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»Was für ein Bart?« fragte Rasmus wütend. »Mein Vater hat keinen Bart!«

»Hat keinen?« grunzte Anders. »Jeder Professor hat doch wohl einen Bart?«

»Na bitte, stell dir vor, hat nicht jeder Professor«, sagte Rasmus und ging mit würdigen Schritten zur Veranda zurück. Diese Kinder dort waren alle blöd, und er dachte nicht mehr daran, mit ihnen zu sprechen! Als er in die Sicherheit der Veranda gekommen war, drehte er sich um und schrie den dreien am Zaun zu: »Pfui Blase, was seid ihr blöd! Mein Vater ist ein Professor und ohne Bart, und er macht Bleche!«

Kalle, Anders und Eva-Lotte sahen belustigt auf die böse kleine Gestalt oben auf der Veranda. Sie wollten ihn doch nicht reizen. Eva-Lotte machte einige schnelle Schritte, um ihm nachzueilen und ihn ein bißchen zu trösten, aber sie blieb gleich wieder stehen. Denn hinter Rasmus öffnete sich die Tür, und jemand kam heraus. Es war ein sonnenverbrannter Mann in den Dreißigern. Mit festem Griff packte er Rasmus und schwang ihn sich auf die Schulter.

»Du hast recht, Rasmus«, sagte er. »Dein Vater ist ein Professor ohne Bart, und er macht Bleche.« Er kam den Weg herunter, Rasmus auf der Schulter, und Eva-Lotte schämte sich ein wenig: Sie war ja auf privatem Grund und Boden.

»Siehst du nun wenigstens, daß er keinen Bart hat!« schrie Rasmus triumphierend Kalle zu, der sich vorsichtig an der Zauntür herumdrückte. »Dann kann er also auch Motorrad fahren«, setzte er stolz hinzu. Vor seinem inneren Auge sah er seinen Vater mit langem, wallendem Bart, der sich um die Radach-sen wickelte, und es war ein äußerst empörender Anblick für ihn.

Kalle und Anders machten höflich ihre Verbeugungen.

»Rasmus sagt, Sie machen Bleche, Herr Professor«, sagte Kalle schnell, um von der Sache mit dem Bart abzukommen.

Der Professor lachte: »Ja, das kann man beinahe sagen. Bleche … Leichtmetall … Ich habe eine kleine Erfindung gemacht, versteht ihr?«

»Eine Erfindung?« fragte Kalle interessiert.

»Ich habe eine Möglichkeit gefunden, Leichtmetall unzerstörbar zu machen«, erklärte der Professor. »Das nennt Rasmus nun ›Bleche machen‹.«

»Oh, davon habe ich in der Zeitung gelesen«, sagte Anders eifrig. »Dann sind Sie ja direkt berühmt!«

»Klar, sicher ist er berühmt«, bestätigte Rasmus von seinem erhöhten Platz aus. »Und einen Bart hat er auch nicht, bitte sehr!«

Der Professor ließ sich auf keine Diskussion über seine Berühmtheit ein. »Na, Rasmus«, sagte er, »wollen wir ins Haus gehen und frühstücken? Ich könnte dir Schinken braten.«

»Ich habe gar nicht gewußt, Herr Professor, daß Sie hier in der Stadt wohnen«, sagte Eva-Lotte.

»Nur während des Sommers«, gab der Professor zurück.

»Ich habe diese Zuflucht für den Sommer gemietet, um in Ruhe arbeiten zu können.«

»Ja, Vati und ich machen hier Sommerferien, wir beide ganz allein«, sagte Rasmus, »und Mutti ist bei Großvater in Indien.

Stell dir vor, da wohnen nämlich Großvater und Großmutter.

Und ich hab’ sie noch nie gesehen, bloß als ich ganz klein war.

Aber nächstes Jahr hat Vati mehr Zeit, und dann fahren wir zu Weihnachten alle hin, Vati und Mutti und ich – bitte sehr!«

ZWEITES KAPITEL

Eltern sind oft hinderlich, wenn man Krieg führen will. Sie greifen auf verschiedene Weise störend in den Gang der Geschehnisse ein. Manchmal bekam der Lebensmittelhändler Blomquist den Einfall, daß sein Sohn in den schwersten Stunden im Geschäft helfen sollte. Und der Postdirektor kam einfach daher und wünschte, daß Sixtus die Gartenwege harke und den Rasen sauber schneide. Vergeblich versuchte Sixtus, seinem Vater klarzumachen, daß ein wildwachsender Garten viel, viel schöner sei. Der Postdirektor schüttelte nur verständnislos den Kopf und zeigte stumm auf den Rasenmäher.

