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Rafi, unser Ältester, murmelte etwas von einem Verkehrsunfall, dem Franzi zum Opfer gefallen sei, aber das machte die Sache nicht besser. Die Stimmung war gegen uns. Wir schlangen unsere Mahlzeit hinunter und schlichen mit gesenkten Köpfen davon. Auf dem Heimweg fühlten wir uns wie eine Bande von Mördern. Wäre Franzi tot auf der Schwelle unseres Hauses gelegen - es hätte uns nicht überrascht.

Zum Glück empfing sie uns mit fröhlichem Gebell, wie immer. Es war alles in bester Ordnung.

Aber wir gingen nicht mehr zu Martin & Maiglock und lebten friedlich dahin, unbeschwert von Steakproblemen jeglicher Art. Es gibt ja auch noch andere Restaurants als Martin & Maiglock.

Der Hund, der Knöpfe fraß

 An einem frostigen Morgen entdeckte ich in meinem damals noch sehr gepflegten Garten ein kleines Hündchen. Es war etwa fünf Uhr früh, eine Zeit, zu der die meisten Menschen noch schlafen. Draußen vor dem Fenster hörte ich ein leises, verzweifeltes Winseln. Ich zog die Vorhänge beiseite und blinzelte schlaftrunken hinaus. In der Mitte meines Gartens saß ein sehr kleiner Hund, der mit seinen sehr kleinen Pfoten ein Loch in den Rasen buddelte und das Gras abfraß. Das Hündchen war nicht nur sehr klein und sehr weiß, auch seine Rasse war unbestimmbar. Ich zog die Vorhänge wieder zu und wollte mich ins warme Bett zurückziehen. Da aber wachte die beste Ehefrau von allen auf und fragte: „Was ist los?" „Ein junger Hund" antwortete ich mißmutig. „Lebt er?" „Ja. " „Dann laß ihn herein. "

Ich öffnete die Terrassentür. Das sehr junge Hündchen trottete in unser Schlafzimmer und pinkelte auf den roten Teppich. Ich mag es nicht, wenn jemand auf den Teppich pinkelt, deshalb packte ich den kleinen Hund und setzte ihn etwas unsanft wieder in den Garten. Meine stille Hoffnung war, daß sich irgend jemand um ihn kümmern würde.

Doch ich hatte mich getäuscht, es kam niemand. Vielmehr fing das Hündchen an, durchdringend zu jaulen und zu jammern, was zur Folge hatte, daß aus dem Nachbarhaus Frau Kaminski herbeieilte. Sie war noch im Morgenrock, und was sie uns zu sagen hatte, war nicht besonders freundlich. Das änderte sich jedoch schlagartig, als ihr Blick auf die Ursache des morgendlichen Lärms fiel. Nun versuchte sie uns mit vielen Worten davon zu überzeugen, daß wir uns um den armen kleinen Hund kümmern müßten. Sie wies darauf hin, daß der Hund ein treues Tier sei; ja, er sei nicht nur treu, sondern auch besonders klug und reinlich. „Der Hund ist der beste Freund des Menschen", erklärte sie uns. „Wenn das so ist, Frau Kaminski", erlaubte ich mir einzuwerfen, „warum nehmen Sie den kleinen Hund dann nicht zu sich?" „Ich bin nicht verrückt", antwortete sie, „ich habe schon genug Sorgen. " So kam es, daß das sehr kleine, sehr junge Hündchen bei uns blieb. Wir beriefen sofort den Familienrat ein und beschlossen, ihn Mischko zu taufen. Mischko fühlte sich bei uns bald zuhause, und alle hatten ihn gern. Er war leicht zu verköstigen, weil er alles fraß, was in seine Reichweite kam. Vor allem aber fraß er Knöpfe und immer wieder Knöpfe. Auch liebte er es, kleine tote Mäuse aus dem Nachbargarten in unseren zu tragen. Er war sehr anhänglich und wedelte jedesmal mit seinem kurzen Schwänzchen vor Freude, wenn wir ihn riefen. Das allerdings nur unter der Voraussetzung, daß wir ein Stück Salami in der Hand hielten. Auch hatte ich ihm in erstaunlich kurzer Zeit beigebracht, meinen Befehlen zu gehorchen. Dafür einige Beispiele: „Sitz!" Mischko spitzt die Ohren und leckt mir über das Gesicht. „Spring!" Mischko kratzt sich am Bauch. „Gib Pfötchen!" Mischko starrt mich an und rührt sich nicht. Ich könnte noch eine Reihe weiterer Beispiele anführen, aus denen hervorgeht, daß Mischko kein blödsinnig dressierter Hund war, sondern daß er einen sehr starken eigenen Willen besaß. Es war nur schade, daß er immer auf den roten Teppich pinkelte. Und er pinkelte ausschließlich auf den roten Teppich. Warum? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist er in einem Mohnfeld auf die Welt gekommen und muß deshalb immer pinkeln, sobald er einen roten Teppich sieht.

