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Bolitho goß den Bordeaux in einem einzigen Schluck hinunter.

«Ein General, Sir?»

«Gewiß, und beachten Sie, daß er gute Beziehungen hat und nur wenig Geduld.»

Mit ruhiger, sachlicher Stimme fuhr er fort:»Ihr Eintreffen hier ist ein Gottesgeschenk. Ich habe derzeit nur eine kleine Brigg zur Verfügung, die ich sehr ungern geschickt hätte.»

Bolitho schwieg.»Verloren hätte«, meinte der Admiral wohl in Wirklichkeit.

«Es sind Vorbereitungen getroffen worden, Ihnen einige Armeekundschafter mitzugeben, und außerdem ist eine kleine Abteilung bereits unterwegs, um mit den Vermißten Verbindung aufzunehmen.»

Er machte eine Pause, bevor er in gleichmäßigem Tonfall weiterredete:»Sie werden unter Oberst Foleys Kommando stehen. Er kennt das Gebiet wie seine Hosentasche. Sie müssen sich also seiner Erfahrung unterordnen.»

«Ich verstehe, Sir.»

«Gut, ich werde Ihnen die schriftlichen Befehle ohne Verzögerung zukommen lassen. «Wieder ein Blick auf die Uhr.»Ich erwarte, daß Ihr Schiff vor Einbruch der Dunkelheit klar ist zum Anker lichten.»

«Darf ich fragen, wohin ich zu segeln habe, Sir?»

«Nein. Es ist alles in Ihren Befehlen festgelegt. Ich möchte nicht, daß ganz New York schon jetzt davon erfährt. General Washington hat hier viele Freunde. Und manch einer von uns wartet nur darauf überzulaufen, sobald die Dinge für die britische Krone schlecht aussehen.»

Er gab Bolitho die Hand. Die Besprechung war zu Ende.

«Seien Sie vorsichtig, Bolitho. England wird alle seine Söhne noch brauchen, wenn es überleben will. Dieser verdammte Krieg sollte ohne allzu große Opfer gewonnen werden. Aber wenn Sie bei diesem Abenteuer Erfolg haben, dann beweisen Sie, daß Sie gegen alles, was Ihnen noch bevorsteht, gewappnet sind. Sie würden dann mit größerem Ruhm, als es Ihrem Dienstrang entspricht, zu Ihrer Flottille zurückkehren.»

Einigermaßen benommen und verwirrt kehrte Bolitho zur Schanzkleidpforte zurück. Seine Gedanken wälzten die Worte des Admirals um und um.

Diesmal grüßte ihn der Flaggkapitän persönlich.»Hat er Ihnen erzählt, was er von Ihnen verlangt?»

«Ja.»

Der Kapitän musterte Bolitho gedankenvoll.»Der Bruder des Generals ist ein Mitglied der Regierung. Ich dachte, ich sollte Ihnen das sagen.»

Bolitho zog seinen Hut tiefer in die Stirn.»Danke, Sir, ich werde versuchen, mich daran zu erinnern.»

Der Kapitän lächelte über seinen ernsthaften Gesichtsausdruck.»Ihr jungen Leute habt immer Glück!«Sein Lachen erstickte im Schrillen der Pfeifen, als Bolitho wieder in seine Gig kletterte.

Um das Ende der letzten Hundewache stieg Bolithos Passagier, Oberst Hector Foley, aus dem Wachboot an Deck der Sparrow. Er stand in den frühen Dreißigern. Eine Hakennase und tiefliegende, braune Augen im dunkelhäutigen Gesicht unterstrichen sein gutes Aussehen. Seine äußere Erscheinung schien dem tadellosen Scharlachrock und den weißen Hosen eines britischen Infanterieoffiziers zu widersprechen. Er blickte sich in der Kajüte um und bedankte sich nur mit leichtem Nicken, als Bolitho ihm sein Schlafabteil und die Koje anbot. Dann ließ er sich in einen der Stühle fallen. Er war hochgewachsen und hielt sich sehr aufrecht, und wie Bolitho mußte er aufpassen, wenn er sich zwischen den niedrigen Decksbalken bewegte. Er zog seine Uhr und sagte mit ruhigem Ton:»Ich schlage vor, Sie lesen Ihre Befehle, Kapitän. Wenn wir Glück haben, beschränkt sich Ihr Anteil an dem Unternehmen nur auf den Transport.»

Bolitho konnte weder ein Lächeln noch sonst eine Gefühlsregung an ihm entdecken. Seine hochmütige, verschlossene Art hatte etwas Verletzendes und Aufreizendes. Sie schien Bolitho von den vitaleren Aspekten seiner sonderbaren Mission zu distanzieren.

