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Er sagte:»Wenn bloß Wind aufkommen wollte!»

Rhodes zuckte die Achseln.»Wenn wir bloß in Plymouth wären!»

Der spanische Koloß spie eine weitere Breitseite aus, und einige Kugeln sprangen — scheinbar endlos lange — über die Wasseroberfläche.

Das Hohngeschrei war diesmal noch lauter, aber Bolitho bemerkte, daß einige der älteren Geschützführer besorgt dreinschauten. Das Eisen des Feindes fiel kurz und war auch seitlich nicht gut gerichtet, aber da beide Schiffe sich auf konvergierenden Kursen langsam aufeinander zubewegten, würde jede Salve gefährlicher werden.

Er dachte an Bulkley und seine Gehilfen, wie sie im halbdunklen Orlopdeck standen, die blanken Instrumente vor sich, dazu die Branntweinflasche, die den Schmerz betäuben, und den Lederknebel, der verhindern sollte, daß der Patient sich die Zunge durchbiß, wenn die Säge des Chirurgen ihre Arbeit tat.

Und er dachte an Spillane in der Arrestzelle unterhalb der Wasserlinie. Was mochte er empfinden, wenn der Geschützdonner gegen die Bordwände anrollte?

«Batteriedeck, Achtung!«Palliser blickte auf die doppelte Reihe Kanonen herab.»Zurückholen und laden!»

Das war der große Augenblick. Mit äußerster Konzentration wachte jeder Geschützführer darüber, daß seine Männer ihr volles Gewicht an die Taljen hängten und ihre Kanone von der Bordwand zurückzogen.

Massige Kartuschen wurden schnell an die Mündung gereicht, von der Ladenummer eingeführt und anschließend vom Ansetzer weiter hineingeschoben.

Bolitho beobachtete den ihm am nächsten stehenden Mann, wie er der Kartusche noch zwei Extrastöße nachschickte, um sie ganz fest gegen das Bodenstück zu pressen. Sein Gesicht war dabei so gespannt, so völlig seiner Aufgabe hingegeben, als wolle er den Feind ganz allein besiegen. Dann kam der Ladepfropfen, gefolgt von einer glänzend schwarzen Kugel, die mit einem weiteren Ladepfropfen festgerammt wurde, damit sie nicht bei einer unerwarteten Schlingerbewegung des Schiffes harmlos wieder vorn heraus und ins Wasser rollte. Schließlich waren sie fertig.

Als Bolitho wieder hochschaute, schien das andere Schiff sehr viel näher gekommen zu sein.

«Fertig an Deck?»

Jeder Geschützführer zeigte mit einer Hand: klar.

Palliser rief:»Stückpforten öffnen!«Er wartete und zählte die Sekunden, als die Pfortendeckel sich an beiden Schiffsseiten wie Augenlider hoben.»Ausrennen!»

Die San Augustin feuerte schon wieder, aber da ihr Steuermann wohl gerade etwas abgefallen war, schlug die ganze Breitseite eine gute halbe Meile vor dem Bug der Destiny ins Wasser.

Rhodes marschierte hinter seinen Kanonen entlang, gab Anweisungen oder scherzte auch nur mit seinen Leuten; Bolitho konnte es nicht erkennen.

Die San Augustin stand nun an Backbord voraus, und ihr Kurs lief mit dem der Destiny in einem spitzen Winkel zusammen. Es war schwer, die Geschützbedienungen an ihrem Platz zu halten und zu verhindern, daß sie auf die andere Seite liefen, um nachzuschauen, was drüben los war.

Palliser rief:»Mr. Bolitho! Halten Sie sich bereit, Leute von Ihrer Batterie auf die andere Seite zu Hilfe zu schicken. Nach zwei Breitseiten werden wir nach Backbord halten und auch Ihren Kanonen eine Chance geben. «Bolitho hob die Hand.»Aye, Sir!»

Dumaresq befahclass="underline" »Kursänderung drei Strich nach Steuerbord.»

«An die Schoten und Brassen! Ruder nach Luv!»

Die Rahen schwangen herum, die Destiny folgte gehorsam dem Ruder; die San Augustin schien achteraus auszuwandern, als sie den geduckt hinter ihren Stückpforten wartenden Geschützführern ins Visier kam.

«Volle Erhöhung! Feuer!»

Die Zwölfpfünder rumpelten binnenbords und wurden von Brocktauen abgestoppt. Der Pulverqualm trieb leewärts in einer dichten Wolke auf den Feind zu.

«Stopft die Zündlöcher!«Rhodes bewegte sich jetzt viel schneller.»Wischt aus und ladet neu!»

