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»Ich…«

»Schicke nach den Hausandroiden. Sie sollen sie abholen«, sagte er. »Du besichtigst die Fabrik.« Sich von Manuel abwendend, nickte Krug seinen aufbrechenden Gästen zu und sagte zu Leon Spaulding: »New York. Oberes Büro.«

* * *

11.38 Uhr, am Turm. Fast alle waren jetzt gegangen; Krug, Spaulding, Quenelle und Vargas zurück nach New York, Fearon und Buckleman nach Genf, Maledetto nach Los Angeles und Thor Watchman nach unten, um sich um die verletzten Androiden zu kümmern. Zwei von Manuels Hausbetas waren eingetroffen, um Clarissa zurück nach Mendocino zu bringen. Kurz bevor sie die Transmatkabine mit ihnen betrat, umarmte Manuel sie, küßte sie auf die Wange.

»Wann kommst du?« fragte sie.

»Am frühen Abend, denke ich. Wir haben eine Verabredung in Hongkong, glaube ich. Ich werde rechtzeitig zurück sein, um mich für das Dinner umzuziehen.«

»Nicht früher?«

»Ich muß Duluth besichtigen, die Androidenfabrik.«

»Drück dich davor.«

»Ich kann nicht. Du hast ja gehört, wie er sagte, daß ich gehen soll. Im übrigen hat der Alte recht: es ist Zeit, daß ich sie mir einmal ansehe.«

»Wie langweilig, einen Nachmittag in einer Fabrik!«

»Ich muß. Schlaf gut, Clarissa. Ich wünsche dir, daß du die häßliche Sache, die hier passiert ist, vergessen hast, wenn du aufwachst. Soll ich einen Löschimpuls für dich programmieren lassen?«

»Du weißt, ich hasse es, wenn mein Gedächtnis manipuliert wird, Manuel.«

»Ja. Es tut mir leid. Du gehst jetzt besser.«

»Ich liebe dich«, sagte sie.

»Ich liebe dich«, sagte er zu ihr. Er winkte den Androiden. Sie nahmen sie bei den Armen und führten sie in die Transmatkabine.

Er war allein, abgesehen von einigen unbekannten Betas, die angekommen waren, um während der Abwesenheit Watchmans das Kontrollzentrum zu übernehmen. Er ging an ihnen vorbei in Watchmans Privatbüro im Hintergrund der Kuppel, machte die Türe hinter sich zu und schaltete das Telefon ein. Der Schirm leuchtete auf. Manuel tippte die Rufnummer des Zerwürflercodes, und der Schirm antwortete mit dem abstrakten Muster, das ihm anzeigte, daß Vertraulichkeit garantiert war. Dann wählte er die Nummer von Lilith Meson, Alpha, im Androidenviertel von Stockholm.

Liliths Bild erschien auf dem Schirm: eine Frau von elegantem Körperbau mit glänzendem blau-schwarzen Haar, einer klassischen Nase und Platinaugen. Ihr Lächeln war verwirrend. »Manuel? Von wo aus rufst du an?« fragte sie.

»Vom Turm. Ich werde später kommen.«

»Sehr spät?«

»Zwei oder drei Stunden.«

»Ich werde vergehen vor Sehnsucht.«

»Ich kann es nicht ändern, Lilith. Ihre Majestät hat mir befohlen, die Androidenfabrik in Duluth zu besichtigen. Ich muß es tun.«

»Obwohl ich meine Wochenschicht gewechselt habe, um heute nacht mit dir zusammen zu sein?«

»Ich kann ihm das nicht sagen«, erwiderte Manuel. »Sieh, es ist nur für ein paar Stunden. Wirst du mir verzeihen?«

»Was kann ich sonst tun? Aber wie dumm, in Bottichen schnüffeln zu müssen, wenn du…«.

»Noblesse oblige, mein Schatz. Außerdem bin ich ein wenig neugierig geworden auf die Entstehung der Androiden, seit du und ich… seit wir… Weißt du, ich war nie in einer dieser Fabriken.«

»Nie?«

»Nie. Ich war nie daran interessiert. Ich bin es auch jetzt nicht, ausgenommen unter einem bestimmten Aspekt: es ist meine Chance, herauszufinden, was sich unter deiner lieblichen scharlachroten Haut befindet, meine Chance zu sehen, wie die ›Krug-Synthetics‹ Liliths in Serienproduktion herstellt.«

»Willst du das wirklich wissen?« fragte sie, und ihre Stimme klang jetzt tief wie ein Cello.

»Ich will alles wissen, was es über dich zu wissen gibt«, antwortete Manuel ernst. »Das Gute und das Schlechte. Verzeih mir also, daß ich später komme. Ich werde in Duluth eine Lilith-Lektion nehmen. Und ich liebe dich.«

»Ich liebe dich«, sagte Alpha Lilith Meson zu dem Sohn Simeon Krugs.