Die Befehle waren schnell gelesen. Er sollte in größtmöglicher Eile etwa hundertfünfzig Meilen nach Süden an der Küste New Jerseys entlangfahren. Wenn er es für möglich und ratsam hielt, sollte er dann im Schutz der Dunkelheit in die Delaware-Bucht einlaufen. Genaue Entfernung und Position würden ihm von Oberst Foley angegeben. Er las die Order nochmals langsam durch. Dabei hörte er ständig, wie Foleys blankgewichste Stiefel sanft auf das Deck neben dem Tisch tappten.

«Wenn er es für möglich und ratsam hielt!«Diese Passage schien mehr als alles andere auszusagen, und er mußte abermals an Colquhouns prophetische Worte denken. Sie bedeutete schlicht und klar, daß alle Verantwortung bei ihm lag. Foley konnte vorschlagen, was er wollte, und einen Landeplatz oder Treffpunkt in völliger Unkenntnis der seemännischen Probleme aussuchen. Und Bolitho sollte das Schiff nahe an die Küste heranbringen und durch kaum vermessene Kanäle in Gewässer vordringen, wo selbst ein Halbblinder den Grund sehen konnte.

Er blickte auf.»Können Sie mir nicht mehr mitteilen, Sir?»

Foley zuckte die Achseln.»Ich habe zwanzig Scouts mitgebracht. Sie werden den ersten Kontakt herstellen müssen.»

Die Pfadfinder waren kurz vor dem Oberst angekommen. Sie waren Kanadier, und in ihren Lederkleidern und Pelzmützen, in der schludrigen Lässigkeit ihres Gehabens schienen sie nichts Soldatisches an sich zu haben.

Bolitho hatte sie beobachtet, wie sie auf dem Geschützdeck herumlümmelten, ihre verschiedenen Waffen reinigten oder träge und mit belustigter Geringschätzung die arbeitenden Seeleute bespöttelten.

Foley schien seine Gedanken zu lesen.»Sie sind gute Soldaten, Kapitän. Sehr erfahren in dieser Art der Kriegführung.»

«Ich dachte, daß Sie ähnliche Unterstützung auch hier im Lande hätten finden können, Sir.»

Foley betrachtete ihn kalt.»Ein Amerikaner ist ein Amerikaner. Ich möchte mich lieber auf keinen von ihnen verlassen müssen, wenn ich andere Leute bekommen kann.»

«Dann scheint es wenig sinnvoll zu sein, den Krieg fortzusetzen, Sir!»

Zum ersten Mal lächelte Foley.»Was ich brauche, ist unbedingtes Vertrauen zu meinen Männern. Idealisten brauche ich nicht.»

Stockdale öffnete die Tür und fragte mit seiner heiseren Stimme:»Sind Sie bereit für die Offiziere, Sir? Gerade hat es acht Glasen geläutet.»

«Ja.»

Bolitho zerrte an seiner Halsbinde. Er ärgerte sich, daß Foleys Hochmut ihn so leicht aufbrachte.

Fitch eilte in die Kajüte und zündete zwei Lampen an, denn trotz der frühen Abendstunde wurde es bereits dämmrig. Der Himmel war ungewöhnlich stark bedeckt, der Wind schralte nach Westen und brachte einen Geruch nach Regen mit. Auch war es heiß und stickig, und als sich die Offiziere in die enge Kajüte gedrängt hatten, war es fast unerträglich.

Bolitho wartete, und als eine kleine Verzögerung eintrat, hörte er wieder das leise Tappen von Foleys Stiefel. Aus der Messe wurden Stühle hereingebracht, und mit unbeholfenem Schieben und Schlurfen fand endlich jeder seinen Platz.

Dann begann Bolitho:»Wir werden, sobald die Besprechung zu Ende ist, Anker aufgehen. Mr. Tyrell, ist alles vorbereitet?»

Tyrells Augen waren auf den Oberst geheftet.»Aye, Sir.»

«Mr. Buckle?»

«Alles klar, Sir.»

Bolitho blickte auf die sorgfältig abgefaßten Einsatzbefehle. Er erinnerte sich an die Überraschung Tyrells, als er vom Admiral zurückkehrte.

«Aber wir hatten noch keine Zeit, Wasser zu übernehmen, Sir«, war er herausgeplatzt.

Der Admiral hatte hinsichtlich der Geheimhaltung zu seinen Worten gestanden. Er erlaubte den Booten der Sparrow nicht, an Land zu fahren, was sie auch immer als Grund angaben.

Ein Glück, daß er nichts davon erfahren hatte, daß Lock sich von einem vorbeifahrenden Leichter an Land hatte bringen lassen.

Genauso heimlich war er wieder mit einigen großen Fässern voll Zitronen und einem ungewöhnlich bekümmerten Gesicht zurückgekehrt. Er hatte in der Eile keinen besonders günstigen Preis aushandeln können.