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»Da werde ich bei unserem Captain ein gutes Wort für Sie einlegen. Ich glaube, aufrechte starke Männer sind ihm immer willkommen. Mir sind sie's jedenfalls.«

»Sie kennen den Treckführer?«

»Allerdings. Immerhin gehöre ich dem Treck an. Da werde ich doch wohl Abner Zachary, den Treck-Captain, kennen.«

»Wieso wollen Sie nach Oregon?« erkundigte sich Jacob verwundert. »Sie haben doch eine Farm in der Nähe von Blue Springs.«

»Die ich in meinem Leben wohl niemals wiedersehen werde«, seufzte der kräftige, untersetzte Mann in den Vierzigern. »Meine Familie und ich haben genug von der blutigen Grenze. Das ist kein Land, um Kinder großzuziehen. Wir haben unser Land hier an eine Bank verkauft und uns Captain Zacharys Treck angeschlossen. Ob Oregon nun das Gelobte Land ist oder nicht - besser als das Land am Big Muddy ist es allemal!«

»Ich hoffe, Sie haben die richtige Entscheidung getroffen. Jedenfalls war es eine gute Entscheidung von Ihnen, im richtigen Moment hier vorbeizukommen.«

»Dafür sollten Sie nicht mir danken, sondern Quantrill.«

In Jacobs offenem, gutgeschnittenen Gesicht zeichnete sich Erstaunen ab. »Wieso das?«

Ben Miller fuhr mit der linken Hand an seinen Kopf und berührte ganz leicht den Verband. »Der Streifschuß, den ich Quantrills Männern verdanke, läßt meinen Schädel einfach nicht zur Ruhe kommen. Von Zeit zu Zeit überfallen mich unerträgliche Kopfschmerzen. Heute nacht war es so schlimm, daß ich kein Auge zugetan habe. Meine Frau hat mich deshalb heute morgen zum Doc geschickt. Ich habe Johnny mitgenommen, um noch ein paar Bücher einzukaufen.«

»Bücher?«

»Yeah. Der Captain ist ein frommer Mann. Er hält viel von der Bibel, aber auch von anderen Büchern. Er sagt, wo wir hinziehen, gibt es keine Bibliotheken und keine Schulen. Eine Schule wollen wir uns bauen. Zachary sagt, wir sollen viele Bücher mitnehmen, für uns selbst und für unsere Kinder.« Ben Miller kratzte sich ein wenig verlegen am Kinn. »Na, in meinem Fall wohl eher für die Kinder. Zum Lesenlernen bin ich nie gekommen.«

»Das hört sich ja an, als gäbe es in Oregon nur tiefste Wildnis«, meinte Martin, der mit der Frau zu ihnen trat. Er hatte ihr seine Jacke gegeben, damit sie ihre Blöße bedecken konnte.

»Wo wir hinwollen, schon. Zachary will eine neue Siedlung errichten, in der alle Menschen gleichberechtigt sein sollen, egal welchen Glauben und welche Hautfarbe sie haben.«

»Scheint ja ein famoser Mann zu sein, dieser Zachary«, meinte Jacob.

Ben Miller nickte heftig, stellte das aber sofort ein, als sich seine Kopfschmerzen wieder meldeten. »O ja, das ist er. Er kommt aus Missouri und hat die Nase voll von der Sklaverei, die in unserem Staat noch erlaubt ist. Zu unserem Treck gehören 'ne Menge Schwarze. Der Captain hat seine Farm am Stockton Lake aufgegeben, als seine Frau bei einem Überfall der Skalvenhalter ums Leben kam. Ich habe ihn mir zum Beispiel genommen.« Worauf der Farmer mächtig stolz zu sein schien.

Jacob sah die rothaarige Frau an, die er jünger einschätzte als sich selbst, noch unter Zwanzig. Sie war mittelgroß, nicht dick, aber üppig. Ihr Gesicht war hübsch. Die Schatten unter ihren hellgrünen Augen wiesen darauf hin, daß das Leben für sie nicht immer einfach gewesen war. Er fragte sich unwillkürlich, worin die erlittenen Härten des Leben bei ihr bestanden haben mochten. Laut fragte er sie, wie es ihr ging.

»Schon wieder besser«, sagte sie.

Trotzdem wollte sie Ben Miller nicht zum Arzt begleiten, wie es Jacob vorschlug.

»Aber vielleicht können Sie mich zum Lightheart Palace begleiten«, schlug sie vor. »Ich habe Angst, daß mir die Kerle draußen irgendwo auflauern.« Sie sah an sich herunter. »Und so, wie ich aussehe, kann ich unmöglich zum Treck gehen.«

»Sie wollten auch zum Treck?« fragte Jacob erstaunt.

