Выбрать главу

Lady (von ihm wegfliehend). Jetzt nicht! Jetzt nicht, bei Allem, was heilig ist-in diesem entsetzlichen Augenblick nicht, wo mein zerrissenes Herz an tausend Dolchstichen blutet-Sei's Tod oder Leben-ich darf es nicht-ich will es nicht hoeren!

Ferdinand. Doch, doch, beste Lady! Sie muessen es. Was ich Ihnen jetzt sagen werde, wird meine Strafbarkeit mindern und eine warme Abbitte des Vergangenen sein-Ich habe mich in Ihnen betrogen, Milady. Ich erwartete-ich wuenschte, Sie meiner Verachtung wuerdig zu finden. Fest entschlossen, Sie zu beleidigen und Ihren Hass zu verdienen, kam ich her-Gluecklich wir Beide, wenn mein Vorsatz gelungen waere! (Er schweigt eine Weile, darauf leise und schuechterner.) Ich liebe, Milady-liebe ein buergerliches Maedchen-Luise Millerin, eines Musikus Tochter. (Lady wendet sich bleich von ihm weg, er faehrt lebhafter fort.) Ich weiss, worein ich mich stuerze; aber wenn auch Klugheit die Leidenschaft schweigen heisst, so redet die Pflicht desto lauter-Ich bin der Schuldige. Ich zuerst zerriss ihrer Unschuld goldenen Frieden-wiegte ihr Herz mit vermessenen Hoffnungen und gab es verraetherisch der wilden Leidenschaft Preis-Sie werden mich an Stand-an Geburt-an die Grundsaetze meines Vaters erinnern-aber ich liebe.-Meine Hoffnung steigt um so hoeher, je tiefer die Natur mit Convenienzen zerfallen ist.-Mein Entschluss und das Vorurtheil!-Wir wollen sehen, ob die Mode oder die Menschheit auf dem Platz bleiben wird. (Lady hat sich unterdess bis an das aeusserste Ende des Zimmers zurueckgezogen und haelt das Gesicht mit beiden Haenden bedeckt. Er folgt ihr dahin.) Sie wollten mir etwas sagen, Milady?

Lady (im Ausdruck des heftigsten Leidens). Nichts, Herr von Walter! Nichts, als dass Sie sich und mich und noch eine Dritte zu Grund richten.

Ferdinand. Noch eine Dritte?

Lady. Wir koennen mit einander nicht gluecklich w. Wir muessen doch der Voreiligkeit Ihres Vaters zum Opfer werden. Nimmermehr werd' ich das Herz eines Mannes haben, der mir seine Hand nur gezwungen gab.

Ferdinand. Gezwungen? Lady? gezwungen gab? und also doch gab? Koennen Sie eine Hand ohne Herz erzwingen? Sie einem Maedchen den Mann entwenden, der die ganze Welt dieses Maedchens ist? Sie einen Mann von dem Maedchen reissen, das die ganze Welt dieses Mannes ist? Sie, Milady-vor einem Augenblick die bewundernswuerdige Britten?-Sie koennen das?

Lady. Weil ich es muss. (Mit Ernst und Staerke.) Meine Leidenschaft, Walter, weicht meiner Zaertlichkeit fuer Sie. Meine Ehre kann's nicht mehr-Unsre Verbindung ist das Gespraech des ganzen Landes. Alle Augen, alle Pfeile des Spotts sind auf mich gespannt. Die Beschimpfung ist unausloeschlich, wenn ein Unterthan des Fuersten mich ausschlaegt. Rechten Sie mit Ihrem Vater. Wehren Sie sich, so gut Sie koennen.-Ich lass' alle Minen springen. (Sie geht schnell ab. Der Major bleibt in sprachloser Erstarrung stehen. Pause. Dann stuerzt er fort durch die Fluegelthuere.)

Vierte Scene.

Zimmer beim Musikanten.

Miller. Frau Millerin. Luise treten auf.

Miller (hastig ins Zimmer). Ich hab's ja zuvor gesagt!

Luise (sprengt ihn aengstlich an). Was, Vater? was?

Miller (rennt wie toll auf und nieder). Meinen Staatsrock her-hurtig-ich muss ihm zuvorkommen-und ein weisses Manschettenhemd! -Das hab' ich mir gleich eingebildet!

Luise. Um Gotteswillen! Was?

Millerin. Was gibt's denn? was ist's denn?

Miller (wirft seine Perruecke ins Zimmer). Nur gleich zum Friseur das! -Was es gibt? (Vor den Spiegel gesprungen.) Und mein Bart ist auch wieder fingerslang-Was es gibt?-Was wird's geben, du Rabenaas?-Der Teufel ist los, und dich soll das Wetter schlagen!

Frau. Da sehe man! Ueber mich muss gleich alles kommen.

Miller. Ueber dich? Ja, blaues Donnermaul! und ueber wen anders? Heute frueh mit deinem diabolischen Junker-Hab ich's nicht im Moment gesagt?-Der Wurm hat geplaudert.

Frau. Ah was! Wie kannst du das wissen?

Miller. Wie kann ich das wissen?-Da!-unter der Hausthuere spukt ein Kerl des Ministers und fragt nach dem Geiger.

Luise. Ich bin des Todes!

Miller. Du aber auch mit deinen Vergissmeinnicht-Augen! (Lacht voller Bosheit.) Das hat seine Richtigkeit, wem der Teufel ein Ei in die Wirthschaft gelegt hat, dem wird eine huebsche Tochter geboren-Jetzt hab' ich's blank.

Frau. Woher weisst du denn, dass es der Luise gilt?-Du kannst dem Herzog recommendiert worden sein. Er kann dich ins Orchester verlangen.

Miller (springt nach seinem Rohr). Dass dich der Schwefelregen von Sodom!-Orchester!-Ja, wo du Kupplerin den Discant wirst heulen und mein blauer Hinterer den Conterbass vorstellen! (Wirft sich in seinen Stuhl.) Gott im Himmel!

Luise (setzt sich todtenbleich nieder). Mutter! Vater! Warum wird mir auf einmal so bange?

Miller (springt wieder vom Stuhl auf). Aber soll mir der Dintenkleckser einmal in den Schuss laufen?-Soll er mir laufen? Es sei in dieser oder in jener Welt-Wenn ich ihm nicht Leib und Seele breiweich zusammendresche, alle zehen Gebote und alle sieben Bitten im Vaterunser, und alle Buecher Mosis und der Propheten aufs Leder schreibe, dass man die blauen Flecken bei der Auferstehung der Todten noch sehen soll-Frau. Ja! fluch du und poltre du! Das wird jetzt den Teufel bannen! Hilf, heiliger Herregott! Wo hinaus nun? Wie werden wir Rath schaffen? Was nun anfangen? Vater Miller, so rede doch! (Sie laeuft heulend durchs Zimmer.)

Miller. Auf der Stell zum Minister will ich. Ich zuerst will mein Maul aufthun-ich selbst will es angeben. Du hast es vor mir gewusst. Du haettest mir einen Wink geben koennen. Das Maedel haett' sich noch weisen lassen. Es waere noch Zeit gewesen-aber nein!-Da hat sich was makeln lassen; da hat sich was fischen lassen! Da hast du noch Holz obendrein zugetragen!-Jetzt sorg' auch fuer deinen Kuppelpelz. Friss aus, was du einbrocktest! Ich nehme meine Tochter in Arm, und marsch mit ihr ueber die Grenze!