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Sie mußte vorläufig – darüber waren sie sich einig – aus dieser Sache herausgehalten werden.

Anders dachte auch an Beppo.

»Ich war es, der ihn vergiftet hat«, sagte er verzweifelt.

»Wenn Beppo stirbt, kann ich Sixtus nie mehr ins Gesicht sehen.«

»Beppo stirbt nicht, das hat doch der Tierarzt gesagt«, tröstete Kalle ihn. »Hat er nicht genug Medizin und Magenspü-lungen bekommen? Und es war doch wohl besser, daß Beppo die Schokolade gefressen hat als Eva-Lotte oder du?«

»Oder du«, sagte Anders. Sie schüttelten sich alle beide.

»Eines jedenfalls ist ganz klar«, sagte Anders, als sie Kurs auf das Polizeirevier nahmen.

»Und was?« fragte Kalle.

»Du mußt endlich diesen Fall in die Hand nehmen, Kalle.

Eher kommt da keine Ordnung hinein. Das sage ich nun schon die ganze Zeit über.«

VIERZEHNTES KAPITEL

»Dieser Mord muß aufgeklärt werden«, sagte der Kriminalkommissar und ließ seine Hand schwer auf den Tisch fallen.

Vierzehn Tage lang hatte er sich mit dieser ausnehmend ver-zwickten Angelegenheit befaßt. Nun sollte er die Stadt verlassen. Der Arbeitsbereich der Staatspolizei war groß, und an anderen Stellen warteten neue Aufgaben auf ihn. Er ließ allerdings drei seiner Männer hier und hatte jetzt zusammen mit ihnen und der Ortspolizei eine Morgenbesprechung auf der Polizeistation.

»Aber soviel ich sehen kann«, fuhr er fort, »ist das einzige greifbare Ergebnis dieser vierzehn Arbeitstage nur, daß kein Mensch jetzt mehr wagt, dunkelgrüne Gabardinehosen anzuziehen.«

Mißmutig schüttelte er den Kopf. Sie hatten gearbeitet und hart gearbeitet. Jeder möglichen Anregung waren sie gefolgt.

Die Lösung des Rätsels aber schien genauso fern zu liegen wie am ersten Tag. Der Mörder war aus dem Nichts aufgetaucht und wieder in das Nichts verschwunden. Niemand hatte ihn gesehen, nur ein Mensch – Eva-Lotte Lisander.

Die Allgemeinheit hatte ihr Bestes getan, ihm zu helfen. Es waren viele Hinweise gekommen auf Menschen, die dunkelgrüne Gabardinehosen zu tragen pflegten. Eva-Lotte war mehrere Male Individuen gegenübergestellt worden, denen der Kommissar etwas mehr auf den Zahn fühlen wollte. Die Männer waren mit einigen anderen ungefähr gleichgekleideten in eine Reihe gestellt worden, und Eva-Lotte wurde gefragt, ob einer von ihnen derjenige sei, dem sie damals auf der Prärie begegnet sei.

»Nein, von diesen ist es keiner«, hatte sie jedesmal geantwortet.

Eine Unmenge von Bildern waren ihr vorgelegt worden; aber auch da fand sich niemand, den sie kannte.

Jeder Mensch oben auf dem Rackerberg war über seine Beobachtungen, Grens Privatleben betreffend, befragt worden. Spezielles Interesse hatte die Polizei an außergewöhnlichen Vor-kommnissen an jenem Dienstagabend vor dem Mord, als der Mann in den Gabardinehosen Gren nachweislich besucht hatte.

Und beinahe alle hatten etwas ganz Außergewöhnliches gerade von diesem Abend zu berichten. Es hatte einen Lärm gegeben, als hätten sich wenigstens zehn Mörder gegenseitig umgebracht.

Das war natürlich sehr interessant. Aber der Kommissar hatte bald heraus gefunden, daß der Lärm vom Krieg der Rosen verursacht worden war. Mehrere Personen, darunter auch Kalle Blomquist, hatten allerdings erklärt, daß sie ein Auto zu dem bestimmten Zeitpunkt hätten anfahren hören. Und es wurde festgestellt, daß Doktor Forsbergs Auto, in dem er an diesem Abend seinen Krankenbesuch bei Friedrich mit dem Fuß gemacht hatte, dafür nicht in Frage kam.

Schutzmann Björn hatte Kalle scherzend aufgezogen und gemeint, Kalle hätte doch auf dieses seltsame Auto etwas besser achtgeben können. »Du als Meisterdetektiv«, sagte er, »hättest dir doch die Nummer des Autos aufschreiben müssen! Was machst du eigentlich im Augenblick?«

»Ich hatte doch damals drei wilde Rote hinter mir her«, hatte Kalle verschämt zu seiner Verteidigung gesagt.

