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»Das Brandzeichen der Penrose-Plantage!« triumphierte Stanton. »Er ist Jackson Harris, der Sklave, der Jefferson Penrose entlaufen ist.«

Webbs prüfender Blick haftete noch immer auf dem Schwarzen in dem zerfetzten Hemd.

»Stimmt das, Mister?«

»Yeah, ich bin Jackson Harris.«

Abner Zachary warf dem Schmied einen wütenden Blick zu.

»Du hast mich angelogen, Bruder Sam!«

»Ich mußte es tun. Für Aretha. Und für Jack! Als wir uns Ihnen anschlossen, Captain, und Aretha mich anflehte, ihren Bruder mit ins Gelobte Land, in die Freiheit zu nehmen, konnte ich einfach nicht nein sagen.«

»Ja«, sagte der Prediger und nickte. »Ich hätte wohl auch so gehandelt.«

»Und einen doppelten Boden in Ihren Wagen gebaut«, sagte Stanton abfällig und entschied: »Genug geschwatzt. Wir nehmen den Nigger mit, und die Sache ist erledigt.«

Er ging zu seinem Pferd und holte ein Paar eiserner Handfesseln aus einer Satteltasche.

»Nicht so schnell«, meinte der Marshal und trieb seinen kräftigen Apfelschimmel zwischen Stanton und den entflohenen Sklaven.

»Was wollen Sie denn noch?« fragte der Anführer der Sklavenjäger ungeduldig.

Folsoms Revolvermündungen änderten ihre Richtung, bis sie auf den Marshal zeigten.

»Ich habe die Fahndung nach Jackson Harris auch gelesen«, sagte Webb. »Dort stand nicht nur etwas von einer Belohnung für die Rückführung des entlaufenen Sklaven, sondern auch etwas davon, daß sich Jackson Harris freikaufen könne.«

Stanton nickte und grinste.

»Yeah, Marshal, für zweitausendfünfhundert Dollar.«

»Komisch«, brummte Webb und strich mit der linken Hand über seinen Schnurrbart. »Auf dem Steckbrief in meinem Office steht etwas von eintausendfünfhundert Dollar.«

»Kann auch sein«, gab Stanton zähneknirschend zu.

»Auch das ist noch viel zu viel«, sagte Abner Zachary.

»Nicht in Zeiten wie diesen, in denen kräftige Sklaven knapp sind«, widersprach Stanton.

Jacob wandte sich an den neben ihm stehenden Ben Miller, der seinen Karabiner in der Hand trug, und flüsterte: »Ich habe Abner Zachary für einen nicht ganz unvermögenden Mann gehalten. Hat ihm der Verkauf seiner Farm nichts eingebracht?«

»Doch, schon«, antwortete Miller. »Aber er hat vielen der Schwarzen aus Stockten die Ausrüstung für den Treck finanziert. Dabei ist sein meistes Geld draufgegangen. Wir haben wohl alle nicht sonderlich viel Geld. Auch ich habe von der Bank bisher nur fünfhundert Dollar Anzahlung auf meine Farm erhalten. Den Rest kriege ich erst, wenn mein Land weiterverkauft ist. Von dem Geld sind uns nach allen Einkäufen für den Treck noch siebzig Dollar geblieben. Aber ich denke, ich kann für meine Familie sprechen.«

Der Farmer trat einen Schritt vor und sagte laut: »Ich habe leider nur siebzig Dollar, aber die gebe ich gern!«

Begeistert riß Abner Zachary den großen schwarzen Filzhut von seinem Kopf und rief: »Das ist ein guter Anfang, Brüder und Schwestern. Nehmt ihn euch zum Beispiel! Ich habe noch zweihundertfünfzig Dollar, die in meinen Hut kommen.«

Er ging mit dem Hut umher und sammelte Geld ein. Jede der Emigrantenfamilien gab, was sie erübrigen konnte. Auch Jacob, Martin und Irene opferten bereitwillig ihre letzten Dollars.

Nur ein grobschlächtiger Ire, ein gewisser Patrick O'Rourke, weigerte sich standhaft und vertrat die Ansicht: »Ich brauche mein Geld, um meine Familie und mich durchzubringen, wenn wir in Oregon sind!«

Der Hut füllte sich zusehends und wurde schließlich auf das Fußbrett an der Frontseite des Kelley-Wagens geleert, um das Geld zu zählen.

Es waren 1450 Dollar.

»Fünfzig Bucks zuwenig«, frohlockte Stanton und ging mit den Eisenfesseln auf Jackson Harris zu. »Dann wollen wir mal!«

Marshal Webb hatte seine lederne Geldbörse hervorgezogen und fünf Geldscheine herausgenommen. »Hier sind fünfzig Dollar, Mr. Stanton. Damit dürften Mr. Penroses Ansprüche befriedigt sein.«

Als der Sklavenjäger den Polizei chef von Kansas City mit zusammengekniffenen Augen wütend ansah, wirkte er gar nicht mehr wie ein gutaussehender Gentleman, mehr wie ein der Hölle entsprungener Dämon.

