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Der Leutnant blickte ihm ins Gesicht. Seine Augen blitzten hell in der Sonne.»Wollen Sie's etwa mit beiden aufnehmen, Sir?«»Wenn nötig, ja.»

Bolitho wandte sich um, als wieder Schüsse über die immer geringer werdende Entfernung hallten. Er sah, wie die Brigg sich von den beiden größeren Schiffen löste. Ihre Großstenge neigte sich in einem bedrohlichen Winkel. Die ersten Kugeln der Miranda hatten dort ihr Ziel gefunden. Unter seinen Schuhen zitterten die Decksplanken, als die Stückpforten sich öffneten und die achtzehn Kanonen ihre Mäuler quietschend und rumpelnd ins Sonnenlicht reckten. Halbnackte Seeleute rutschten auf dem sandbestreuten Deck aus, während sie versuchten, den Takt der Kommandos einzuhalten, die ihre Geschützführer ihnen zubrüllten. Bolitho starrte über sein Schiff hin. In seinen Gedanken stieg Verzweiflung auf. Ein paar Augenblicke später würde alles zu Ende sein. Sein Schiff, seine geliebte Sparrow, würde das Schicksal der Fregatte teilen.

Für den Feind war alles so lächerlich einfach gewesen. Zu oft war es schon geschehen, daß beim Anblick eines hilflosen Kauffahrers, der von einem gutbewaffneten Piraten angefallen wurde, nicht der geringste Verdacht entstanden war. Kein Wunder, daß die Segel der Brigg in diesem sorgfältig gespielten Manöver keinerlei Treffer aufwiesen. Wie mußten die beiden feindlichen Kapitäne gelacht haben, als die Miranda aus dem Verband ausscherte, um ihren eigenen Mörder zu verteidigen.

Er hörte Stockdale mächtig schnaufen, dann fühlte er, wie sich der Degengürtel um seine Hüften spannte.

«Bei Gott, Sir, schlechte Chancen«, zischte sein Bootsführer.

«Wahrschau an Deck!«Beim Anblick des Unheils war der Ausguck vergessen worden.»Miranda macht klar zum Entern!«Der Ausguck brüllte ein brüchiges Hurra.»Sie geht zum Nahkampf über!»

Bolitho rannte zur Reling. Die Fregatte war hinter den wuchtigeren Umrissen des Feindes fast versteckt, aber aus der Stellung ihres Besanmastes konnte er sehen, daß sie tatsächlich auf ihren Angreifer zutaumelte. Wieder wirbelte der Rauch einer Geschützsalve zwischen den Schiffen auf, und der letzte Mast der Miranda verschwand in einem Wirrwarr von Tauwerk und zerfetztem Segeltuch. Aber Bolitho sah auch die plötzliche Bewegung hinter dem Schanzkleid des Kaperschiffes, das Gewimmel von Menschen um ihren Fockmast. Dann konnte er ausmachen, wie sich der Bug der zerfetzten Fregatte an das Vorschiff des Feindes heranschob. Schwaches Musketenfeuer drang über das Wasser her, und er konnte das sprichwörtliche Blitzen von Stahl stehen, als die beiden Schiffe im nächsten Augenblick zusammenrammten und das Handgemenge begann.

Er packte Tyrells Arm.»Die Miranda hat für uns Zeit gewonnen!«Er bemerkte kein Verstehen, nur Unglauben in den Augen des Leutnants.»Wenn sie eine Weile aushält, können wir an die Brigg rangehen.»

Er beschattete seine Augen gegen den Sonnenglanz und beobachtete, wie die Brigg auf die beiden Transportschiffe losstürmte.

«Sie wird vor dem Bug der Golden Vleece vorbeisegeln und sie mit ihren Geschützen bestreichen.»

Laut brüllte er seine Gedanken hinaus.»Wir werden sofort über Stag gehen, zwischen den Transportern durchsegeln und die Ehrung erwidern!»

Tyrell biß sich auf die Lippen.»Aber wir könnten dabei mit dem Feind kollidieren, Sir!»

Bolitho packte ihn bei den Schultern, drehte ihn herum und deutete zu den ineinander verbissenen Schiffen hinüber.

«Mann, wollen Sie, daß diese Burschen dort für nichts sterben?»

Er stieß ihn zur Reling.»Und jetzt klar zum Wenden, sobald ich den Befehl gebe!»

Die Brigg lag nun etwa eine Meile entfernt, genau vor dem schnittigen Klüverbaum der Sparrow. An Bord des ersten Transportschiffes wirbelte der Rauch eines Schusses auf, doch war kein Treffer auszumachen.

«Signalisieren Sie den Transportern, auf Station zu bleiben, Mr. Bethune!«Er wiederholte den Befehl, um den Fähnrich aus seiner Erstarrung herauszureißen.»Vorwärts!»

