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Sofort senkte Tzuki den Kopf und begann Gras zu fressen. „Hopp!" sagte ich nun etwas deutlicher, „heia-hopp!" Tzuki bewegte sich nicht. Offenbar hatte er sich mit meiner Gegenwart noch nicht angefreundet. Ich klopfte nun leicht auf seine Flanke, um ihn daran zu erinnern, daß ich auf ihm saß und reiten wollte. Tzuki stand da und wartete. „Hopp-hopp", wiederholte ich. Tzuki blieb stur stehen, doch ich war davon überzeugt, daß er früher oder später durch mein gutes Zureden gehen würde. Ich schnalzte ihm ein paarmal mit der Reitgerte um die Ohren und rief nochmaclass="underline" „Rock! Hopp, Tzuki! Hopp!"

Nichts geschah. Auch daß ich ihm mit dem Schuhabsatz mehrmals in den Bauch stieß, brachte nichts. Ich versuchte es mit ein paar weiteren Fußtritten. Dann legte ich eine kleine Ruhepause ein. Ich war ja schließlich in das Kibbuz gekommen, um mich auszuruhen. Unterdessen hatte sich Tzuki über die in seiner Nähe befindlichen Gräser und Pflanzen hergemacht.

Ich bog meine Reitgerte zurecht und bohrte sie ihm in die Seite: „Woah", brüllte ich. „Rock-rock! Rühr dich schon endlich, du Vieh!" Dann stieg ich ab. Genaugenommen stieg ich nicht freiwillig ab, sondern wurde abgeworfen. Tzuki hatte sein Hinterteil in einem Winkel von 45 Grad ruckartig hochgehoben. Als ich wieder fest auf meinen Beinen stand, ergriff ich den Strick und schwang mich abermals auf Tzukis Rücken. Diesmal ging ich energischer vor mein

Atem keuchte. Ich betrachtete die Sache jetzt nicht länger als einen Vergnügungsritt. Es ging nun darum, wer von uns beiden der Stärkere war.

Tzuki hopp, Tzuki he, Tzuki, woah!" Meine Stimme erreichte eine Lautstärke, die ich mir niemals zugetraut hätte. Nicht einmal das Klatschen der Reitgerte konnte sie übertönen. Verzweifelt rief ich weiter. Doch alle Ermunterungsrufe gingen an Tzukis idiotisch langen Ohren vorüber. „Tzuki", flüsterte ich nun, „Tzuki, ich bitte dich... " Seit Jahren war ich nicht so erschöpft und müde gewesen. Ich schaffte es nicht einmal mehr abzusteigen. Die Abenddämmerung setzte ein. Ich haßte Schlomoh aus ganzer Seele. Ein Traktor rumpelte zur Nachtarbeit aufs Feld. „Hallo!" rief der Fahrer. „Was machst du auf dem Esel?" „Ich bin unterwegs zum Stall. Warum?" „Warte, ich komme schon. "

Der Fahrer sprang ab, befestigte Tzukis Strick an seinem Traktor und gab Gas. Unter ohrenbetäubendem Getöse setzte sich der Traktor in Bewegung. Der Strick straffte sich. Doch Tzuki graste ungerührt weiter. Der Fahrer drückte das Gaspedal so tief durch, wie er nur konnte. Da riß der Strick entzwei. Daraufhin begann der Fahrer in einer mir unverständlichen Sprache zu fluchen. Er verschwand kurze Zeit und kam mit einer Eisenkette zurück. Es war klar, daß nun auch er in der Sturheit Tzukis die Herausforderung seines Lebens erblickte.

Der Traktor heulte wiederum auf, die Erde erbebte, die Räder knirschten, die Eisenkette ächzte und... Tzuki setzte sich in Bewegung ! Mit mir auf dem Rücken. „Hopp, Tzuki!" rief ich, „rockrock!" Da waren wir schon beim Stall angelangt. Wieder einmal hatte die Technik die wilde Natur gezähmt. Aber ich glaube, ich werde trotzdem in Zukunft nicht mehr versuchen, auf einem Esel zu reiten. Was soll ich machen, wenn einmal kein Traktor kommt?

Das Riesenbild

Der Tag begann wie jeder andere Tag. Aber zu Mittag hielt plötzlich ein Lastwagen vor unserem Haus. Ihm entstieg Morris, ein angeheirateter Onkel meiner Frau.

„Ihr seid umgezogen, hörte ich" sagte Onkel Morris. " Ich habe euch ein Ölbild für die neue Wohnung mitgebracht. " Und schon brachten zwei stämmige Träger das Geschenk angeschleppt. Wir waren tiefbewegt.

