Выбрать главу

»Und ebenso wäre es gewesen«, lachte Kid, »wenn du dich nicht in die Sache gemischt hättest. Aber das ist an sich ganz schnuppe. Wir wissen jetzt, daß wir die Eier haben. Darauf kommt es ja schließlich an.«

Kurz verbrachte die nächste Stunde damit, mit einem Bleistiftstummel etwas auf den Rand einer drei Jahre alten Zeitung zu kritzeln. Und je unbestimmter und geheimnisvoller seine Figuren wurden, desto gemütlicher wurde er selbst.

»Hier steht’s.«, sagte er, ». schwarz auf weiß. Schön, nicht wahr? Donnerwetter, ja. Laß dir mal die Gesamtsumme sagen. Du und ich besitzen in diesem seligen Augenblick nicht weniger als neunhundertdreiundsiebzig Eier. Sie kosten uns genau zweitausendsiebenhundertundsechzig Dollar, wenn ich den Goldstaub zum Kurs von sechzehn Dollar die Unze nehme und die Zeit nicht berechne. Und jetzt hör mal! Wenn es uns gelingt, Wild Water die Eier zu einem Stückpreis von zehn Dollar aufzuschwatzen, dann haben wir, rein netto gerechnet, alles in allem, sechstausendneunhundertsiebzig Dollar verdient. Siehst du, das ist eine Buchführung, die sich gewaschen hat! Das kannst du jedem erzählen. Und ich mache halbpart mit dir. Es ist eine feine Sache, Kid.«

Gegen elf Uhr am selben Abend wurde Kid von Kurz aus tiefem Schlaf geweckt. Seine Pelzparka war mit frischem Reif bedeckt, und Kid fühlte an seinem Kinn, wie eiskalt seine Hände waren.

»Was ist denn jetzt los?« murrte Kid. »Hat Sally die letzten Haare verloren?«

»Unsinn! Aber ich muß dir ein paar gute Neuigkeiten mitteilen. Ich habe mit Slavovitsch gesprochen. Oder richtiger, Slavovitsch hat mit mir gesprochen, denn er war es, der anfing. Er sagte zu mir: >Sie, Kurz, ich möchte mal wegen dieser Eiergeschichte mit Ihnen sprechen. Ich habe bisher mit keinem darüber gesprochen. Niemand weiß, daß ich sie Ihnen verkauft habe. Aber wenn Sie eine Spekulation damit machen wollen, so kann ich Ihnen einen guten Tip geben.< Und das hat er auch getan, Kid. Nun, was glaubst du, was es für ein Tip war?«

»Nur weiter. Erzähle!«

»Schön. vielleicht klingt es unwahrscheinlich. Aber der Tip war Wild Water Charley! Er will Eier kaufen. Er kam bei Slavovitsch vorbei und bot ihm fünf Dollar das Stück, und ehe er ging, war er schon bei acht Dollar angelangt. Und der gute Slavovitsch hat ja keine Eier mehr. Das letzte, was Wild Water sagte, war, daß er dem Slavovitsch den Kopf abhauen würde, wenn er je hörte, daß Slavovitsch seine Eier irgendwo versteckt hätte. Slavovitsch mußte ihm erzählen, daß er die Eier verkauft hatte, daß aber der Käufer nicht bekannt zu werden wünschte.«

Und Kurz fügte hinzu: »Slavovitsch bat, Wild Water erzählen zu dürfen, wer die Eier bekommen hat. >Kurz<, sagte er, >Wild Water wird sofort zu Ihnen laufen. Sie können ihm die Dinger für acht Dollar das Stück verkaufen.< >Acht Dollar<, sagte ich. >Sie alte Großmama. er wird zehn geben müssen, ehe ich mit ihm zu tun haben will.< Jedenfalls würde ich mir die Sache überlegen und ihm morgen früh Bescheid geben, sagte ich zu Slavovitsch. Natürlich werden wir ihm erlauben, Wild Water Bescheid zu sagen. Nicht wahr?«

»Selbstverständlich, Kurz. Gleich morgen früh werden wir Slavovitsch Bescheid geben. Laß ihn ruhig Wild Water erzählen, daß alle Eier dir und mir gehören.«

Fünf Minuten später wurde Kid wieder von Kurz geweckt.

»Du. Kid. Kid, zum Teufel.«

»Ja?«

»Nicht einen Cent unter zehn Dollar, nicht?«

»Ganz einverstanden«, antwortete Kid schläfrig.

Am nächsten Morgen traf Kid zufällig wieder Lucille Arral am Ladentisch.

»Jetzt läuft die Sache«, rief er begeistert. »Sie läuft, wie sie soll. Wild Water war schon bei Slavovitsch und hat versucht, Eier von ihm zu kaufen oder aus ihm herauszuquetschen. und in diesem heiligen Augenblick wird Slavovitsch ihm schon erzählt haben, daß Kurz und ich in Eiern spekulieren.«

Die Augen der hübschen Lucille Arral blitzten vor Freude.

