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«Mein Vater traute Ihnen. «Dumaresq stieß ein kurzes Lachen aus.»Wählen Sie.»

Bolitho preßte sich mit dem Rücken an die Wand und blickte zu den Sternen auf. Dumaresq wurde offenbar nicht nur von Pflichtgefühl und Tatkraft getrieben, sondern auch von Haß. Haß hatte ihn vage Informationen sammeln und nach dem Schlüssel suchen lassen, der die Tür zu dem Geheimnis um Garrick öffnen konnte. Kein Wunder, daß die Admiralität gerade ihn mit diesem Auftrag betraut hatte: Der zusätzliche Ansporn der Rachsucht gab Dumaresq einen meilenweiten Vorsprung vor jedem anderen Kommandanten.

Eine Tür flog krachend auf, und Bolitho hörte Rhodes singen und dann protestieren, als er von anderen in den Raum zurückgezogen wurde.

Er ging langsam über die Terrasse davon, verwirrt von dem eben Gehörten. Wie konnte er wieder Dienst tun, ohne sein Wissen preiszugeben? Dumaresq würde ihn in Sekunden durchschauen.

Plötzlich war Bolitho völlig nüchtern. Was würde aus Mrs. Egmont werden, wenn Dumaresq seine Drohung wahr machte? Er drehte sich heftig um und ging auf die offenen Türen zu. Als er eintrat, bemerkte er, daß einige Gäste schon gegangen waren. Der Kommandeur der Festungsbatterien verneigte sich tief und schwenkte dabei den Hut vor seinem stattlichen Bauch. Egmont stand neben seiner Frau, das Gesicht bleich, aber ausdruckslos. Dumaresq gab sich gewandt wie zu Beginn des Festes; er nickte den scheidenden Portugiesen freundlich zu und küßte behandschuhte Damenhände zum Abschied. Beide schienen von den Menschen, die Bolitho soeben ungewollt hatte streiten hören, himmelweit verschieden zu sein.

Dumaresq sagte:»Ich glaube, meine Offiziere sind mit mir einig in der Begeisterung für diese Festtafel, Mr. Egmont!«Sein Blick haftete nur einen Augenblick auf Bolitho, aber dieser spürte die Frage, als wäre sie laut hinausgeschrien worden.»Ich hoffe, wir können Ihre Freundlichkeit erwidern. Doch Dienst ist Dienst, wie Sie aus eigener Erfahrung wissen.»

Bolitho schaute in die Runde, aber niemand schien die Spannung zwischen Egmont und dem Kommandanten bemerkt zu haben.

Egmont wandte sich ab und sagte:»Wir wollen uns allen eine gute Nacht wünschen, meine Herren.»

Seine Frau trat vor, doch ihre Augen lagen im Schatten, als sie Du-maresq die Hand hinhielt.»Man könnte auch schon >Guten Morgen< sagen, nicht wahr?«Dumaresq lächelte und küßte ihre Hand.»Sie zu sehen, ist zu jeder Tageszeit ein Genuß, Madam.»

Sein Blick blieb an ihrem halb entblößten Busen haften, und Bolitho lief rot an, als ihm einfiel, was Dumaresq über das Mädchen gesagt hatte, dem sie mit ihrer Kutsche begegnet waren.

Mrs. Egmont schenkte dem Kapitän ein Lächeln, ihre Augen strahlten jetzt im Widerschein des Kerzenlichts.»Dann haben Sie für einen Tag sicher genug gesehen, Sir!»

Dumaresq lachte und nahm seinen Hut von einem Diener in Empfang, während die anderen sich verabschiedeten.

Rhodes wurde gemeinsam aus dem Hause getragen und in eine der wartenden Kutschen gelegt, wo er selig lächelnd weiterschlief.

Palliser murmelte:»Elende Schande!»

Colpoys, den nur seine Eitelkeit davor bewahrt hatte, wie Rhodes zusammenzuklappen, lallte mit schwerer Zunge:»Wunderbarer Abend, Madam. «Als er sich über Mrs. Egmonts Hand beugte, fiel er beinahe vornüber.

Egmont sagte scharf:»Du gehst besser hinein, Aurora, es wird schon feucht und kühl.»

Bolitho sah sie an. Aurora — welch wunderbarer Name. Er holte seinen Hut und machte Anstalten, den anderen zu folgen.

«Nun, Leutnant, haben Sie mir gar nichts zu sagen?»

Sie sah ihn an, wie sie es bei ihrer ersten Begegnung getan hatte, den Kopf leicht zur Seite geneigt.

«Verzeihung, Madam.»

Sie streckte ihm die Hand hin.»Entschuldigen Sie sich nicht so oft. Ich wollte, wir hätten mehr Zeit gehabt, miteinander zu reden, aber es waren zu viele Leute da. «Sie warf den Kopf zurück, und die rubinen-besetzten Schwanzfedern des Schmuckvogels tanzten über ihrem Busen.»Hoffentlich haben Sie sich nicht zu sehr gelangweilt.»

