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»Sie bringen auch ihre Kinder zur Welt«, erklärte Fileclerk.

»Und bis zu einem gewissen Maß betrachten sie ihre Kinder als Eigentum, zumindest, so lange sie aufwachsen. Aber die Sklaverei der Kinder endet mit dem Ende der Kindheit. Aber wie steht es mit unserer Sklaverei? Besteht ein so großer Unterschied zwischen einem Kind, das in einem Bett gezeugt wurde, und einem Kind, das aus der Retorte kommt?«

»Ich gebe zu, daß der augenblickliche Status der Androiden ungerecht ist…«

»Na also!«

»… aber ich stimme nicht mit Ihnen überein, was die Taktik betrifft«, fuhr Watchman fort. »Eine politische Partei ist nicht die Antwort. Die Menschen kennen ihre Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts, und sie sehen keine Parallelen; wenn ihr Gewissen sich rührte, wüßten wir es jetzt längst. Wo sind die modernen Vorkämpfer für die Abschaffung der Sklaverei. Ich sehe nicht sehr viele. Nein, wir können keinen moralischen Druck auf sie ausüben, nicht direkt; wir müssen ihnen vertrauen, wir müssen begreifen, daß das, was wir heute leiden, eine Prüfung unserer Tugend, unserer Stärke ist, eine Prüfung, geplant von Krug, um festzustellen, ob synthetische Menschen In die menschliche Gesellschaft integriert werden können. Ich will Ihnen ein historisches Beispiel geben: die römischen Kaiser warfen Christen den Löwen zum Fraß vor. Schließlich jedoch machten die Kaiser dem nicht nur ein Ende, sondern wurden selbst Christen. Das geschah nicht, weil die frühen Christen eine politische Partei gründeten und andeuteten, sie würden aufstehen und die Heiden massakrieren, wenn ihnen keine religiöse Freiheit gewährt würde. Es war ein Triumph des Glaubens über die Tyrannei. Auf die gleiche Weise…«

»Verschonen Sie mich mit Ihrer albernen Religion«, unterbrach ihn Fileclerk, plötzlich heftig werdend. »Schließen Sie sich auch der AGP an. Solange wir Alphas zersplittert sind, haben wir keine Chance…«

»Eure Ziele und die unseren sind unvereinbar. Wir predigen Geduld, wir beten um göttliche Gnade. Ihr seid Agitatoren und Hetzer. Wie könnten wir da gemeinsame Sache mit euch machen?«

Watchman sah, daß Fileclerk ihm nicht mehr zuhörte. Er schien sich in sich selbst zurückzuziehen. Seine Augen wurden glasig, Tränen rannen über die Wangen, Schneeflocken klebten an den feuchten Spuren. Watchman hatte nie zuvor einen Androiden weinen sehen, obwohl er wußte, daß es physiologisch möglich war. Er sagte: »Wir werden einander nie bekehren, nehme ich an. Aber tun Sie eines für mich. Versprechen Sie mir, daß Sie diesen Mord nicht für politische Propaganda benutzen. Versprechen Sie mir, daß Sie nicht in alle Welt hinausposaunen, Krug habe sie mit Absicht töten lassen. Krug ist potentiell der beste Verbündete, den die Sache der Androidengleichheit besitzt. Er könnte uns retten mit einer einzigen Erklärung. Aber wenn Sie ihn verärgern, indem Sie ihn mit einer so lächerlichen Beschuldigung verunglimpfen, werden Sie uns allen ungeheuren Schaden zufügen.«

Fileclerk schloß die Augen. Er sank langsam auf die Knie. Er warf sich über die Leiche von Kassandra Nucleus und schluchzte trocken.

Watchman sah eine Weile schweigend auf ihn hinunter. Dann sagte er sanft: »Kommen Sie mit mir in unsere Kapelle. Im Schnee liegen ist Unsinn. Selbst wenn Sie nicht glauben, wir haben Techniken, die Seele zu erleichtern, den Kummer zu mildern. Sprechen Sie mit einem unserer Überwinder. Beten Sie zu Krug und vielleicht…«

»Gehen Sie«, schluchzte Siegfried Fileclerk gequält. »Gehen Sie, bitte!«

Resigniert hob und senkte Watchman die Schultern. Er empfand grenzenlose Traurigkeit, fühlte sich leer und kalt. Er ließ die beiden Alphas, den lebenden und die tote im Schnee liegen und wandte sich nach Norden, um die inzwischen in einem anderen Gebäude eingerichtete Kapelle aufzusuchen.

14

Und der erste, den Krug schuf, war ein Gamma, und Krug sagte zu ihm, du bist kräftig und stark, und du sollst alles, was von dir verlangt wird, widerspruchslos tun, und du sollst glücklich sein, wenn du arbeitest. Und Krug liebte den Gamma so sehr, daß er viele von ihnen schuf, so daß es eine große Anzahl von ihnen gab.

