Выбрать главу

Wir kamen an einer Frau von Ar vorbei, die von ihrem Seidensklaven gefolgt wurde. Er musterte mich. Vermutlich fragte er sich, wieviel ich gekostet hatte.

Dann begegnete uns eine Sklavin, eine kurzbeinige Schönheit in einem grauen Fetzen. Im Vorbeigehen spuckte sie die Kerne einer Larmafrucht gegen die Wand.

»Beachte sie nicht, Jason«, befahl Lady Florence.

»Ja, Herrin«, sagte ich. Aber ich wünschte, ich hätte das Mädchen in die Finger bekommen können.

Die Sonne stand hoch, und die Mittagsstunde war bereits vorbei. Wir standen vor dem Laden des Philebus, der sich auf turische Seide spezialisiert hatte. Das Geschäft liegt an der großen Straße des Zentralzylinders, die gut vierhundert Fuß breit ist, eine Auffahrtsstraße für Triumphzüge, überschattet vom Zentralzylinder Ars, der das Ende bildet. Zu beiden Seiten der Prachtstraße erheben sich reihenweise Bäume, und zahlreiche Brunnen plätschern. Es ist eine sehr schöne und eindrucksvolle Straße. Sie erfreute meinen Blick. Wegen der hohen Mieten haben die Läden an dieser Straße natürlich ungemein hohe Preise.

Vorn am Laden des Philebus befanden sich Sklavenringe; an einem dieser Ringe war eine Sklavin festgemacht. Neben ihr ein Stück weiter, hockte ein Seidensklave, ebenfalls gefesselt.

Meine Herrin betrat den schattigen Laden.

»Sie hat dich nicht angekettet«, sagte der Seidensklave zu mir.

»Nein.«

»Was hast du gekostet?« wollte er wissen.

»Sechzehn Tarsks.«

»Das ist nicht viel.«

»Silber.«

»Lügner!«

Ich zuckte die Achseln.

Ich führte den Tharlarion an eine sandgedeckte, sonnige Stelle in der Nähe des Ladens und wickelte die Zügel zweimal um einen Ring.

Dann betrachtete ich den Tharlarion. Eine durchsichtige Membrane schob sich von unten vor das Auge, als ein breitflügeliges Insekt über das Lid kroch. Lady Florence besaß zahlreiche Tharlarions; ihre Ställe gehörten zu den größten und besten in Vonda.

Ich kehrte vor den Laden des Philebus zurück.

»Lügner!« wiederholte der männliche Sklave, der an der Mauer hockte. Vermutlich ärgerte es ihn, daß ich nicht angekettet worden war.

Vor dem Laden lehnte ich mich an die Wand. Die meisten goreanischen Läden haben keine Schaufenster. Viele sind zur Straße hin offen oder besitzen Verkaufstheken ins Freie hinaus. Nachts werden die Verkaufsräume vergittert oder mit Läden verschlossen. Läden, in denen kostbare Dinge verkauft werden, betritt man durch eine schmale Tür, woraufhin man dann nicht selten auf einen offenen Innenhof stößt, gesäumt von Baldachinen, unter denen die Waren zum Verkauf stehen. Auch Philebus besaß einen solchen Innenhof.

Gelassen betrachtete ich die Passanten. Es herrschte kein lebhafter Verkehr, doch gab es genügend zu sehen. Ab und zu wurden Sänften vorbeigetragen. Leichte, zweirädrige Wagen fuhren über die breite Straße, gezogen von Tharlarions. Ich bemerkte auch mehr als einen Boskwagen, gezogen von den riesigen, zottigen Bosks mit ihren gefährlich aussehenden Hörnern. Ihre Hufe waren poliert, Perlenschnüre hingen von den Hörnern herab. Einer dieser Wagen besaß eine blaugelbe Leinenabdeckung und war mit breiten Ledergurten zugeschnallt. Aus dem Inneren hörte ich das Lachen von Sklavinnen. Ein Mann schritt hinter dem Wagen her; unter dem Arm trug er eine Peitsche.

Mein Blick fiel auf die Sklavin am Laden; sie schaute mich an. Sie trug eine leichte graue Tunika. Ich betrachtete ihre hübschen Beine.

»Ich bin für freie Männer da!« sagte sie ärgerlich. »Nicht für deinesgleichen!«

»Und gibst du dich deinen Herren wonnig hin, Sklavin?« fragte ich.

Sie wandte den Kopf ab und biß sich auf die Unterlippe.

Ich betrachtete sie. Es hätte mich nicht gestört, ihr Sklavenherr zu sein.

Ich begab mich zum Brunnen, der nur wenige Meter entfernt war, stützte mich auf Hände und Knie und trank aus der unteren Schale, die für Sklaven und Tiere bestimmt war. Dann kehrte ich zum Laden des Philebus zurück, um weiter auf meine Herrin zu warten.

Vom Himmel tönten Trommeln herab, und ich hob den Kopf. Eine Schwadron der Tarnkavallerie Ars rauschte vorüber, die Flügelschläge entsprachen dem Trommelrhythmus. Es mußten etwa vierzig Vögel und Reiter sein. Für eine Patrouille kam mir die Formation ziemlich groß vor.