»Ja, ich wollte mich dort mit jemandem treffen«, antwortete sie ausweichend.

»Selbstverständlich begleiten wir Sie«, sagte Martin.

Jacob fiel auf, daß sein Freund das rothaarige Mädchen immerzu anstarrte.

Die fünf Menschen verließen den Schuppen, die Männer mit gezogenen Revolvern. Von dem Riesen und seinem ledergesichtigen Freund war nicht einmal eine Nasenspitze zu sehen. Trotzdem steckten sie wahrscheinlich irgendwo in der Nähe. Sie würden kaum auf ihre Waffen verzichten.

Als sie in ein belebteres Stadtviertel kamen, trennten sie sich. Die Millers suchten den Arzt auf, während die beiden Deutschen Urilla Anderson zum Lightheart Palace brachten.

»Was ist das für ein Haus?« fragte Martin, seine blauen Augen noch immer wie hypnotisiert auf die junge Frau gerichtet.

»Ein Saloon im Asquith Trading Center.«

»Sie wohnen in einem Saloon?«

»Ja. Ich arbeite auch dort.«

»Sie müssen verzeihen, aber wir sind neu in der Stadt«, erklärte Jacob, weshalb sie so viele Fragen stellten. »Was ist nun wieder das Asquith Trading Center?«

»Dort gibt es alles, was Auswanderer benötigen: Geschäfte, eine Schmiede, einen Sattler, einen Stellmacher, Pferde, Maultiere, Ochsen, und eben auch einen Saloon, in dem sich die Menschen noch einmal richtig vergnügen können, ehe sie auf Monate nichts als wildes Land sehen. Das alles gehört Mr. Homer C. Asquith, einem der reichsten Männer der Stadt. Er macht ein Riesengeschäft mit seinen Läden.«

»Und trägt viel Geld auf die Bank«, meinte Jacob spöttisch, weil sie gerade an einer Bank vorbeikamen.

Urilla schüttelte den Kopf. »Das muß er nicht. Ihm gehört auch eine Bank. Mr. Asquith ist der Meinung, wenn sein Geld schon arbeitet, dann für ihn.«

»Der Mann ist reich und schlau«, befand Jacob.

»Wäre er nicht schlau, wäre er kaum reich«, erwiderte die junge Frau.

Jacob grinste leicht, als er Martins bösen Blick bemerkte. Sein Freund schien eifersüchtig zu sein, weil er sich so gut mit Urilla unterhielt.

Vielleicht nur, um nicht ganz außen vor gelassen zu werden, vielleicht aber auch aus echter Anteilnahme für das Mädchen zeigte Martin auf einen bärtigen Mann, der gerade aus dem Laden eines Barbiers trat und seine Jacke zurechtzog. Auf seiner dunklen Weste blitzte etwas auf - der Stern des Gesetzes.

»Ein Polizist«, sagte er. »Vielleicht sollten wir ihm den Überfall auf Sie melden, Miß Andersen.«

Urilla lachte kurz auf. »Der Deputy hat sicher Besseres zu tun. Schließlich bin ich nicht seine Frau oder die des Barbiers oder eines anderen angesehenen Bürgers der Stadt.«

»Wie meinen Sie das?« fragte Martin.

»Mädchen wie ich müssen es sich gefallen lassen, von Männern belästigt zu werden.«

Martin sah sie mit gerunzelter Stirn an »Mädchen wie Sie?«

»Animiermädchen, Tanzgirls«, erklärte Urilla. »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Jedenfalls Mädchen, deren Beruf es ist, Männern in verräucherten Saloons das Geld aus der Tasche zu ziehen. Dafür sind wir gut, sonst sind wir's nicht. Jedenfalls nicht in den Augen der Bürger, die abends nur zu gern in unsere Arme sinken. Der Deputy wird keinen Finger krumm machen, wenn Sie ihm von der Sache erzählen. In Kansas City gibt es zur Zeit andere Probleme.«

»Was für Probleme?« wollte Jacob wissen.

»Der Krieg«, antwortete Urilla und zeigte auf einen Trupp Kavallerie, der die Straße herunterritt. »Die Truppen in Kansas City bedeuten zwar Sicherheit vor den Bushwackers, aber auch eine Menge Ärger. Die uniformierten Boys wollen sich ja auch mal austoben. Jetzt, wo sie ihren ausstehenden Sold bekommen haben, wird es erst richtig rundgehen.«

Jacob räusperte sich etwas verlegen, verschwieg ihr aber, daß die Soldaten die Bezahlung ihres seit einem halben Jahr ausstehenden Soldes Martin und ihm mitzuverdanken hatten. Sie hatten geholfen zu verhindern, daß Quantrill den Zug mit der Million Dollar in eine Falle lockte und ausraubte.