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»So, hast du das.«

Carolin wirft Marc einen Blick zu, den ich von hier unten nicht richtig deuten kann. Irgendetwas in Carolins Stimme aber sagt mir, dass er nicht allzu freundlich ausgefallen ist. Komisch, was spricht denn auf einmal gegen die Weitergabe von Kochrezepten? Scheint mir doch eine sehr sinnvolle Aktion zu sein.

Den Rest des Essens schweigen Marc und Carolin größtenteils, stattdessen erzählt Luisa von der Schule und von etwas namens Pyjamaparty, das sie dringend veranstalten möchte. Was das wohl sein mag?

»Ach bitte, Papa! Das ist sooo cool! Und wenn ich nicht bald mal selbst etwas mache, dann laden mich die anderen Mädels nicht mehr ein. Bei Lenas Geburtstag war ich auch nicht dabei, das war voll doof! Die waren nämlich beim Ponyreiten, und ich hätte so gerne mitgemacht.«

Marc seufzt.

»Na gut. Wenn es unbedingt sein muss. Aber gib uns wenigstens noch zwei Wochen Zeit, um den Umzug zu bewältigen. Dann kann deine Party von mir aus steigen, oder, Carolin?«

Die nickt.

»Super, Papa! Vielen Dank! Dann werde ich gleich mal Einladungskarten basteln!«

»Gut, aber hilf uns zuerst, den Tisch abzuräumen.«

»Lass sie ruhig schon basteln, Marc. Schließlich habt ihr zusammen gekocht. Jetzt kann ich mich mal ums Aufräumen kümmern.«

Luisa ruft kurz: »Danke!«, und springt geradezu aus dem Zimmer. Carolin fängt an, die Teller zusammenzuräumen. Marc steht auf und stellt sich neben sie.

»Lass mal, die Küche können wir nachher auch noch saubermachen. Erst will ich dir etwas anderes zeigen. Könnte auch deine Laune verbessern.«

»Meine Laune ist gar nicht schlecht!«

Marc lächelt.

»Natürlich nicht.«

Dann geht er aus dem Zimmer, Carolin folgt ihm. Ich auch, denn ich bin schließlich neugierig, was Marc vorhat. Er geht Richtung Schlafzimmer.

Dort angekommen, schaltet er mit einem lauten »Tataa!« das Licht an.

Ich sehe den Kleiderschrank. Seine Türen sind geöffnet – und anders als heute Morgen ist die linke Seite tatsächlich komplett leer. Jedenfalls fast. Das Einzige, was sich noch darin befindet, ist eine ziemliche Menge Blumen. Dem Duft nach eindeutig Rosen. Pflanzen im Kleiderschrank? Was hat das nun wieder zu bedeuten? So passen da Carolins Sachen doch erst recht nicht rein. Also eine besonders perfide Art der Revierverteidigung?

Carolin scheint das aber nicht zu stören, denn sie fällt Marc um den Hals und küsst ihn.

»Danke, Marc!«

Er streicht ihr übers Haar und guckt sie ganz ernst an.

»Ich liebe dich. Schön, dass du da bist.«

He! Und was wird jetzt mit dem Blumenbeet? Über die naheliegenden Dinge denken Menschen einfach nicht nach. Typisch.

DREI

Immer noch keine Spur von Herrn Beck. Eine Stunde habe ich nach ihm gesucht und nichts entdeckt. Keine frische Fährte, keine Duftnote, nichts, rein gar nichts. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Langsam fange ich an, mir Sorgen zu machen.

Dabei hat der Tag eigentlich gut begonnen: Nach einem sehr friedlichen gemeinsamen Familienfrühstück ist Marc in seine Praxis gegangen, Luisa Richtung Schule gestartet, und Carolin und ich haben uns auf den Weg in die Werkstatt gemacht. Sie auf dem Fahrrad, ich immer nebenher. Bei strahlendem Sonnenschein durch den Park – besser geht’s nicht.

