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»Sie sind der schlimmste Mensch, den ich kenne!«

»Tut mir leid.«

Zornig trat sie an den Bordstein. »Kein Taxi!« sagte sie.

»Nein.«

Sie fuhr zu mir herum. »War ich hübsch?« fragte sie.

»Wann?«

»Na, in Ihrer Phantasie.«

»Sensationell!«

Sie lächelte. »Wie war ich gekleidet?«

»Sie wurden nackt zum Verkauf gestellt, wie alle Frauen.«

»Oh«, hauchte sie. »Und ich war schön?«

»Sehr aufregend und schön«, bestätigte ich ihr.

Sie errötete und lächelte. »Jason, hätten Sie mich gekauft?«

»Was gab es denn noch zu kaufen?« fragte ich lächelnd.

In einem Aufwallen des Zorns schlug sie mich ins Gesicht. »Ungeheuer!« fauchte sie und wandte sich zornig ab. »Ich bin keine Sklavin!« rief sie. »Ich bin keine Sklavin!«

In diesem Augenblick gingen die Scheinwerfer eines Wagens an. Er parkte etwa eine Querstraße entfernt am Straßenrand.

»He!« rief ich und hob den Arm, denn im Näherkommen sah ich, daß es sich um ein Taxi handelte.

Der Wagen hielt am Straßenrand.

»Ich begleite Sie nach Hause.«

»Nicht nötig«, antwortete sie. Sie war zornig, verängstigt, beunruhigt.

Der Fahrer kam um den Wagen herum und öffnete die rechte hintere Tür.

»Ich war grob zu Ihnen«, sagte ich. »Das tut mir wirklich leid. Ich wollte Sie nicht aufregen.«

Sie würdigte den Fahrer keines Blicks. »Ich gehöre nicht zu den Frauen, um die Sie herumschwänzeln müssen«, sagte sie. »Ich bin eine echte Frau.«

Wütend stieg sie in den Wagen. Dabei erhaschte ich einen aufregenden Blick auf ihre zarten Knöchel.

»Bitte geben Sie mir Gelegenheit, mich zu entschuldigen«, flehte ich und war nun meinerseits bekümmert. Der Gedanke, daß ich sie vielleicht nicht wiedersehen würde, gefiel mir nicht. Seit Monaten hatte ich sie aus der Ferne bewundert und begehrt. Heute abend nun hatten wir uns näher kennengelernt und ausführlich miteinander gesprochen. »Ich möchte mich entschuldigen«, sagte ich. »Ich habe mich gedankenlos und grob geäußert.«

»Sparen Sie sich die Mühe.«

»Bitte, bitte!« flehte ich.

»Nicht nötig.« Ihr Ton war eisig.

Ich fühlte mich elend. Sie war eine intelligente Frau. Wie sehr mußte meine törichte Frechheit sie beleidigt haben! Wie schockiert mußte sie sein von meiner Zurschaustellung großsprecherischer Männlichkeit. Kannte ich denn keine Rücksicht auf ihre Gefühle? Lag mir nicht an ihrem Verstand? Wie aufdringlich und ermüdend mußte sie meine unangebrachten und unorthodoxen Ansichten gefunden haben! Ich wünschte mir die Chance, sie zu ändern, ihr Freude zu machen. Hoffentlich hatte ich nicht alles zunichte gemacht, das sich zwischen uns entwickeln mochte. War ich nicht stark genug, um auch rücksichtsvoll, liebevoll, sanft, zärtlich und feminin zu sein? Ich konnte nur hoffen, daß sie mich noch mochte, daß sie mir noch Gelegenheit geben würde, ihr zu gefallen. Und plötzlich ging mir mit ungeahnter Heftigkeit auf – vermutlich weil ich bisher noch keine so aufregende Frau gefunden hatte –, daß in unserer Gesellschaft der Mann einer Frau zu Gefallen sein muß, daß er, um in Kontakt mit ihr zu treten, zu sein und zu tun hat, was die Frau sich wünscht, weil sie sonst unnahbar bleibt. Die Frauen der heutigen Zeit waren eine völlig neue Spezies und unterschieden sich auf magische Weise von den Frauen der Vergangenheit, so frei und unabhängig waren sie. Sie diktierten die Bedingungen, und der Mann mußte darauf eingehen, wenn er sich der Frau nähern wollte. Aber war das nicht recht so? Gewiß hatten doch die Frauen das Recht zu fordern, daß die Männer ihre Wünsche erfüllten. Anderenfalls brauchten sie sich nicht mit ihnen einzulassen. In unserer Gesellschaft waren es die Frauen, die den Ton angaben, und die Männer, die nach der Pfeife tanzten. Wenn die Frauen sich aus irgendeinem Grund wünschten, daß wir wie Freunde waren, dann mußten wir uns eben große Mühe geben, so aufzutreten. Die Entscheidung fiel durch sie, indem sie ihre Gunst gewährten – oder eben nicht.

