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»Er ist tot, Mr. Zachary, seit vielen Stunden schon«, sagte Marshal Webb. »Er war es schon, als er am frühen Morgen von Buck Saunders gefunden wurde.«

»Tot«, flüsterte Abner Zachary und dachte an den Verlust seiner Frau. »Schon wieder einer. tot.«

Sein Sohn Aaron faßte ihn unter die Schultern und half seinem Vater, sich zu erheben. Kaum stand der Prediger wieder auf seinen Füßen, da straffte sich sein Körper. In seinen eisgrauen Augen blitzte es auf, als er Webb anschaute.

»Wie ist das passiert, Marshal?«

»Er wurde erstochen«, antwortete Webb und sah Begley an. »Haben Sie das Messer, Grant?«

»Klar, Marshal«, meinte der Deputy und zog ein Messer aus seiner Jackentasche, dessen Schneide mit einem Tuch umwickelt war. Als er es aus dem Tuch zog, war dieses blutig. Es war ein langschneidiges Arkansasmesser mit Ebenholzgriff und Sägerücken.

»Das Messer paßt in eine Scheide am Gürtel Ihres Sohns, Mr. Zachary«, erläuterte der Marshal. »Hat es ihm gehört?«

»Ja«, antwortete der Prediger leise. »Ich habe es Adam zu seinem vierzehnten Geburtstag geschenkt. Vierzehn Jahre hat er es getragen, und jetzt.«

Seine Stimme verebbte, und er dachte einen Moment nach, bevor er murmelte: »Man hat Adam also mit seinem eigenen Messer ermordet, Marshal?«

Webb nickte.

»Wer hat das getan?«

»Wir wissen es nicht.«

»Doch«, sagte da Begley und zeigte mit der Messerspitze auf Martin. »Der German war es!«

Aller Augen richteten sich überrascht auf den Deputy und auf Martin.

»Wie kommen Sie darauf, Grant?« fragte Webb.

»Die Mütze, die wir bei der Leiche gefunden haben, gehört ihm. Er hat es mir gegenüber zugegeben, unter Zeugen.«

»Wenn Sie die Mütze meinen, die Sie mir gezeigt haben, ist es wirklich meine«, sagte Martin. »Aber ich habe Adam Zachary nicht getötet. Ich war noch niemals zuvor in dieser Gasse.«

»Wie kommt dann Ihre Mütze dahin?« forschte Webb nach.

»Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich sie gestern abend im Saloon verloren habe.«

»Haben Sie Adam Zachary im Saloon getroffen?«

»Nein.«

»Das ist nicht wahr!« brauste der Prediger auf. »Sie haben vorhin zu mir gesagt, daß Sie ihn im Saloon getroffen haben.«

Martin schüttelte seinen Kopf. »Das stimmt nicht, Mr. Zachary. Ich habe nur gesagt, daß ich ihn da gesehen habe. Aber ich habe kein einziges Wort mit ihm gesprochen. Und als ich zum Lager zurückging, war Ihr Sohn noch im Saloon, quicklebendig. Fragen Sie Miß Anderson. Sie war bei ihm.«

Die Gruppe ging in den Saloon, und Frenchie holte Urilla aus ihrem Zimmer im Obergeschoß. Die junge Frau im bunten Morgenmantel hatte ein verweintes Gesicht, und noch immer flossen Tränen aus ihren hellgrünen Augen. Allen war klar, daß sie die Tränen wegen Adam Zacharys Tod vergoß. Webb rückte ihr einen Stuhl an dem Tisch zurecht, an dem er zuvor gefrühstückt hatte. Dankbar ließ sie sich darauf sinken.

Der Marshal wiederholte Martins Aussage und fragte die Frau, ob sie das bestätigten könne.

»Ich habe Mr. Bauer gestern abend hier gesehen, das stimmt. Ob Adam mit ihm gesprochen hat, weiß ich nicht. Ich selbst habe mich nur kurz mit Mr. Bauer unterhalten. Wann er gegangen ist, weiß ich auch nicht. Irgendwann war er nicht mehr da.«

»War zu diesem Zeitpunkt Adam noch bei Ihnen?«

Sie überlegte kurz und nickte dann.

»Ja, Marshal.«

»Da hören Sie es!« triumphierte Martin. »Ich kann es also nicht gewesen sein.«

»Warum nicht?« fragte Webb. »Sie können Adam Zachary vor dem Saloon aufgelauert und ihn in die Gasse gelockt haben.«

»Aber ich sage Ihnen doch, daß ich noch nie in dieser Gasse war!«

»Das ist eine Behauptung von Ihnen, die nichts beweist. Sie müßten beweisen können, daß Sie ins Lager zurückgekehrt sind, als Adam Zachary noch lebte.«

»Wie kann ich das?«

»Jemand müßte Sie bei Ihrer Rückkehr bemerkt haben.«

Hoffnungsvoll schaute Martin seinen Freund an. Aber Jacob konnte nur sagen, daß Martin sehr spät aus der Stadt zurückgekehrt war. Martin war leise genug gewesen, daß Jacob nicht richtig wach geworden war. Jetzt bedauerte der Bauernsohn seine Rücksichtnahme.

