Fräulein Bock stand am Herd und schüttelte die Bratpfanne mit den Fleischklößen. Jetzt stellte sie sie aber hin und ging auf Karlsson los. Sie sah böse und gefährlich aus.
„Verschwinde!" rief sie. „Raus hier, raus!"
Da zog Karlsson die Mundwinkel herunter und schmollte.
„Ich mach' nicht mit, wenn du so eklig bist. Ich darf doch wohl auch 'n paar Fleischklöße haben. Kannst du dir nicht denken, daß man Hunger bekommt, wenn man einen ganzen Abend so herumsaust und spukt?"
Er machte einen Satz auf den Herd zu und schnappte sich einen Fleischkloß aus der Bratpfanne. Das hätte er aber lieber nicht tun sollen. Fräulein Bock schrie auf und stürzte sich auf ihn. Sie packte ihn beim Kragen und warf ihn zur Hintertür hinaus.
„Verschwinde!" schrie sie. „Geh nach Hause und steck deine Nase hier nicht noch einmal herein!"
Lillebror wurde fuchsteufelswild und kreuzunglücklich. Wie konnte jemand es wagen, seinen geliebten Karlsson so zu be-handeln?
„Pfui, wie sind Sie abscheulich, Fräulein Bock", sagte er.
„Karlsson ist mein Spielkamerad, er darf wohl hier sein," Das Weinen war ihm nahe.
Weiter kam er nicht, da tat sich die Hintertür wieder auf. Herein schritt Karlsson, jetzt ebenfalls wütend wie eine Wespe.
„Ich mach' nicht mit", rief er. „Ich mach' nicht mit, wenn es so gedacht ist! Mich zur Hintertür rauszuwerfen - da mach' ich einfach nicht mit!"
Er rannte auf Fräulein Bock zu und stampfte mit dem Fuß auf den Erdboden.
„Hintertür, pfui! Durch die Vordertür will ich rausgeworfen werden wie alle feinen Leute!"
Fräulein Bock packte Karlsson von neuem beim Kragen.
„Meinetwegen gern", sagte sie, und obgleich Lillebror hinter-herrannte und weinte und protestierte, schleppte sie Karlsson durch die ganze Wohnung und stieß ihn zur Vordertür hinaus, damit er seinen Willen bekäme.
„So", sagte sie, „ist das nun fein genug?"
„Ja, jetzt ist es fein", sagte Karlsson, und dann schlug Fräulein Bock die Tür hinter ihm zu, daß es im ganzen Hause dröhnte.
„Endlich", sagte sie und ging in die Küche zurück. Lillebror lief hinter ihr her und schimpfte.
„Pfui, wie sind Sie abscheulich und ungerecht! Karlsson darf doch in der Küche sein!"
Und das war er auch! Als Fräulein Bock und Lillebror hin-kamen, stand Karlsson am Herd und aß Fleischklöße.
„O gewiß doch, ist ja klar, daß ich durch die Vordertür rausgeworfen werden will", erklärte er, „damit ich durch die Hintertür wieder reinkommen und mir ein paar gute Fleischklöße holen kann."
Da ergriff Fräulein Bock ihn beim Genick und warf ihn zum drittenmal hinaus, diesmal durch die Hintertür.
„Es ist doch nicht zu fassen", sagte sie, „so eine Schmeißfliege!
Wenn ich aber die Tür abschließe, dann schaffe ich es vielleicht, dich loszuwerden."
„Das wird man ja sehen", sagte Karlsson sanftmütig.
Die Tür klappte hinter ihm zu, und Fräulein Bock vergewisserte sich, daß sie auch wirklich ordentlich abgeschlossen war.
„Pfui, wie sind Sie abscheulich, Fräulein Bock", sagte Lillebror.
Aber sie hörte nicht auf ihn. Mit raschen Schritten ging sie zum Herd, wo die Fleischklöße herrlich in der Pfanne brutzelten.
„Vielleicht kriegt man endlich selbst einen Fleischkloß, nach allem, was man heute abend durchgemacht hat", sagte sie.
Da ließ sich eine Stimme vom offenen Fenster vernehmen.
„Guten Abend allerseits. Ist jemand daheim? Und sind noch Fleischklöße übrig?"
Karlsson saß zufrieden schmunzelnd auf dem Fenstersims.
Lillebror lachte laut auf.
„Bist du vom Klopfbalkon abgeflogen?"
Karlsson nickte.
„Ganz recht. Und hier habt ihr mich nun wieder. Da freut ihr euch sicher - vor allem du da hinten am Herd!"
Fräulein Bock hatte gerade einen Fleischkloß zwischen den Fingerspitzen. Sie wollte ihn sich in den Mund stecken, aber als sie Karlsson sah, blieb sie regungslos stehen und starrte ihn nur an.
