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»So ging es mir auch«, stimmte der andere ihm bei. »Ich wollte gerade umkehren und hatte gedacht, heute abend den Stewart zu erreichen, als ich plötzlich den See entdeckte. Aber wenn das da der Überraschungssee ist, wo zum Teufel ist dann der Stewart? Und wo bin ich die ganze Zeit gewesen? Und wie sind Sie hierhergekommen? Und wie heißen Sie eigentlich?«

»Bellew. Kid Bellew.« »Oh, dann kenne ich Sie ja.« Die Augen und das ganze Gesicht des kleinen Mannes leuchteten vor heller Freude, und er reichte Kid eifrig die Hand.

»Ich habe schon allerlei von Ihnen gehört.«

»Sie lesen vermutlich die Polizeinachrichten?« fragte Kid bescheiden.

»Nee, doch nicht«, lachte der Mann und schüttelte den Kopf. »Nur die Tagesgeschichte von Klondike. Ich hätte Sie ja gleich erkannt, wenn Sie glattrasiert gewesen wären. Ich war mit dabei und habe Sie gesehen, als Sie das ganze Spielergesindel mit der Roulette im >Elch< zum besten hielten. Ich heiße Carson - Andy Carson. Und ich kann gar nicht sagen, wie ich mich freue, daß ich Sie getroffen habe.«

Er war ein kleiner schlanker Mann, hatte aber Muskeln wie Stahl, lebhafte blaue Augen und eine anziehende, kameradschaftliche Art.

»Und das hier ist also wirklich der Überraschungssee?« murmelte er ungläubig.

»Ganz gewiß.«

»Und sein Boden ist mit Gold gepflastert?«

»Vollkommen richtig. Hier sehen Sie ein paar von den Pflastersteinen.« Kid steckte die Hand in die Hosentasche und zog ein halbes Dutzend Goldklumpen heraus. »So sehen die Dinger aus. Sie brauchen also nur zu tauchen - einfach ins Blinde - und können eine ganze Handvoll sammeln. Dann müssen Sie freilich nachher eine halbe Meile laufen, um den Blutumlauf wieder in Ordnung zu bringen.«

»Hol’ mich der Teufel, da sind Sie mir also zuvorgekommen«, fluchte Carson launig, aber er war ganz offensichtlich sehr enttäuscht. »Und ich bildete mir schon ein, daß ich die ganze Goldmühle für mich allein haben sollte. Na, ich habe ja jedenfalls das Vergnügen gehabt, den Weg hierher zu finden.«

»Das Vergnügen?« rief Kid. »Wenn es uns gelingt, alles Gold, das dort in der Tiefe liegt, in die Finger zu kriegen, wird Rockefeller ein Waisenknabe gegen uns sein.«

»Es gehört ja alles Ihnen«, wandte Carson ein.

»Quatsch, lieber Freund. Sie müssen sich mal klarmachen, daß noch nie, solange es Goldminen gibt, ein solches Goldlager gefunden wurde wie dieses. Wir brauchen Sie und mich und meinen Partner und alle Freunde, die wir finden können, um das Gold in die Finger zu kriegen. Bonanza und Eldorado zusammen sind nicht soviel wert wie ein halber Morgen da unten, selbst wenn man sie beide in einen Topf schmeißt. Die Frage ist nur, wie man den See trockenlegt. Das wird Millionen kosten. Und ich habe eine Befürchtung. Es ist nämlich so viel Gold darin, daß es, wenn wir es nicht zurückhalten, einfach im Wert fallen wird.«

»Und Sie sagen, daß ich.« Carson verstummte sprachlos.

»Und wir sind froh, daß Sie mitmachen. Wir werden ein oder zwei Jahre und alles Geld, das wir haben, brauchen, um den See trockenzulegen. Aber es ist zu machen! Ich habe den Boden genau untersucht. Aber wir werden jeden Mann im Lande brauchen, der für guten Lohn arbeiten will. Wir brauchen ein ganzes Heer, und jetzt im Anfang vor allem anständige Menschen, die mitmachen wollen. Wollen Sie mit dabei sein?«

»Ob ich will? Sehe ich nicht so aus? Ich fühle mich schon dermaßen als Millionär, daß ich Angst habe, den großen Gletscher dort zu überschreiten. Jetzt kann ich es mir nicht mehr leisten, das Genick zu brechen. Ich möchte gern noch einige von den großen Nägeln da haben. Ich schlug mir gerade die letzten ein, als Sie kamen. Wie sind Ihre denn? Lassen Sie mal sehen?«

Kid hob den einen Fuß.

»Glattgescheuert wie ‘ne Schlittschuhbahn!« rief Carson. »Die müssen Sie gründlich gebraucht haben. Warten Sie einen Augenblick, dann ziehe ich einige von meinen heraus und gebe sie Ihnen.«

Aber Kid wollte nichts davon wissen. »Außerdem«, fügte er hinzu, »habe ich ungefähr zwölf Meter Seil da, wenn wir ans Eis kommen. Mein Partner und ich haben es gebraucht, als wir hinübergingen. Es ist ganz einfach.«

Es war ein mühseliges und warmes Klettern. Die Sonne blendete sie auf der flimmernden Eisfläche, der Schweiß strömte aus allen Poren, und sie stöhnten vor Anstrengung. Es waren Stellen da, die von unzähligen Rissen und Spalten durchquert wurden, wo sie nach einer gefährlichen und mühseligen Arbeit von einer Stunde kaum mehr als hundert Meter weitergekommen waren. Als sie um zwei Uhr nachmittags eine kleine Wasserpfütze, die sich im Eis gesammelt hatte, erreichten, machte Kid halt.