Ich wollte mich mit Mischkos Pinkelgewohnheiten nicht abfinden und begann deshalb ein wohldurchdachtes Erziehungsprogramm: „Es ist verboten, auf den Teppich zu pinkeln", sagte ich langsam und deutlich zu ihm mit erhobenem Zeigefinger. „Verboten, hörst du? Pfui!" Jedesmal, wenn Mischko wieder auf den Teppich pinkelte, wurde meine Stimme strenger. Hatte er aber sein Geschäft einmal irrtümlich im Ziergarten gemacht, überschüttete ich ihn mit Lob, Liebkosungen und Leckerbissen.

Wahrscheinlich zog Mischko aus meinem Verhalten den Schluß, daß diese zweibeinigen, bald wütenden, bald zärtlichen Geschöpfe sehr launisch waren. Wer kennt sich schon mit Erwachsenen aus? Da Mischko auf meine Erziehungsversuche überhaupt nicht reagierte, mußte ich mir etwas anderes einfallen lassen. Als erstes wollte ich ihn daran gewöhnen, nicht auf rote Teppiche zu pinkeln, sondern auf andersfarbige. Dann wollte ich ihn aus dem Haus locken, damit er sein Geschäft im Freien verrichtete; am liebsten im Nachbargarten. Mit diesem Ziel vor Augen legte ich über unseren roten Teppich einen grauen. Als Belohnung setzte ich eine Bratwurst als Prämie aus.

Nach etwa zwei Wochen hatte sich Mischko an den grauen Teppich gewöhnt, ich konnte ihn wieder wegnehmen. Mischko, der gerade im Garten war, kam freudig bellend herbeigesaust und pinkelte auf den roten Teppich. Hunde sind bekanntlich sehr treu. Aber mein Vorrat an Erziehungsmaßnahmen war noch immer nicht erschöpft. Ich beschloß nun, seine Liebe zur Natur zu wecken, und kaufte eine lange grüne Leine, um mit ihm jede Nacht im nahegelegenen Park spazierenzugehen. Mischko hielt sich während der langen Spaziergänge zurück. Erst kurz vor unserem Haus wurde er unruhig. Und kaum hatte ich die Tür geöffnet,

sprang er mit einem Satz ins Schlafzimmer, auf den roten Teppich und verrichtete sein Geschäftchen. Ich wurde immer unruhiger. Was sollte ich nur tun? Da kam mir Frau Kaminski zu Hilfe. Wieder einmal war sie mit einigen Knochen für den Hund herübergekommen. Verzweifelt erzählte ich ihr von Mischkos Schwierigkeiten. Da bekam ich folgendes zu hören: „Sie haben den Hund schlecht erzogen, weil Sie nicht wissen, wie man mit Hunden umgeht. Sie müssen jedesmal, wenn er auf den roten Teppich pinkelt, seine Schnauze hineinstecken, ihm einen Klaps geben und ihn zum Fenster hinauswerfen. So macht man das. " Obwohl ich kein Freund von körperlichen Strafen bin, handelte ich entsprechend Frau Kaminskis Anweisungen. Mischko kam, sah und pinkelte. Ich steckte seine Schnauze hinein, gab ihm einen Klaps und warf ihn aus dem Fenster. Diese Prozedur wiederholte sich mehrmals am Tag, aber ich ließ nicht locker. Ich hatte mir fest vorgenommen, Mischko seine schlechten Pinkelsitten abzugewöhnen. Langsam, sehr langsam begann sich meine Geduld bezahlt zu machen. Er hatte sich einiges gemerkt und manches abgewöhnt, stellte ich nicht ohne Genugtuung fest.

Sicher, Mischko pinkelt noch immer auf den Teppich. Aber nachher springt er jetzt immer ganz von selbst aus dem Fenster, ohne die geringste Hilfe von meiner Seite, und wartet draußen auf mein Lob und meine Leckerbissen. Immerhin ein kleiner Erfolg.

Wer nicht fragt, lernt nichts

Es ist wichtig, daß die Kinder Vertrauen zu ihren Eltern haben. Und sie müssen davon überzeugt sein, daß Vater und Mutter alles wissen. Letzthin wollte mich mein Sohn Amir wieder einmal auf die Probe stellen. Er stand vor meinem Schreibtisch. In der einen Hand hielt er das farbige Album „Die Wunder der Welt", in der anderen den Klebstoff, mit dem er die Bilder in die betreffenden Quadrate einkleben wollte.

„Papi" fragte er, „stimmt es, daß sich die Erde um die Sonne dreht?"