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»Das klingt ja ganz logisch«, sagte Kid. Aber das Herz wurde ihm sehr schwer, denn er entsann sich, wie seltsam Labiskwee in den letzten Tagen gewesen war.

»Ja, siehst du«, meinte Kurz, »so geht es uns immer. sobald wir im Begriff sind, etwas Gutes auszuknobeln, kommt immer so ein verfluchtes Frauenzimmer und verdirbt uns die ganze Mahlzeit. Wir haben in dieser Beziehung ein verdammtes Pech. Holla. horch!«

Drei uralte Squaws waren gerade zwischen dem Lager der Junggesellen und dem McCans stehengeblieben, und die älteste von ihnen hielt in schrillem Falsett einen Vortrag.

Kid verstand nur die Namen, aber nicht alle Worte, die Kurz ihm indessen mit wehmütiger Ironie übersetzte.

»Labiskwee, die Tochter Snass’, des Herrn des Regens, des großen Häuptlings, zündet heute abend zum ersten Male ihr Jungfrauenfeuer an. Maka, die Tochter Owits, des gewaltigen Jägers.«

Im ganzen wurden die Namen von fünf bis sechs jungen Mädchen genannt. dann watschelten die drei Heroldinnen weiter nach dem nächsten Feuer, um ihre Botschaft dort zu verkünden.

Die Junggesellen, die im jugendlichen Übermut geschworen hatten, kein Mädchen je anreden zu wollen, bezeigten kein Interesse für die angekündigte Zeremonie. Um ihre Geringschätzung so deutlich wie möglich zum Ausdruck zu bringen, begannen sie sofort eine Expedition vorzubereiten, die Snass ihnen befohlen hatte, die aber freilich eigentlich erst am nächsten Tag stattfinden sollte. Der Häuptling war nämlich unzufrieden mit den Erklärungen, die die alten Jäger über die Wanderung der Rentiere gaben, weil er selbst der Ansicht war, daß die Herde sich geteilt hatte. Den Junggesellen war deshalb die Aufgabe gestellt worden, nach Norden und Westen vorzustoßen, um die zweite Abteilung der großen Herde dort zu suchen. Kid, der sich durch Labiskwees Feuer sehr beunruhigt fühlte, erklärte, die Junggesellen begleiten zu wollen. Vorher aber hatte er eine Unterredung mit Kurz und McCan.

»Am dritten Tag mußt du also da sein, Kid«, sagte Kurz. »Wir bringen die Ausrüstung und die Hunde mit.«

»Aber vergiß nicht«, warnte ihn Kid, »wenn wir uns aus irgendeinem Grund nicht treffen sollten, dann geht ihr doch weiter, bis ihr den Yukon erreicht. das ist ja selbstverständlich, denn wenn euch das gelingt, könnt ihr nächsten Sommer wiederkommen und mich holen. Und wenn es mir gelingt, zu entkommen, werde ich natürlich dasselbe tun und euch nächstes Jahr holen.«

McCan, der an seinem Feuer stand, zeigte mit dem Blick auf einen zackigen Berg drüben, wo die westliche Gebirgskette in die Ebene verlief.

»Da drüben ist es«, sagte er. »Ein schmaler Fluß auf der Südseite. Wir gehen den Strom hinauf. Am dritten Tag treffen Sie uns dann! Denn am dritten Tag überschreiten wir den Fluß. Wo Sie ihn auch erreichen, werden Sie entweder uns oder unsere Fährte treffen.«

Aber am dritten Tag fand Kid überhaupt gar keine Möglichkeit zu entfliehen. Die Junggesellen hatten die Richtung, in der sie zogen, geändert. Während Kurz und McCan mit ihren Hunden den Strom hinaufzogen, befanden sich Kid und die jungen Männer sechzig Meilen entfernt an einem Ort, wo sie der Fährte der Herde nordwärts folgten. Erst mehrere Tage später kamen sie an einem dunklen Abend im Schneegestöber in das große Lager zurück. Eine Indianerin, die an einem Feuer saß und klagte, sprang auf, als sie Kid sah, und lief auf ihn zu. Wild und böse blickend, verfluchte sie ihn, während sie mit den Armen auf eine stumme, pelzbekleidete Gestalt zeigte, die reglos auf einem Schlitten lag.

Kid konnte nur ahnen, was geschehen war, und als er das Feuer McCans erreichte, war er deshalb darauf vorbereitet, hier wiederum verflucht zu werden. Statt dessen sah er aber McCan gemütlich am Feuer sitzen und mit gutem Appetit einen großen Bissen Rentierfleisch verzehren.