Aber jetzt sitze ich hier vor Carolins Werkbank und zermartere mir das Hirn darüber, wo ich noch nach Herrn Beck suchen könnte. Selbst vor seiner Wohnungstür im zweiten Stock bin ich schon auf und ab geschlichen, immer in der Hoffnung, etwas zu erschnüffeln oder zu erspähen. Ob es vielleicht wirklich so etwas wie Tierfänger gibt? Böse Menschen, die harmlose Haustiere einfangen und wegsperren? Mein geliebter Opili, der schlauste und älteste Dackel auf Schloss Eschersbach, hatte einmal so etwas erzählt. Meine Schwester Charlotte und ich waren ausgebüchst, lange hatten Mama, Opili und Emilia, die Köchin, nach uns gesucht. Wir hockten derweil hinter den großen Büschen neben der Auffahrt zum Schloss, fühlten uns wild und gefährlich und genossen das Abenteuer. Als wir wieder nach Hause kamen, gab es ein ziemliches Donnerwetter. Und Opilis unheimliche Geschichte von den bösen Tierfängern, die nur auf kleine dumme Hunde warten, die sie einfangen und verkaufen können. Und die dann nie wieder gesehen werden. Charlotte und ich taten so, als würden wir Opili das Schauermärchen nicht abkaufen. Aber insgeheim gruselten wir uns sehr, und hin und wieder muss ich immer noch an die Geschichte denken.

Zum Bespiel jetzt. Ob also die Tierfänger auch Katzen fangen? Oder sind das reine Hundefänger? Oder gibt es die in Wirklichkeit gar nicht, und Herr Beck macht nur ein paar Tage Urlaub mit seinem Frauchen? Von dem fehlt nämlich auch jede Spur. Lässt sich Herr Beck also womöglich den frischen Wind um die Nase wehen und die Mäuse schmecken? Wie finde ich das bloß heraus? Wahrscheinlich kann ich Carolin noch so sehnsuchtsvoll angucken, ich glaube nicht, dass sie mir diese Frage von den Augen ablesen kann.

Es klingelt. Ich flitze zur Tür. Obwohl es eigentlich blanker Unsinn ist zu vermuten, bei dem Besuch könnte es sich um Herrn Beck handeln. Er ist zwar wie alle Katzen ein echtes Bewegungswunder, aber an den Klingelknopf wird er trotzdem kaum rankommen. Vielleicht gibt uns der nächste Besucher aber doch einen Hinweis auf Becks Verbleib?

Fehlanzeige. Vor der Tür steht Nina.

»Ich habe gerade etwas gekocht. Hast du vielleicht Lust hochzukommen? Allein essen ist doof.«

Carolin lächelt und nickt.

»Mensch, ich wusste gar nicht, dass du so eine häusliche Seite hast. Und müsstest du eigentlich nicht an der Uni sein?«

Nina schüttelt den Kopf.

»Nein, es sind Semesterferien. Da habe ich deutlich weniger zu tun. Meine Privatpatienten kommen sowieso zu mir nach Hause, und die Sprechstunden in der Klinik laufen zwar weiter, aber dafür fallen die Seminare weg. Ich muss also erst später los.«

»Klingt entspannt. Was gibt’s denn?«

»Einen Maultaschenauflauf. Mindestens 5000 Kalorien pro Person, aber sehr lecker.«

»Okay, in zehn Minuten bin ich oben.«

Was heißt hier ich? Mich gibt’s schließlich auch noch, und ich habe ebenfalls Hunger! Ich presse mich gegen Carolins Bein und belle. Nina schaut zu mir herunter.

»Oh, Herkules, für dich gibt es natürlich auch etwas. Ihr habt noch eine Packung Hundekuchen bei mir stehen lassen. «

Na also. Geht doch.

Hundekuchen ist eindeutig keine Alternative zum Geschnetzelten von Oma Burgel, so viel steht schon mal fest. Während sich Nina und Carolin ihre 5000 Kalorien – was auch immer das sein mag – in die Bäuche hauen, kaue ich missmutig auf einem trockenen Rindfleischkringel herum. Wann hat Carolin das Zeug bloß gekauft? Das muss ja direkt zu Beginn ihrer Hundehalterkarriere gewesen sein. Genau so schmeckt es auch: Als ob es schon ein Jahr irgendwo rumsteht. Bah!

Nina und Carolin unterhalten sich angeregt. Carolin erzählt von unserem Frühstück, wie süüüß Marc den Tisch gedeckt hat, was für ein tolles Begrüßungsplakat Luisa gemalt hat und natürlich von den Rosen im Kleiderschrank. Offenbar sind gerade Letztere der Beweis für Marcs Liebe zu Carolin. Warum, leuchtet mir immer noch nicht ein, denn Carolin begründet das vor allem mit der Tatsache, dass die Rosen rot waren. Rote Rosen, ist das nicht toll? Nun ist das Auseinanderhalten von Farben sowieso nicht meine Stärke, und warum gerade in Rot der Liebesbeweis liegen soll, ist mir nicht klar. Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass auch Nina eher skeptisch guckt. Dann seufzt sie.

»Also ist das nun das Happy End, oder wie?«