Выбрать главу

Inzwischen hatten wir das Dorf erreicht. Die Straßenlaternen brannten noch, und die Männer waren auf dem Heimweg vom Wirtshaus. Ich sah, wie Will Prattley durch die Seitentür seines Fischgeschäftes ins Haus schlüpfte, während Mrs. Prattley, ohne dass er es wusste, im ersten Stock aus dem Fenster schaute und ihn beobachtete.

«Der Vikar isst nichts lieber als Fasanenbraten», bemerkte Claud.

«Er lässt die Vögel achtzehn Tage hängen», fügte Charlie hinzu. «Dann schüttelt er sie ordentlich, und alle Federn fallen ab.»

Das Taxi bog nach links in den Pfarrhof ein. Im Haus brannte kein Licht, und niemand ließ sich blicken. Claud und ich warfen die Fasanen in den Kohlenschuppen, verabschiedeten uns dann von Charlie und kehrten im Mondschein mit leeren Händen zur Tankstelle zurück. Ob Mr. Rabbetts irgendwo auf der Lauer lag, weiß ich nicht. Gesehen haben wir jedenfalls nichts von ihm.

«Da kommt sie», sagte Claud am nächsten Morgen zu mir.

«Wer?»

«Bessie – Bessie Organ.» Er sprach den Namen mit einem gewissen Besitzerstolz aus, etwa so wie ein General seinen tapfersten Offizier erwähnt.

Ich folgte ihm nach draußen.

«Dort hinten.» Er deutete mit der Hand.

Auf der Straße, noch sehr weit entfernt, entdeckte ich eine kleine weibliche Gestalt, die auf uns zukam.

«Was schiebt sie?», fragte ich.

Claud sah mich verschmitzt an. «Es gibt nur eine sichere Methode, Wildererbeute zu transportieren», erklärte er. «Im Kinderwagen unter einem Baby.»

«Ja», murmelte ich, «ja, natürlich.»

«In dem Wagen sitzt Christopher Organ, anderthalb Jahre alt. Ein entzückender Junge, Gordon.»

Ich strengte meine Augen an, und nun sah ich auch das Kind. Es thronte hoch oben auf dem Wagen, dessen Verdeck heruntergeklappt war.

«Unter dem kleinen Burschen liegen mindestens sechzig bis siebzig Fasanen», behauptete Claud. «Stell dir das vor!»

«Sechzig oder siebzig Fasanen kann man unmöglich in einen Kinderwagen stopfen.»

«Man kann, wenn der Boden tief genug ist, und wenn man die Matratze herausnimmt. Die Vögel werden ganz eng gepackt, bis oben hin, dann kommt ein Laken darüber und fertig. Du wirst dich wundern, wie wenig Platz so ein schlaffer Fasan braucht.»

Wir standen neben den Pumpen und warteten auf Bessie Organ. Es war einer jener schwülen, windstillen Septembermorgen, an denen sich der Himmel allmählich bezieht und die Luft nach Gewitter riecht.

«Keck und unerschrocken mitten durchs Dorf», sagte Claud. «Gute alte Bessie.»

«Sie scheint es ziemlich eilig zu haben.»

Claud zündete sich eine neue Zigarette am Stummel der vorigen an. «So was gibt’s bei Bessie nicht», erwiderte er.

«Sieht aber ganz so aus», widersprach ich. «Schau doch hin.»

Er blinzelte durch den Rauch seiner Zigarette. Dann nahm er die Zigarette aus dem Mund, um besser sehen zu können.

«Tatsächlich, sie geht ein ganz klein wenig schnell», meinte er zögernd.

«Verdammt schnell geht sie.»

Eine Pause entstand. Claud wandte keinen Blick von der Frau, die rasch näher kam.

«Vielleicht möchte sie nicht vom Regen überrascht werden, Gordon. Ja, ich wette, das ist es. Sie denkt, es wird regnen, und will nicht, dass der Kleine nass wird.»

«Warum klappt sie dann nicht das Verdeck hoch?»

Auf diese Frage wusste er nichts zu erwidern.

«Sie rennt!», rief ich. «Sieh nur!» Bessie hatte sich plötzlich in Trab gesetzt.

Claud stand unbeweglich und beobachtete die Frau. In der Stille glaubte ich, das Kind schreien zu hören.

«Was ist denn da los?»

Er antwortete nicht.

«Mit dem Kleinen ist irgendwas nicht in Ordnung», sagte ich.

Bessie, die noch ungefähr zweihundert Schritte entfernt war, hastete auf uns zu.

«Hörst du ihn?», fragte ich.

«Ja.»

«Er schreit sich die Seele aus dem Leib.»

Die dünne, schrille Stimme wurde mit jeder Sekunde lauter. Das Kind schrie ununterbrochen, wild, gellend, fast hysterisch.

«Er hat Krämpfe», behauptete Claud.

«Kann schon sein.»

«Deswegen rennt sie so, Gordon. Sie möchte ihn schnell unter die kalte Dusche bringen.»

