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Dumaresq musterte die Stadt und die vor Anker liegenden Schiffe durch ein Fernglas. Er sagte:»Fallen Sie einen Strich ab.«»Kurs West-Nord-West, Sir!»

Palliser schaute auf seinen Kommandanten.»Ein Wachboot nähert sich.»

Dumaresq lächelte knapp.»Der fragt sich bestimmt, was, zum Te u-fel, wir hier wollen.»

Bolitho zupfte sein Hemd von der schweißnassen Haut ab und beneidete die halbnackten Matrosen, die nicht wie die Offiziere in GalaUniformen schwitzen mußten.

Mr. Vallance, der Oberfeuerwerker, musterte bereits die ausgesuchten Geschützbedienungen, um sicherzustellen, daß beim Flaggensalut nichts schiefging.

Bolitho fragte sich, wie viele unsichtbare Augen wohl die langsame Annäherung der englischen Fregatte beobachteten. Ein Kriegsschiff! Was wollte es? Kam es in friedlicher Absicht oder mit Nachrichten über einen weiteren Vertragsbruch in Europa?

«Fangen Sie an mit dem Salut!»

Geschütz für Geschütz krachten die Salutschüsse. In der drückenden Luft blieb der Pulverqualm auf dem Wasser liegen und nahm ihnen die Sicht auf das Land.

Das portugiesische Wachboot hatte mit einigen kräftigen Ruderschlägen um seine ganze Länge gedreht. Es sah aus wie ein großer Wasserkäfer.

Jemand bemerkte:»Er will uns hineinlotsen.»

Die letzte Kanone rollte beim Abschuß zurück, und die Bedienungen beeilten sich mit dem Auswischen der noch rauchenden Rohre und dem Festzurren jeder Waffe, als endgültiges Zeichen ihrer friedlichen Absicht.

Eine Gestalt auf dem Wachboot schwenkte eine Flagge, und als sich die langen Riemen tropfend aus dem Wasser hoben und so verharrten, bemerkte Dumaresq trocken:»Nicht zu weit hinein, Mr. Palliser. Sie trauen uns noch nicht ganz.»

Palliser hob das Sprachrohr an den Mund:»Klar zum Ankern! An die Brassen, Fallen und Schoten!»

Nach festgelegtem Plan eilten die Matrosen und Maaten auf ihre Stationen.

«Los die Schoten!«Pallisers Stimme scheuchte die Möwen auf, die sich nach den Salutschüssen gerade wieder auf dem Wasser niedergelassen hatten.»Gei auf die Marssegel! Laß fallen Klüver!»

Dumaresq sagte:»Es ist soweit, Mr. Palliser. Ankern!«»Ruder nach Luv!«[7]

Langsam drehte die Destiny in den Wind und verlor dabei an Fahrt.»Laß fallen Anker!»

Das Wasser spritzte auf, als der große Anker fiel, während oben auf den Marsrahen die Matrosen auslegten und die Segel aufholten und festbanden, als ob eine unsichtbare Hand sie wie Marionettenfiguren bewegte.

«Klar zum Aussetzen der Gig und des Kutters!»

Nackte Füße stampften über die heißen Decks, während die Destiny sich, jetzt an ihrer Ankertrosse hängend, in der Dünung des Ozeans wiegte.

Dumaresq verschränkte die Hände hinter dem Rücken.»Rufen Sie bitte das Wachboot längsseit. Ich werde an Land gehen und dem Vizekönig einen Höflichkeitsbesuch abstatten. Am besten erledigt man solch unangenehme Dinge möglichst bald. «Er nickte Gulliver und seinen Leuten am Ruder zu.»Gut gemacht!»

Gulliver suchte im Gesicht des Kommandanten nach einem Hintergedanken. Als er nichts dergleichen fand, antwortete er dankbar:»Es ist das erstemal, daß ich hier als Master einlaufe, Sir.»

Ihre Blicke trafen sich. Wäre der Zusammenstoß nicht so glimpflich ausgegangen, wäre es für beide das letztemal gewesen.

Bolitho war mit seinen Leuten bei der Arbeit und hatte keine Zeit zu beobachten, wie die portugiesischen Offiziere an Bord kamen. Sie sahen in ihren stolzen Uniformen prachtvoll aus und litten offenbar nicht unter der Hitze. Die Stadt lag nun fast verborgen in Dunst und flimmerndem Licht, was ihr zusätzlichen Zauber verlieh.

Dazu tragen auch die hell gestrichenen Häuser und die malerischen Boote bei, die wie arabische Handelsschiffe getakelt waren, wie Bo-litho sie oft an der Küste Afrikas gesehen hatte.

«Lassen Sie die Wache wegtreten, Mr. Bolitho. «Pallisers scharfe Stimme holte Bolitho in diese Welt zurück.»Und dann halten Sie sich mit dem Kommando der Seesoldaten bereit, den Kommandanten an Land zu begleiten.»

Dankbar verschwand Bolitho unter Deck und begab sich nach achtern. Im Gegensatz zum Oberdeck war es hier fast kühl.

