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»Eine hübsche kleine Sklavin«, sagte eine der Frauen.

Da erkannte ich, daß Lolas zurückhaltende Aufmachung mit der Anwesenheit der Sklavenhändlerinnen zu tun hatte. Das Haus des Andronicus, in dem ich Sklave war, wollte die Besucherinnen offenbar nicht kränken.

Als Lola den Kopf hob, wies Lady Gina auf die Frau, die mich untersucht hatte. Hastig kniete Lola vor ihr nieder.

»Wie wirst du genannt?« fragte die Frau.

»Lola, Herrin.«

»Steh auf und zieh dich aus, Lola«, befahl die Frau.

»Ja, Herrin«, antwortete Lola, stand auf und ließ die Tunika zu Boden gleiten.

»Lola«, sagte Lady Gina. »Du beginnst am anderen Ende der Reihe. Du sagst jedem Sklaven, daß du seine Sklavin bist. Du küßt ihn, sagst ihm, daß du ihn liebst, und sprichst ihn als Herrn an. Dann küßt du ihn wieder.«

»Ja, Herrin«, sagte Lola bedrückt und lief ans andere Ende der Reihe.

Lady Gina folgte ihr. Dabei löste sie die Peitsche von dem Gürtel, eine Bewegung, die Lola nicht entging.

»Sei begehrlich, Lola«, forderte Lady Gina. »Das dürfte dir nicht schwerfallen«, fügte sie sarkastisch hinzu.

»Ja, Herrin«, sagte Lola und warf einen angstvollen Blick in die Runde.

Dann trat sie vor den ersten Sklaven hin, umarmte ihn und blickte zu ihm auf. »Ich bin deine Sklavin, Herr!« sagte sie und küßte ihn. »Ich liebe dich, Herr!« sagte sie und küßte ihn ein zweitesmal.

»Ausgezeichnet, Lola!« sagte Lady Gina. Zwei Sklavenhändlerinnen lachten. Eine machte mit einem Markierungsstift eine Eintragung auf einem Stück Papier, das sie auf einem Klemmbrett mitführte.

»Zum nächsten«, befahl Lady Gina.

Angstvoll-gehorsam beschäftigte sich Lola mit dem nächsten Sklaven. Für jede Sklavin war es beschämend, einen männlichen Sklaven zu berühren, und noch schlimmer kam es sie an, ihn als Herrn zu bezeichnen. Sklavinnen verachten Sklaven. Sie sehen sich – sicher zu recht – als Besitz freier Männer und Frauen – Herren und Herrinnen.

Endlich stand Lola auch vor mir. In ihren Augen standen Tränen. Sie schien kaum sprechen zu können. »Er nicht, Herrin!« flehte sie.

»Du zögerst in der Ausübung deiner Pflichten, Lola!« rief Lady Gina.

Hastig legte Lola die Arme um mich. Und hielt mich abrupt, eine Sekunde lang, ganz fest. Dabei spürte ich, wie ihr Körper sich zuckend gegen den meinen bewegte. Ihre Wange lag an meiner Brust. »Interessant«, sagte eine der Sklavenhändlerinnen. Lola blickte zu mir auf.

»Weitermachen, Lola!« forderte Lady Gina.

»Mit einem so verachtenswerten Sklaven, Herrin?« fragte Lola.

»Weitermachen, Lola!«

»Ja, Herrin.« Wieder umarmte mich das Mädchen.

»Schaut euch die kleine Dirne an«, sagte eine Frau. »Sie ist erregt!« Lola war nackt, bis auf den Sklavenkragen. Barfuß stand sie auf den kalten Fliesen. »Ich bin deine Sklavin, Herr«, flüsterte sie mir zu. Ich spürte ihren Bauch und ihre Brüste. Sie war eine Frau, von der ein Mann auf der Erde nicht zu träumen gewagt hätte. Ich mußte ihr widerstehen! Dann aber drückte sich das heiße, sinnliche, nackte Geschöpf an mich. Ich spürte ihre Lippen auf den meinen, genoß den feuchten, zerschmelzenden, unbeschreiblichen Kuß der Sklavin, der unfreien Frau. »Ich liebe dich, Herr«, flüsterte sie.

»Aii!« rief eine der Frauen. In meiner Bestürzung stieß ich einen Schrei aus. Die Frauen lachten. »Der Bursche ist munter!« rief eine Sklavenhändlerin. »Bist du sicher, daß er von der Erde stammt?« fragte eine andere. »Glücklich die Herrin, die ihn einmal bekommt«, sagte eine dritte. Beschämt schaute ich zu Boden. Die Frau mit dem Schreibstift lachte ebenfalls. Ich sah, wie sie sich eine Notiz machte.

»Begeben wir uns in einen bequemeren Raum«, sagte Lady Gina. »Dort können wir über die Sklaven sprechen.« Gefolgt von den meisten Sklavenhändlerinnen, verließ sie den Saal. Nur eine blieb noch kurz zurück und sah mich an. Es war die Frau die mich am gründlichsten untersucht hatte, die Frau, die unter ihrem seidenen Ärmel ein metallbesetztes Lederband trug.