»Wie lange war Adam Zacharys bei Ihnen, Miß Anderson?« fragte der Marshal.

»Genau weiß ich es nicht.«

»So ungefähr.«

»Bis etwa eine halbe Stunde nach Mitternacht, würde ich sagen. Dann hat sich Adam verabschiedet, weil er zurück ins Lager wollte.«

»Was haben Sie dann getan?«

»Gearbeitet, noch etwa zwei Stunden, bis Frenchie den Laden zugemacht hat.«

»Über was haben Sie und Adam gesprochen.«

Urilla sah den Prediger an und schlug dann schnell die Augen nieder.

»Über uns und über den Treck. Adam wollte mich mitnehmen, aber er wußte nicht, wie er es seinem Vater beibringen sollte. Mr. Zachary hält nämlich nicht viel von mir.«

»Adam hätte sich nicht mit Ihnen einlassen sollen«, platzte es aus dem graugesichtigen Mann heraus. »Das hat ihm den Tod gebracht!«

Urilla wurde von einem Weinkrampf geschüttelt und verbarg ihr Gesicht in den Händen.

Marshal Webb warf dem Prediger einen tadelnden Blick zu und meinte dann: »Es sieht alles so aus, als sei Mr. Bauer unser Hauptverdächtiger. Unser einziger Verdächtiger, um genau zu sein. Ich muß Sie bitten, Ihre Waffen abzulegen und mich zum Gefängnis zu begleiten.«

»Aber welchen Grund soll ich gehabt haben, Adam Zachary zu töten?« fragte Martin erregt.

»Eifersucht«, kam die Antwort von Aaron Zachary. »Jeder, der nur ein halbwegs gesundes Auge im Kopf hat, konnte sehen, daß Sie sich in. in das Mädchen verguckt haben, genau wie mein Bruder.«

Webb sah Martin prüfend an.

»Stimmt das?«

Der Deutsche nickte nur.

Urilla starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an.

*

Als Martin von Webb und Begley zum Stadtgefängnis gebracht wurde, begleitete sie Jacob.

Er konnte kaum glauben, was hier geschah. Es war wie in einem Alptraum.

Vor einer Stunde noch war die Welt in Ordnung gewesen. Das einzige Problem, was ihn und Martin beschäftigt hatte, war das Pferderennen.

Wirklich?

Jacob fragte sich plötzlich, weshalb Martin an diesem Morgen so einsilbig gewesen war. War es nur die Erkenntnis, daß Urilla Anderson seine Gefühle nicht erwiderte? Oder war es mehr gewesen, was ihn bedrückte? Das Wissen, einen anderen Menschen - seinen Rivalen - ermordet zu haben?

Jacob dachte an Martins verlorene Mütze. Vielleicht hatte er sie wirklich verloren, aber dann möglicherweise in der schmalen Gasse neben dem Saloon.

Und dann Martins blaues Auge. Gewiß, er mochte es sich bei einer Rauferei zugezogen haben. Aber vielleicht bei einem Kampf, den Adam Zachary um sein Überleben führte.

Jacob mußte Aaron Zachary recht geben: Das Motiv war da. Auch dem Zimmermann war aufgefallen, daß sich sein Freund Martin mächtig in das hübsche Mädchen aus dem Saloon verguckt hatte.

Wie schnell konnte bei einem Streit unter Rivalen, die im Saloon reichlich Bier und Schnaps genossen hatten, das Messer gezückt werden. Vielleicht hatte es Adam sogar zuerst gezogen, und Martin hatte sich nur verteidigt.

Aber wieso hatte er das dann verheimlicht? Aus Angst, niemand würde ihm glauben?

Zerknirscht mußte Jacob zugeben, daß alle Anzeichen gegen Martin sprachen.

Als Jacob sah, wie sein Freund hinter die dicken Steinmauern und die starken Gitterstäbe gesperrt wurde, schämte er sich plötzlich seiner Gedanken. Er dachte daran, welche Abenteuer und Gefahren er und Martin schon gemeinsam überstanden hatten, nachdem sie sich in Hamburg kennengelernt und dort das Auswandererschiff bestiegen hatten. Ohne Martins Hilfe wäre es dem wegen versuchten Mordes von der preußischen Polizei gesuchten Jacob nicht einmal gelungen, aufs Schiff zu kommen.