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siehst heutbesonders schön aus, Baby. Ich kann's kaum erwarten, daß wir endlich zusammen sind.«

«Komm mir nicht zu nahe«, warnte Tracy.

Die Amazone grinste.»Und wenn ich's doch tu? Deine Niggerin istbald weg. Ich sorg dafür, daß du in meine Zelle kommst.«

Tracy starrte sie an.

BigBertha nickte.»Ich kann das, Baby. Glaub's mir.«

Tracys Zeit wurde knapp. Sie mußte fliehen, bevor Ernestine entlassen wurde.

Amys liebster Spazierweg führte durch eine große Wiese mitbuntenBlumen. In der Nähebefand sich derBewässerungsteich mit seinerBetonmauer, die steil zum tiefen Wasser abfiel.

«Laß uns schwimmen gehn«, flehte Amy.»Bitte, bitte, Tracy.«

«Der ist nicht zum Schwimmen da«, erwiderte Tracy.»Das ist einBewässerungsteich.«

Es fröstelte siebeim Anblick des kalten, bedrohlich aussehenden Wassers.

… Ihr Vater trug sie auf seinen Schultern ins Meer. Sie schrie, aber ihr Vater sagte: Dubist doch keinBaby mehr, Tracy. Er ließ sie ins kalte Wasser fallen. Sie ging unter, geriet in Panik und erstickte fast…

Als Tracy davon erfuhr, traf es sie wie ein Schlag, obwohl siebereits damit gerechnet hatte.

«Nächste Woche komm ich hier raus«, sagte Ernestine.»Am Samstag.«

Ein eisiger Schauer überlief Tracy. Sie hatte Ernestine nicht von ihrer Unterhaltung mitBigBerthaberichtet. Ernestine würde ihrbald nicht mehr helfen können. Wahrscheinlich hatteBigBertha genügend Einfluß, um Tracy in ihre Zelle verlegen zu lassen. Zu verhindern war das nur durch ein Gespräch mit

dem Direktor, und Tracy wußte, daß sie so gut wie tot war, wenn sie das tat. Alle Frauen im Gefängnis würden sich gegen sie wenden. Hier mußt du powern oderbescheißen, oder die Hindernisse eben auf die elegante Tour nehmen. Sie würde die Hindernisse auf die elegante Tour nehmen.

Wieder sprach sie mit Ernestine über Fluchtmöglichkeiten. Keine war zufriedenstellend.

«Du hast kein Auto, und du hast niemand draußen, der dir hilft. Die kriegen dich hundertprozentig, und dann hängst du noch tiefer in der Scheiße. Bleiblieber cool und sitz deine Zeit hier ganz locker ab.«

Doch Tracy wußte, daß sie nicht so lässig würdebleiben können, nachdemBigBertha es ernsthaft auf sie abgesehen hatte. Der Gedanke daran, was die Schwedin mit ihr machen wollte, verursachte Tracy Übelkeit.

Es war Samstag morgen, sieben Tage vor Ernestines Entlassung. Sue EllenBrannigan war übers Wochenende mit Amy nach New Orleans gefahren, und Tracy arbeitete in der Gefängnisküche.

«Wie läuft's mit deinem Kindermädchenjob?«erkundigte sich Ernestine.

«Ganz gut.«

«Ich habdie Kleine mal gesehen. Die ist niedlich.«

«Ja, sie ist okay«, sagte Tracy. Es klang gleichgültig.

«Ichbin echt froh, wenn ich draußenbin. Und ich sag dir eins: Ich komm nie mehr in diesen Scheißknast hier. Wenn AI und ich was für dich tun können…«

«Achtung!«rief eine Männerstimme.

Tracy drehte sich um. Ein Wäschereiangestellter schobeinen Karren mit Körben voll von schmutzigen Uniformen und Weißzeug vor sich her. Tracybeobachtete verdutzt, wie er auf die Tür zusteuerte.

«Ich habgesagt, wenn AI und ich was für dich tun können… du weißt schon… dir was schicken oder so…«

«Ernie, was macht denn der Mann hier? Das Gefängnis hat doch eine eigene Wäscherei?«

«Oh, der holt die Sachen vom Wachpersonal ab«, lachte Ernestine.»Früher haben die ihre Uniformen immer in die Gefängniswäscherei gegeben, aber irgendwie waren dann alle Knöpfe abgerissen, die Ärmel kaputt und schweinischeBriefe in den Taschen — oder die Hemden sind eingelaufen und der ganze Stoff war im Arsch. Ist das nicht 'ne Affenschande? Ja, und jetzt schicken sie ihre Sachen in 'ne Wäscherei draußen. «Ernestine lachte wieder.

Tracy hörte nicht mehr zu.

11

«George, ichbin mir nicht sicher, obwir Tracybehalten sollen.«

GefängnisdirektorBranniganblickte von seiner Zeitung auf.

