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Ungefähr um diese Zeit haben die Roten alle Bilderserien durchgesehen, und sie haben keine Lust mehr, Ping-Pong zu spielen. Im übrigen soll bald ein Fußballmatch auf der Prärie stattfinden.

»Nee, jetzt warten wir nicht länger«, sagt Sixtus. »Ich glaube, sie sind nach Amerika ausgewandert. Kommt, wir hauen ab!«

Sie rutschen am Seil runter, Sixtus und Benka und Jonte, und marschieren auf Eva-Lottes Steg über den Fluß. Und nun bekommt Onkel Einar endlich die Gelegenheit, auf die er schon so viele Stunden gewartet hat.

Ein schwarzer Ford parkt einige hundert Meter weiter auf der Straße. Zwei Männer sitzen darin, zwei ungeduldige und nervöse Männer. Sie haben so lange hier in der Hitze gesessen.

Die Stunden haben sich hingeschlichen, und in gleichmäßigen Zwischenräumen war ihr alter Freund Einar mit dem Bericht gekommen: »Die Brut ist immer noch da! Ja, was soll ich machen? Ich kann ihnen doch nicht gut die Hälse umdrehen, so gern ich auch möchte!«

Aber jetzt endlich kommt Einar, beinahe im Laufschritt. Er trägt etwas unter dem Jackett. »Alles klar«, flüstert er und springt rein.

Tjomme drückt den Gashebel ganz runter, und der Ford braust mit höchster Geschwindigkeit davon. Die drei im Auto haben keinen anderen Gedanken, als so schnell wie möglich die kleine Stadt hinter sich zu lassen. Sie sehen nur vorwärts, sie sehen nur den Weg, der sie zu Reichtum und Freiheit und Unabhängigkeit führen soll. Wenn sie einen Blick zur Seite geworfen hätten, dann würden sie vielleicht drei Kinder gesehen haben, Anders und Kalle und Eva-Lotte, die gerade um die Straßenecke bogen und mit Erstaunen und Entsetzen ihren verschwindenden Feinden nachstarrten.

FÜNFZEHNTES KAPITEL

»Du Unglückskind, wo bis du gewesen?« fragte Lebensmittelhändler Blomquist. »Und was hast du gemacht? Hast du schon wieder Fensterscheiben kaputtgeschlagen?«

Zum hundertsten Male war der Lebensmittelhändler vor die Tür gegangen und hatte nach seinem Sprößling ausgespäht.

Und jetzt endlich sah er ihn an der Straßenecke, zusammen mit Anders und Eva-Lotte, und ging ihm entgegen.

»Vater, laß mich los! Ich muß sofort zur Polizei!«

»Das weiß ich«, sagte sein Vater. »Die Polizei sitzt bei uns zu Hause und wartet auf dich. Das wird kein Spaß für dich werden, Kalle!«

Kalle konnte nicht verstehen, warum die Polizei auf ihn wartete. Aber es genügte ihm, daß sie wartete. Und er lief, wie er niemals vorher in seinem jungen Leben gelaufen war. Anders und Eva-Lotte folgten. Da saß Schutzmann Björk auf dem grünen Schaukelbrett. Gott segne ihn! Und neben ihm zwei andere Polizisten.

»Verhaftet sie, verhaftet sie!« schrie Kalle. »Beeilt euch!«

Björk und die beiden andern sprangen auf. »Wo? Wen?«

»Die Juwelendiebe!« Kalle war so aufgeregt, daß er kaum die Worte herausbringen konnte. »Sie sind eben im Auto wegge-fahren! Um Himmels willen, beeilt euch!«

Er brauchte es nicht zweimal zu sagen. Lebensmittelhändler Blomquist kam gerade die Straße entlanggetrabt, rechtzeitig genug, um Kalle und seine beiden Kameraden in das Polizeiauto hineinstürzen zu sehen, mit drei Polizisten auf den Fersen. Herr Blomquist faßte sich an den Kopf. Der Sohn in so jungen Jahren verhaftet, das war ja schrecklich! Der einzige Trost war, daß das Mädchen vom Bäcker offenbar nicht eine Spur besser war! Und der Schuhmacherjunge auch nicht.

Das Polizeiauto sauste mit einer Fahrt nordwärts, die die ge-setzestreuen Bürger der kleinen Stadt entrüstet die Köpfe schütteln ließ. Kalle, Anders und Eva-Lotte saßen im Rücksitz mit Kommissar Stenberg. Sie wurde zur Seite gedrückt, je nachdem wie das Auto die Kurve nahm. Eva-Lotte saß da und fragte sich, wieviel man an einem einzigen Tag aushalten konnte, ohne daß man ohnmächtig wurde. Kalle und Anders sprachen beide zu gleicher Zeit, bis der Kommissar sagte, daß er nur einen auf einmal hören wollte. Kalle gestikulierte wild und rief mit gellender Stimme: »Einer ist blaß, und einer sieht unheimlich aus, und einer ist Onkel Einar, aber der Blasse ist eigentlich unheimlicher als der Unheimliche, und Onkel Einar ist auch unheimlich.«

Der Kommissar sah etwas verwirrt aus.

