»Wird hier ein Erdenmädchen namens Beverly Henderson gefangengehalten?« fragte ich.
»Sklavinnen haben keine Namen«, erwiderte sie, »sofern es ihrem Herrn nicht gefällt, sie zu benennen.«
»Sie ist dunkelhaarig und hat dunkle Augen«, fuhr ich fort. »Sehr hübsch. Etwa anderthalb Meter groß und kaum neunzig Pfund schwer.«
»Ach, diese exquisite kleine Schönheit!«
»O ja«, sagte ich.
»Ich wünschte, ich hätte sie in meine Krallen bekommen.«
»Wo ist sie?«
»Keine Ahnung. Sie und die anderen wurden in Ketten und Kapuze längst getrennt und zum Verkauf auf verschiedenen Märkten geschickt. Sie werden sich sehr schnell in hervorragende Sklavinnen verwandeln!«
Ich betrachtete sie stumm.
»Es war eine prächtige Sendung«, fuhr sie fort. »Den Herren wird das großes Vergnügen machen.«
Ich stöhnte auf. Was für ein schlimmes Schicksal drohte der lieblichen Miß Henderson – und natürlich den anderen Mitgefangenen!
»Sie wissen nicht, wohin sie geschickt wurde?« fragte ich.
»Nein – solche Informationen erhalte ich nicht.«
Bedrückt schüttelte ich den Kopf. Miß Henderson, diese hilflose kleine Schönheit, befand sich nun in der totalen Gewalt von Männern – sie konnte überall auf diesem Planeten sein!
Ich hob die Arme. »Warum bin ich angekettet?« fragte ich.
»Was für ein Dummkopf bist du doch!« sagte sie. Dann ging sie um mich herum. »Und doch bist du recht hübsch. Schon möglich, daß eine Frau dich nicht abstoßend findet.«
Sie trat einen Schritt vor und klopfte mit der Peitsche gegen das Metall, das meinen Hals beschwerte. »Dies ist der Kragen.« Nie zuvor war ich von einer Frau so nüchtern gemustert worden. »Ich glaube, du wirst dich gut machen.«
»Lassen Sie mich bitte frei«, sagte ich.
Das brachte mir neue schmerzhafte Peitschenhiebe ein.
Ich ließ mich nach vorn ins Stroh fallen und versuchte mit den angeketteten Händen meinen Kopf zu schützen. Fünfmal fiel die Peitsche, erbarmungslos.
»In die alte Position!« befahl sie dann.
Ich hockte mich vor sie. Erschrocken hob ich den Blick. Ihre Augen waren grausam, hart, dominierend. Nie zuvor hatte ich in den Augen einer Frau einen solchen unbeugsamen Willen ausgemacht. Ich senkte den Kopf, denn ihr Wille war stärker als der meine. Ich hatte Angst, sie würde streng mit mir verfahren. Ich begann zu zittern. Ich hatte Angst vor ihr.
Dann spürte ich die Peitsche unter dem Kinn, die meinen Kopf hochzwang. Wieder begegnete ich ihrem Blick. »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte sie beruhigend, »Sklave.«
»Ich bin kein Sklave«, gab ich zurück.
Sie trat zurück und begann zu lachen. Dann ging sie nach links. Die Wand hatte dort die Form eines großen, konisch zulaufenden Bogens, der angefüllt war mit einem schweren Gitter, verstärkt durch dicke Querstreben. In dieser Gitterwand befand sich ein mächtiges Gittertor. Jenseits des Gitters war ein gut acht Fuß breiter Korridor auszumachen und auf der anderen Seite eine weitere Zelle. Soweit ich erkennen konnte, war diese Zelle leer. Meine Häscherin stand aufrecht neben dem schweren Tor.
»Prodicus!« rief sie. »Gron!«
Im nächsten Moment eilten zwei sehr große und kräftige Männer herbei. Sie waren gekleidet wie sie, bis auf den Büstenhalter und das Band im Haar. Sie hatten eine breite nackte Brust; beim einen war sie kahl, beim anderen dicht mit Haar bewachsen. Arme und Schenkel wirkten wie aus Eisen. Sie hatten keine Peitsche bei sich. Der eine schien kaukasischer Herkunft zu sein, der andere ein Orientale. Der Kaukasier hatte zottiges braunes Haar, während sich der Orientale bis auf einen kleinen Knoten aus schimmernd schwarzem Haar den Schädel geschoren hatte. Die beiden stapften in die Zelle, deren Tür nicht verschlossen gewesen war. Hastig äußerte sich die Frau in einer Sprache, die ich nicht verstand. Das Wort ›Sleen‹ allerdings bekam ich mit.
»Was haben Sie vor?« fragte ich erschrocken. Die Männer kamen auf mich zu, und ich versuchte ihnen trotz der Ketten auszuweichen. Die Männer behandelten mich, als wäre ich ein Kind. Nie zuvor hatte ich solche Körperkräfte erlebt. Ich wurde auf den Bauch geworfen. Man schloß mich von den Ketten los und zerrte mir die Hände auf den Rücken, um sie dort in Handschellen zu legen. Dann zerrten mich die beiden hoch, wobei sie mich links und rechts abstützten.