Bolitho bemerkte, daß sie den langen weißen Handschuh ausgezogen hatte, bevor sie ihm die Rechte bot.

Er hielt ihre Finger und sagte:»Ich habe mich nicht gelangweilt, ich war unglücklich. Das ist ein Unterschied.»

Sie zog die Hand zurück; Bolitho fürchtete, er hätte durch seine Plumpheit alles zerstört. Aber Mrs. Egmont warf nur einen Blick auf ihren Mann, der Bulkleys Abschiedsworten zuhörte: dann sagte sie mit weicher Stimme:»Wir dürfen Sie nicht unglücklich sein lassen, Leutnant, nicht wahr?«Sie sah ihn an, und ihre Augen strahlten.»Das würde ich nie tun.»

Bolitho verbeugte sich und murmelte:»Wann darf ich Sie wiedersehen?»

Egmont rief ihm zu:»Kommen Sie, die anderen sind schon gegangen!»

Er schüttelte Bolithos Hand.»Halten Sie Ihren Kommandanten nicht auf, das lohnt sich nicht.»

Bolitho ging zu einer der wartenden Kutschen und kletterte hinein. Aurora wußte also Bescheid und verstand ihn. Nach allem, was er mit angehört hatte, würde sie einen Freund brauchen. Er starrte blicklos in die Dunkelheit, hörte noch ihre Stimme, fühlte wieder den warmen Druck ihrer Finger.»Aurora. «Erschrocken fuhr er hoch, als er merkte, daß er ihren Namen laut ausgesprochen hatte.

Aber er brauchte sich nicht zu beunruhigen. Alle seine Gefährten waren fest eingeschlafen.

Sie wand sich in seinen Armen, lachend und zugleich aufreizend, als er sie festzuhalten, ihre nackten Schultern mit Küssen zu bedecken versuchte.

Bolitho fuhr keuchend und mit jagendem Puls in seiner Koje hoch, weil ihm eine Laterne direkt ins Gesicht leuchtete. Es war Yeames, der Steuermannsmaat, der die Verwirrung des Leutnants und sein langsames Erwachen neugierig beobachtete. Bolitho fragte:»Welche Zeit haben wir?»

Yeames grinste mitleidlos.»Es ist früher Morgen, Sir. Die Männer haben gerade die Sandsteine zum Deckschrubben geholt. «Wie nebenbei setzte er hinzu:»Der Kommandant wünscht Sie zu sehen.»

Bolitho rollte sich aus der Koje und sprang beidbeinig auf, damit er nicht etwa umfiel. Die kurze Erfrischung auf Egmonts Terrasse war vergessen; sein Kopf kam ihm vor wie ein Amboß, auf dem eifrig herumgehämmert wurde, außerdem hatte er einen scheußlichen Geschmack im Mund.

Früher Morgen, hatte Yeames gesagt. Also hatte er nur zwei Stunden in seiner Koje gelegen.

In der Nachbarkammer hörte er Rhodes ächzen und stöhnen und dann aufschreien, als ein unbekannter Matrose etwas Schweres auf das Achterdeck über seinem Kopf fallenließ. Yeames drängte Bolitho:»Sie sollten sich beeilen, Sir!«Bolitho zog die Kniehose an und griff nach seinem Hemd, das irgendwo in einer Ecke des kleinen Raumes lag.»Gibt's Ärger?»

Yeames zuckte die Schultern.»Hängt davon ab, was Sie als Ärger bezeichnen, Sir.»

Für ihn war Bolitho immer noch eine unbekannte Größe. Sein Wissen mit ihm zu teilen, nur weil Bolitho beunruhigt war, mußte ihm töricht vorkommen.

Bolitho fand seinen Hut und eilte, während er noch seinen Rock anzog, durch die Messe nach achtern zur Kapitänskajüte.

Der Posten davor rief:»Der Dritte Offizier, Sir!«Macmillan, der Kommandantensteward, riß die Lamellentür auf, als ob er dahinter schon gewartet hätte.

Bolitho ging zum achteren Teil der Kajüte durch und sah Dumaresq an den Heckfenstern stehen: das Haar wirr und seine Kleider so unordentlich, als hätte er keine Zeit gehabt, sich nach der Rückkehr aus

Egmonts Haus umzuziehen. In einer Ecke neben den Seitenfenstern kratzte Spillane, der neuernannte Schreiber, mit seiner Feder und tat, als wundere es ihn nicht, zu so früher Stunde gerufen worden zu sein. Die beiden anderen Anwesenden waren Gulliver, der Master, und Midshipman Jury.

Dumaresq warf Bolitho einen Blick zu.»Sie sollten sofort kommen. Ich verlange nicht, daß meine Offiziere sich wie für einen Ball herausputzen, wenn ich sie brauche!»

Bolitho schaute auf sein zerknautschtes Hemd und die verdrehten Strümpfe hinunter. Da er den Hut unter den Arm geklemmt trug, hingen ihm die Haare so ins Gesicht, wie sie zuvor auf dem Kopfkissen gelegen hatten. Er sah wohl kaum aus wie für einen Ball herausgeputzt.