»Ein Mann mit Auto – wunderbar!« sagte der Kommissar und schüttelte sich wie ein wütender Terrier. »Er kann ja gut hundert Meilen von hier entfernt wohnen. Er kann den Wagen in der Nähe des Herrenhofes geparkt haben und ist dann nach der Tat hineingesprungen und hatte bereits einige Meilen Vorsprung, bevor wir überhaupt wußten, daß etwas passiert war.«

Man hatte unmittelbar nach dem Mord überall auf den Wegen beim Herrenhof nach Autospuren gesucht. Aber es fanden sich keine. Der heftige Regen war dem Verbrecher sicher ein unschätzbarer Helfer gewesen. Und wie sie nach dem Schuldschein gesucht hatten! Jeder Busch, jeder Stein, jedes Erdloch war untersucht worden. Das wichtige Papier jedoch war und blieb unauffindbar.

»Unauffindbar wie der Mörder«, sagte der Kommissar mit einem Seufzer. »Stellt euch vor, daß der Kerl nicht das geringste Lebenszeichen von sich gibt!«

In dem Moment hörte man im Vorraum ein paar eifrige Jun-genstimmen. Sie wollten deutlich den Kommissar sprechen, wurden aber von dem diensthabenden Schutzmann abgewiesen.

Die Stimmen der Jungen wurden nur noch eigensinniger: »Wir müssen ihn sprechen, sage ich Ihnen!«

Schutzmann Björk erkannte die Stimme von Anders und ging hinaus.

»Onkel Björk«, sagte Anders, als er ihn sah, »es handelt sich um den Mord … Kalle hat das jetzt in die Hand genommen …«

»Das habe ich gewiß nicht«, protestierte Kalle ärgerlich,

»aber …«

Björk sah sie mißbilligend an: »Ich dachte, ich hätte euch ganz deutlich gesagt, daß das hier nichts ist für kleine Jungen und Meisterdetektive in spe«, sagte er. »Überlaßt das Ganze ruhig der Staatspolizei. Das ist ihre Arbeit. Nach Hause mit euch!«

Jetzt aber wurde Anders auch auf Björk, den er sonst so gut leiden konnte, böse.

»Nach Hause!« schrie er. »Nach Hause gehen und dem Mörder erlauben, die ganze Stadt mit Arsenik zu vergiften, wie?«

Kalle kam ihm zu Hilfe. Er zog ein wohlverpacktes Stück Schokolade hervor und sagte ernst: »Onkel Björk, jemand hat Eva-Lotte vergiftete Schokolade geschickt.«

Hilfesuchend sah er den großen, langen Schutzmann an, der da vor ihm stand und ihn hindern wollte. Aber Björk hinderte ihn nicht mehr. »Kommt rein«, sagte er und schob die Jungen vor sich her.

Es wurde still, als Kalle und Anders mit ihrem Bericht zu Ende waren. Dann sagte der Kommissar:

»War ich es, der ein Lebenszeichen von dem Mörder haben wollte?« Er wog das Schokoladenstück in seiner Hand. Ein solches Lebenszeichen hatte er sich allerdings nicht gewünscht.

Dann sah er Anders und Kalle prüfend an. Gewiß, es war möglich, daß diese Jungen in einem leeren Teich fischten. Er wußte ja nicht, für wie tüchtig er Kalle als Chemiker halten durfte und ob man seinem Bericht über den Arsenspiegel glauben konnte: Vielleicht war seine Phantasie mit ihm durchgegangen. Nun, darauf mußte eine gerichtschemische Untersuchung Antwort geben.

Das mit dem Hund war ja unzweifelhaft seltsam. Es wäre wichtig, auch eine Probe von der anderen Schokoladenhälfte zu bekommen. Aber die Jungen hatten erklärt, daß sie gestern abend sorgfältig allen Auswurf des Hundes beseitigt hatten. Alles, was getan werden konnte, um die Spur zu verwischen, war getan worden. Und um das Unglück vollzumachen, hatte Eva-Lotte auch noch den Umschlag, in dem, wie die Jungen sagten, die Schokolade gewesen war, fortgeworfen. Ja, die Kleine schmeißt mit wertvollem Papier nur so um sich, dachte der Kommissar.

Aber woher sollte sie eigentlich wissen, daß der Umschlag so wichtig war? Wie es auch sein mochte, danach suchen mußte man selbstverständlich. Aber ob man ihn finden würde?

Er wandte sich an Anders: »Du hast wohl nicht zufällig noch so ein kleines Stück von deiner Hälfte aufbewahrt?«