* * *

11.58 Uhr, Duluth. Die Hauptfabrik von Krug-Synthetics, Ltd. auf der Erde – es gab vier andere auf ebenso vielen Kontinenten und mehrere außerirdische – war ein etwa ein Kilometer langer Gebäudekomplex am Ufer des Obersees. In diesem Komplex befanden sich die Laboratorien, welche die Stationen auf dem. Wege der Herstellung synthetischen Lebens bildeten.

Manuel besichtigte nun diese Stationen wie ein inspizierender Prokonsul, der die Arbeit seiner Untergebenen begutachtet. Er fuhr in einem mit Plüsch ausgeschlagenen Blasenwagen, der so komfortabel war wie ein Mutterleib und an der Decke entlangglitt. Neben Ihm im Wagen saß der Direktor des Werks, ein energisch aussehender Mann menschlicher Abstammung von etwa vierzig Jahren namens Nolan Bompensiero, der sich, obwohl er eine der Schlüsselfiguren in Krugs Reich war, gezwungen und steif benahm, offensichtlich aus Furcht, Manuels Mißfallen zu erregen. Er ahnte nicht, wie wenig Manuel erbaut war von seiner Mission, wie er sich langweilte, wie wenig Wert er darauf legte, Macht auszuüben, indem er den Angestellten seines Vaters Schwierigkeiten machte. Manuel hatte nur Lilith im Sinn. Dies ist der Ort, wo Lilith geboren worden war, dachte er. Dies ist die Fabrik, in der Lilith produziert wurde.

In jeder Abteilung der Fabrik betrat ein Alpha – der Abteilungsleiter – den Wagen und fuhr mit Manuel und Bompensiero bis zum Ende seines Verantwortungsbereichs. Der größte Teil der Arbeit in der Fabrik unterstand der Leitung von Alphas; die gesamte riesige Anlage beschäftigte nur ein halbes Dutzend Menschen. Jeder der Alphas benahm sich wie Bompensiero überkorrekt und steif.

Manuel passierte die ersten Räume, in denen die hochenergetischen Nukleotiden, die das DNA, den Grundbaustein des Lebens bildeten, synthetisiert wurden. Er lauschte nur mit einem Ohr dem hastigen, nervösen Vortrag Bompensieros, stellte nur gelegentlich eine Frage.

»… Wasser, Ammoniak, Methan, Wasserstoffzyanid und andere Chemikalien… wir benützen dazu eine elektrische Entladung, um die Bildung komplexer organischer Verbindungen zu stimulieren… einen Zusatz von Phosphor… ein einfaches Verfahren, beinahe primitiv zu nennen, finden Sie nicht? Es folgt der Linie des klassischen Miller-Experiments von 1952… mittelalterliche Wissenschaft, dort unten auf dem Boden…

… das DNA bestimmt die Struktur der Proteine in der Zelle. Die typische lebende Zelle braucht Hunderte von Proteinen, von denen die meisten als Enzyme, als biologische Katalysatoren agieren…

… ein so gewonnenes Protein ist eine Molekülkette, die etwa zweihundert Aminosäureuntereinheiten, verbunden in einer spezifischen Reihenfolge, enthält…

… der Code für jedes Protein wird von einem einzelnen Gen getragen, das seinerseits eine besondere Region in dem linearen DNA-Molekül ist… all das wissen Sie natürlich, verzeihen Sie mir, daß ich Ihnen solche Grundelemente vortrage, verzeihen Sie, ich wollte nur…«

»Schon gut«, seufzte Manuel.

»… und hier in diesen Bottichen stellen wir die Nukleotiden her und verbinden sie miteinander zu Dinukleotiden und reihen sie aneinander, damit sich das DNA bildet, die Nukleinsäure, die die Zusammensetzung…«

Lilith aus diesen Bottichen? Lilith aus dieser stinkenden Brühe aus Chemikalien?

Der Wagen glitt sanft dahin. Ein Alpha-Aufseher stieg aus; ein anderer Alpha, sich steif verbeugend, starr lächelnd, stieg ein.

Bompensiero sagte: »Wir entwerfen die Pläne für die Lebensform, die wir schaffen wollen, doch dann besteht die Aufgabe darin, die lebendige Materie zur Reproduktion zu zwingen, da wir einen Androiden nicht Zelle für Zelle aufbauen können. Wir müssen das erreichen, was wir das Startstadium nennen. Aber natürlich wissen Sie, daß das DNA nicht direkt an der Proteinsynthese beteiligt ist, daß eine andere Nuklearsäure als Vermittler agiert, nämlich RNA, das verschlüsselt werden kann, um die genetischen Botschaften, die im DNA niedergelegt sind, weiterzugeben…