»Bitte!« flehte ich.

»Sie sind verachtenswert«, gab sie zurück.

Der Fahrer trat vor, um die Tür zu schließen. »Moment noch«, sagte ich zu ihm und hielt die Tür offen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, daß er mich nicht in seinem Taxi haben wollte. Er fragte nicht, ob ich einsteigen und die Dame begleiten wolle. Am liebsten wäre er wohl losgefahren und hätte mich allein zurückgelassen. Ich verstand das nicht, beschäftigte mich aber nicht weiter mit der Beobachtung.

»Bitte, Miß Henderson«, sagte ich. »Ich weiß, daß ich Sie gekränkt habe. Und das tut mir ehrlich leid.« Meine Gedanken überschlugen sich. »Aber es ist schon spät, und vielleicht finde ich kein anderes Taxi. Wenn Sie schon nicht zulassen wollen, daß ich Sie nach Hause bringe, dann möchte ich wenigstens den Wagen mit Ihnen teilen, damit ich mit dem Nachhausekommen keine Probleme habe.«

Der Fahrer reagierte gereizt. Ich verstand das nicht. Es mußte doch in seinem Interesse sein, einen zusätzlichen Fahrgast zu haben.

»Na schön«, sagte sie und blickte starr geradeaus. »Steigen Sie ein.«

Ich kam der Aufforderung nach. Der Fahrer schloß die Tür, und es kam mir vor, als wäre er wütend auf mich.

Miß Henderson und ich saßen nebeneinander im Taxi und wechselten kein Wort.

Der Fahrer ging um den Wagen herum. Gleich darauf war er hinter das Steuer geglitten.

Wir nannten ihm die Adressen. Miß Henderson wohnte näher am Restaurant als ich. Obwohl er nach vorn schaute, wußte ich, daß der Fahrer zornig war, als ich ihm meine Anschrift nannte. Seine Reaktion gab mir Rätsel auf. Was machte es für einen Unterschied, welcher Fahrgast als erster ausstieg? Ein mürrischer Bursche. Ziemlich großgewachsen.

»Tut mir leid, Miß Henderson«, sagte ich.

»Schon gut«, erwiderte sie, ohne mich anzusehen.

In den Lehnen der Vordersitze gab es lange Schlitze. Oben am Taxidach zeigte sich interessanterweise ein ähnlicher Schlitz. Etwa einen Zoll breit.

Das Taxi fuhr los und fädelte sich in den Verkehr auf der 128. Straße ein.

»Ich bin eine Frau«, sagte Miß Henderson betont. »Ich bin frei und unabhängig.«

»Ob ich Sie wohl eines Tages wiedersehen darf?« fragte ich.

»Nein«, erwiderte sie und musterte mich aufgebracht. »Ich finde Sie verabscheuungswürdig!«

Ich ließ den Kopf hängen. Mein primitives, rücksichtsloses Benehmen, meine törichten Ansichten hatten eine gute Beziehung unmöglich gemacht. Ich war niedergeschlagen. Ich gefiel ihr nicht.

»Ich werde mich in nichts von einem Mann abhängig machen, niemals«, sagte sie.

»Ja, Miß Henderson«, erwiderte ich mit gesenktem Kopf.

»Fahrer!« rief sie plötzlich. »Sie fahren falsch!«

»Tut mir leid«, sagte er.

Gleichzeitig griff er unter das Armaturenbrett und bewegte zwei Hebel. In der Tür neben mir knackte etwas. Als der zweite Hebel einrastete, wiederholte sich das Geräusch in der Tür auf Miß Hendersons Seite.

Der Fahrer bog nicht erneut ab, sondern behielt die Richtung bei.

»Fahrer!« sagte Miß Henderson. »Sie nehmen den falschen Weg!«

Er schien nichts zu hören.

»Biegen Sie hier ab!« forderte sie an der nächsten Kreuzung. Aber er fuhr geradeaus weiter.