Die Geschützführer mußten doppelt hart arbeiten, und mancher benutzte beide Fäuste, um die Nervosität seiner Leute zu bändigen. Wenn eine Kartusche in ein unausgewischtes Rohr gesteckt wurde, in dem noch glühende Reste der vorigen Kartusche steckten, bedeutete das einen schnellen und gräßlichen Tod.

Stockdale schlug auf den Verstärkungsring seiner Kanone.»Los, Jungs! Beeilung!»

«Rennt die Kanonen aus!«Palliser hielt sein Teleskop auf die Hängemattsnetze gestützt und beobachtete das andere Schiff.»Ziel auffassen! Geschützweise nach Sicht feuern!»

Diesmal kam die Breitseite unregelmäßig heraus, da jeder Geschützführer den für ihn günstigen Augenblick zum Abschuß abwartete. Aber bevor er den Einschlag seiner Kugel beobachten konnte, rannten schon wieder Matrosen an die Schoten und Brassen, da Gulliver seine Rudergänger zu neuer Kursänderung antrieb. Die Destiny lag jetzt so hoch am Wind, wie es ihr möglich war, ohne die Manövrierfähigkeit zu verlieren.

Bolitho hatte einen ganz trockenen Mund. Ohne es zu bemerken, hatte er seinen Säbel gezogen und gegen die Hüfte gedrückt. Das Deck der Destiny hatte sich schräg gelegt, und die Geschützführer sahen den goldverzierten Bugspriet der San Augustin jetzt langsam, aber stetig ins Blickfeld ihrer Stückpforten einwandern.

«In der Aufwärtsbewegung schießen!»

Aber vor ihnen spie die Bordwand der San Augustin erneut Feuer und Eisen mit orangefarbenen Zungen. Bolitho hörte das wilde Kreischen der Ketten- und Stangengeschosse, die über sie hinwegflogen. Er fand noch Zeit, Fähnrich Henderson zu bemitleiden, der oben auf der Bramsaling hockte und sein Fernrohr auf den Feind gerichtet hielt, während die mörderische Verbindung von Ketten und Eisenstangen an ihm vorbeirauschte. »Feuer!»

Bolitho beobachtete, wie die See um das andere Schiff aufbrauste und sein Großsegel flatterte, als ob es von mehr als einer Kugel durchschlagen worden sei.

Während seine Männer sich auf Handspaken und Ansetzer stürzten und nach Pulver und Kugeln schrien, und während das Getöse noch von Pallisers Stimme auf dem Achterdeck übertönt wurde, warf Bo-litho einen Blick auf den Kommandanten.

Er stand mit Gulliver und Slade neben dem Kompaß und zeigte auf den Feind, auf seine Segel und den davontreibenden Qualm, als ob das alles von ihm dirigiert würde. »Feuer!»

Kanone für Kanone rollten die Zwölfpfünder an der Steuerbordseite der Destiny binnenbords, und die Räder ihrer Lafetten quietschten dabei wie gequälte Schweine.

«Klar zur Kursänderung! Achtung, Mr. Rhodes! Backbordbatterie mit Doppelkugeln laden!»

Bolitho sprang beiseite, um vorbeirennenden Matrosen und Kommandos schreienden Maaten Platz zu machen. Der ständige kräftezehrende Drill auf der langen Überfahrt von Plymouth zahlte sich jetzt aus. Unabhängig davon, was die Kanonen machten, das Schiff mußte gehandhabt und manövrierfähig gehalten werden.

Wieder brüllten die Kanonen auf, diesmal mit einem anderen Ton, der durch Mark und Bein ging, denn die Rohre spien mit doppelter Treibladung je zwei Kanonenkugeln aus.

Bolitho wischte sich das Gesicht mit dem Handrücken. Ihm war, als hätte er stundenlang in der Sonne gestanden. Tatsächlich war es aber kaum acht Uhr früh; erst eine Stunde, nachdem Spillane unter Deck geschickt worden war.

Dumaresq war mit der doppelten Ladung ein Risiko eingegangen, aber Bolitho hatte gesehen, daß sich die beiden Schoner nach Luv vorarbeiteten, um von achtern an die Destiny heranzukommen. Sie mußten schnellstens Treffer auf der San Augustin erzielen, und zwar entscheidende Treffer, um zumindest deren Bewegungsfähigkeit herabzusetzen.

Dumaresq rief:»Holt den Feuerwerker! Aber schnell!»

Bolitho zuckte zusammen, als Wassersäulen über der BackbordLaufbrücke zusammenschlugen und er einen heftigen Stoß gegen den Schiffsrumpf spürte. Mindestens zwei Treffer, vielleicht sogar an der Wasserlinie.