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»Ja«, erwiderte Teruo. »Es war eine traurige Nachricht für uns alle. Er war ein großer Mann.«

»Ja, das war er. Und ein guter Freund. Ich werde ihn vermissen. Ist Masao bei Ihnen?«

»Wird er sein«, versprach Teruo. »Wir sehen uns morgen.«

Teruo legte den Hörer auf und lehnte sich im Sessel zurück. Er war mit sich zufrieden.

Schachmatt.

Kunio Hidaka war ein nachdenklicher Mann. Es passierten Dinge, die ihn verwirrten. Er hatte Yoneo Matsumoto und seine Frau geliebt, und er betrauerte ihren Tod. Masao war beinahe ein Sohn für ihn, und doch hatte er beunruhigende Nachrichten über den Jungen gehört. Irgend etwas stimmte da nicht. Zuerst kam ein Anruf von Teruo Sato, der ihn nach Los Angeles zurückbefahl, und dann war ein zweiter Anruf angekommen, der noch verwirrender war.

Es gab seltsame Zeichen, die er nicht verstand – und sie verhießen nichts Gutes.

Er hatte eine Verabredung, und er sah ihr mit Grauen entgegen.

Am nächsten Morgen, um neun Uhr, griff Masao in seinem Hotelzimmer nach dem Telefon. Es machte ihm nichts mehr aus, ob das Gespräch abgehört wurde. Jetzt war es zu spät, sich darüber Sorgen zu machen. Er war jetzt ganz auf Kunio Hidaka angewiesen. Es gab keinen Platz mehr, wo er sich verstecken konnte. Masao wählte die Nummer, und kurz darauf klang die jetzt schon vertraute Stimme von Mr. Hidakas Sekretärin aus der Muschel.

»Büro Mr. Hidaka.«

»Ich habe schon paarmal angerufen. Ist Mr. Hidaka schon zurück?«

»Wen soll ich melden, bitte?«

»Sagen Sie ihm, hier ist Masao.«

»Einen Moment, bitte.«

Und dann kam Kunio Hidakas Stimme aus dem Apparat. »Masao-kun!«

Masao wurde von plötzlicher Freude überwältigt. Endlich! »Mr. Hidaka! Oh, Mr. Hidaka! Es ist sehr wichtig, ich muß sofort mit Ihnen sprechen. Können wir uns irgendwo treffen?«

Kunio Hidaka sagte: »Natürlich. Komm doch in mein Büro.«

Masao zögerte. Er hätte es vorgezogen, sich woanders mit Mr. Hidaka zu treffen. Die Fabrik wurde wahrscheinlich bewacht. Er mußte sehr vorsichtig sein. Er wußte, wenn er jetzt einen Fehler machte, würde es wahrscheinlich sein letzter sein.

»Haben Sie schon mit meinem Onkel Teruo gesprochen?« fragte er behutsam.

Es entstand eine kaum spürbare Pause. »Nein«, sagte Kunio Hidaka. »Habe ich nicht.«

Masao war überrascht. Er hatte sich vorgestellt, daß Teruo sich mit Mr. Hidaka in Verbindung setzen würde. Aber Masao vertraute diesem Mann. Er legte sein Leben in seine Hand. »Sehr gut. Ich komme sofort in Ihr Büro. Ich möchte Sie so schnell wie möglich sprechen.«

»Ja, komm nur.«

Langsam legte Kunio Hidaka den Hörer auf die Gabel und sah Teruo Sato an. »Haben Sie gut gemacht«, sagte Teruo. »Fahren Sie jetzt wieder nach Arizona und wickeln Sie dort ihre Geschäfte ab. Ich werde mich um Masao kümmern.«

»Es schien ihm viel daran gelegen, mit mir zu sprechen. Er …«

»Ich sagte Ihnen schon, Hidaka, er hat Probleme in letzter Zeit. Der Tod seiner Eltern hat ihn tief aufgewühlt. Überlassen Sie meinen Neffen ruhig mir.«

»Ja, Sir.«

Kunio Hidaka verbeugte sich und verließ das Büro.

Teruo gab der Sekretärin seine Anweisungen und machte es sich für die Wartezeit bequem. Alles war für Masaos Ankunft bereit. Diesmal würde kein Fehler passieren.

Masao hockte in seinem Hotelzimmer, neben dem Telefon, und dachte nach. Vielleicht hätte er doch darauf beharren sollen, sich irgendwo anders mit Mr. Hidaka zu treffen. Dort, in seinem Büro, würde er sich nackt und schutzlos fühlen. Er erinnerte sich, wie sein Foto in der New Yorker Fabrik verteilt worden war. Bestimmt hatte Teruo sein Bild in allen Matsumoto-Fabriken verbreitet. Und doch hatte Mr. Hidaka nichts dergleichen gesagt. Irgendwie, dachte Masao, läuft das alles auf einmal viel zu glatt. Vielleicht, dachte er, kommt es nur daher, weil ich schon zu lange auf der Flucht bin. Ich kann es nicht glauben, daß die Sache endlich zu einem Ende kommt.