»Kommst du auch, Lady Tima?« fragte eine Frau, die an der Tür stehengeblieben war.

»Ja«, antwortete die Frau und riß den Blick von mir los. Sie machte kehrt und verließ den Raum.

7

Ich saß allein in meiner Zelle, auf einer etwa fünf Fuß langen, schweren Bank vor einem kompakten, rechteckigen Tisch. Diese Dinge hatte man mir zur Verfügung gestellt. Auf dem Boden lag Stroh und darauf eine Decke. Auf dem Tisch standen zwei Schalen – eine mit billigem Wein und eine mit Fleischbrocken; daneben lag gelbes Brot.

Man hatte mich begutachtet.

Der beschämende Gedanke erzürnte mich noch immer. Ich war keine Frau! Dann lächelte ich. Der Gedanke hätte dem Kopf eines Goreaners entspringen können. Ich brachte mir in Erinnerung, daß ich ein Mann von der Erde war. Wie beschämend mußte so etwas für eine Frau sein! Wie beklagenswert, daß solche Schönheiten zum Vergnügen ihrer Herren versklavt wurden.

Am liebsten hätte ich selbst so eine Frau besessen. Aber schon vertrieb ich diesen Gedanken wieder aus meinem Kopf.

Ich kaute ein Stück Fleisch und trank aus der flachen Tonschale, die den Wein enthielt.

Ich war ganz durcheinander. Heute war ich begutachtet und taxiert worden. Ich war überzeugt, daß ich nicht mehr lange im Gehege bleiben würde. Dabei wußte ich nicht einmal, wo diese Gehege überhaupt lagen. Gar nicht zu reden von der Stadt, in der ich gefangengehalten wurde. Neugier stand einem Sklaven nicht an, das hatte man mir wiederholt gesagt. Ich lächelte. Wie weit entfernt schien doch inzwischen die Erde mit ihren eitlen, kleinbürgerlichen Zügen! Irgendwie scherte es mich nicht, daß man mich nach Gor gebracht hatte. Ich verstand nicht, warum ich so empfand. Gewiß war meine Lage beschämend, und ich war alles andere als in Sicherheit. In so mancher Beziehung war Gor eine schreckliche Welt. Ich mußte an die Sleen denken. Ich hatte die Peitsche zu spüren bekommen. Trotzdem war ich im Grunde nicht unglücklich. Die Erde war ein vergiftetes, beflecktes Land gewesen. Die Luft, die die Menschen dort atmeten, die Nahrung, die sie zu sich nahmen, enthielt Gifte, die man erkannt hatte, aber erstaunlicherweise nicht entfernte. Ich hatte die Erfahrung gemacht, daß es eigentlich unmöglich war, solche Dinge zu ändern. Was für eine unglaubliche Welt war doch die Erde! Begriff sie nicht, daß der Umweltverbrecher weitaus gefährlicher war als der einzeln agierende Verrückte oder Mörder, daß sein Verbrechen nicht isolierte, tragische Opfer traf, sondern Gemeinden, einen Planeten, ungeborene Generationen? War sein Profit wirklich so heilig? War es wirklich kostbarer als Menschenleben und die Zukunft? Die Menschen der Erde beglückwünschten sich zur Macht ihrer Demokratien, in denen angeblich das Volk herrschte. Aber wenn das wirklich zutraf, wie konnten dann so viele Entwicklungen auf dem Planeten offensichtlich gegen das Wohlergehen der Völker ablaufen? Wie war es möglich, daß die Welt für ihre Bewohner so bedrückend war, wenn sie wirklich darin die Könige waren? Vielleicht hatte man ihnen nur eingeredet, daß sie die führende Rolle spielen – und sie waren damit zufrieden? Wer aber waren die wahren Könige? Vielleicht gab es aber auch gar keine Könige, sondern nur den Wahnsinn der frei wirkenden Maschine.

Ich war hier gefangen und versklavt worden. Ich trug einen Stahlkragen. Und doch war ich nicht unzufrieden. Ich war gespannt, die Welt zu sehen, auf die ich gebracht worden war. Ich hoffte, daß man mich am Leben lassen würde, wenn ich meinen Herren oder Herrinnen gehorchte und ihnen zu Gefallen war.

Warum fühlte ich mich nicht elender? Ich beschäftigte mich mit der Frage. Infolge der Ernährung und der Bewegung, die mir im Gehege zuteil wurden, war ich gesünder und kräftiger als je zuvor. Vielleicht hatte dies mit meinen Gefühlen zu tun. Schlichte Rezepte wie Diät und viel Bewegung wirken oft Wunder – auch in bezug auf die eigene Einstellung. Und ich freute mich auf das Abenteuer einer neuen Welt, auch wenn es sich um eine Welt handeln mochte, in der ich nur Sklave war. Ich lachte.