»Ich bin keine Kampfnatur«, erklärte der Ire klagend. »Aber Kurz ist geflohen, wenn sie ihm auch noch auf den Fersen sind. Er wird sich schon kräftig schlagen. aber sie werden ihn doch kriegen. Er hat ja keine Möglichkeit zu entkommen. Er hat übrigens zwei junge Indianer verwundet, aber die werden sich schon erholen. Einen hat er freilich gerade durch die Brust geschossen.«

»Ja, ich weiß schon«, sagte Kid. »Ich habe soeben seine Witwe gesehen.«

»Der alte Snass wünscht mit Ihnen zu sprechen«, fügte McCan hinzu. »Er hat schon Befehl gegeben: Sobald Sie zurück sind, sollen Sie gleich an sein Feuer kommen. Ich habe kein Wort von Ihnen gesagt! Sie wissen also von gar nichts! Vergessen Sie das nicht. Kurz ist ganz von selbst mit mir davongelaufen.«

Am Feuer des Häuptlings traf Kid Labiskwee. Sie sah ihn mit Augen an, die von solcher Wärme und Liebe leuchteten, daß ihm angst und bange wurde. »Ich bin so glücklich, daß Sie nicht auch fortgelaufen sind«, sagte sie. »Sie sehen ja, daß ich.«, sie zögerte einen Augenblick, schlug aber die Augen nicht nieder. es funkelte in ihnen ein Licht, das nicht mißzuverstehen war. »Ich habe mein Feuer angezündet. und natürlich für Sie. Es ist geschehen. ich habe Sie mehr liebgewonnen als sonst jemand in der Welt. lieber als meinen Vater, lieber als tausend Männer wie Libash oder Mahkook. Ich liebe. es ist sehr seltsam. ich liebe, wie Francesca geliebt hat, wie Isolde es getan. Der alte Vierauge hat die Wahrheit gesprochen! Auf diese Weise können Indianer nicht lieben. Aber meine Augen sind blau, meine Haut ist weiß. Wir sind beide weiß, Sie und ich.«

Zum erstenmal in seinem Leben war Kid Gegenstand einer Werbung, und er wußte deshalb nicht, wie er sich benehmen sollte. Ja, schlimmer noch. es war keine Werbung im üblichen Sinne, denn die Werbung ging davon aus, daß er mit ihr einig war. So sicher fühlte Labiskwee sich seiner Gegenliebe, so warm und weich war das Licht in ihren Augen, daß er sich nur wunderte, daß sie nicht ihre Arme um seinen Hals schlang und ihren süßen Kopf an seine Brust lehnte. Da wurde ihm klar, daß sie - trotz der keuschen Freimütigkeit ihrer Gefühle - noch nichts von den zarten Mitteln der Liebe wußte. Unter den primitiven Indianern kennt man dergleichen ja nicht. Sie hatte keine Möglichkeit gehabt, sie kennenzulernen.

Sie plauderte weiter, und jedes Wort, das sie sagte, verriet, wie glücklich ihre Liebe sie machte, während Kid mit sich kämpfte, um einen Weg zu finden, sie durch die Wahrheit zu verwunden, in der Hoffnung, sie dadurch abzukühlen. Nur jetzt hatte er Gelegenheit, der unerquicklichen Lage ein für allemal ein Ende zu machen.

»Aber hören Sie doch, bitte, Labiskwee«, begann er. »Sind Sie denn auch sicher, daß Vierauge Ihnen die Geschichte von Paolo und Francesca zu Ende erzählt hat?«

Sie schlug begeistert die Hände zusammen und lachte in einem wahren Rausch unschuldiger Freude. »Oh!« rief sie. »Die Geschichte geht also weiter! Ich wußte ja, daß es mehr und immer mehr Liebe geben mußte! Ich habe so viel darüber nachgedacht, seit ich selbst zu lieben begann. Ich habe.«

Aber in diesem Augenblick trat Snass aus der Dunkelheit und den fallenden Schneeflocken in den hellen Lichtkreis des Feuers, und Kid wußte, daß er die einzige Gelegenheit verpaßt hatte.

»Guten Abend«, knurrte Snass barsch. »Ihr Kamerad hat eine nette Verwirrung hier angerichtet. Es freut mich, daß Sie wenigstens vernünftiger gewesen sind.«

»Erzählen Sie mir bitte zuerst, was geschehen ist«, bat Kid.

Das Blitzen der weißen Zähne in dem grauen Bart machte einen unheimlichen Eindruck auf Kid.

»Natürlich kann ich Ihnen die Sache gern erst erzählen. Ihr Freund hat einen meiner Leute getötet. Diese schleimige Memme, der McCan, floh beim ersten Schuß. Er wird nie wieder den Versuch machen, wegzulaufen. Aber meine Jäger haben Ihren Freund in den Bergen eingeschlossen und werden ihn schon kriegen. Er wird nie den Yukon erreichen! Und was Sie betrifft, so wird es am besten sein, wenn Sie künftig an meinem Feuer schlafen. Es gibt auch kein Herumstrolchen mit den jungen Männern mehr. Ich werde schon aufpassen.«