»Hören Sie nicht?« rief sie und beugte sich vor.

»Halt den Mund, Sklavin!« sagte er.

»Sklavin!« rief sie aus.

Verblüfft beobachtete ich, wie er einen Hebel bewegte, der sich neben ihm befinden mußte. Eine dicke Glasscheibe stieg aus der Lehne des Vordersitzes empor und versenkte sich in dem Dachschlitz. Gleichzeitig vernahm ich ein zweimaliges Zischen, das ebenfalls aus der vor uns liegenden Lehne kam. Ich begann zu husten. Unter Druck entwich ein Gas in den hinteren Teil des Taxis.

»Anhalten!« forderte ich hustend und schlug mit der flachen Hand gegen die Glasbarriere. Es gab kaum ein Geräusch, denn das Glas war dick. Ich glaube nicht, daß der Fahrer meine Stimme hören konnte.

»Was geht hier vor?« rief das Mädchen.

Der Wagen fuhr schneller. Plötzlich fiel mir auf, daß es keine Hebel gab, mit denen man die Fensterscheiben herunterkurbeln konnte!

»Anhalten!« schrie ich würgend.

»Ich kann nicht atmen!« rief das Mädchen. »Ich kann nicht atmen!«

Ich hämmerte auf die Türgriffe neben mir, die sich aber nicht bewegten. Ich versuchte, nicht zu atmen. Die Augen taten mir weh. Ich warf mich zur anderen Seite des Wagens hinüber, quer über das Mädchen, und versuchte den anderen Türgriff zu bewegen – umsonst. Nun begriff ich, was es mit dem metallischen Klicken auf sich hatte, das ich zuvor in den Türen gehört hatte. Eine Verriegelung war eingerastet.

Ich kehrte auf meine Seite des Wagens zurück, wo ich mit mehr Kraft den Türgriff bearbeiten konnte.

Das Mädchen weinte und hustete.

Ich bin stark, vermochte den Stahl aber nicht zu bewegen. Daraufhin hämmerte ich wieder gegen die dicke Glasplatte, diesmal aber mit der geballten Faust. Es tat sich nichts.

»Anhalten, Fahrer!« rief das Mädchen.

Meine Lungen schmerzten zum Platzen. Ich riß mir Mantel und Jacke herunter und preßte den Stoff gegen eine der etwa zehn Zentimeter durchmessenden Öffnungen in den Sitzlehnen vor uns. Durch diese Öffnung drang das Gas herein. Vor der Öffnung saß ein Stahlgitter und verhinderte, daß ich einen Pfropfen in die Öffnung stopfen konnte. Das Betäubungsmittel sickerte durch den Stoff und strömte auch erbarmungslos durch die zweite Öffnung in das Wageninnere.

Ich versuchte das Stahlgitter von der Gasöffnung zu reißen. Aber ich fand keinen Ansatzpunkt.

Das Mädchen beugte sich vor und preßte Hände und Gesicht gegen die dicke Glasscheibe. »Bitte, bitte!« schluchzte sie. »Halten Sie an! Ich bezahle Sie!« Sie kratzte am Glas herum.

Ich hämmerte auf meiner Seite gegen die Türscheibe. Aber sie war ebenfalls sehr dick; die Tür, die äußerlich ganz normal ausgesehen hatte, mußte eine Spezialkonstruktion sein.

Plötzlich konnte ich nicht länger; krampfhaft ließ meine Lunge die Luft aus. In dem Maße, wie ich neu Luft einatmete, nahm das Gefühl der Übelkeit und des Erstickens zu. Wie immer die Moleküle des Gases auch aussehen mochten, bald würden sie sich in großer Zahl in meinem Blute tummeln. Ich schüttelte den Kopf. Meine Augen tränten.

Hustend fiel das Mädchen zurück. Sie zog die Beine an und blickte mich bedrückt an. »Was will man von mir, Jason?« fragte sie. »Was will man mir antun?«

»Keine Ahnung«, antwortete ich. »Ich weiß es nicht.« Die einzige Lösung, die mir einfallen wollte, war so schrecklich und phantastisch, daß ich es nicht über mich brachte, dem entsetzten Mädchen davon zu erzählen. Ich musterte sie, wie sie erschreckt auf dem Rücksitz hockte, die Füße unter sich geschlagen. Sie war eine attraktive junge Frau, die das Begehren der Männer erwecken konnte. Ich schlug mir den Gedanken aus dem Kopf. Nein, das konnte nicht sein! Man wollte sie bestimmt nicht deswegen haben! Aber welchem Manne würde es anders ergehen? Nein, redete ich mir ein, nein! Unmöglich!

