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Die einzige Frage war, ob er tot oder lebendig heimkehren würde. Er dachte an Teruo.

Teruo dachte an Masao. Der Junge war ihm schon wieder entwischt. Es war inzwischen ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden, ein Kampf mit den Waffen der List. Teruo wußte, daß es nur eine Frage der Zeit war. Am Ende würde er Masao erwischen, und er würde ihn hart bestrafen.

Teruo wandte sich an Nobuo Hayashi, den Sicherheits-Chef von Matsumoto Industries. »Der Junge kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben«, sagte Teruo Sato. »Er muß gefunden werden. Und zwar von uns. Ich will nicht, daß sich die Polizei dieses Landes einmischt. Es war ein Fehler von mir, sie einzuschalten. Dies ist eine Familienangelegenheit.«

»Ich verstehe, Sir.«

»Tun Sie, was getan werden muß. Heuern Sie noch mehr Männer an. Verdoppeln Sie die Belohnung. Sparen Sie weder Mühe noch Geld. Bringen Sie mir meinen Neffen.«

Teruos Gesicht war nur noch eine finstere Maske, seine Augen funkelten wie Eiskristalle. »Er ist gefährlich. Er hat bereits einen Mord begangen. Wenn er sich nicht lebendig fangen läßt … bringen Sie ihn mir tot.«

Lieutenant Matt Brannigan hatte eine unruhige Nacht. Weil er keinen Schlaf finden konnte, war er um drei Uhr morgens leise aus dem Bett geschlüpft. Er hatte versucht, seine Frau nicht zu wecken, aber sie hatte ihn gehört und die Nachttischlampe angeknipst. »Was ist los, Matt? Verdauungsbeschwerden?«

»Blödsinn. Ich habe vielleicht einen unschuldigen Jungen in den Tod geschickt.« Er fuhr sich mit den Fingern durch sein dichtes graues Haar. »Er wollte mit mir sprechen, aber ich habe nicht auf ihn gehört, Cathy. Ich habe ihn einem Mann in die Hände geliefert, der ihn umbringen will.«

»Bist du sicher?«

»Nein. Aber ich werd’s in ein paar Stunden wissen. Die Sache gefällt mir nicht. Vielleicht ist der Junge schon tot. Mit dieser Last werde ich dann weiterleben müssen.«

»Warum versuchst du nicht, noch ein wenig zu schlafen? Du kämpfst gegen Schatten.«

Aber die Schatten wollten nicht weichen.

Als Lieutenant Matt Brannigan in sein Büro kam, lag der Bericht, den er verlangt hatte, auf seinem Schreibtisch. Er las ihn zweimal – das erstemal rasch und das zweitemal ganz langsam, ohne ein Wort auszulassen. So unwahrscheinlich es schien, der Junge hatte die Wahrheit gesagt. Er hatte das riesige Matsumoto-Imperium geerbt. Und falls er starb, so besagte das Testament des Vaters, sollte sein Onkel alles besitzen. Matt Brannigan hatte schon Männer gekannt, die für zehn Dollar oder eine Flasche Whisky einen Mord begingen. Man brauchte nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, was ein Mann tun mochte, um ein Wirtschaftsimperium von unschätzbarem Wert zu gewinnen. Teruo Sato mußte von Anfang an das Testament gekannt haben. Er hatte das Flugzeugunglück geplant – vermutlich in der Meinung, daß er, wenn er Yoneo Matsumoto aus dem Weg geräumt hatte, leicht auch den Sohn loswerden konnte. Mit Brannigans Hilfe war es ihm beinahe gelungen. Der Junge war zu ihm gekommen und hatte um Hilfe gefleht, und er hatte ihn seinem Feind ausgeliefert. Irgendwie mußte er Masao finden und ihn retten. Falls Masao noch am Leben war! Dies mußte er als erstes herausfinden.

Er nahm das Telefon und wählte den Zentralen Polizei-Computer in Manhattan. »Hier spricht Lieutenant Matt Brannigan. Da gab es eine Fahndung nach einem gewissen Masao Matsumoto, ein japanischer Junge, achtzehn Jahre alt. Stellen Sie bitte fest, ob die Fahndung noch immer läuft.«

»Bleiben Sie dran, Lieutenant«, sagte eine Stimme. Eine Minute später hörte er: »Sie ist noch in Kraft, Lieutenant.«

»Danke.« Matt Brannigan legte erleichtert den Hörer auf. Wenn der landesweite Fahndungsbefehl noch in Kraft war, so bedeutete dies, daß Masao noch in Freiheit war. Er mußte ihn finden, bevor Teruo Sato ihn fand. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit.

