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In der Sprache willkürlicher Zahlen. Und dann mit weniger willkürlichen Zahlen. ›Hallo, hallo, 3.14159, habt ihr es gehört, 3.14159, das Verhältnis von Durchmesser zu Umfang…‹

Und wie wollen Sie ihnen das sagen? Mit Laserstrahlen? Mit Radiowellen?

Zu langsam, zu langsam. Viel zu langsam. Ich kann nicht darauf warten, daß elektromagnetische Strahlen dorthin gelangen und zurückkommen. Wir werden mit Tachyonstrahlen zu den Sternen sprechen, und ich werde zu den Sternenmenschen über Simeon Krug sprechen.

Krug zitterte auf dem Tisch. Die androiden Masseusen kneteten sein Fleisch, schlugen ihn, preßten ihre Knöchel in seine Muskeln. Versuchten sie, die mystischen Zahlen in seine Knochen zu klopfen? 2-4-1,3-1? Wo war die fehlende 2? Selbst wenn sie gesendet worden wäre, was würde die Sequenz bedeuten, 2-4-1, 2-5-1, 2-3-1? Nichts Bedeutungsvolles. Willkür, Zufall? Sinnlose Bündel nackter Information? Nicht mehr als in einem abstrakten Muster angeordnete Zahlen, und doch trugen sie die wichtigste Botschaft, die das Universum je gehört hatte:

Wir sind hier!

Wir sind hier!

Wir sind hier!

Es gibt uns!

Wir rufen euch.

Und Krug würde antworten. Er erschauerte vor Wollust bei dem Gedanken, daß sein Turm bald vollendet sein und die Tachyonstrahlen in die Galaxis hinauseilen würden. Krug würde antworten, Krug, der Raubvogel, Krug, der gefühllose Geldmensch, Krug, der dollarhungrige Abenteurer, Krug, der brutale Industrielle, Krug, der Kapitalist, Krug, der Fettwanst, Krug, der Bauer, Krug, der Ignorant, Krug, der Grobian, Krug, der Größte. Ich! Ich! Krug! Krug!

»Hinaus!« befahl er den Androiden. »Schluß!«

Die Mädchen verschwanden. Krug erhob sich, zog langsam seine Kleider wieder an, ging durch den Raum und glitt mit seinen Händen über das Muster gelber Lampen.

»Botschaften?« fragte er. »Besucher?«

Kopf und Schultern von Leon Spaulding erschienen, frei in der Luft schwebend, von einem Natriumdampfprojektor auf eine unsichtbare Leinwand geworfen. »Dr. Vargas ist hier«, sagte der Ektogene. »Er wartet im Planetarium. Wollen Sie ihn empfangen?«

»Natürlich. Ich gehe hinauf. Und Quenelle?«

»Sie ging zum Seehaus in Uganda. Sie will dort auf Sie warten.«

»Und mein Sohn?«

»Er macht seinen Inspektionsbesuch in der Duluth-Fabrik. Haben Sie Instruktionen für ihn?«

»Nein«, sagte Krug. »Er weiß selbst, was er tut. Ich gehe jetzt hinauf zu Vargas.«

Das Bild Spauldings verschwand. Krug betrat seinen Aufzug und schoß hinauf zu dem Planetarium auf dem Dach des Gebäudes. Unter der kupfernen Kuppel ging Niccolò Vargas erregt auf und ab. Zu seiner Linken befand sich ein Schaukasten mit acht Kilogramm Proteoiden von Alpha Centauri V, zu seiner Rechten ein kubischer Kryostat, in dessen eisiger Tiefe zwanzig Liter Flüssigkeit aus dem Methanmeer des Pluto undeutlich sichtbar waren.

Vargas war ein nervöser, hellhäutiger, kleiner Mann, für den Krug einen an Ehrfurcht grenzenden Respekt empfand, ein Mann, der jeden Tag seines Erwachsenenlebens damit verbracht hatte, nach Zivilisation in den Sternen zu forschen und alle Aspekte des Problems interstellarer Kommunikation zu untersuchen. Sein Eifer hatte einen Stempel auf seinen Zügen hinterlassen; vor fünfzehn Jahren, als er sich in einem Augenblick unerträglicher Erregung unvorsichtigerweise dem Strahl eines Neutronenteleskops aussetzte, war seine linke Gesichtsseite so verbrannt worden, daß eine tektogenetische Wiederherstellung unmöglich war. Man hatte sein zerstörtes Auge nachwachsen lassen, war jedoch nicht in der Lage gewesen, hinsichtlich der Entkalkung der Knochenstruktur mehr zu tun, als sie mit einer Berylliumfaserschicht abzudecken, und so sah seine linke Gesichtshälfte welk und verschrumpelt aus. Deformierungen wie diese waren ungewöhnlich in einem Zeitalter der kosmetischen Chirurgie, Vargas jedoch hatte offenbar kein Interesse daran, sich weiteren Gesichtsoperationen zu unterziehen.

