unter allen Umständen unerschrocken die Stirn. Aber dieser Angriff – davon bin ich jetzt fest überzeugt – war das Werk vieler Frauen, die eine raffiniert zusammenarbeitende Einheit bildeten.

Der erste Vorstoß kam von Miss Elphinstone, einem dicken Weibsbild mit Muttermalen. Ich musste sie eines Nachmittags aufsuchen, um von ihr einen Beitrag für die neuen Orgelbälge zu erbitten, und nach einer liebenswürdigen Unterhaltung in der Bibliothek schrieb sie mir huldvoll einen Scheck über zwei Guineen aus. Ich bat sie, mich nicht hinauszubegleiten, und ging in die Halle, um meinen Hut zu holen. Gerade wollte ich ihn vom Haken nehmen, als sie plötzlich – sie musste mir nachgeschlichen sein –, als sie plötzlich ihren bloßen Arm unter den meinen schob, und gleich darauf waren ihre Finger in den meinen verschlungen. Wieder und wieder drückte sie meine Hand, so fest, so regelmäßig, als betätige sie den Ball eines Zerstäubers.

«Sind Sie wirklich so unnahbar, wie Sie immer tun?», flüsterte sie.

O Himmel!

Ich kann nur sagen, dass ich, als ihr Arm unter den meinen glitt, das Gefühl hatte, eine Kobra ringele sich um mein Handgelenk. Ich wandte mich zur Flucht, stieß die Haustür auf und rannte die Auffahrt hinunter, ohne mich umzusehen.

Am nächsten Tag fand im Gemeindesaal des Dorfes ein Basar statt (auch hier ging es darum, Geld für die neuen Orgelbälge zusammenzubringen). Gegen Ende der Veranstaltung stand ich nichtsahnend in einer Ecke, trank Tee und beobachtete die Dorfbewohner, die sich vor den Ständen drängten. Plötzlich hörte ich neben mir jemanden sagen: «Oje, was haben Sie für hungrige Augen, mein Lieber!» Im nächsten Moment lehnte sich ein kurvenreicher Körper an mich, und eine Hand mit roten Fingernägeln versuchte, mir ein dickes Stück Kokosnusskuchen in den Mund zu schieben.

«Miss Prattley», rief ich. «Bitte!»

Aber schon hatte sie mich an die Wand gequetscht, und ich, in der einen Hand die Tasse, in der anderen die Untertasse, war völlig wehrlos. Ich fühlte, wie mir am ganzen Körper der Schweiß ausbrach, und wäre mein Mund nicht voll von dem Kuchen gewesen, den sie hineinstopfte, dann hätte ich ganz bestimmt geschrien.

Ein hässlicher Zwischenfall, doch es kam noch viel schlimmer.

Am folgenden Tag war es Miss Unwin. Besagte Miss Unwin war eng mit Miss Elphinstone und Miss Prattley befreundet, und daher wäre natürlich äußerste Vorsicht am Platze gewesen. Aber wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Miss Unwin, dieses stille, sanfte Mäuschen – sie hatte mir erst ein paar Wochen zuvor ein wunderschönes, eigenhändig gesticktes Kissen für die Kirche geschenkt –, wer also hätte gedacht, dass sie sich je irgendwelche Freiheiten herausnehmen würde? Als sie mich bat, sie in die Krypta zu begleiten und ihr die Wandmalereien aus der Sachsenzeit zu zeigen, kam mir keinen Augenblick der Gedanke, dass dies eine Teufelei sein könnte. Und doch war es eine.

Ich mag dieses Erlebnis nicht beschreiben; es war zu peinlich. Andere, nicht weniger grausame Überfälle folgten. Fast täglich ereignete sich eine neue Schändlichkeit. Ich war nur noch ein Nervenbündel. Manchmal wusste ich kaum, was ich tat. Bei der Trauung der jungen Gladys Pitcher fing ich an, die Begräbnisformel zu lesen. Als ich das Neugeborene von Mrs. Harris taufte, ließ ich das Würmchen ins Taufbecken fallen, sodass es beinahe ertrunken wäre. Ein Hautausschlag am Hals, den ich seit reichlich zwei Jahren nicht mehr gehabt hatte, trat wieder auf, und die dumme Geschichte mit meinem Ohrläppchen wurde schlimmer denn je. Sogar mein Haar begann auszufallen. Je mehr ich mich zurückzog, desto heftiger verfolgten sie mich. So sind die Frauen. Nichts reizt sie so sehr wie ein Mann, der zu bescheiden oder zu schüchtern ist, sich ihnen zu nähern. Und doppelt hartnäckig werden sie, wenn es ihnen glückt – und hier muss ich, so schwer es mir wird, ein Geständnis machen –, wenn es ihnen, wie in meinem Fall, glückt, tief in den Augen dieses Mannes einen kleinen geheimen Schimmer von Sehnsucht zu entdecken.

Wissen Sie, im Grunde war ich nämlich ganz wild auf Frauen.

Ja, ich weiß, nach allem, was ich erzählt habe, werden Sie das kaum glaubhaft finden, aber es war wirklich so. Das, was mich an den Frauen erschreckte, war einzig und allein der körperliche Kontakt. Vorausgesetzt, dass sie in sicherer Entfernung blieben, konnte ich sie stundenlang beobachten, und zwar ebenso fasziniert, wie Sie vielleicht ein Tier beobachten, das Sie um keinen Preis anfassen möchten, einen Seepolypen zum Beispiel oder eine Giftschlange. Ich liebte den Anblick eines weißen, weichen Armes, der aus einem Ärmel tauchte, merkwürdig nackt wie eine geschälte Banane. Es regte mich maßlos auf, wenn ein Mädchen in einem enganliegenden Kleid durchs Zimmer ging, und ich genoss es auch, Frauenbeine von hinten zu sehen, besonders wenn sie in Schuhen mit hohen Absätzen steckten – der wundervolle Schwung in den Kniekehlen und die Beine selbst, straff und von einer bis zum Äußersten angespannten Elastizität. Wenn ich an einem Sommernachmittag in Lady Birdwells Wohnzimmer am Fenster saß, schaute ich manchmal über den Rand meiner Teetasse zum Schwimmbassin hinüber und war wie berauscht, wenn ich zwischen der oberen und der unteren Hälfte eines zweiteiligen Badeanzugs einen sonnenverbrannten Streifen Fleisch erspähte.

An solchen Gedanken ist nichts Schlimmes. Alle Männer haben sie von Zeit zu Zeit. Bei mir aber hinterließen sie ein furchtbares Schuldgefühl. Bin ich es etwa, so fragte ich mich immer wieder, der unbewusst verantwortlich ist für die schamlose Art, in der sich diese Damen neuerdings gefallen? Ist es das unkontrollierbare Glänzen meiner Augen, das fortwährend ihre Leidenschaft erregt und sie reizt? Gebe ich ihnen, sooft ich sie anschaue, unwissentlich jenes Signal, das man den Komm-zu-mirWink nennt? Tue ich das?

Oder gehört ihr aggressives Benehmen zu den Kennzeichen der weiblichen Natur?

Auf diese Frage hätte ich wohl leicht eine beruhigende Antwort finden können, doch das genügte mir nicht. Mein Gewissen lässt sich nie mit Vermutungen beschwichtigen, es fordert Beweise. Ich musste einwandfrei feststellen, wer in diesem Fall der schuldige Teil war – ich oder sie. So entschloss ich mich denn zu einem einfachen Experiment eigener Erfindung, das ich mit Hilfe von Snellings Ratten durchführte.