Jedenfalls hatte er keine andere Wahl. Kunio Hidaka war seine letzte Hoffnung, wenn er am Leben bleiben wollte. Einen Moment war Masao in Versuchung, Mr. Hidaka noch einmal anzurufen und einen anderen Treffpunkt mit ihm zu verabreden. Dann aber dachte er: Nein. Ich muß ihm völlig vertrauen.

Masao verließ sein Hotel und machte sich auf den Weg.

Er nahm den Bus nach North Hollywood und stieg drei Blocks vor der Fabrik aus. Er ging langsam weiter, immer die Gesichter der Menschen auf der Straße beobachtend, immer nach etwas Verdächtigem Ausschau haltend. Alles erschien – normal. Niemand schien sich für ihn zu interessieren. Er war vielleicht übervorsichtig. Jetzt stand er vor dem gewaltigen weißen Fabrikgebäude mit dem stolzen Zeichen auf dem Dach: Matsumoto Industries. Menschen kamen und gingen durch die Pforte, es war ein stetiges Gewoge. Masao überquerte die Straße und ging auf das Tor zu. Er hatte es fast erreicht, als eine Männerstimme hinter ihm sagte: »Stehenbleiben! Nicht bewegen!«

Und es umklammerte ihn ein stählerner Griff.

Dreißig Minuten später trat Masao in Kunio Hidakas Vorzimmer ein.

»Ich bin Masao Matsumoto«, stellte er sich der Sekretärin vor. Er war stolz, daß er wieder seinen wahren Namen angeben konnte. »Ich habe eine Verabredung mit Mr. Hidaka.«

Getreu ihren Anweisungen, sagte die Sekretärin: »Mr. Hidaka erwartet Sie. Bitte, gehen Sie in sein Büro.«

»Danke.«

Masao holte tief Luft, stieß die Tür auf und trat ein. Er blieb wie angewurzelt stehen, als er sah, wer dort vor ihm stand.

»Willkommen«, sagte Teruo Sato. »Ich habe dich erwartet, Masao.« Links und rechts von ihm standen zwei große, kräftige Männer.

Masao stand wie erstarrt.

Teruo wandte sich zu den beiden Männern um. »Warten Sie draußen. Ich möchte mich mit meinem Neffen allein unterhalten.«

Die Männer gingen hinaus und schlossen die Tür hinter sich. Teruo blieb stehen und musterte seinen Neffen. Seine Augen verrieten tiefe Befriedigung. »Überrascht?«

»Ich … wo … wo ist Mr. Hidaka?«

»Leider mußte er verreisen. Aber wir brauchen ihn nicht. Wir können unsere Angelegenheiten auch unter vier Augen besprechen.«

»Ich habe nichts mit dir zu besprechen.«

»Ach, hast du nicht, mein lieber Neffe? Du hast mir eine Menge Schwierigkeiten gemacht!«

Masao sagte nichts.

»Du hast dich, fürchte ich, sehr schlecht benommen. Du hast Schande über die Familie gebracht.«

»Wenn jemand Schande über die Familie gebracht hat«, sagte Masao, »dann bist du es. Du bist ein Dieb. Du hast versucht, mir die Firma meines Vaters zu stehlen.«

»Die Firma gehört mir. Gehörte immer schon mir. Man kann nicht etwas stehlen, was einem selbst gehört.«

»Was wirst du mit mir machen?«

»Dasselbe, was ich mit deinem Vater gemacht habe. Er war der Dieb. Ohne mich wäre die Firma ein Nichts gewesen. Er hat meine Leistung nie anerkannt. Nie!« Seine Stimme bebte vor Haß. »Für ihn war ich nur der arme Schwager, dem er einen Knochen hinwarf. Na, jetzt ist er an diesem Knochen erstickt! Er hätte die Firma mir hinterlassen sollen, ich hab sie verdient!« Er zitterte vor Wut – und merkte es plötzlich selbst. Mit einer gewaltigen Willensanstrengung gewann er seine Beherrschung wieder. »Was vorbei ist, ist vorbei. Ich muß jetzt an meine Zukunft denken. Du stehst mir im Weg, Masao. Du mußt verschwinden. Wenn du dich ordentlich benimmst, werde ich dafür sorgen, daß du einen schmerzlosen Tod hast – ein rascher Unfall.«