Wenn einer der beiden Transporterkapitäne jetzt den Kopf verlor, würde alles schiefgehen. Mit Leichtigkeit könnte der Feind sie dann erledigen oder aufbringen. Auch jetzt noch war nicht viel zu hoffen. Von der ersten schrecklichen Überraschung bis zu diesem Augenblick waren tatsächlich nur wenige Minuten vergangen.

Bolitho stützte sich auf die Reling. Seine Augen schweiften über die geduckten Kanoniere, über die beiden Rudergänger an ihrem ungeschützten Ruderrad und zu Buckle hin, der mit grimmigem Gesicht nach oben in die Segel starrte.

Dann fiel sein Blick auf Raven, den neuen Steuermannsmaat, der ihn schuldbewußt und unglücklich anstarrte.»Sie konnten das nicht wissen«, sagte Bolitho.»Das Kaperschiff war früher tatsächlich ein Indienfahrer.»

Raven schüttelte den Kopf. Er war so sehr mit seinem Mißgeschick, den Feind nicht erkannt zu haben, beschäftigt, daß er das immer wieder aufflammende Geschützfeuer gar nicht zu bemerken schien.»Ich hätte es sehen sollen, Sir, aber ich sah nur, was ich zu sehen erwartete, und es tut mir mächtig leid, weil Sie mir eine Chance gegeben haben vorwärtszukommen.»

Bolitho lächelte. Es kostete ihn solche Anstrengung, daß er meinte, die Lippen müßten ihm reißen.

«Und heute werde ich Ihnen noch mal eine Chance geben, Mr. Raven. «Er trat zurück. Die Hände hielt er hinter seinem Rücken verschränkt, der Degen schlug leicht gegen seine Hüfte.

Buckle schürzte seine Lippen zu einem lautlosen Pfeifen.»So ein gelassener Bursche, der Tod schleicht sich durch die Ankerklüse an Deck, und er spaziert auf und ab wie zum Vergnügen.»

Mit starrem Lächeln schritt Bolitho das Achterdeck ab. Über dem Kanonenfeuer wartete er mit angespanntem Gehör auf die Meldung, daß die Brigg den ersten Transporter erreicht hatte. Wenn der feindliche Kapitän Bolithos Plan durchschaute, war alles sinnlos. Dann müßte die Sparrow entweder aus dem Gefecht fliehen und die wichtigen Neuigkeiten dem Admiral überbringen oder bleiben und sich zum Todeskampf mit dem verkappten Indienfahrer rüsten. Dann und wann feuerten immer noch einige Kanonen der Miranda. Ihre Geschützmündungen berührten fast das feindliche Schiff. Zwischen den Decks der Fregatte mußte es wie in einem Schlachthof aussehen. In Bolithos Gedanken breitete sich Verzweiflung aus.

«Die Brigg passiert den Bug des Transporters«, brüllte Tyrell in diesem Augenblick.

Heftige Explosionen hallten über die See. Bolitho wußte, daß die Brigg nun ihre Steuerbordbatterie abfeuerte, während sie vor dem Bug des Transportschiffes vorbeirauschte. Bevor sie hinter der plumpen Masse der Golden Vleece verschwand, sah Bolitho die amerikanische Flagge übermütig von ihrer Gaffel wehen und auf ihrem niedrigen Deck die Musketen der Scharfschützen aufblitzen.

«Jetzt!«Bolithos Stimme zerschnitt gellend die Luft.»Ree!»

Das Ruder drehte sich ächzend. Auf den dichtbesetzten Decks warfen sich die Seeleute an die Brassen, und der ganze Schiffsrumpf zitterte unter der Erschütterung. Blöcke kreischten, und die mächtigen Rahen schwangen knarrend mit solcher Geschwindigkeit herum, daß Bolitho fühlte, wie das ganze Schiffsgefüge sich bebend auflehnte. Aber nichts kam von oben. Das Rigg hielt stand, und als sich die Sparrow in der Wende stark überlegte, hoben sich die killenden Segel und füllten sich im Schub des Windes.

Bolitho hob beide Hände an den Mund.»Mr. Graves! Zuerst die Backbordgeschütze! Sie werden den Zweiunddreißigpfünder selbst richten!»

Graves nickte. Dann verschwand er unter der Back und rannte an das Buggeschütz.

Wie schnell die Sparrow segelte, obwohl ihre unteren Segel wegen der Feuergefahr während des Gefechtes aufgegeit waren. Die Großstenge schien sich nach vorn zu biegen, der Stander im Topp zuckte waagrecht im Wind und deutete über den Bug voraus, als ob er den Weg weisen wollte.

Schon kreuzte der Klüverbaum hinter dem Heck des führenden Transporters durch, und an Steuerbord sah Bolitho das zweite Frachtschiff, die Bear, die ihren Kurs leicht änderte, als ob sie eine Kollision mit der Korvette fürchtete, die schäumend ihren Weg kreuzte. Jenseits der Golden Vleece krachten wieder Schüsse, und der Rauch, der längs ihrem Rumpf aufquoll, zeigte deutlich, wo die Brigg vorbeizog.