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Bolitho beobachtete, wie die Fregatte Segel wegnahm und viele Leute auf ihren Laufbrücken hin und her rannten, als beide Schiffe einander näherkamen. Die Galionsfigur der Destiny hob, unverändert nackt und bleich, den Siegeskranz wie zum Hohn der rauchgeschwärzten Insel entgegen.

Bolitho dachte an den toten Seemann namens Bob und an den einsamen Leichnam, der im Langboot zurückgelassen worden war. Er dachte auch an Stockdales Sorge, daß er abkommandiert werden könnte, als er gebraucht wurde. Und er dachte an Colpoys, an den Korporal mit dem Spitznamen >Dipper<, an Jury und Cowdroy und an die vielen, die sie tot hatten zurücklassen müssen.

«Vorsegel bergen!«Palliser beobachtete die langsame Annäherung der Destiny mit grimmiger Genugtuung.»Es gab Augenblicke, in denen ich dachte, ich würde diese Lady nie wiedersehen.»

Josh Little trat an Pearses Seite und brummte:»Darauf genehmigen wir uns einen Schluck, wenn wir wieder an Bord sind, eh?»

Pearse schaute noch immer auf den Toten nieder.»Aye, Josh. Und einen auf ihn.»

Rhodes sagte:»Der >Herr und Meisten wird auf seinem Willen bestehen: Kampf bis zur Entscheidung. «Er duckte sich, als eine Wurfleine neben ihm landete.»Ich für meine Person wünschte, die Chancen wären ausgeglichener. «Er blickte hinüber auf den großen Mantel aus Rauch, der den abgeflachten Hügel einhüllte, als wolle er ihn wegtragen.»Sie waren großartig, Dick. Wirklich.»

Sie sahen einander so prüfend an wie zwei Fremde. Dann sagte Bo-litho:»Ich fürchtete, ihr würdet euch zurückhalten in der Annahme, daß wir gefangen wurden.»

Rhodes winkte einem Mann auf der Laufbrücke der Destiny zu.»Oh, habe ich das noch nicht erzählt? Wir wußten, wo Sie waren und was Sie machten, alles.»

Bolitho starrte ihn ungläubig an.»Wieso?»

«Erinnern Sie sich an Ihren Toppsgasten Murray, den Deserteur? Er war Garricks Ausguck. Er sah Sie und den jungen Jury, wie Sie aus der Deckung kamen. «Rhodes packte den Arm seines Freundes.»Es ist die Wahrheit. Er liegt jetzt unter Deck, mit einem Splitter im Bein. Hat eine tolle Geschichte zu erzählen. Glück für Sie und den jungen Jury, nicht wahr?»

Bolitho schüttelte den Kopf und schaute, gegen das Schanzkleid des Schoners gelehnt, der Annäherung der beiden Schiffe in der langen Dünung zu.

Der Tod war ihnen so nahe gewesen, und er hatte nichts davon bemerkt. Murray mußte mit dem ersten verfügbaren Schiff Rio verlassen haben, und das hatte ihn zu Garricks Insel gebracht. Er hätte Alarm schlagen oder sie beide niederschießen können, dann wäre er von Garricks Leuten als Held gefeiert worden. Statt dessen hatte ihn irgend etwas, das sie eins t verbunden hatte, zurückgehalten und ihm klargemacht, wohin er gehörte.

Dumaresqs Stimme dröhnte durch ein Megaphon zu ihnen:»Etwas

Bewegung da drüben! Ich sitze gleich auf Grund, wenn ihr nicht an Bord kommt!»

Rhodes grinste.»Endlich wieder zu Hause!»

Kapitän Dumaresq stand, die Hände auf dem Rücken, an den Heckfenstern seiner Kajüte und lauschte Pallisers Bericht über die regelrechte Schlacht und ihre Flucht aus der Lagune.

Er gab Macmillan ein Zeichen, seinen arg mitgenommenen und todmüden Offizieren noch ein Glas einzuschenken, und sagte dann:»Ich hatte ein Landungskorps ausgesetzt, um Garrick ein wenig am Bart zu zupfen. Ich hatte nicht erwartet, daß Sie gleich eine ganze Invasion auf eigene Faust unternehmen würden!«Er lächelte dabei, sah dadurch aber erst recht traurig und übermüdet aus.»Ich werde morgen bei Sonnenaufgang zu Ihnen und Ihren Leuten sprechen. Ohne Ihre Tat wäre die Destiny auf so starken Widerstand gestoßen, daß ich bezweifle, ob ich sie heil wieder herausbekommen hätte. Die Dinge stehen noch immer schlecht, meine Herren, aber zumindest wissen wir jetzt, woran wir sind.»

Palliser fragte:»Haben Sie immer noch die Absicht, den Schoner nach Antigua zu schicken, Sir?»

