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„Das geht doch gar nicht", sagte Lillebror. „Sieben und sieben sind vierzehn, und hier sind doch nur zehn Wecken."

Karlsson hatte nichts Eiligeres zu tun, als sieben Wecken zu einem kleinen Haufen zu stapeln.

„Das hier sind auf jeden Fall meine", sagte er und legte eine kurze dicke Hand über die Wecken. „Ihr rechnet heutzutage in den Schulen so blödsinnig. Aber deswegen brauche ich doch nicht darunter zu leiden. Wir nehmen jeder sieben, habe ich gesagt, und das hier sind meine."

Lillebror nickte.

„Ich kann sowieso nicht mehr als drei essen. Aber den Kakao, wo hast du den?"

„Unten beim Hausbock", sagte Karlsson. „Und jetzt holen wir ihn."

Lillebror sah ihn erschrocken an. Er hatte keine Lust, Fräulein Bock wiederzusehen und sich vielleicht neue Ohrfeigen zu holen. Er konnte sich auch nicht vorstellen, wie sie an die Kakaodose herankommen sollten. Die stand ja nicht im offenen Fenster, so wie vorhin die Wecken, sondern auf einem Wandbrett neben dem Herd, genau vor den Augen von Fräulein Bock.

„Wie in aller Welt sollte das zu machen sein?" fragte Lillebror.

Karlsson gluckste vergnügt.

„Ja, das kannst du dir natürlich nicht vorstellen, dummer kleiner Junge, der du bist! Aber nun hat sich zufällig der beste Streichemacher der Welt dieser Sache angenommen, du kannst also ganz beruhigt sein."

„Ja, aber wie ...", begann Lillebror.

„Du", sagte Karlsson, „sag mal, hast du jemals die Klopfbalkons bemerkt, die hier überall im Hause sind?"

Die hatte Lillebror allerdings bemerkt. Mama pflegte ja die Küchenläufer auf dem Klopfbalkon auszuschütteln, der lag für sie so bequem, von ihrer Hintertür aus nur eine halbe Treppe weiter oben.

„Nur zehn Stufen von eurer Hintertür aus", sagte Karlsson.

„Selbst so ein kleiner Trödelfritze wie du könnte im Nu auf den Klopfbalkon rennen."

Lillebror verstand nichts.

„Weshalb sollte ich auf den Klopfbalkon rennen?"

Karlsson seufzte.

„Muß man dir denn alles erklären, du dummer kleiner Junge!

Also sperr jetzt die Ohren auf und hör zu, wie ich es mir gedacht habe."

„Ja, ich höre zu", sagte Lillebror.

„Also", sagte Karlsson. „Dummer kleiner Junge landet mit dem Karlssonflugzeug auf dem Balkon, rennt dann eine halbe Treppe nach unten und klingelt kräftig und lange an der Türglocke.

Kapiert? Wütender Hausbock in der Küche hört das Klingeln und geht mit festen Schritten hin, um aufzumachen - Küche so lange leer! Mutiger und ziemlich dicker Held fliegt zum Fenster hinein und schnell wieder hinaus, nun mit der Kakaodose in der Faust. Dummer kleiner Junge läutet noch einmal, nur um zu ärgern, und rennt zum Balkon zurück. Wütender Hausbock macht die Tür auf und wird noch wütender, weil niemand draußen steht mit einem Strauß roter Rosen für sie. Sie kreischt auf und schmeißt die Tür zu. Dummer kleiner Junge kichert auf dem

Balkon immer weiter, bis endlich ziemlich dicker Held kommt und ihn zum Weckenschmaus aufs Dach holt. Heißa hopsa, Lillebror, rate, wer der beste Streichemacher der Welt ist! Jetzt ziehen wir los!"

Und bevor Lillebror nur einen Mucks von sich geben konnte, war er vom Dach zum Klopfbalkon unterwegs. Karlsson machte einen Sturzflug mit ihm, so daß es ihm um die Ohren pfiff und im Bauch kribbelte, schlimmer als in der Berg- und Talbahn auf dem Jahrmarkt.

Und nun verlief alles genauso, wie es besprochen war. Karlsson schwirrte auf das Küchenfenster zu, und Lillebror rannte hinunter und klingelte heftig und lange an der Türglocke. Bald vernahm er Schritte, die drinnen auf dem Flur näher kamen. Da kicherte er allerdings und raste auf den Balkon zurück. Ein paar Sekunden später ging die Tür da unten auf, und Fräulein Bock steckte den Kopf heraus. Er konnte sie sehen, wenn er vorsichtig durch die Glasscheibe des Balkons schaute. Und es war ganz deutlich, Karlsson hatte recht: Böser Hausbock wurde noch böser, als niemand draußen stand. Sie brummte laut vor sich hin und blieb eine ganze Weile in der offenen Tür stehen, als ob sie darauf wartete, daß der, welcher geläutet hatte, plötzlich vor ihr auftauchen würde. Der aber geläutet hatte, der stand leise kichernd auf dem Balkon, und das tat er so lange, bis der ziemlich dicke Held kam und ihn zum Weckenschmaus auf seinem Treppenvorplatz abholte.

