Praesident. Huebsch-Zwar das versteht sich.
Wurm (lebhaft). Das schoenste Exemplar einer Blondine, die, nicht zu viel gesagt, neben den ersten Schoenheiten des Hofes noch Figur machen wuerde.
Praesident (lacht). Er sagt mir, Wurm-Er habe ein Aug auf das Ding-das find' ich. Aber sieht Er, mein lieber Wurm-dass mein Sohn Gefuehl fuer das Frauenzimmer hat, macht mir Hoffnung, dass ihn die Damen nicht hassen werden. Er kann bei Hof etwas durchsetzen. Das Maedchen ist schoen, sagt Er; das gefaellt mir an meinem Sohn, dass er Geschmack hat. Spiegelt er der Naerrin solide Absichten vor? Noch besser-so seh' ich, dass er Witz genug hat, in seinen Beutel zu luegen. Er kann Praesident werden. Setzt er es noch dazu durch? Herrlich! das zeigt mir an, dass er Glueck hat.-Schliesst sich die Farce mit einem gesunden Enkel-unvergleichlich! so trink' ich auf die guten Aspecten meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr und bezahle die Scortationsstrafe fuer seine Dirne.
Wurm. Alles, was ich wuensche, Ihr' Excellenz, ist, dass Sie nicht noethig haben moechten, diese Bouteille zu Ihrer Zerstreuung zu trinken.
Praesident (ernsthaft). Wurm, besinn' Er sich, dass ich, wenn ich einmal glaube, hartnaeckig glaube; rase, wenn ich zuerne-Ich will einen Spass daraus machen, dass Er mich aufhetzen wollte. Dass Er sich seinen Nebenbuhler gern vom Hals geschafft haette, glaub' ich Ihm herzlich gern. Da Er meinen Sohn bei dem Maedchen auszustechen Muehe haben moechte, soll Ihm der Vater zur Fliegenklatsche dienen, das find' ich wieder begreiflich-und dass er einen so herrlichen Ansatz zum Schelmen hat, entzueckt mich sogar-Nur, mein lieber Wurm, muss Er mich nicht mit prellen wollen.-Nur, versteht Er mich, muss Er den Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundsaetze treiben.
Wurm. Ihro Excellenz verzeihen. Wenn auch wirklich-wie Sie argwohnen-die Eifersucht hier im Spiel sein sollte, so waere sie es wenigstens nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.
Praesident. Und ich daechte, sie bliebe ganz weg. Dummer Teufel, was verschlaegt es denn Ihm, ob Er die Karolin frisch aus der Muenze oder vom Bankier bekommt. Troest' Er sich mit dem hiesigen Adel-wissentlich oder nicht-bei uns wird selten eine Mariage geschlossen, wo nicht wenigstens ein halb Dutzend der Gaeste-oder der Aufwaerter-das Paradies des Braeutigams geometrisch ermessen kann.
Wurm (verbeugt sich). Ich mache hier gern den Buergersmann, gnaediger Herr.
Praesident. Ueberdies kann Er mit Naechstem die Freude haben, seinem Nebenbuhler den Spott auf die schoenste Art heimzugeben. Eben jetzt liegt der Anschlag im Kabinet, dass, auf die Ankunft der neuen Herzogin, Lady Milford zum Schein den Abschied erhalten und, den Betrug vollkommen zu machen, eine Verbindung eingehen soll. Er weiss, Wurm, wie sehr sich mein Ansehen auf den Einfluss der Lady stuetzt-wie ueberhaupt meine maechtigsten Springfedern in die Wallungen des Fuersten hineinspielen. Der Herzog sucht eine Partie fuer die Milford. Ein Anderer kann sich melden-den Kauf schliessen, mit der Dame das Vertrauen des Fuersten anreissen, sich ihm unentbehrlich machen-Damit nun der Fuerst im Netz meiner Familie bleibe, soll mein Ferdinand die Milford heirathen-Ist Ihm das helle?
Wurm. Dass mich die Augen beissen-Wenigstens bewies der Praesident hier, dass der Vater nur ein Anfaenger gegen ihn ist. Wenn der Major Ihnen eben so den gehorsamen Sohn zeigt, als Sie ihm den zaertlichen Vater, so duerfte Ihre Anforderung mit Protest zurueckkommen.
Praesident. Zum Glueck war mir noch nie fuer die Ausfuehrung eines Entwurfes bang, wo ich mich mit einem: es soll so sein! einstellen konnte.-Aber seh' Er nun, Wurm, das hat uns wieder auf den vorigen Punkt geleitet. Ich kuendige meinem Sohn noch diesen Vormittag seine Vermaehlung an. Das Gesicht, das er mir zeigen wird, soll Seinen Argwohn entweder rechtfertigen oder ganz widerlegen.