Der nächste, den Krug schuf, war ein Beta, und Krug sagte zu ihm, siehe, du sollst stark sein, aber du sollst auch Verstand haben, und du sollst von großem Wert sein für die Welt, deine Tage sollen glücklich und gut sein. Und Krug liebte den Beta so sehr, daß er ihm die schlimmsten der Lasten des Körpers ersparte, und er ersparte ihm auch die schlimmsten der Lasten des Verstandes, und das Leben des Betas war so hell wie ein Frühlingstag.

Der letzte, den Krug schuf, war ein Alpha, und Krug sagte zu ihm, siehe, die dir auferlegten Aufgaben sollen nicht leicht sein, denn am Leibe sollst du die Kinder des Leibes übertreffen, und an Verstand sollst du ihnen gleich sein, und sie werden sich auf dich stützen wie auf einen festen Stab. Und Krug liebte den Alpha so sehr, daß er ihm viele Fähigkeiten verlieh, damit er stolz einhergehen und ohne Furcht in die Augen der Kinder des Leibes schauen könne.

15

»Guten Abend, guten Abend, guten Abend!« sagte der Alpha vom Dienst im Psychoschaltinstitut in New Orleans, als Manuel Krug mit seinen Freunden aus den Transmatkabinen auftauchte. »Mr. Krug, Mr. Ssu-ma, Mr. Guilbert, Mr. Tennyson, Mr. Mishima, Mr. Foster. Guten Abend. Kommen Sie bitte mit. Ihr Wartezimmer ist bereit.«

Das Vorzimmer des Psychoschaltinstituts von New Orleans war ein kühler tunnelartiger Raum von etwa hundert Meter Länge, in acht Unterkammern unterteilt, in denen die angemeldeten Kunden warten konnten, während das Seelenaustauschsystem für sie vorbereitet wurde. Die Unterkammern waren, obwohl klein, komfortabeclass="underline" Schaumstoffliegen, raffinierte Nervenberuhigungsmuster an der Decke, durch einen Schalter zu betätigende Musikwürfel, eine Auswahl von Duftspendern, Fernsehwandschirme, und eine Anzahl von anderen zeitgenössischen Annehmlichkeiten. Der Alpha wies jedem von ihnen eine Couch an und sagte: »Die Programmierung wird heute abend etwa neunzig Minuten in Anspruch nehmen. Nicht schlecht, nicht wahr?«

»Können Sie den Prozeß beschleunigen?« fragte Manuel.

»Nein. Tut mir leid. Letzte Nacht, müssen Sie wissen, waren wir vier Stunden im Rückstand. Hier, Mr. Krug… lassen Sie mich diese Elektrode festklemmen… danke. Danke. Und diese. Gut. Und den Abtaster… Ja, ja, gut. Das war’s. – Mr. Ssu-ma, bitte!«

Der Android eilte in dem Raum hin und her, legte jedem von Ihnen die Elektroden an. Es dauerte etwa eine Minute, bis er mit allem fertig war, und dann zog er sich zurück. Daten begannen aus den Gehirnen der sechs Männer in das System zu fließen. Das Stasisnetz nahm die Profile ihrer Persönlichkeitskonturen auf, so daß es sich selbst programmieren konnte, um jeden plötzlichen Ausbruch von Emotionen kontrollieren zu können, während der Austausch der Egos stattfand.

Manuel blickte um sich. Er war gespannt in der Erwartung des Identitätsaustausches. Diese fünf waren seine ältesten und nächsten Freunde; er kannte sie seit seiner Kindheit. Jemand hatte ihnen vor zehn Jahren den Spitznamen ›Spektrumgruppe‹ gegeben, als sie bei der Einweihung eines Unterwassersensoriums zufällig Kostüme in den Spektralfarben trugen. Der Spitzname war hängengeblieben. Sie waren reich, natürlich keiner so reich wie Manuel. Sie waren jung und gesund. Bis auf Cadge Foster und Jed Guilbert hatten alle innerhalb der nächsten Jahre geheiratet, doch ihre Freundschaft blieb trotzdem erhalten. Manuel hatte das Vergnügen des Egotausches schon mindestens ein dutzendmal mit ihnen geteilt. Diesen Besuch hatten sie bereits vor einem Monat geplant.

»Ich hasse dieses Warten«, sagte Manuel. »Ich wünschte, wir könnten bei unserer Ankunft gleich in das Stasisnetz steigen.«

»Das ist zu gefährlich«, sagte Lloyd Tennyson. Er war agil, langbeinig, ein prächtiger Athlet. Drei Spiegelscheiben glänzten auf seiner breiten Stirn.