»Jason!« flehte sie, »helfen Sie mir!«

Ich wandte mich ab und versuchte mit den Fingern irgendeinen Halt zu finden, einen Spalt zwischen Glas und Stahl vor mir und seitlich vor mir, irgend etwas, das sich ausnutzen ließ. Aber vergeblich.

Beverly Henderson kniete inzwischen auf dem Sitz und hatte sich dem gegenüberliegenden Seitenfenster zugewandt. »Bitte lassen Sie mich aussteigen!« rief sie dem Fahrer verzweifelt zu. »Sie können alles von mir haben, wenn Sie mich freilassen.«

Ich weiß nicht, woher meine nächsten Worte kamen. Aus irgendeinem Grund war ich plötzlich sehr wütend auf sie.

»Halt den Mund, du dumme kleine Sklavin!« fauchte ich.

Sie warf mir einen entsetzten Blick zu.

»Wie kommst du nur darauf, daß du mit den Herrn schachern kannst, die dich besitzen?«

Begriff sie denn nicht, daß sie ihren Häschern gänzlich gehörte?

Warum war ich so wütend auf sie? Warum kamen aus bisher unergründeten Tiefen in mir urplötzlich solch schlimme Worte hervor?

Ich betrachtete sie und erkannte abrupt in höchstem Entzücken ihre Schönheit als die einer Sklavin. In jeder Frau steckt eine Sklavin, in jedem Mann ein Sklavenherr.

Sie senkte den Kopf, denn mein Blick war ihr in diesem Moment unerträglich.

Warum war ich so wütend auf sie? Weil andere sie besaßen – und nicht ich?

Mit gesenktem Kopf kniete sie auf dem Rücksitz. Verflogen war jeder Gedanke an politische Überzeugungen. Verflogen war die Illusion von Freiheit und Unabhängigkeit wie auch von Arroganz und Stolz. Sie war nichts anderes als ein verängstigtes Mädchen und – wie ich befürchtete – wohl auch eine gefangene Sklavin.

Und abrupt verwandelte ich mich wieder in den Mann der Erde, unterwürfig, niedergedrückt, voller Selbstzweifel, von Sorge überkommen. Wie grausam hatte ich sie doch behandelt! Wie sehr hatte ich sie herabgewürdigt. Wußte ich denn nicht, daß sie eine Person war?

»Verzeihen Sie, Miß Henderson!« schluchzte ich. »Ich wußte ja nicht, was ich sagte.«

Sie sank auf dem Sitz zusammen, während ich auf dem Boden des Taxis kniete.

»Es tut mir leid«, sagte ich. Und das stimmte auch. Ich wußte wirklich nicht, warum ich mich so heftig geäußert hatte. In der Aufregung jener Minuten war es tief aus mir hervorgebrochen, grausam, unaufhaltsam, explosiv.

Selbstverständlich war sie keine Sklavin! Doch als ich sie so anschaute, wie sie da bewußtlos vor mir hockte, kam ich nicht um die Feststellung herum, wie aufreizend hübsch ihre kompakten Rundungen waren. Ich konnte nicht anders, ich mußte mir vorstellen, wie sie sich in Seide und Stahl der Sklavin machen würde. Lautlos raste das Taxi dahin. Mir war schon klar, warum es die Männer auf Miß Henderson abgesehen hatten. Sie war eine Zierde für jeden Kragen. Auf mich hatte man es vermutlich nicht abgesehen; hier lag auch der Grund für das Verhalten des Fahrers, der nicht damit gerechnet hatte, daß ich die Fahrt mitmachte. Nicht auf mich kam es den Leuten an, sondern auf die wunderschöne Miß Henderson. Reiner Zufall, daß man mich mitgefangen hatte. Es wurde dunkel ringsum. Ich kämpfte darum, bei Bewußtsein zu bleiben. Ich weiß noch, wie ich ein letztesmal Miß Henderson anschaute, ich erinnere mich, daß ich zuletzt ihre hübsche Fessel betrachtete, die sich in einer Schlinge oder in einem Sklavenring recht hübsch ausmachen würde. Ich fragte mich, was aus mir werden würde. Dann verlor ich das Bewußtsein.