Das Gemälde bedeckte eine Fläche von vier Quadratmetern, hatte einen geschnitzten Goldrahmen und stellte die Geschichte des jüdischen Volkes dar. Rechts vorne erhob sich eine kleine Hütte. Sie war von viel Wasser und viel blauem Himmel umgeben. Oben prangte die Sonne in natürlicher Größe, unten weideten Kühe und Ziegen. Auf einem schmalen Fußpfad ging ein jüdischer Priester, ihm folgte eine Anzahl von seinen Schülern, ein Knabe kurz vor Erreichung des dreizehnten Lebensjahres, der sich für seine Bar-Mizwah vorbereitete. Im Hintergrund sah man eine Windmühle, eine Gruppe von Geigern, den Mond, eine Hochzeit und einige Mütter, die im Fluß ihre Wäsche wuschen. Auf der linken Seite öffnete sich die hohe See, komplett mit Segelbooten und Fischernetzen. Aus der Ferne grüßten Vögel und die Küste Amerikas. Noch nie in unserem ganzen Leben hatten wir eine solche Scheußlichkeit gesehen, noch dazu in quadratischem Format. Wahrhaft atembeklemmend, Onkel Morris", sagten wir. „Aber das ist ein viel zu vornehmes Geschenk für uns. " „Macht keine Geschichten", sagte Onkel Morris. „Ich bin ein alter Mann und kann meine Sammlung nicht mit ins Grab nehmen. " Als Onkel Morris gegangen war, saßen wir lange vor dem Schreckensbild und schwiegen. Es war, als fülle sich unsere bescheidene Wohnung bis zum Rand mit Ziegen, Wolken, Wasser und Priesterschülern. Wir forschten nach der Signatur des Malers, aber er hatte nicht unterzeichnet. Ich schlug vor, die quadratische Ungeheuerlichkeit zu verbrennen. Meine Gattin schüttelte traurig den Kopf. Onkel Morris würde uns eine solche Kränkung niemals verzeihen, meinte sie. Wir beschlossen, daß wenigstens niemand anderer das Grauen zu Gesicht bekommen sollte, schleppten das Bild auf den Balkon, drehten es mit der bemalten Seite zur Wand und ließen es stehen.

Dann vergaßen wir das Schreckensgemälde, das von hinten nicht einmal so schlecht aussah. Nach einiger Zeit begann eine Schlingpflanze es zu überwuchern. Manchmal des Nachts konnte es freilich passieren, daß meine Frau jäh aus ihrem Schlummer hochfuhr, kalten Schweiß auf der Stirn:

„Und wenn Onkel Morris zu Besuch kommt?" „Er kommt nicht", murmelte ich verschlafen. „Warum sollte er kommen?" Er kam doch. Bis ans Ende meiner Tage wird mir dieser Besuch im Gedächtnis bleiben. Wir saßen gerade beim Essen, als die Türglocke läutete. Ich öffnete. Onkel Morris stand draußen. Das Ölgemälde schlummerte auf dem Balkon, mit dem Gesicht zur Wand. „Wie geht es euch?" fragte der Onkel meiner Frau. Im ersten Schreck wollte ich mich durch die offene Tür davonschleichen und draußen im dichten Nebel verschwinden. Aber da erschien meine Frau. Bleich, aber gefaßt stand sie im Türrahmen und sagte:

„Bitte noch ein paar Sekunden, bis ich Ordnung gemacht habe! Ephraim, unterhalte dich so lange mit Onkel Morris. " Ich versperrte Onkel Morris unauffällig den Weg ins Nebenzimmer und verwickelte ihn in ein anregendes Gespräch. Von nebenan klangen verdächtige Geräusche, schwere Schritte und ein sonderbares Pumpern, als schleppe jemand eine Leiter hinter sich her. Dann ließ ein fürchterlicher Krach die Wände erzittern, und die Stimme der besten Ehefrau von allen erklang: „Ihr könnt hereinkommen. " Wir betraten das Nebenzimmer. Meine Frau lag erschöpft auf der Couch und atmete schwer. An der Wand hing, noch leise schaukelnd, Onkelchens Geschenk und verdunkelte das halbe Fenster. Es sah merkwürdig aus, denn es bedeckte noch zwei kleinere Gemälde und die Kuckucksuhr. Zum Glück waren an dieser Stelle Berge, die sich nun deutlich hervorwölbten. Onkel Morris war freudig überrascht. Nur den Platz, an dem wir es aufgehängt hatten, fand er ein wenig dunkel. Wir baten ihn, nächstens nicht unangemeldet zu kommen, damit wir uns auf seinen Besuch vorbereiten könnten.

„Papperlapapp", brummte Onkel Morris leutselig. „Für einen alten Mann wie mich braucht man keine Vorbereitungen. Ein Glas Tee, ein paar belegte Brote, etwas Gebäck - das ist alles... " Seit diesem Zwischenfall lebten wir in ständiger Bereitschaft. Von Zeit zu Zeit hielten wir überraschende Alarmübungen ab: Wir stellten uns schlafend - meine Frau rief plötzlich: „Morris!" Ich sprang mit einem Satz auf den Balkon - unterdessen fegte meine Frau alles von den