«Was hast du denn für Probleme mit ihr?«

«Ich weiß auch nicht genau. Ich habe das Gefühl, daß sie Amy nicht mag. Vielleicht kann sie Kinder einfach nicht leiden.«

«Sie war doch nicht häßlich zu Amy, oder? Hat sie Amy angeschrieen oder geschlagen?«

«Nein…«

«Was dann?«

«Gestern kam Amy zu Tracy gelaufen und hat sie umarmt, und Tracy hat sie weggestoßen. Ich fand das schlimm. Amy ist doch so in sie vernarrt… Ehrlich gesagt, ich glaube sogar, daß ich einbißchen eifersüchtigbin. Kann es das sein?«

Brannigan lachte.»Das kann es allerdings sein. Ich finde, daß Tracy Whitney die richtige Frau für diesen Jobist. Wenn sie dir wirklich Schwierigkeiten macht, sag mirBescheid, dann werde ich etwas dagegen unternehmen.«

«Ja, Liebling. «Aber Sue Ellen war mit dieser Lösung keineswegs zufrieden. Sie griff nach ihrer Petitpoint‑Stickerei und machte die ersten Stiche. Das Thema war noch nicht abgeschlossen.

«Warum funktioniert das nicht?«

«Habich dir doch gesagt, Baby. Weil die Wachen jeden Wagen durchsuchen, der durchs Tor fährt.«

«Aberbei einem Lieferwagen, der einen KorbWäsche geladen hat, werden sie die Wäsche doch nicht auskippen, um

auf denBoden des Korbs zu schauen!«

«Nein, das nicht. Aber der Korbwird in den Abstellraum gebracht, und da paßt 'n Wärter auf, wie er vollgepackt wird.«

Tracy dachte nach.

«Ernie… könnte jemand den Wärter fünf Minuten ablenken?«

«Verdammt noch mal, wie stellst du dir das vor, daß…«Siebrach mitten im Satz ab, und einbreites Lächeln erhellte ihr Gesicht.»Während jemand mit ihmbumst, legst du dich in den Korbund wirst mit Wäsche zugedeckt!«Sie nickte.»Ja. Ich glaube, das könnte klappen.«

«Dann hilfst du mir also?«

Ernestine überlegte es sich einen Moment. Dann sagte sie sanft:»Ja, ich helf dir. Das ist meine letzte Chance, BigBertha 'n Tritt in den Arsch zu geben.«

Im Informationssystem des Gefängnisses liefen sämtliche Drähte heiß, und das einzige Thema war Tracy Whitneys Flucht. Ein Ausbruchversuch gehörte zu den Ereignissen, die alle Gefangenenbewegten. Sie durchlebten und durchlitten jeden stellvertretend mit und wünschten sich, sie hätten den Mut gehabt, es selbst zu riskieren. Aber da waren die Wachen und die Hunde und die Hubschrauber… und am Ende die Frauen, die zurückgebracht wurden — oder ihre Leichen.

Dank Ernestines Hilfe machte der Fluchtplan rasche Fortschritte. Ernestine nahm Tracy für ein Kleid Maß, Lola klaute Stoff aus der Gefängnisschneiderei, und Paulita gabdas Gewandbei einer Näherin in einem anderenBlock in Auftrag. Aus dem Magazin wurde ein Paar Gefängnisschuhe gestohlen und passend zum Kleid umgefärbt. Wie durch Zauberkraft tauchten Hut, Handschuhe und eine Handtasche auf.

«Jetzt mußt du noch Papiere haben«, sagte Ernestine zu Tracy.»Dubrauchst Kreditkarten und 'n Führerschein.«

«Woher soll ich…«

Ernestine grinste.»Überlaß das nur mir.«

Am Abend darauf überreichte sie Tracy drei Kreditkarten, die auf den Namen Jane Smith ausgestellt waren.»Fehlt nur noch der Führerschein«, sagte Ernestine.

Nach Mitternacht hörte Tracy, wie die Zellentür geöffnet wurde. Jemand schlich leise auf ihre Pritsche zu. Tracy setzte sich auf. Sie war sofort hellwach.

«Whitney?«flüsterte eine Frau.»Komm mit.«

Tracy erkannte die Stimme. Sie gehörte Lillian, einer Gefangenen aus einer Nachbarzelle.»Was willst du?«fragte Tracy.

Und nun schoß Ernestines Stimme durch die Dunkelheit.»Hat dich deine Mutter zu heiß gebadet? Halt's Maul und stell keine soblöden Fragen.«

Lillian sagte leise:»Wir müssen unsbeeilen. Wenn sie uns erwischen, bin ich dran. Komm.«

«Wohin gehen wir?«erkundigte sich Tracy, als sie Lillian durch den dunklen Flur zu einer Treppe folgte. Sie stiegen einen Stock höher, und nachdem sie sich vergewissert hatten, daß keine Wärterinnen in der Nähe waren, eilten sie einen anderen Flur entlang, bis sie zu dem Raum kamen, in dem Tracy die Fingerabdrücke abgenommen und die Fotos von ihr geknipst worden waren. Lillian stieß die Tür auf.»Da rein«, flüsterte sie.