»Der Blasse nennt sich Ivar Redig, aber er heißt sicher Artur, und den Häßlichen nennen sie Tjomme, aber vielleicht heißt er Krok, und Onkel Einar hat zwei Namen, Lindeberg und Brane, und er schläft mit einem Revolver unter dem Kopfkissen, und er hat die Juwelen unter der Treppe in der Schloßruine vergraben, und als ich einen Fingerabdruck von ihm genommen hatte, da fiel der Blumentopf runter – Pech, was? –, und da hat er mit dem Revolver auf mich gezielt, und dann saß ich im Ahornbaum und hab’

gehört, wie Tjomme und Redig ihn mit dem Tode bedrohten, und dann haben sie ihn im Keller in der Schloßruine gefesselt, denn er war so dumm, mit ihnen hinzugehen, aber da waren die Juwelen schon weg, denn wir haben sie auf dem Bäckereiboden versteckt, aber jetzt haben sie sie leider wiedergenommen, denn sie haben uns im Keller eingeschlossen, und Himmel, so viele Gänge wie da sind, aber raus sind wir gekommen, ja, jetzt wissen Sie alles, aber fahrt um Himmels willen schneller!«

Der Kommissar sah nicht so aus, als ob er alles wüßte, aber er dachte, daß man wohl später Einzelheiten klarstellen könnte.

Der Kriminalpolizist sah auf den Geschwindigkeitsmesser.

Der war jetzt auf hundert Kilometer, und er wagte nicht, noch schneller zu fahren, obwohl Kalle meinte, daß es zu langsam ginge.

»Eine Wegscheide, Kommissar, nach rechts oder links?« Er bremste das Auto, daß es schleifte. Anders und Kalle und Eva-Lotte bissen sich in den Daumen vor Nervosität über die Verzögerung.

»Ärgerlich«, sagte der Kommissar. »Schutzmann Björk, Sie kennen doch die Wege hier. Welchen, glauben Sie, können sie genommen haben?«

»Das kann man unmöglich sagen«, antwortete Björk. »Sie können zum großen Kontinentalweg hinkommen, ganz gleich, welchen Weg sie nehmen.«

»Einen Augenblick«, sagte Kalle und stieg aus dem Auto. Er nahm sein Notizbuch aus der Hosentasche und ging zum linken Weg. Er besah aufmerksam die Erde. »Sie sind diesen Weg hier gefahren!« schrie er voller Eifer.

Björk und der Kommissar waren auch ausgestiegen.

»Woher weißt du das?« fragte der Kommissar.

»Ja, ihr Auto hat einen neuen Reifen aus Gislaved auf dem rechten Hinterrad, und ich hab’ hier das Muster abgezeichnet.

Sehen Sie her!« Er zeigte auf einen deutlichen Abdruck in dem losen Fahrweg. »Genau das gleiche!«

»Du bist sehr pfiffig«, sagte der Kommissar, während sie zum Auto zurückrannten.

»Ach, das ist reine Routinearbeit«, sagte Meisterdetektiv Blomquist. Aber dann fiel ihm ein, daß er viel lieber nur Kalle sein wollte. »Ach, das war mir geradeso eingefallen«, fügte er ganz bescheiden hinzu.

Die Fahrt war jetzt beinahe lebensgefährlich. Niemand sagte etwas. Aller Augen starrten durch die Windschutzscheibe. Sie rutschten um eine Kurve.

»Da!« rief Schutzmann Björk. Hundert Meter vor ihnen sah man ein Auto.

»Das ist es«, sagte Kalle. »Ein A-Auto! Schwarzer Ford!«

Der Kriminalpolizist Santesson tat sein Äußerstes, um die Fahrgeschwindigkeit noch höher hinaufzupressen. Aber der schwarze Ford jagte vorwärts und behielt seinen Vorsprung.

Man sah ein Gesicht durch die hintere Fensterscheibe heraussehen. Sie hatten offenbar begriffen, daß ihnen Verfolger auf den Fersen waren.

»Es dauert sicher nur noch ein paar Minuten, bis ich ohnmächtig werde«, dachte Eva-Lotte. »Ich war noch nie ohnmächtig.«

Hundertzehn Kilometer! Jetzt kam das Polizeiauto langsam, aber sicher dem schwarzen Ford näher.

»Legt euch hin, Kinder!« schrie der Kommissar plötzlich.