»Was geht die Sache Sie an, Marshal?«

»Fragen Sie nicht, sondern nehmen Sie das Geld«, erwiderte Webb, beugte sich auf seinem Pferd zu Stanton hinunter und hielt ihm die Scheine unter die Nase. »Ärgert es Sie etwa, daß Sie bei dieser Sache weniger verdienen als bei der Rückführung des entlaufenen Sklaven? Zwanzig Prozent von der Kaufsumme für den, der sie Mr. Penrose überbringt - oder irre ich mich?«

»Sie irren sich nicht«, knurrte Stanton, als er die Geldscheine ergriff. »Dreihundert statt fünfhundert Bucks, das ist ein ganz schöner Verlust.«

»Sie verdienen doch immer noch dabei«, sagte Webb. »Und jetzt wollen wir die Formalitäten erledigen.«

Stanton sah ihn mißtrauisch an.

»Was für Formalitäten, Marshal?«

»Den Papierkram. Wir werden eine von mir beglaubigte Urkunde über Mr. Harris' Freikauf aufsetzen.« Webb blickte in die Runde. »Zeugen haben wir ja genug hier.« Er sah Stanton scharf an. »Und damit keine Mißverständnisse auftreten: Ich werde Mr. Penrose telegrafisch über den Freikauf informieren und mich bei ihm erkundigen, ob er sein Geld erhalten hat.«

Als das, was Webb als »Formalitäten« bezeichnet hatte, erledigt war, ritten die drei Sklavenjäger ziemlich übellaunig aus dem Lager. Es hatte ihre Stimmung nicht gerade gehoben, als Mr. Blesser für seine Dienste zehn Dollar verlangt hatte.

Webb verließ den Treck mit den zu Abner Zachary gesprochenen Worten: »Ich hoffe, es gibt keine weiteren Schwierigkeiten für Sie, solange Sie in Kansas City sind.«

Der Marshal konnte nicht ahnen, daß der Zusammenstoß mit den Sklavenjägern harmlos war im Vergleich zu dem, was den Auswanderern in seiner Stadt noch bevorstand.

*

Bei den Kelleys und dem freigekommenen Sklaven herrschte großer Jubel. Sie bedankten sich überschwenglich bei Abner Zachary und den anderen Leuten aus dem Treck, die geholfen hatten, Jackson Harris freizukaufen. Harris führte einen wahren Freudentanz auf und schwenkte dabei die von Marshal Webb ausgestellte Urkunde wie eine Fahne in der Luft herum. Für ihn war es wirklich eine Fahne, das Banner der Freiheit.

Sam Kelley fragte den Treck-Captain, ob sich sein Schwager dem Treck anschließen dürfe, und Abner Zachary willigte ein.

Die Freude auf dem Gesicht des Schmieds wurde von einem Schatten getrübt.

»Ich habe aber kein Geld, um zusätzliche Vorräte für Jack einzukaufen.«

»Das Geld hat wohl leider keiner hier«, meinte der Prediger. »Aber ein Esser mehr oder weniger läßt uns nicht am Hungertuch nagen.«

Die allgemeine Ausgelassenheit klang etwas ab, als die Menschen daran erinnert wurden, daß ihre finanziellen Reserven jetzt völlig erschöpft waren. Falls eine unvorhergesehene Katastrophe eintrat, konnte ihnen das Fehlen von Geld schnell das Genick brechen.

»Ich habe eine Idee«, meldete sich da zum allgemeinen Erstaunen George Kelley zu Wort.

»Was für eine Idee, Junge?« erkundigte sich der alte Zachary.

Sam Kelleys Sohn erzählte ihm von dem Rappen, den er im Trading Center gesehen hatte. »Mit ihm könnte ich das Rennen morgen gewinnen. Für den Sieger sind fünftausend Dollar ausgesetzt.«

»Damit würde jeder, der etwas zu Bruder Jacksons Freikauf dazugetan hat, sein Geld dreifach zurückerhalten«, stellte der Prediger schnell fest. Von der Idee angetan, sah er den Jungen an. »Und für den Sieger des Rennens bliebe auch noch etwas übrig.«

»Aber ist der Herr nicht gegen das Glücksspiel und das Wetten um Geld, Bruder Abner?« fragte ein älterer Schwarzer.

Zachary schüttelte sein graues Haupt. »Nicht, wenn es für eine gute Sache ist. Davon steht in der ganzen Heiligen Schrift nichts.«