«Im Gegenteil, es kann Ihnen viel nützen – vor allem nach Ihrem Tode.»
Sicherlich hatte er erwartet, ich würde erschrecken, aber irgendwie war ich vorbereitet. Ich sah ihm ruhig ins Gesicht und beobachtete, wie sein freundliches Lächeln auf der linken Mundseite die goldene Klammer entblößte, die im Oberkiefer um den Eckzahn griff.
«Ja, William, es handelt sich um eine Sache, an der ich seit Jahren im Stillen arbeite. Ein oder zwei Kollegen haben mir hier im Hospital geholfen, vor allem Morrison, und wir können eine Anzahl recht erfolgreicher Versuche an Tieren verzeichnen. Nun bin ich so weit, dass ich mich an einen Menschen wagen kann. Es ist eine grandiose Idee, die Ihnen zuerst etwas ausgefallen erscheinen mag, doch vom Standpunkt des Chirurgen gibt es keinen Grund, warum sie nicht mehr oder weniger ausführbar sein sollte.»
Landy beugte sich noch weiter vor und stützte beide Hände auf meine Bettkante. Er ist ein gutaussehender Mann, einer von der knochigen Sorte, und er hat nicht den üblichen Arztblick. Du kennst diesen Blick, die meisten haben ihn. Aus ihren Augäpfeln schimmert einem so etwas wie ein melancholisches elektrisches Signal entgegen. Nur ich kann dich retten, bedeutet das. John Landys Augen aber waren groß und strahlend, und es tanzten kleine Begeisterungsfunken darin.
«Vor ziemlich langer Zeit», erzählte er, «habe ich einen kurzen medizinischen Film gesehen, der aus Russland stammte. Eine recht grausige, aber hochinteressante Angelegenheit. Man hat einen Hundekopf gänzlich vom Körper abgetrennt, jedoch den Blutkreislauf durch Arterien und Venen vermittels eines künstlichen Herzens aufrechterhalten. Worauf ich hinauswill, ist Folgendes: Der Hundekopf, der ganz für sich auf einer Art Brett ruhte, lebte. Das Gehirn funktionierte, wie durch mehrere Versuche bewiesen wurde. Schmierte man zum Beispiel dem Hund Fressen ums Maul, so kam die Zunge heraus und leckte es ab. Ging jemand durchs Zimmer, so folgten ihm die Hundeaugen.
Dieses Experiment lässt ohne weiteres den Schluss zu, dass Kopf und Gehirn nicht unbedingt mit dem übrigen Körper verbunden sein müssen, um weiterzuleben – vorausgesetzt natürlich, dass für eine Zufuhr von genügend sauerstoffhaltigem Blut gesorgt wird.
Nun, als ich den Film sah, kam mir der Gedanke, nach dem Tode eines Menschen sein Gehirn aus dem Schädel herauszulösen und es als unabhängige Einheit für unbegrenzte Zeit am Leben und in Funktion zu erhalten. Zum Beispiel Ihr Gehirn nach Ihrem Tode.»
«Davon will ich nichts hören», sagte ich.
«Unterbrechen Sie mich nicht, William. Lassen Sie mich ausreden. Wie meine anschließenden Experimente ergeben haben, ist das Gehirn ein besonders selbstgenügsames Objekt. Es stellt seine eigene Hirnrückenmarkflüssigkeit her. Die magischen Prozesse des Denkens und Erinnerns, die in ihm vorgehen, werden offenbar nicht durch das Fehlen der Gliedmaßen, des Rumpfes oder sogar des Schädels beeinträchtigt, vorausgesetzt, wie ich bereits sagte, dass man die richtige Art sauerstoffhaltigen Blutes unter den entsprechenden Bedingungen hineinpumpt.
Und jetzt, mein lieber William, denken Sie einen Augenblick an Ihr eigenes Gehirn. Es ist in tadellosem Zustand. Und vollgestopft mit allem, was Sie in Ihrem Leben gelernt haben. Jahrelange Arbeit war erforderlich, es zu dem zu machen, was es ist. Es hat gerade angefangen, erstklassige eigene Ideen zu produzieren. Und nun soll es bald mit Ihrem übrigen Körper sterben, nur weil Ihre alberne kleine Bauchspeicheldrüse von Krebs zerfressen wird.»
«Nein», sagte ich, «danke. Sprechen Sie nicht weiter. Ich finde den Gedanken einfach widerlich, und selbst wenn Ihnen das Experiment gelänge, was ich bezweifle, hätte es gar keinen Sinn. Wozu sollte man denn mein Gehirn am Leben erhalten, wenn ich nicht mehr imstande wäre, zu sprechen, zu sehen, zu hören oder zu fühlen? Wirklich, ich könnte mir nichts Unangenehmeres vorstellen.»