Vargas lächelte sein schiefes Lächeln, als Krug eintrat. »Der Turm ist wunderbar!« sagte er.

»Wird wunderbar sein«, verbesserte ihn Krug.

»Nein. Nein. Er ist es bereits. Ein wunderbarer Torso! Seine schimmernde Glätte, Krug, seine gewaltige Masse, sein Aufwärtsstreben! Wissen Sie, was Sie da bauen, mein Freund? Die erste Kathedrale des galaktischen Zeitalters. Nach Tausenden von Jahren, lange nachdem Ihr Turm aufgehört haben wird, als Kommunikationszentrum zu funktionieren, werden Menschen zu ihm wallfahren, vor ihm niederknien, seine glatte Haut küssen und Sie dafür segnen, daß Sie ihn gebaut haben. Und nicht nur Menschen.«

»Dieser Gedanke gefällt mir«, sagte Krug stolz. »Eine Kathedrale. So hatte ich ihn noch nicht gesehen.« Krug erblickte den Datenwürfel in Vargas’ rechter Hand. »Was haben Sie da?«

»Ein Geschenk für Sie.«

»Ein Geschenk?«

»Wir haben die Signale bis auf ihre Quelle zurückverfolgt«, erwiderte Vargas. »Ich denke, Sie wollen sicher gern ihren Heimatstern sehen.«

Krug beugte sich nach vorn. »Warum haben Sie so lange gewartet, mir das zu sagen? Warum haben Sie nichts gesagt, während wir auf dem Turm waren?«

»Der Turm war ihre Show. Dies ist meine. Soll ich den Würfel einschalten?«

Krug deutete ungeduldig auf den Empfängerschlitz. Vargas stöpselte den Würfel geschickt ein und betätigte den Abtaster. Bläuliche Strahlen fragenden Lichts schossen in das kleine Kristallgitter, entschlüsselten die gespeicherten Informationen.

Die Sterne erblühten an der Decke des Planetariums.

Krug war zu Hause in der Galaxis. Seine Augen machten vertraute Marken aus: Sirius, Canopus, Wega, Capella, Arcturus, Beteigeuze, Altair, Formalhaut, Deneb, die hellsten Strahlenquellen des Himmels, imposant verstreut an der Kuppel des Doms über ihm. Er suchte die nächsten Sterne, diejenigen innerhalb des Zwölf-Lichtjahre-Radius, die des Menschen Sternensonden zu seinen Lebzeiten erreicht hatten: Epsilon Indi, ROSS 154, Lalande 21185, Barnards Stern, Wolf 359, Procyon, 61 Cygni. Er schaute zum Stier hinüber und fand den roten Aldebaran, weit dahinter den Haufen der Hyaden und die in ihrer leuchtenden Hülle funkelnden Plejaden. Immer wieder veränderte sich das Bild an der Kuppel, wenn der Fokus kleiner wurde, wenn die Entfernungen wuchsen. Krugs Brust weitete sich. Vargas hatte kein Wort gesagt, seit er das Planetarium eingeschaltet hatte.

»Nun?« fragte Krug schließlich. »Was soll ich sehen?«

»Schauen Sie zum Wassermann«, sagte Vargas.

Krug suchte den nördlichen Himmel ab. Er folgte der vertrauten Linie: Perseus, Cassiopeia, Andromeda, Pegasus, Wassermann. Ja, dort stand der alte Wasserträger, zwischen den Fischen und dem Steinbock. Krug versuchte sich des Namens eines größeren Sterns im Wassermann zu erinnern, doch er fiel ihm nicht ein.

»Und nun?« fragte er.

»Passen Sie auf. Ich vergrößere das Bild jetzt.«

Krug hielt den Atem an, als der Himmel auf ihn zustürzte. Er konnte nicht länger die Muster der Sternbilder ausmachen; der Himmel taumelte, und alle Ordnung war dahin. Als die Bewegung aufhörte, sah er sich konfrontiert mit einem einzelnen Segment der galaktischen Sphäre, das die ganze Kuppel einnahm. Unmittelbar über ihm stand das Bild eines feurigen Ringes, dunkel im Kern, umgeben von einem unregelmäßigen Halo aus leuchtendem Gas. Im Zentrum des Ringes schimmerte ein Lichtpunkt.

Vargas sagte: »Dies ist der planetarische Nebel NGC 7293 im Wassermann.«

»Und?«

»Er ist die Quelle unserer Signale.«

»Wie sicher sind Sie sich dessen?«

»Absolut sicher«, antwortete der Astronom. »Wir haben parallaktische Beobachtungen, eine ganze Reihe von Spezialtriangulationen, mehrere bestätigende Verfinsterungen und noch viel mehr. Wir haben von Anfang an vermutet, daß NGC 7293 die Quelle ist, doch die letzte Bestätigung fanden wir erst heute morgen. Jetzt sind wir absolut sicher.«