Es sollte der beste Weckenschmaus werden, den Lillebror je erlebt hatte.

„Jetzt ist mir wohl", sagte er, als er dort neben Karlsson auf dem Vorplatz saß und seinen Wecken kaute und seinen Kakao trank und über die Dächer und Türme von Stockholm blickte, die im Sonnenschein glänzten. Die Wecken waren gut, der Kakao war ebenfalls vorzüglich. Er hatte ihn selber auf Karlssons Herd drinnen gekocht. Alles, was man brauchte, Milch und Kakao und Zucker, hatte Karlsson aus der Küche unten entführt.

„Und jedes kleinste Krümelchen ordnungsgemäß mit fünf Öre bezahlt, die auf dem Küchentisch liegen", sagte Karlsson. „Ist man ehrlich, dann ist man es, dabei kann man nichts machen."

„Wo hast du die vielen Fünförestücke her?" wollte Lillebror wissen.

„Aus einem Portemonnaie, das ich neulich auf der Straße gefunden habe", sagte Karlsson. „Voll von Fünförestücken und anderem Geld."

„Der Arme, der das Portemonnaie verloren hat", sagte Lillebror.

„Der wird aber unglücklich sein."

„Ach was", sagte Karlsson, „ein Taxifahrer muß eben seine Sachen beisammen halten!"

„Woher weißt du, daß es ein Taxifahrer war?" fragte Lillebror erstaunt.

„Na, ich hab' doch gesehen, wie er das Portemonnaie verlor", sagte Karlsson. „Und daß er Taxifahrer war, das sah man an dem Schild auf der Mütze. Ich bin doch schließlich nicht blöd."

Lillebror blickte Karlsson vorwurfsvoll an. So durfte man aber nicht mit Sachen umgehen, die man fand, das mußte er Karlsson sagen. Doch jetzt mußte er es ihm nicht gerade sagen - ein andermal ! Jetzt wollte er nur hier auf dem Treppenabsatz sitzen und den Sonnenschein genießen und die Wecken und den Kakao und Karlsson.

Karlsson hatte seine sämtlichen sieben Wecken schnell vertilgt.

Bei Lillebror ging es nicht ganz so rasch. Er war erst bei seinem zweiten. Der dritte lag neben ihm auf der Erde.

„Oh, wie ist mir wohl", sagte Lillebror.

Karlsson beugte sich vor und blickte ihm starr in die Augen.

„Nein, das stimmt nicht. Dir ist durchaus nicht wohl."

Er legte Lillebror seine Hand auf die Stirn.

„Habe ich es nicht gedacht! Ein typischer Fall von Weckenfieber."

Lillebror machte ein erstauntes Gesicht.

„Was ist denn das - Weckenfieber?"

„Das bekommt man, wenn man zu viele Wecken ißt."

„Dann bekommst du aber erst recht Weckenfieber", sagte Lillebror.

„Denkst du, ja", sagte Karlsson. „Aber siehst du, ich hatte Weckenfieber, als ich drei Jahre alt war, und man kann es nur einmal kriegen, genau wie Masern und Keuchhusten."

Lillebror fühlte sich ganz und gar nicht krank, und das versuchte er Karlsson begreiflich zu machen. Karlsson zwang ihn jedoch, sich auf dem Vorplatz hinzulegen, und spritzte ihm eifrig Kakao ins Gesicht.

„Damit du nicht ohnmächtig wirst", erklärte Karlsson. Dann schnappte er sich schnell Lillebrors letzten Wecken.

„Keine Wecken mehr für dich, es wäre dein Tod. Aber denk nur, was für 'n Glück dieser arme kleine Wecken hat, daß es mich gibt, sonst hätte er hier ganz allein auf dem Vorplatz liegen müssen", sagte Karlsson und futterte den Wecken schleunigst auf.

„Jetzt ist er nicht mehr allein", sagte Lillebror.

Karlsson streichelte sich voller Behagen den Bauch.

„Nein, jetzt ist er bei seinen sieben Kameraden, und da ist ihm wohl!"

Lillebror war es auch wohl. Er blieb auf dem Vorplatz liegen und merkte, wie wohl ihm war trotz Weckenfieber. Er war satt und gönnte Karlsson diesen Wecken von Herzen.