Ich betrachtete die Roben der freien Frauen, die auf der Straße vorbeikamen, die Wagen, die Scharen der Passanten, die immer dichter wurden, die Sänften der reichen Männer, zuweilen gefolgt von hübschen Sklavinnen in kurzen Tuniken.

Meine Herrin ließ sich Zeit. Vermutlich würde ich einige Pakete zu tragen haben.

Dann sah ich eine Kaiila vorbeigaloppieren. Es war ein hochmütiges, vornehm aussehendes, seidiges Tier mit langen Hauern. Ich hatte von diesen Geschöpfen schon gehört, doch hier sah ich eine Kaiila zum erstenmaclass="underline" sie war gelb und hatte langes, fließendes Haar. Der Reiter saß in einem hohen purpurnen Sattel, in dessen zahlreichen Scheiden Messer steckten. Er trug eine lange schwarze Lanze. Neben seinem Helm baumelte ein zur Seite geschlagenes Metallnetz. Er war schlitzäugig. Vermutlich gehörte er zu den Wagenvölkern, wahrscheinlich zu den Tuchuks. Die bunten Narben seines Gesichts formten die primitiven Symbole dieses fernen, wilden Reitervolkes.

»Sklave«, ertönte eine Frauenstimme.

Ich kniete sofort nieder und senkte den Kopf. Vor mir erblickte ich die Sandalen und das Gewand einer freien Frau.

»Wo befindet sich der Laden des Silberschmieds Tabron?« fragte sie.

»Das ist mir nicht bekannt, Herrin«, erwiderte ich. »Ich stamme nicht aus dieser Stadt. Verzeih, Herrin.«

»Dummes Untier«, sagte sie.

»Ja, Herrin.« Doch schon war sie weitergegangen.

Ich stand auf und lehnte mich wieder an die Wand des Ladens von Philebus. Ich spürte den harten Stahlkragen an der Kehle. Er war weiß emailliert, und in der weißen Fläche befanden sich winzige kursive Buchstaben, die – so hatte man mir übersetzt – auf goreanisch verkündeten: »Ich bin Eigentum der Lady Florence aus Vonda.« Das Schloß im Nacken besaß eine doppelte Verriegelung, die allerdings mit einem Schlüssel zu öffnen war. Ich trug keine Sandalen. Die Tunika, die meine Herrin mir gegeben hatte, war aus weißer Seide.

Unwillkürlich richtete ich mich etwas auf, als ich einen prasselnden Rhythmus vernahm. Und schon marschierte in Viererreihe eine Soldatenkolonne an mir vorbei; ich zählte mit und kam auf zweihundert Mann. Sie trugen scharlachrote Tuniken und rote Kappen mit gelben Quasten. Über runden Schildern hingen auf der linken Schulter Stahlhelme, darunter Kurzschwerter in der Scheide. An der rechten Schulter trugen die Soldaten einen Speer mit langer Bronzespitze; am Schaft waren leichte Bündel befestigt. Die Füße steckten in schweren Sandalen mit dicken Sohlen, Fußwerk, das sich ähnlich wie Stiefel bis zu den Waden hochzog. Diese Sandalen erzeugten scharfe, knallende Laute auf dem Kopfsteinpflaster. Ich vermutete, daß die Männer die Stadt verließen. Der goreanische Infanterist marschiert meistens mit leichtem Gepäck. An den Hauptstraßen gibt es in regelmäßigen Abständen befestigte Militärdepots. In der Tat gehörte es zu den scheinbaren Ungereimtheiten auf Gor, wie gut erhalten und schnurgerade manche Straßen verlaufen, auch wenn sie paradoxerweise durch wenig bevölkerte Landstriche führen. Eine Erklärung dafür bekommt man erst, wenn man sich anhand einer Karte vergegenwärtigt, daß die meisten dieser Straßen unmittelbar zu Grenzen führen, daß es sich somit, genau genommen, um Transportwege für das Militär handelt. Noch klarer wird das Bild, wenn man erkennt, daß die Versorgungsdepots in der Regel vierzig Pasangs voneinander entfernt sind. Vierzig Pasangs – das ist der durchschnittliche Tagesmarsch eines goreanischen Infanteristen. Ich fragte mich, warum die Truppen die Stadt verließen. Normalerweise hätte man erwarten können, daß die Soldaten am frühen Morgen aufbrachen, um noch einen vollen Tagesmarsch absolvieren zu können. Ich schaute den Kämpfern nach. Sie wurden von zwei Offizieren geführt, ebenfalls zu Fuß. Zwei weitere Offiziere, vermutlich Subalterne, bewegten sich links und rechts von der Kolonne. Die Männer waren im Gleichschritt marschiert, und das verfehlte seine dramatische Wirkung nicht. Man spürte, daß es sich nicht um eine beliebige Ansammlung von Männern handelte, sondern um eine Einheit. Hinter den beiden Offizieren, einen oder zwei Schritte vor dem rechten Mann der ersten Reihe, schritt der Standartenträger aus – die Fahne zeigte die Abbildung eines silbernen Tarn. Solche Standarten sind zuweilen mehr als hundert Jahre alt. Der goreanische Kämpfer ist vorwiegend Berufssoldat und gehört der Kriegerkaste an. In Anbetracht der grausamen Auslese, die bei seinen Vorfahren geherrscht hat, war er gewissermaßen für seinen Beruf geboren. Speer und Krieg liegen ihm im Blut.