Noch verstockter in seinen Forderungen war der Schuhmacher Bengtsson. Er hatte von seinem dreizehnten Lebensjahr an selbst für sich sorgen müssen, und das sollte sein Sohn auch, meinte der Schuhmachermeister. Deshalb versuchte er, mit äu-

ßerster Strenge Anders während der Sommerferien an den Schuhmacherhocker zu fesseln. Anders hatte im Laufe der Zeit eine komplizierte Technik entwickelt, allen Attentaten auf seine goldene Freiheit zu entgehen.

Der Hocker, auf dem Anders sitzen sollte, war deshalb meistens leer, wenn der Schuhmacher in die Werkstatt kam, um seinen ältesten Sprößling in die Geheimnisse seiner Kunst einzuweihen.

Richtig menschlich dachte nur Eva-Lottes Vater. »Wenn du nur glücklich bist – und nicht zuviel Unfug anstellst, will ich mich nicht weiter darum kümmern, was du treibst«, sagte der Bäckermeister und legte sanft seine väterliche Hand auf Eva-Lottes blonden Schopf.

»Solch einen Vater müßte man haben«, sagte Sixtus verbittert und mit lauter Stimme, um das Klippklippklipp des Rasenmähers zu übertönen.

Das war nun seit kurzer Zeit das zweite Mal, daß sein unbarmherziger Vater ihn zur Gartenarbeit zwang. Benka und Jonte hingen am Zaun und sahen Sixtus teilnahmsvoll bei seinen Anstrengungen zu. Sie versuchten, ihn mit glühenden Schilde-rungen eigener Leiden zu trösten. Hatte Benka nicht tatsächlich den ganzen Vormittag Himbeeren gepflückt, und hatte Jonte nicht den ganzen Vormittag auf seine kleinen Geschwister auf-passen müssen?

»Klar, auf diese Weise wird man ja gezwungen, die Nächte zu Hilfe zu nehmen, wenn man den Weißen an den Kragen will«, sagte Sixtus betrübt. »Man hat ja tagsüber kaum eine Stunde für das Notwendigste übrig.«

Jonte nickte zustimmend: »Du hast das richtige Wort gesagt.

Wollen wir nun heute nacht den Weißen an den Kragen?«

Sixtus warf sofort die Rasenmähmaschine beiseite.

»Da hast du gar nicht so unrecht, Jonte«, rief er. »Kommt, wir wollen in das Hauptquartier und Kriegsrat halten.«

Und im Hauptquartier der Roten Rosen in Sixtus’ Garage wurde der Plan für die kommende Nacht entworfen. Dann wurde Benka mit der Botschaft des Roten Chefs zu den Weißen geschickt.

Anders und Eva-Lotte saßen in der Laube des Bäckermeisters und warteten darauf, daß der Lebensmittelladen geschlossen und Kalle für diesen Tag frei wurde. In der warmen Julisonne sah der Weiße Chef reichlich faul und nicht besonders kriegerisch aus. Aber er zuckte doch zusammen, als er Benka über Eva-Lottes Steg springen sah, daß das Wasser nur so über seine nackten Füße spritzte. Benka hielt ein Papier in der Hand, und dieses Papier überreichte er dem Chef der Weißen Rosen mit abgemessener Verbeugung. Dann verschwand er schnell auf demselben Weg, auf dem er gekommen war. Anders spuckte einen Kirschstein aus, bevor er mit lauter Stimme las:

»In dieser Nacht bei des Mondes Schein wird ein Fest in meiner Väter Burg sein. Denn die Rote Rose wird die glor-reiche Wiedereroberung des Großmummrich aus den Händen der Heiden feiern.

WARNUNG: Stört uns nicht!!! Alles schleichende Ungezie-fer der Weißen Rose wird schonungslos zertreten werden.

Sixtus,

Edelmann und Chef der Roten Rose

P.S. Punkt 12 Uhr in der Schloßruine.«

Anders und Eva-Lotte grinsten zufrieden.

»Komm, dann sausen wir und warnen Kalle«, sagte Anders.

Er stopfte den Zettel in die Hosentasche. »Denk an meine Worte: Hier zieht es sich zusammen zu einer Nacht der Schrek-ken.«

»Bei des Mondes Schein« schlief die kleine Stadt unbekümmert und tief. Von der »Nacht der Schrecken« ahnte sie nichts.

Schutzmann Björk, der durch die menschenleeren Straßen schlenderte, ahnte auch nichts davon. Alles war still. Er hörte nur den Laut seiner eigenen Absätze auf dem Pflaster. Die Stadt schlief in einer Flut aus Mondschein; aber zwischen den schlafenden Häusern und den Gärten lag die dunkle Schwärze der Schatten, und wenn Schutzmann Björk etwas aufmerksamer gewesen wäre, hätte er merken müssen, daß in dieser Schwärze Leben war.