Er klingelte nach seinem Assistenten. »Schaff mir alles herbei, was wir über den Fall Matsumoto in den Akten haben!«

Fünf Minuten später las er Hellers Protokoll über Sanae Doi.

Als er es durchgelesen hatte, sprang Lieutenant Matt Brannigan in seinen Wagen und machte sich auf den Weg zur Matsumoto-Fabrik.

Sanae hatte Masao nicht vergessen können. Sie wußte ganz sicher, daß Masao ihr nur einen Teil der Wahrheit erzählt hatte und daß er irgendwie in furchtbaren Schwierigkeiten steckte. Sie hätte alles getan, um ihm zu helfen, aber jetzt war er fort. Sie wußte nicht mal, ob er tot war oder noch lebte. Sie erinnerte sich, wie begeistert Masao beim Baseball-Spiel gewesen war, wie er gejubelt und beide Seiten angefeuert hatte. Sie dachte an sein Lächeln und an seine freundliche Art.

»Sanae!«

Die Stimme schreckte sie aus ihrem Tagtraum auf. Sie hob den Kopf und sah den Vorarbeiter, Mr. Heller, vor ihr stehen.

»Ja, Mr. Heller?«

»Mr. Watkins will Sie sehen. Sofort.«

»Ja, Sir.«

Sanae trat ins Büro des Personalchefs ein und überlegte sich, was dieser von ihr wollte. Es war noch ein zweiter Mann im Zimmer, jemand, den Sanae noch nie gesehen hatte. Instinktiv wußte sie, daß es ein Polizist war, und sie war sofort auf der Hut.

Watkins sagte: »Sanae, das ist Lieutenant Brannigan. Er möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.« Watkins erhob sich. »Ich will Sie jetzt beide allein lassen.«

»Vielen Dank«, sagte Lieutenant Brannigan. Er drehte sich zu Sanae um. »Bitte, nehmen Sie Platz.«

Sie setzte sich und versuchte, ihre Nervosität zu verbergen.

»Soviel ich weiß, waren Sie und der junge Masao befreundet?«

»Nein, Sir.« Ihre Stimme war fest.

Matt Brannigan blickte sie skeptisch an. »Wirklich? Sie haben doch zusammen gearbeitet, nicht wahr?«

»Ja, Sir.«

»Und sprachen Sie nicht miteinander bei der Arbeit?«

»Nein, Sir.«

Der Detektiv beugte sich vor. »Aber Sie sprachen jeden Tag in der Mittagspause miteinander?«

Er wußte es also. Er hatte ihr nachspioniert!

»Ich weiß nichts über ihn«, sagte Sanae hartnäckig.

»Sanae, ich bin hier, um Masao zu helfen. Ich glaube, sein Leben ist in Gefahr.«

Ja, dachte Sanae. Durch dich!

»Wissen Sie, wo er ist?«

Sie schaute ihn an und konnte diesmal die volle Wahrheit sagen: »Nein, Sir, ich habe keine Ahnung.«

Matt Brannigan hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, daß das Mädchen log. Jetzt aber sprach sie die Wahrheit. Und das beunruhigte ihn. Sie war seine einzige Spur. Wenn sie nicht wußte, wo Masao steckte, dann hatte er überhaupt keinen Anhaltspunkt. Teruo hatte gute Aussichten, den Jungen zu finden, bevor die Polizei ihn fand. Was das bedeutete, wollte der Detektiv sich nicht ausmalen.

Er mußte eine Möglichkeit finden, das Mädchen zu überzeugen, daß er auf Masaos Seite stand. »Sie haben ihm doch geholfen zu fliehen, nicht wahr, Sanae?«

»Nein, Sir.«

»Sie sagen mir nicht die Wahrheit. Der Kassierer drückte Ihnen ein Foto von ihm in die Hand, und Sie führten ihn hinaus, bevor jemand ihn identifizieren konnte. Sie brachten ihn zu sich nach Hause. Ein Privatdetektiv namens Sam Collins kam, um ihn zu suchen, und Sie verhalfen Masao zur Flucht.«