„So 'n verfressenes Mädchen ist mir noch nie vorgekommen", sagte Karlsson und machte einen Sturzflug über sie hinweg. Im Vorbeifliegen erhaschte er ihren Fleischkloß, verschlang ihn und stieg schnell zur Decke empor.
Jetzt aber kam Leben in Fräulein Bock. Sie stieß einen leisen Schrei aus, dann ergriff sie den Teppichklopfer und setzte hinter Karlsson drein.
„Du Ungeheuer, das wäre ja noch schöner, wenn ich dich hier nicht rauskriegen sollte!"
Karlsson umkreiste juchzend die Deckenlampe.
„Hoho, sollen wir uns nun raufen?" rief er. „So 5n Spaß habe ich seit meiner Kindheit nicht gehabt, als Papachen mich mit der Fliegenklatsche rund um den Mälarsee jagte, hoho, das war eine lustige Sache damals."
Karlsson schwebte in die Diele hinaus, und nun setzte eine wilde Jagd durch die ganze Wohnung ein. Vorauf flog Karlsson, der vor Wonne gluckste und juchzte, hinterdrein kam Fräulein Bock mit dem Teppichklopfer, dann kam Lillebror und als letzter Bimbo mit wildem Gebell.
„Hoho", schrie Karlsson.
Fräulein Bock war ihm dicht auf den Fersen, sobald sie aber zu nahe herankam, kurbelte Karlsson die Geschwindigkeit an und stieg zur Decke empor. Und wie sehr Fräulein Bock auch mit dem Teppichklopfer fuchtelte, es gelang ihr nicht, mehr als nur seine Schuhsohlen zu streifen.
„Hihi, hihi", sagte Karlsson, „nicht unter den Füßen kitzeln, das gilt nicht, dann mach' ich nicht mit!"
Fräulein Bock keuchte und rannte, und ihre großen, breiten Füße klatschten über das Parkett - die Ärmste, sie hatte ja nicht einmal Zeit gehabt, sich Schuhe und Strümpfe anzuziehen bei all dem Gespuke und Gejage hier den ganzen Abend hindurch.
Sie wurde allmählich müde, aber nachgeben wollte sie nicht.
„Warte du nur", rief sie und lief weiter hinter Karlsson her. Ab und zu machte sie einen kleinen Sprung, um ihm mit dem Teppichklopfer eins auszuwischen, aber Karlsson lachte nur und flog ihr davon. Lillebror lachte ebenfalls, er konnte nicht anders.
Er lachte so sehr, daß ihm der Leib weh tat, und als sie bei der Jagd zum drittenmal in sein Zimmer kamen, warf er sich auf sein Bett, um sich ein wenig auszuruhen. Da lag er nun völlig erschöpft, und trotzdem konnte er das Kichern nicht unterdrücken, als er sah, wie Fräulein Bock Karlsson die Wände entlangjagte.
„Hoho", schrie Karlsson.
„Ich werde dir gleich von wegen hoho", keuchte Fräulein Bock.
Sie fuchtelte wild mit dem Teppichklopfer, und es gelang ihr tatsächlich, Karlsson in eine Ecke neben Lillebrors Bett zu drängen.
„So, du", sagte Fräulein Bock, „jetzt habe ich es geschafft!"
Da plötzlich stieß sie einen durchdringenden Klagelaut aus.
Lillebror hörte auf zu kichern.
„O je", dachte er, „jetzt ist Karlsson gefangen!"
Es war aber nicht Karlsson, der gefangen war. Es war Fräulein Bock. Sie war mit ihrem großen Zeh in die Mausefalle geraten.
„Auuuu", jammerte Fräulein Bock, „auuuu!"
Sie zog den Fuß zurück und starrte stumm vor Staunen auf das absonderliche Ding, das an ihrem großen Zeh baumelte.
„Ach, ach, ach", sagte Lillebror, „warten Sie, ich mache sie ab-oh, entschuldigen Sie, so war es nicht gemeint."
„Auuu", machte Fräulein Bock, als Lillebror sie befreit hatte und sie endlich wieder sprechen konnte. „Weshalb hast du eine Mausefalle unter deinem Bett?"
Lillebror hatte wirklich Mitleid mit ihr, und er stammelte verzweifelt:
„Weil wir . . . weil wir . . . wir wollten eine Überraschungsmaus damit fangen."
„Aber keine so große", sagte Karlsson, „nur eine kleine, nied-liche mit einem langen Schwanz."
Fräulein Bock warf Karlsson einen Blick zu und stöhnte. „Du -
du - jetzt sollst du hier aber raus!"