«Ich glaube, du hast recht», sagte ich. «Im Grunde weiß ich sogar, dass du recht hast. Hör bloß, wie er brüllt.»

«Du kannst Gift darauf nehmen, dass er Krämpfe oder sonst etwas in der Art hat.»

«Ich bin ganz deiner Meinung.»

Claud trat auf dem Kies unserer Einfahrt unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. «Mit so kleinen Kindern ist doch dauernd was los», bemerkte er. «Jeden Tag passieren da die unglaublichsten Sachen.»

«Natürlich.»

«Ich kannte mal ein Baby, das kam mit den Fingern in die Radspeichen des Kinderwagens. Glatt abgeschnitten wurden sie ihm. Alle fünf.»

«Ja.»

«Na, wie dem auch sei», schloss Claud, «ich wollte wirklich, sie hörte auf zu laufen.»

Hinter Bessie tauchte jetzt ein langer Lastwagen mit Ziegelsteinen auf. Der Chauffeur steckte den Kopf aus dem Fenster, fuhr neben Bessie her und glotzte sie an. Sie kümmerte sich nicht um ihn und eilte weiter. Nun war sie schon so nahe, dass ich ihr rundes, rotes Gesicht mit dem weit offenen, nach Luft schnappenden Mund sehen konnte. Ich bemerkte, dass sie elegante weiße Handschuhe trug und dazu ein lustiges weißes Hütchen, das wie ein Pilz auf ihrem Kopf saß.

Plötzlich flog ein riesiger Fasan aus dem Kinderwagen auf und schwang sich in die Luft.

Claud stieß einen Schreckensschrei aus.

Der Idiot in dem Lastwagen brüllte vor Lachen.

Der Fasan flatterte wie betrunken umher, bis ihn nach wenigen Sekunden seine Kräfte verließen und er am Straßenrand im Gras landete.

Ein Lieferwagen, der das Lastauto überholen wollte, begann laut zu hupen. Bessie rannte, so schnell sie nur konnte.

Und schon flog ein zweiter Fasan aus dem Wagen. Dann ein dritter, ein vierter, ein fünfter.

«Mein Gott!», keuchte ich. «Das Schlafmittel! Es wirkt nicht mehr!»

Claud sagte kein Wort.

Die letzten fünfzig Schritte legte Bessie in rasendem Tempo zurück. Sie kam die Einfahrt zur Tankstelle entlanggejagt, während die Vögel nach allen Himmelsrichtungen aufstiegen.

«Zum Teufel, was soll denn das heißen?», kreischte sie.

«Hintenherum!», rief ich. «Fahren Sie hintenherum!»

Aber sie stoppte scharf bei der ersten Pumpe, und bevor wir sie erreichen konnten, hatte sie das weinende Kind aus dem Wagen gerissen.

«Nein, nein!», schrie Claud, auf sie zustürzend. «Nehmen Sie den Jungen nicht hoch! Setzen Sie ihn hin! Halten Sie das Laken fest!»

Bessie hörte gar nicht auf ihn, und da der Gegendruck des Kindes auf einmal fehlte, quoll eine ganze Wolke von Fasanen aus dem Wagen, mindestens fünfzig bis sechzig große braune Vögel, die wild mit den Flügeln schlugen, um höher in die Luft zu steigen.

Verzweifelt mit den Armen fuchtelnd, liefen Claud und ich hin und her und versuchten, sie von dem Grundstück zu verscheuchen. «Fort mit euch!», schrien wir. «Husch, husch!» Die Fasanen nahmen jedoch keine Notiz von uns; sie waren noch halb betäubt. Es dauerte kaum dreißig Sekunden, da kamen sie wieder herunter und ließen sich wie ein Heuschreckenschwarm auf meine Tankstelle nieder. Alles war voll von ihnen. Flügel an Flügel saßen sie auf den Dachrändern und auf dem Schutzdach über den Pumpen.

Etwa ein Dutzend Vögel hatten sich auf dem Sims unseres Bürofensters zusammengedrängt. Einige hockten zwischen den Schmierölflaschen, andere rutschten auf den Motorhauben meiner Gebrauchtwagen herum. Ein Fasanenhahn mit prächtigem Schwanz thronte stolz auf einer Benzinpumpe, und viele, die noch zu betäubt waren, um sich aufzuschwingen, saßen mit gesträubten Federn und blinzelnden kleinen Augen im Kies zu unseren Füßen.

Auf der Straße hatte sich hinter dem Lastauto mit Ziegelsteinen und dem Lieferwagen bereits eine lange Wagenschlange gebildet. Leute kamen aus den Häusern, überquerten den Fahrdamm, um alles möglichst genau zu sehen. Ich schaute auf die Uhr. Zwanzig vor neun. Jeden Moment, dachte ich, kann sich vom Dorf her ein großer schwarzer Wagen nähern, und der Wagen wird ein Rolls-Royce sein, und das feiste, glänzende Gesicht hinter dem Lenkrad wird dem Brauereibesitzer Mr. Victor Hazel gehören.