Wurm. Gnaediger Herr, ich bitte sehr um Vergebung. Das finstre Gesicht, das er Ihnen ganz zuverlaessig zeigt, laesst sich eben so gut auf die Rechnung der Braut schreiben, die Sie ihm zufuehren, als derjenigen, die Sie ihm nehmen. Ich ersuche Sie um eine schaerfere Probe. Waehlen Sie ihm die untadelichste Partie im Lande, und sagt er Ja, so lassen Sie den Secretaer Wurm drei Jahre Kugeln schleifen.
Praesident (heisst die Lippen). Teufel!
Wurm. Es ist nicht anders! Die Mutter-die Dummheit selbst-hat mir in der Einfalt zu viel geplaudert.
Praesident (geht auf und nieder, presst seinen Zorn zurueck). Gut! Diesen Morgen noch.
Wurm. Nur vergessen Ew. Excellenz nicht, dass der Major-der Sohn meines Herrn ist!
Praesident. Er soll geschont werden, Wurm.
Wurm. Und dass der Dienst, Ihnen von einer unwillkommenen Schwiegertochter zu helfen-Praesident. Den Gegendienst werth ist, Ihm zu einer Frau zu helfen?-Auch das, Wurm!
Wurm (bueckt sich vergnuegt). Ewig der Ihrige, gnaediger Herr! (Er will gehen.)
Praesident. Was ich Ihm vorhin vertraut habe, Wurm! (Drohend.) Wenn Er plaudert-Wurm (lacht). So zeigen Ihr' Excellenz meine falschen Handschriften auf. (er geht ab.)
Praesident. Zwar bist du mir gewiss! Ich halte dich an deiner eigenen Schurkerei, wie den Schroeter am Faden.
Ein Kammerdiener (tritt herein). Hofmarschall von Kalb-Praesident. Kommt wie gerufen.-Er soll mir angenehm sein. (Kammerdiener geht.)
Sechste Scene.
Hofmarschall von Kalb in einem reichen, aber geschmacklosen Hofkleid, mit Kammerherrnschluesseln, zwei Uhren und einem Degen, Chapeaubas und frisiert à la Hérisson. Er fliegt mit grossem Gekreisch auf den Praesidenten zu und breitet einen Bisamgeruch ueber das ganze Parterre. Praesident.
Hofmarschall (ihn umarmend). Ah guten Morgen, mein Bester! Wie geruht? wie geschlafen?-Sie verzeihen doch, dass ich so spaet das Vergnuegen habe-dringende Geschaefte-der Kuechenzettel-Visitenbillets-das Arrangement der Partieen auf die heutige Schlittenfahrt-Ah-und dann musst' ich ja auch bei dem Lever zugegen sein und Seiner Durchleucht das Wetter verkuendigen.
Praesident. Ja, Marschall, da haben Sie freilich nicht abkommen koennen.
Hofmarschall. Oben drein hat mich ein Schelm von Schneider noch sitzen lassen.
Praesident. Und doch fix und fertig?
Hofmarschall. Das ist noch nicht Alles.-Ein Malheur jagt heut das andere. Hoeren Sie nur!
Praesident (zerstreut). Ist das moeglich?
Hofmarschall. Hoeren Sie nur! Ich steige kaum aus dem Wagen, so werden die Hengste scheu, stampfen und schlagen aus, dass mir-ich bitte Sie!-der Gassenkoth ueber und ueber an die Beinkleider spritzt. Was anzufangen? Setzen Sie sich um Gotteswillen in meine Lage, Baron! Da stand ich. Spaet war es. Eine Tagreise ist es-und in dem Aufzug vor Seine Durchleucht! Gott der Gerechte!-Was faellt mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt mich ueber Hals und Kopf in die Kutsche. Ich in voller Carrière nach Haus-wechsle die Kleider-fahre zurueck-Was sagen Sie?-und bin noch der erste in der Antichambre-Was denken Sie?-Praesident. Ein herrliches Impromptu des menschlichen Witzes-Doch das beiseite, Kalb-Sie sprachen also schon mit dem Herzog?
Hofmarschall (wichtig). Zwanzig Minuten und eine halbe.
Praesident. Das gesteh' ich!-und wissen wir also ohne Zweifel eine wichtige Neuigkeit?
Hofmarschall (ernsthaft, nach einigem Stillschweigen). Seine Durchleucht haben heute einen Merde d'Oye Biber an.
Praesident. Man denke!-Nein, Marschall, so hab' ich doch eine bessere Zeitung fuer Sie-Dass Lady Milford Majorin von Walter wird, ist Ihnen gewiss etwas Neues?
Hofmarschall. Denken Sie!-Und das ist schon richtig gemacht?