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Hercule Poirot, Lord Wimsey und der Unterzeichnete, ja, wir bleiben weiterhin auf dem Posten und haben nicht die Absicht, es zuzulassen, daß die Kriminalität die Oberhand gewinnt.«

Der eingebildete Zuhörer betonte ganz richtig, daß die Gesellschaft den Herren Poirot, Wimsey und Blomquist für ihre aufopfernde Arbeit im Dienste des Guten zu großem Dank verpflichtet sei.

»Bevor wir uns trennen, junger Mann«, sagte der Meisterdetektiv und nahm die Pfeife aus dem Mund, »eins will ich Ihnen sagen: Verbrechen lohnt sich nicht! Ehrlich währt am längsten, das hat sogar Artur Berg einmal zu mir gesagt. Und ich hoffe, er sieht es jetzt ein, wo er nun sitzt. In jedem Fall hat er viele Jahre Zeit, darüber nachzudenken. Und dann – Onkel Einar! – hm, Einar Lindeberg, ein so junger Mann schon auf der Bahn des Verbrechens! Möge seine Strafe ihm zur Besserung gereichen!

Denn – wie ich schon sagte – Verbrechen lohnt sich nicht!«

»Kalle!!!« Eva-Lotte steckte den Kopf durch die Zaunöffnung.

»Kalle, warum liegst du hier und starrst in die Luft? Komm rüber! Anders und ich wollen in die Stadt.«

»Leben Sie wohl, junger Mann«, sagte Meisterdetektiv Blomquist. »Fräulein Lisander hat mich gerufen, und – nebenbei gesagt – sie ist die junge Dame, mit der ich die Ehe einzugehen beabsichtige.« Sein eingebildeter Zuhörer beglückwünschte Fräulein Lisander zur Wahl ihres Gatten. »Ja, Fräulein Lisander weiß natürlich noch nichts davon«, sagte der Meisterdetektiv wahrheitsgemäß und hüpfte auf einem Bein zum Zaun hin, wo das besagte Fräulein mitsamt Herrn Bengtsson auf ihn wartete.

Es war Samstag abend. Alles atmete tiefsten Frieden, als Kalle, Anders und Eva-Lotte die Hauptstraße entlanggeschlendert kamen. Die Kastanien hatten schon längst zu blühen aufgehört, aber in den kleinen Gärten prunkten Rosen und Levkojen und Löwenmaul. Sie gingen zur Gerberei hinunter. Friedrich mit dem Fuß war bereits betrunken und stand da und wartete auf Schutzmann Björk. Kalle, Anders und Eva-Lotte blieben eine Weile stehen, um Friedrichs Geschichten aus seinem Leben mit anzuhören. Aber dann gingen sie weiter zur Prärie hinaus.

»Seht mal, da sind Sixtus und Benka und Jonte«, sagte Anders plötzlich, und seine Augen fingen an zu blitzen. Kalle und Eva-Lotte gingen dichter zu ihrem Chef hin. Und die Weißen marschierten direkt auf die Roten zu.

Nun trafen sie sich. Nach dem Friedensvertrag hätte der Chef der Weißen sich jetzt dreimal vor den Roten verbeugen sollen und sagen: »Ich weiß, daß ich nicht würdig bin, den gleichen Boden zu betreten wie du, o Herr!« Der rote Chef sah den weißen auch besonders herausfordernd an. Da öffnete der weiße Chef seinen Mund, er sprach und sagte: »Rotzbengel!«

Der rote Chef sah zufrieden aus. Er ging jedoch entrüstet einen Schritt rückwärts. »Das bedeutet Kampf!« sagte er.

»Ja«, sagte der weiße Chef und schlug sich dramatisch an die Brust. »Jetzt herrscht Kampf zwischen der Weißen und der Roten Rose!«

BAND ZWEI. 

Kalle Blomquist lebt gefährlich

ERSTES KAPITEL

»Du kannst nicht normal sein«, sagte Anders. »Du kannst einfach nicht normal sein. Liegst da herum und träumst!«

Er, der nicht normal sein sollte, sprang hastig aus dem Grase auf und blinzelte unter einem flachsgelben Haarschopf gekränkt auf die beiden am Zaun.

»Lieber, kleiner, süßer Kalle«, sagte Eva-Lotte, »du wirst ein Liegegeschwür bekommen, wenn du nicht endlich damit aufhörst, unter dem Birnbaum zu liegen und zu glotzen – jeden Tag, den ganzen Sommer lang.«

»Ich liege aber nicht den ganzen Tag und glotze«, wider-sprach Kalle verärgert.

»Nein, Eva-Lotte, übertreibe nun mal nicht«, meinte Anders.

»Besinnst du dich nicht auf den Sonntag Anfang Juni – da lag Kalle nicht ein einziges Mal unter dem Birnbaum. Er war den ganzen Tag lang nicht Detektiv. Diebe und Mörder waren un-bewacht und konnten tun, was sie wollten.«

»Ach ja, jetzt erinnere ich mich«, sagte Eva-Lotte. »Die Diebe und Mörder hatten ja tatsächlich Anfang Juni einen ungestörten Sonntag.«

»Haut ab!« brummte Kalle.