»Ich gehe jetzt frühstücken«, rief sie. »Und ich werde Eier beim Kellner bestellen, und wenn es keine gibt, werde ich klagen und jammern, daß es ein steinernes Herz erweichen würde. Und Sie wissen ja, daß Wild Waters Herz gar nicht aus Stein ist. Er wird die Eier kaufen, und wenn es ihm seine sämtlichen Minen kosten sollte. Und Sie halten jetzt den Rücken steif! Ich bin nicht zufrieden, wenn Sie weniger als zehn Dollar das Stück bekommen; und wenn Sie wirklich billiger verkaufen, verzeihe ich es Ihnen nie.«

Als es Mittag wurde und beide zu Hause in ihrer Hütte saßen, stellte Kurz einen Topf Bohnen, die Kaffeekanne, eine Pfanne mit frischgebackenem Brot, eine Dose mit Butter und eine Büchse eingemachte Sahne auf den Tisch. Dann kam noch eine Schüssel mit dampfendem Elchbraten und Räucherspeck und eine Schüssel mit Kompott aus getrockneten Pfirsichen hinzu. Als alles bereitstand, rief Kurz zu Tisch: »Komm, Kid. Das Essen ist fertig! Aber sieh zuerst mal nach Sally.«

Kid legte das Hundegeschirr, an dem er gerade genäht hatte, beiseite, öffnete die Tür und sah, daß Sally und Bright mit großem Eifer und Gekeif dabei waren, eine Bande von Schlittenhunden, die auf Plünderung ausgegangen war, aus der Nachbarhütte zu verjagen. Er sah aber noch etwas, das ihn veranlaßte, die Tür schnell wieder zuzuwerfen und zum Ofen zu stürzen. Die Bratpfanne, die noch ganz heiß von dem Elchfleisch mit Speck war, stellte er wieder auf das vorderste Herdloch. Dann legte er einen tüchtigen Klumpen Butter darauf, nahm ein Ei, zerschlug es und warf es in die Pfanne, wo es in der heißen Butter zischte. Als er die Hand nach einem zweiten Ei ausstreckte, hielt Kurz empört seinen Arm fest.

»Aber großer Gott, was tust du denn?« fragte er.

»Mache Spiegeleier«, erklärte ihm Kid, während er das zweite Ei zerschlug und sich von Kurz’ Hand befreite, die ihn zurückhalten wollte. »Kannst du denn nicht mehr sehen?«

»Ist dir vielleicht nicht ganz wohl?« fragte Kurz seinerseits entrüstet, als Kid ein drittes Ei zerschlug und sich durch einen kräftigen Stoß vor die Brust von Kurz’ Griff befreite. »Da hast du schon für dreißig Dollar Eier verschwendet.«

»Und ich werde für sechzig Dollar Eier braten«, lautete Kids Antwort, während er das vierte in die Pfanne warf. »Geh weg, Kurz. Wild Water ist unterwegs hierher; in fünf Minuten kann er schon hier sein.«

Kurz stieß einen tiefen Seufzer, von Verständnis und Erleichterung aus und setzte sich an den Tisch. Fast im selben Augenblick wurde, wie erwartet, an die Tür geklopft. Kid setzte sich auch schnell an den Tisch, und jeder von ihnen hatte einen Teller mit drei heißen Spiegeleiern vor sich.

»Herein!« rief Kid.

Wild Water Charley - ein gutgewachsener junger Riese, der kaum um einen Zoll weniger als sechs Fuß maß und gut hundertneunzig Pfund wog - trat ein und gab ihnen die Hand.

»Nehmen Sie Platz, Herr Wild Water«, lud Kurz ihn ein. »Kid, mach doch ein paar Spiegeleier für ihn. Ich bin überzeugt, daß er schon als kleiner Junge gern Eier gegessen hat.«

Kid tat noch drei Eier in die Pfanne und setzte einige Minuten später die fertigen Spiegeleier dem Gast vor, der sie mit einem so seltsamen und gespannten Ausdruck anstarrte, daß Kurz später gestand, er hätte Angst gehabt, Wild Water würde die Eier gleich in die Tasche stecken und mitnehmen.

»Sehen Sie, die großen Leute in den Staaten haben es nicht viel besser als wir, was das Essen betrifft«, protzte Kurz. »Hier sitzen Sie und Kid und ich und essen Eier im Wert von neunzig Dollar, ohne mit der Wimper zu zucken.«

Wild Water starrte immer noch die Eier an, die mit verblüffender Schnelligkeit verschwanden. Er sah aus, als wäre er zu Stein geworden.

»Greifen Sie nur zu und essen Sie«, sagte Kid aufmunternd.

»Sie sind. sind aber doch keine zehn Dollar wert«, sagte Wild Water langsam.