»Was haben Sie vor?« fragte ich die Frau.
Sie antwortete nicht; vielmehr machte sie kehrt und ging voran. Die beiden Männer drängten mich zwischen sich zum Ausgang und folgten ihr. »Nein!« schrie ich. »Nein!« Ich lag gefesselt auf der Seite. Eine schwere Tierhälfte wurde an einem Haken an mir vorbeigehievt. Ich hatte in die Grube geschaut. Ich hörte das Toben der Tiere. »Nein!« flehte ich. Ein Seil wurde mir fest um die Hüfte gebunden und um die Handfesseln geschnürt, die meine Arme auf dem Rücken zusammenhielten. Zwei Männer hoben eine weitere Fleischladung auf einen Haken. Die Tierhälfte wurde sodann mit einem Seilzug über den Rand der Barriere geschoben und näherten sich dem Mittelpunkt der kreisförmigen Versenkung. Ich hörte das Fauchen und Quietschen und schmatzende Zupacken. »Bitte nein!« rief ich. Nie zuvor hatte ich solche Ungeheuer gesehen. Die meisten waren dunkelbraun, einige aber auch schwarz. Sie erreichten eine Länge von bis zu sechs Metern und ein Gewicht von zwölfhundert bis vierzehnhundert Pfund. Sie besaßen sechs klauenbewehrte Beine und eine Doppelreihe scharfer Reißzähne. Die Köpfe waren breit und dreieckig geformt, ähnlich wie bei einer Erd-Viper, die langen, geschmeidigen Körper aber waren von einem dicken Fell bedeckt. Sie umschwänzelten einander. Die beiden Männer hatten mich am Rand der Barriere festgehalten, denn ich sollte zuschauen, wie sich die Ungeheuer auf das erste Fleischstück stürzten. Dabei sprangen einige Tiere bis zu vier Meter hoch. Ein oder zwei Ungeheuer klammerten sich sogar am Fleisch fest, das langsam hinabgelassen wurde, und zerrten mit dem hinteren Beinpaar daran. Der Ort war voller Gestank, Gefauche und Gejapse, das herausfordernde Gebrüll der Wesen war ohrenbetäubend.
»Nein!« schrie ich. Einer der beiden Männer schob einen Haken unter die Seile, die meine Fußgelenke zusammenhielten. Gleich darauf hob sich der Haken und zog mich, mit dem Kopf nach unten hängend, über den Weg, der die runde Vertiefung säumte. Hilflos pendelte ich hin und her.
Die Frau in der schwarzen Lederkleidung gab ein Zeichen.
»Nein, bitte!« schrie ich.
Ich mußte zulassen, daß ich höher gehievt und mit den Seilzügen über das tiefliegende Gehege gezogen wurde – dessen Boden etwa zwanzig Meter unter mir lag.
Ich spürte die Tiere unter mir, ihre Größe, ihren widerlichen Gestank, der beinahe unerträglich war, das nervöse Hin und Her, das unentwegte Umeinanderschleichen dieser fürchterlichen Geschöpfe. Ich legte den Kopf in den Nacken und machte mehrere pelzige Körper aus. Die Köpfe waren gehoben, die Augen funkelten, die dunklen dreieckigen Zungen hingen heraus, die Zahnreihen waren gebleckt. Dann spürte ich, wie ein Ruck durch das Seil ging und ich gleichzeitig ein Stück abwärts sank.
Das erste Ungeheuer wagte einen Sprung, erreichte mich aber um mehrere Fuß nicht; er fiel zwischen seine Artgenossen zurück. Daraufhin wurde ich etwa zwei Meter tiefer hinuntergelassen. Ich begann vor Angst zu weinen. Dann ging es weitere drei Meter in die Tiefe, und noch einmal drei Meter.
Die Tiere waren erregter als zuvor; nur wenige waren hier und dort in kleinen Gruppen damit beschäftigt Fleischbrocken zu zerreißen, die bereits in die Grube hinabgelassen worden waren.
Und wieder glitt das Seil ein Stück in die Tiefe.
»Bitte halt!« flehte ich. Oben auf der Barriere vermochte ich die Frau auszumachen, die Frau mit der hellen Haut und der Peitsche. Hinter ihr standen die beiden geistlosen Muskelpakete, die mich aus der Zelle geholt hatten.
Und nun hing ich zappelnd und schreiend etwa zwölf Meter über dem Boden des Geheges.
Und immer weiter wurde das Seil ausgelassen.
Ich schrie vor Entsetzen.
Nun begannen die Tiere erneut zu springen. Ich hörte Mäuler zuschnappen – kaum einen Meter unterhalb meines Kopfes. Ich sah breite, ausgefahrene Krallen unter mir vorbeizucken. Ich war davon überzeugt, daß die Raubtiere mir mit einem einzigen Prankenhieb den halben Kopf vom Körper trennen konnten.