»Wollen wir nicht ein bißchen Pemmikan futtern?« sagte er. »Ich bin etwas knapp mit Proviant, und ich merke, daß mir die Knie zittern. Außerdem haben wir schon das Schlimmste hinter uns. Wir haben nur noch dreihundert Meter bis zu den Felsen drüben, und es ist kein schlimmer Weg, mit Ausnahme von einigen unangenehmen Spalten und einer besonders bösen, die uns zu dem Vorsprung führt. es kommt freilich eine etwas schwächliche Eisbrücke, aber Kurz und ich sind damals doch hinübergegangen.«

Während die beiden Männer aßen, lernten sie einander besser kennen, und Andy Carson machte keine Mördergrube aus seinem Herzen, sondern erzählte seine ganze Lebensgeschichte.

»Ich wußte ja, daß ich den Überraschungssee finden würde«, sagte er zwischen zwei Bissen. »Und ich mußte es auch. Denn ich kam zu spät bei den Franzosenbänken, beim großen Skookum und bei Monte Christo. und da hieß es eben Überraschungssee oder sich aufhängen. Und da bin ich also jetzt. Meine Frau wußte auch, daß ich es schaffen würde. Ich habe schon Vertrauen genug, aber es ist gar nichts gegen das ihrige. Sie ist überhaupt prima, primissima. Edelware. geht keiner Arbeit aus dem Wege, reines Gold vom Scheitel bis zur Sohle, ein Prachtstück, kennt weder das Wort >niemals< noch >kann nicht< oder so was. Eine Kampfnatur durch und durch. Die einzige Frau für mich, waschecht und alles, was dazu gehört. Sehen Sie nur mal.«

Er öffnete seine Uhr, und auf der Innenseite des Deckels sah Kid eine kleine dort eingeklebte Photographie. Sie zeigte eine blondhaarige Frau, und zu jeder Seite das lachende Gesicht eines Kindes.

»Jungens?« fragte er.

»Junge und Mädel«, antwortete Carson stolz. »Er ist anderthalb Jahre älter.« Er seufzte. »Sie hätten ja älter sein können, aber wir mußten eben so lange warten. Sehen Sie, meine Frau war krank. Die Lunge. aber sie hat den Kampf mit der Krankheit aufgenommen. Was zum Kuckuck verstanden wir davon? Ich war im Büro - bei der Eisenbahn, Chicago - , als wir heirateten. Ihre Verwandten waren alle tuberkulös. Damals hatten die Ärzte ja nicht viel Schimmer. Sie sagten, daß es erblich wäre! Die ganze Familie hatte Tuberkulose. Einer bekam es vom andern, nur dachten sie nie daran. Bildeten sich alle ein, damit geboren zu sein. Schicksal! Sie und ich lebten die ersten Jahre mit den andern zusammen. Ich hatte keine Angst. In meiner Familie gab es keine Tuberkulose. Aber ich kriegte sie. Das gab mir zu denken. Es war also ansteckend. Ich kriegte sie, weil ich die Ausdünstung der andern einatmete.

Wir besprachen die Sache. Sie und ich. Dann schickte ich den alten Hausarzt zum Teufel und fragte einen modernen Spezialisten um Rat. Der erzählte mir, was ich mir selbst ausgeknobelt hatte. Und sagte auch, daß Arizona die richtige Gegend für uns wäre. Da brachen wir unsere Zelte ab und reisten hin. Nicht einen Cent. Ich fand eine Stellung als Schafhirt und ließ die Frau in der Stadt, einer richtigen Lungenstadt, so voll von Lungenkranken, daß man kaum spucken konnte.

Na, ich lebte und schlief ja im Freien und begann mich bald zu erholen. Ich war immer monatelang draußen. Und jedesmal, wenn ich zurückkam, ging es ihr schlechter. Sie konnte einfach nicht gesund werden. Aber wir hatten was gelernt. Ich nahm sie weg aus der verfluchten Stadt. Sie ging einfach mit mir Schafe hüten. Vier Jahre, Sommer und Winter, in Hitze und Kälte, im Regen, Schnee und Frost und allem Dreckwetter schliefen wir im Freien. Nie unter Dach. Und wir wechselten immer wieder unsern Lagerplatz. Sie hätten nur den Unterschied sehen sollen. braun wie Kaffeebohnen, mager wie Indianer, zäh wie frischgegerbtes Leder. Als wir uns einbildeten, geheilt zu sein, gingen wir nach San Franzisko zurück. Aber wir waren zu voreilig gewesen. Schon im zweiten Monat hatten wir leichte Blutstürze. Sofort flüchteten wir wieder nach Arizona und zu unseren Schafherden. Blieben noch zwei Jahre dort. Dann waren wir in Ordnung. Vollkommen geheilt. Ihre ganze Familie ist ausgestorben. Wollten nicht hören, was wir ihnen sagten. Wir hielten uns aber von allen Städten fern. Zogen die Küste des Pazifiks hinunter. Das südliche Oregon gefiel uns besonders gut. Wir ließen uns im Rogue-River-Tal nieder. Äpfel! Hat eine große Zukunft. Ich bekam meinen Grund und Boden - natürlich in Pacht - für vierzig Dollar den Morgen. In zehn Jahren wird er fünfhundert wert sein.