Im Halbdunkel stieß er beinahe mit dem Schiffsarzt zusammen, der gerade vom Hauptdeck hochkam. Er schien ungewöhnlich erregt und sagte:»Ich muß den Kommandanten sprechen. Ich fürchte, der Kapitän der Brigantine stirbt.»

Bolitho ging durch die Messe in seine Kammer, um seinen Säbel und seinen besten Hut für den Landgang zu holen.

Sie hatten bisher wenig über den Kapitän der Heloise erfahren, außer daß er Jacob Triscott hieß und aus Dorset stammte. Wie Bulkley schon festgestellt hatte, bot es keinen besonderen Anreiz, am Leben zu bleiben, daß der Strick des Henkers auf einen wartete. Bolitho merkte, wie die Neuigkeit ihn berührte. Daß man einen Mann in Notwehr oder in Erfüllung seines dienstlichen Auftrags tötete, damit mußte man rechnen. Aber nun sollte der Mann, der versucht hatte, ihn niederzustechen, nach längerem Krankenlager sterben. Die Verzögerung schien ihm würdelos und unfair.

Rhodes stürzte hinter ihm in die Messe.»Ich bin am Verdursten! All diese Besucher an Bord, ich bin völlig geschafft!»

Als Bolitho aus seiner Kammer trat, rief Rhodes aus:»Was ist mit Ihnen los?»

«Der Kapitän der Brigantine stirbt.»

«Ich weiß. «Er zuckte die Achseln.»Er oder Sie. Nur so sollten Sie es betrachten. «Er fügte hinzu:»Der >Herr und Meister< ist davon am meisten betroffen. Er hatte auf die Information gesetzt, die er von dem Schurken bekommen wollte, bevor er den letzten Atemzug tat. So oder so.»

Er folgte Bolitho durch den Türvorhang, und zusammen schauten sie nach vorn in das flirrende Licht auf dem Oberdeck.

Rhodes fragte:»Hat sich schon etwas mit Jurys Uhr ergeben?»

Bolitho lächelte grimmig.»Der Kommandant hat befohlen, daß ich mich darum kümmere.»

«Das habe ich erwartet.»

«Ich nehme an, er hat es inzwischen vergessen, aber ich muß etwas unternehmen. Jury hat schon Pech genug gehabt.»

Johns, der Bootssteurer des Kommandanten, ging in seinem besten blauen Jackett mit vergoldeten Knöpfen vorbei. Er sah Bolitho und sagte:»Die Gig liegt längsseit, Sir. Sie sollten einsteigen.»

Rhodes klopfte Bolitho auf die Schulter.»Unser Kommandant hat es nicht gern, wenn man ihn warten läßt.»

Als Bolitho sich anschickte, dem Bootssteurer zu folgen, sagte Rho-des leise:»Hören Sie, Dick, wenn es Ihnen recht ist, daß ich etwas wegen dieser verdammten Uhr unternehme, während Sie an Land…»

Bolitho schüttelte den Kopf.»Nein, aber vielen Dank. Der Dieb gehört sicherlich zu meiner Division. Doch jeden Mann zu durchsuchen und seine Habseligkeiten an Deck auszubreiten, würde das Vertrauen und die Loyalität ruinieren, die ich in dieser kurzen Zeit gewinnen konnte. Ich muß mir etwas anderes ausdenken.»

Rhodes sagte:»Ich hoffe, der junge Jury hat seinen Zeitmesser nur verloren. Ein Verlust wäre besser als ein Diebstahl.»

Sie verstummten, als sie sich auf der Steuerbord-Laufbrücke dem Fallreep näherten, wo eine Korporalschaft der Seesoldaten und die Fallreepsgasten angetreten waren, um ihrem Kommandanten die traditionellen Ehren beim Vonbordgehen zu erweisen.

Aber Dumaresq stand breitbeinig da, den Kopf vorgestreckt, und schrie den Schiffsarzt an:»Nein, mein Herr, er darf nicht sterben! Nicht bevor ich die Information habe!»

Bulkley hob hilflos die Hände.»Aber der Mann ist schon halb hinüber, Sir. Ich kann nichts mehr machen.»

Dumaresq schaute auf die wartende Gig und den Kutter hinunter, der mit Colpoys' Begleitkommando beladen war. Er wurde in der Residenz des Vizekönigs erwartet. Eine Verspätung würde Verstimmungen zur Folge haben, die er gerade jetzt vermeiden mußte, weil er das Entgegenkommen der Portugiesen brauchte.

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7

Im Englischen:»Helm a'lee!«-»Hart nach Lee!«, weil zu der Zeit Ruderkommandos noch auf eine Pinne bezogen wurden, die nach Lee gelegt werden mußte, wenn das Ruderblatt nach Luv weisen sollte (indirektes Ruderkommando). Um den deutschen Leser nicht zu verwirren, ist hier stets das» direkte «Ruderkommando angegeben (Anm. d. Übers.).