Dumaresq sah ihn nachdenklich an.»Ihren Schoner, meinen Sie?«Er ging zu den Fenstern und starrte in das Spiegelbild der untergehenden Sonne auf dem Wasser. Es war wie rotes Gold.»Ja. Tut mir leid, daß ich Ihnen abermals eine Prise wegnehmen muß.»

Bolitho beobachtete sie, alle Sinne trotz der Anspannung und der bitteren Erinnerungen dieses Tages hellwach. Er erkannte, daß es zwischen dem Kommandanten und seinem Ersten Offizier ein Band gab, das unzerreißbar war.

Dumaresq fügte hinzu:»Wenn die San Augustin nur wenig beschädigt ist, müssen wir sie schnellstens besiegen. Sobald Garricks Ausguckposten melden, daß der Schoner uns verläßt, wird er wissen, daß die Zeit gegen ihn arbeitet. Daß ich Hilfe herbeirufe. «Er nickte grimmig.»Morgen wird er herauskommen, ganz sicher.»

Palliser blieb hartnäckig.»Er wird dabei von den restlichen Schonern unterstützt werden. Zwei könnten das Feuer überstanden haben.»

«Ich weiß. Aber besser so, als daraufwarten, bis Garrick uns mit einem völlig überholten Kriegsschiff entgegentritt. Auch ich hätte gern bessere Bedingungen, aber nur wenige Kommandanten haben das Glück, sich ihre Bedingungen selbst aussuchen zu können.»

Bolitho dachte an die Männer, die auf den Schoner geschickt worden waren. Mit ganz wenigen Ausnahmen waren sie alle verwundet, aber dennoch so stolz und herausfordernd gewe sen, daß sie beim Ablegen mit Hochrufen von der Destiny verabschiedet worden waren.

Aus Gründen, die nur er selber kannte, hatte Dumaresq dem Steuermannsmaaten Yeames das Kommando über die Prise gegeben. Das mußte ein harter Schlag für Slade gewesen sein.

Bolitho war sehr bewegt, als Yeames vorm Ablegen des letzten Bootes an ihn herangetreten war. Er hatte den Steuermannsmaaten immer gemocht, aber nie über ihn nachgedacht.

Yeames streckte ihm die Hand hin.»Sie werden morgen siegen, Sir, ich zweifle nicht daran. Aber es könnte sein, daß wir einander nicht wieder begegnen. Wenn es aber doch der Fall sein sollte, möchte ich, daß Sie sich an mich erinnern. Ich wäre froh, unter Ihnen dienen zu dürfen, wenn Sie einmal ein eigenes Schiff bekommen.»

Er war gegangen und hatte Bolitho verwirrt und ein wenig stolz zurückgelassen.

Dumaresqs sonore Stimme unterbrach seine Gedanken.»Wir werden morgen bei Anbruch der Dämmerung das Schiff klar zum Gefecht machen. Ich werde mit den Männern sprechen, bevor wir auf den Feind stoßen, aber Ihnen möchte ich schon jetzt meinen besonderen Dank sagen.»

Macmillan drückte sich an der Lamellentür herum, bis das Auge des Kommandanten auf ihn fiel.

«Mr. Timbrell läßt gehorsamst fragen, Sir, ob Sie das Schiff abdunkeln wollen?»

Dumaresq schüttelte langsam den Kopf.»Diesmal nicht. Ich möchte, daß Garrick uns sieht. Seine große Schwäche ist — abgesehen von seiner Habgier — sein Jähzorn. Ich habe vor, ihn noch zorniger zu machen, bevor es tagt.»

Macmillan öffnete die Tür, und die Offiziere und Fähnriche zogen sich dankbar zurück. Nur Palliser blieb; Bolitho nahm an, daß er die technischen Einzelheiten lieber allein und ohne Störung mit dem Kommandanten besprechen wollte.

Als die Tür sich schloß, wandte Dumaresq sich seinem Ersten Offizier zu und wies auf einen Sessel.»Es gibt noch etwas, habe ich recht?»

Palliser setzte sich und streckte die langen Beine aus. Einen Augenblick rieb er sich die Augen mit den Handknöcheln, ehe er sagte:»Sie hatten recht, was Egmont betrifft, Sir. Selbst als Sie ihn auf ein Schiff mit Kurs Basseterre gesetzt hatten, versuchte er noch, Garrick zu warnen oder mit ihm in Verbindung zu treten. Wie das geschah, werden wir wohl nie erfahren. Er wechselte offenbar auf ein kleines, schnelleres Schiff über und nahm nördlichen Kurs durch die Inselgruppe, um vor uns da zu sein. Doch wie es auch war, seine Warnung an Garrick war verschwendet.»

Er faßte in seine Tasche und zog einen goldenen Halsschmuck mit dem doppelköpfigen Vogel und den rubinschimmernden Schwanzfedern heraus.