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»Das ist möglich«, antwortete Artur »Das werden wir bald heraushaben.«

»Laß mich mit den Bälgern reden«, sagte Onkel Einar. »Ich werde schon aus ihnen rauspressen, was wir wissen wollen.«

Anders, Kalle und Eva-Lotte wurden eine Spur blasser. Kalle hatte recht gehabt, das hier war etwas anderes als der Krieg der Rosen.

»Artur«, sagte Onkel Einar, »wenn du endlich eingesehen hast, daß ich nicht mehr versuche, euch hinters Licht zu führen, dann siehst du wohl auch ein, daß wir jetzt mehr als je zusam-menhalten müssen. Schneide das hier auf« – er zeigte auf den Strick um seine Beine –, »und laß uns die Sache in Ordnung bringen. Ich habe das Gefühl, daß es höchste Zeit für uns ist, von hier wegzukommen!«

Artur ging ohne ein Wort zu ihm hin und schnitt den Strick durch. Onkel Einar erhob sich mit Mühe und rieb seine schmerzenden Glieder. »Das war die längste Nacht, die ich jemals erlebt habe«, sagte er.

Sein Freund Artur lachte – ein boshaftes Lachen! –, und Tjomme ließ ein glucksendes Gelächter hören.

Onkel Einar ging zu Kalle und faßte ihn unters Kinn. »Wie war das, Herr Meisterdetektiv, wolltest du nicht die Polizei holen lassen?«

Kalle antwortete nicht. Das Spiel war verloren, und er wußte es.

»Ich will dir sagen, Artur«, fuhr Onkel Einar fort, »diese Kinder hier sind unglaublich verständig. Es sollte mich sehr wundern, wenn sie nicht nett und bescheiden dem Onkel Einar erzählen würden, wo die Juwelen sind, deren Versteck sie tatsächlich herausgeschnüffelt haben.«

»Wir haben sie nicht hier, und wir sagen nicht, wo sie sind«, sagte Anders trotzig.

»Hört mich mal an, Kinderchen«, sagte Onkel Einar. »Diese beiden netten Onkels, die ihr hier seht, haben sich gestern abend geirrt. Sie haben geglaubt, daß ich weiß, wo die Juwelen sind, und nicht sagen wollte, wo ich sie versteckt habe. Und deshalb haben sie mir eine Nacht lang Zeit gegeben, darüber nachzudenken. Und, wie gesagt, das war die längste Nacht, die ich je in meinem Leben verbracht habe. In den Nächten ist es hier im Keller ganz dunkel, kohlschwarz und auch kalt. Und man schläft so schlecht, wenn Arme und Beine festgebunden sind. Und dann wird man hungrig und durstig, das kann ich euch versichern. Sicher ist es angenehmer, zu Hause bei der Mutter zu schlafen, was, Eva-Lotte?«

Eva-Lotte sah Onkel Einar an, und sie hatte genau den gleichen Ausdruck in ihren Augen wie damals, als er ihre geliebte Tusse gequält hatte.

»Herr Meisterdetektiv«, fuhr Onkel Einar fort, »wie würde es dir gefallen, eine Nacht – oder sagen wir: zwei Nächte hier in der Ruine zu verbringen? Oder vielleicht sogar all deine zukünf-tigen Nächte?«

Kalle fühlte einen kleinen, unheimlichen Schreck über seinen Rücken kriechen.

»Wir haben es eilig«, unterbrach Artur Redig. »Diese ganze Geschichte hier ist schon allzusehr in die Länge gezogen worden. Hört zu, Kinder! Ich bin kinderlieb, das bin ich bestimmt; aber Kinderchen, die es sich in den Kopf gesetzt haben, gleich zur Polizei zu laufen, für die habe ich nichts übrig. Wir werden gezwungen sein, euch hier in den Keller einzuschließen. Aber es hängt von euch ab, ob ihr wieder lebendig hier rauskommt oder nicht. Entweder rückt ihr mit den Juwelen raus, und dann braucht ihr hier nicht länger als eine oder vielleicht zwei Nächte zu bleiben. Sobald wir in Sicherheit sind, schreibt euer lieber Onkel Einar und berichtet, wo ihr seid.« Er machte eine Pause.

»Oder aber ihr wollt nicht sagen, wo ihr die Juwelen versteckt habt. Und da würden mir eure lieben Mütter so leid tun, daß ich gar nicht wage, daran zu denken.«

Anders und Kalle und Eva-Lotte wagten auch nicht, daran zu denken. Kalle sah die beiden anderen fragend an. Anders und Eva-Lotte nickten zustimmend. Da war nichts anderes zu machen. Sie mußten erzählen, wo der Blechkasten war.

»Na, Herr Meisterdetektiv«, sagte Onkel Einar aufmunternd.

»Werden wir bestimmt herausgelassen, wenn wir es sagen?«

fragte Kalle.