«Ich glaube aber, es wäre möglich für Sie, mit Ihrer Umwelt in Verbindung zu bleiben», antwortete Landy. «Und wahrscheinlich bringen wir es sogar fertig, Ihnen eine gewisse Sehkraft zu bewahren. Aber gehen wir langsam vorwärts. Auf das alles komme ich später zurück. Fest steht jedenfalls, dass Sie bald sterben werden, und mein Plan geht nicht darauf aus, Sie vor Ihrem Tode auch nur anzurühren. Nehmen Sie doch Vernunft an, William. Kein wirklicher Philosoph kann etwas dagegen haben, seinen toten Körper der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.»
«Das ist nicht ganz korrekt ausgedrückt», erwiderte ich. «Zuerst müsste nämlich geklärt werden, ob ich nach Ihrem Eingriff tot oder lebendig wäre.»
«Schön», sagte er mit einem leichten Lächeln. «Da haben Sie wohl recht. Aber ich meine trotzdem, Sie sollten mich nicht so schnell abweisen. Lassen Sie mich doch erst mal einige Einzelheiten berichten.»
«Ich habe gesagt, dass ich nichts mehr hören will.»
«Möchten Sie rauchen?» Er hielt mir sein Etui hin.
«Wie Sie wissen, bin ich Nichtraucher.»
Er nahm eine Zigarette und zündete sie mit einem kleinen silbernen Feuerzeug an, das nicht größer als ein Shillingstück war. «Ein Geschenk von den Leuten, die meine Instrumente anfertigen», erklärte er. «Geschickt gemacht, wie?»
Ich besah das Feuerzeug und gab es zurück.
«Darf ich weitersprechen?», fragte er.
«Lieber nicht.»
«Liegen Sie still und hören Sie zu. Sie werden es bestimmt sehr interessant finden.»
Ich nahm einen Teller mit blauen Weintrauben vom Nachttisch, stellte ihn auf meine Brust und begann, von den Beeren zu essen.
«Ich müsste», fuhr Landy fort, «im Augenblick Ihres Todes bereitstehen, damit ich sofort eingreifen und versuchen könnte, Ihr Gehirn am Leben zu erhalten.»
«Sie haben die Absicht, es im Kopf zu lassen?»
«Anfangs muss ich das.»
«Und wohin wollen Sie es nachher tun?»
«Wenn Sie es wissen wollen, in eine Art Becken.»
«Ist das wirklich Ihr Ernst?»
«Aber gewiss.»
«Gut. Weiter.»
«Wenn das Herz stillsteht, bekommt das Gehirn kein frisches Blut und keinen Sauerstoff mehr, und dann sterben seine Gewebe bekanntlich sehr rasch ab. Ungefähr vier bis sechs Minuten, und das ganze Ding ist tot. Schon nach drei Minuten können gewisse Störungen auftreten. Deswegen muss ich sehr schnell arbeiten. Dank unserer Maschine wird es jedoch keine Schwierigkeiten geben.»
«Was ist das für eine Maschine?»
«Das künstliche Herz. Wir haben hier ein sehr gutes, genau nach dem von Alexis Carrel und Lindbergh erfundenen gearbeitet. Es versieht das Blut mit Sauerstoff, hält es in der richtigen Temperatur, pumpt es mit dem erforderlichen Druck weiter und leistet noch andere wertvolle Dienste. Es ist wirklich kein bisschen kompliziert.»
«Erzählen Sie mir, was Sie im Moment des Todes vorhaben», sagte ich. «Was würden Sie zuerst tun?»
«Wissen Sie ungefähr, wie die Gefäße und Adern im Gehirn angeordnet sind?»
«Nein.»
«Dann hören Sie zu. Die Sache ist gar nicht schwierig. Die Blutzufuhr zum Gehirn erfolgt aus zwei Quellen, aus den inneren Halsschlagadern und den vertebralen Arterien. Von beiden gibt es zwei, sodass wir insgesamt vier Arterien haben, die das Gehirn versorgen. Ist das klar?»
«Ja.»
«Die Rückleitung des Blutes ist noch einfacher. Dafür gibt es nur zwei große Venen, die inneren Jugularvenen. Wir haben also vier aufwärts führende Arterien, im Hals natürlich, und zwei abwärts führende Venen. Um das Gehirn herum verzweigen sie sich zwar in andere Kanäle, aber die gehen uns nichts an. Sie spielen bei dem Eingriff keine Rolle.»
«Gut», sagte ich. «Nehmen wir an, ich sei soeben gestorben. Was würden Sie tun?»
«Ich würde sofort Ihren Hals öffnen und die vier Arterien lokalisieren, die Halsschlagadern und die vertebralen Arterien. Ich würde Blut hineinleiten, indem ich in jede eine große Hohlnadel steche, die durch einen Schlauch mit dem künstlichen Herzen verbunden ist.