»Genau das wollten wir«, gab Anders zu. »Aber wir wollten dich mithaben. Natürlich nur, wenn du glaubst, daß die Mörder eine Stunde ohne Aufsicht auskommen.«

»Oh, das können sie sicher nicht«, stichelte Eva-Lotte. »Die müssen gewartet werden wie Säuglinge.«

Kalle seufzte. Es war hoffnungslos, absolut hoffnungslos.

Meisterdetektiv Blomquist – das war er. Und er verlangte Achtung vor seiner Tätigkeit. Aber bekam er, was er verlangte? Bestimmt nicht von Anders und Eva-Lotte. Dabei hatte er doch nachweislich im vorigen Sommer drei Juwelendiebe festgesetzt

– er ganz allein! Gewiß, Anders und Eva-Lotte hatten ihm nachher dabei geholfen, aber es war doch er, Karl Blomquist, gewesen, der durch Scharfsinn und Beobachtungsgabe den Schurken auf die Spur gekommen war. Damals hatten Anders und Eva-Lotte begriffen, daß er wirklich ein Detektiv war, der seinen Beruf verstand; aber nun neckten sie ihn wieder, als wäre das alles nie gewesen. Als gäbe es überhaupt keine Verbrecher auf der Welt, die beobachtet werden müßten. Als wäre er ein überspannter Narr, der den Kopf voll Einbildungen hatte.

»Im vorigen Sommer wart ihr ziemlich stolz«, sagte er und spuckte verdrießlich ins Gras. »Damals, als wir die Juwelendiebe festsetzten, gab es niemand, der sich über Meisterdetektiv Blomquist beklagte.«

»Es gibt auch jetzt niemand, der sich über dich beklagt«, meinte Anders. »Aber du begreifst doch wohl, daß das Dinge waren, die einmal passieren und nie wieder. Seit dem Jahre 1200 liegt diese Stadt nun hier, und bis heute hat es, soviel ich weiß, keine anderen Verbrecher gegeben als gerade deine Juwelendiebe. Das ist nun ein Jahr her. Du aber liegst noch immer unter dem Birnbaum und wälzt Kriminalprobleme. Gib es auf, Kalle, gib es auf. Glaub mir, für die nächste Zeit kommen keine Schurken mehr zum Vorschein, und wenn du sie auch mit der Lupe suchst.«

»Alles hat seine Zeit, das weißt du doch«, sagte Eva-Lotte.

»Strolche jagen hat seine Zeit, und Fleischklöße machen hat seine Zeit.«

»Ja, eben«, sagte Anders. »Und jetzt hat die Rote Rose wieder den Krieg erklärt. Benka kam vor einer Weile mit ihrer Kriegserklärung. Lies selbst!« Er zog ein großes Plakat aus der Tasche und gab es Kalle. Und Kalle las:

»Krieg! Krieg!

An den wahnsinnigen Chef der verbrecherischen Sippschaft, die sich ›Die Weiße Rose‹ nennt.

Hiermit tun wir kund und zu wissen, daß es in ganz Schweden keinen Bauern gibt, der ein Schwein hat, das auch nur andeutungsweise so dumm ist wie der Chef der Weißen Rose.

Das erwies sich, als dieser Abschaum der Menschheit gestern auf dem Großen Markt dem hochherzigen und allgemein ge-achteten Chef der Roten Rose entgegentrat. Fiel es da doch besagtem Abschaum ein, nicht zur Seite zu gehen, sondern erfrechte er sich in seiner greulichen Dummheit nicht noch, unsern edlen, hochberühmten Chef zu puffen und dabei in widerliche Schmähungen auszubrechen! Dieser Schimpf, diese Schmach kann nur mit Blut abgewaschen werden. Nun herrscht Kampf zwischen der Roten Rose und der Weißen Rose, und tausend und aber tausend Seelen werden in den Tod gehen – hinein in die Nacht des Todes.

Sixtus,

Edelmann

und Chef der Roten Rose«

»Und jetzt«, sagte Anders, »wollen wir ihnen eins auf die Qua-ste geben. Machst du mit?«

Kalle grinste zufrieden. Der Krieg der Rosen, der mit kurzen Unterbrechungen nun schon seit Jahren tobte, war nicht etwas, wovon man sich freiwillig ausschloß. Das gab Spannung und Inhalt für die Sommerferien, die sonst vielleicht etwas eintönig gewesen wären. Radfahren und baden, Erdbeerbeete begießen, Besorgungen machen für Vaters Lebensmittelgeschäft, angelnd am Fluß sitzen, in Eva-Lottes Garten Ball spielen – das alles reichte nicht, die Tage auszufüllen. Die Sommerferien waren ja so lang.