»Selbstverständlich«, sagte Onkel Einar. »Verläßt du dich nicht auf Onkel Einar, mein Junge? Ihr braucht nur so lange zu bleiben, bis wir einen etwas gemütlicheren Ort als diese Stadt hier gefunden haben. Ich werde sogar Onkel Artur bitten, euch nicht festzubinden, und da könnt ihr es richtig nett hier haben.«

»Der Blechkasten steht in der weißen Kommode auf dem Bäckereiboden«, sagte Kalle, und es sah aus, als ob es ihn eine unerhörte Anstrengung kostete, die Worte herauszukriegen.

»Da, wo der Zirkus Kalottan war.«

»Ausgezeichnet«, sagte Onkel Einar.

»Bist du sicher, daß du weißt, wo das ist, Einar?« fragte Artur Redig.

»Absolut! Und da kannst du sehen, Artur, daß es am klügsten für uns alle ist, zusammenzuhalten. Keiner von euch kann auf den Bäckereiboden gehen, ohne Mißtrauen zu erwecken, aber ich kann es!«

»All right!« sagte Artur. »Wir wollen jetzt gehen.« Er betrachtete die Kinder, die stumm nebeneinander dastanden. »Ich hoffe, ihr habt die Wahrheit gesagt! Ehrlich währt am längsten, meine jungen Freunde, das ist ein guter Wahlspruch hier im Leben. Habt ihr gelogen, dann kommen wir nach einer Weile wieder, und dann wird es unangenehm, sehr unangenehm!«

»Wir haben nicht gelogen«, sagte Kalle und blickte ihn wütend von der Seite an.

Jetzt kam Onkel Einar zu ihm hin. Kalle weigerte sich, seine ausgestreckte Hand zu sehen.

»Lebwohl, Herr Meisterdetektiv«, sagte er. »Ich glaube, es wäre am klügsten, die Kriminalistik in Zukunft an den Nagel zu hängen. Übrigens: Kann ich meinen Dietrich wiederbekommen? Denn das warst doch du, der ihn mir weggenommen hat?«

Kalle steckte die Hand in die Hosentasche und holte den Dietrich hervor. »Es gibt wohl allerlei, was du auch besser an den Nagel hängen solltest, Onkel Einar«, sagte er mürrisch.

Onkel Einar lachte. »Lebwohl, Anders, und danke für die schöne Zeit hier. Lebwohl, Eva-Lotte! Du bist ein liebes Kind, das habe ich immer gefunden. Grüß deine Mutter, falls ich keine Zeit mehr haben sollte, mich von ihr zu verabschieden.« Er ging mit seinen zwei Kumpanen die Treppe hinauf. An der Tür drehte er sich um und winkte. »Ich verspreche euch, daß ich bestimmt schreiben und berichten werde, wo ihr seid. Wenn ich es nur nicht vergesse!« Die schwere Tür schlug mit einem Krach zu.

VIERZEHNTES KAPITEL

»Es ist meine Schuld«, sagte Kalle nach einem, wie es schien, endlosen Schweigen. »Es ist absolut meine Schuld. Ich hätte euch nicht in diese Geschichte mit hineinziehen sollen. Und vielleicht auch nicht mich selbst.«

»Ach was, Schuld«, sagte Eva-Lotte. »Du konntest doch nicht ahnen, daß die Sache so laufen würde.«

Es wurde wieder still – unheimlich still. Es war, als ob die Außenwelt nicht mehr existierte. Es gab nur diesen Keller hier mit der unerbittlich verschlossenen Tür.

»Es ist ein Jammer, daß Björk gestern nicht da war«, sagte Anders schließlich.

»Sprich nicht davon«, sagte Kalle.

Dann sagte eine Zeitlang niemand mehr etwas. Man dachte.

Und alle dachten wohl ungefähr das gleiche. Alles war fehlge-schlagen. Die Juwelen waren verloren, die Diebe würden ins Ausland entkommen.

Aber in diesem Augenblick wog alles das leicht gegen die Tatsache, daß sie hier eingesperrt waren und nicht herauskommen konnten und daß sie nicht wußten, ob sie überhaupt jemals wieder herauskommen würden. Dieser furchtbare Gedanke war nicht zu Ende zu denken. Wenn nun Onkel Einar nichts daran gelegen war zu schreiben? Im übrigen – wie lange braucht ein Brief vom Ausland? Und wie lange kann man ohne Essen und Trinken leben? Und war es nicht so, daß es für diese Banditen am besten war, wenn die Kinder für immer hier unten im Keller blieben? Es gab ja auch im Ausland Polizei, und wenn die Kinder erzählten, wer die Diebe waren, konnten Onkel Einar und seine Kumpane sich nicht so sicher fühlen, wie es der Fall wäre, wenn Kalle und Anders und Eva-Lotte niemals Gelegenheit haben würden, ihre Namen zu verraten.