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«Schalldämpfer«, sagte er scharf. Er war voll Verachtung und gereizt, und seine gummigesichtigen Narren waren ihm ein offensichtlicher Greuel.

Ein Gummigesicht zog einen Schalldämpfer aus seiner Hosentasche, und Cäsar begann, ihn aufzuschrauben. Schalldämpfer bedeuteten blutigen Ernst, wo nackte Läufe das vielleicht nicht taten. Er hatte die Absicht, den Fehler seiner Angestellten aus der Welt zu schaffen. Meine Zukunft sah entschiedenermaßen düster aus. Zeit für ein paar wohlgewählte Worte, vor allem, wenn sie sich als meine letzten erweisen sollten.

«Ich bin nicht Griffons Assistent«, sagte ich.»Ich bin sein Sohn.«

Er war fertig mit dem Aufschrauben des Schalldämpfers und machte sich daran, ihn auf meine Brust zu richten.

«Ich bin Griffons Sohn«, wiederholte ich.»Und was genau soll das Ganze eigentlich?«

Der Schalldämpfer erreichte den Breitengrad meines Herzens.

«Wenn Sie mich töten«, sagte ich,»könnten Sie mir zumindest sagen, warum.«

Meine Stimme klang mehr oder weniger normal. Er konnte, wie ich hoffte, nicht sehen, daß mir am ganzen Körper der Schweiß ausbrach.

Eine Ewigkeit verstrich. Ich starrte ihn an. Er starrte zurück. Ich wartete. Wartete, während die Zahnräder in seinem Gehirn ineinandergriffen: Wartete darauf, daß ein Daumen nach dem anderen nach unten zeigte, klick, klick, klick, wie bei einem Spielautomaten, der mit drei Nieten das Aus verkündet.

Schließlich sagte er, ohne die Pistole einen Millimeter zu senken:»Wo ist Ihr Vater?«

«Im Krankenhaus.«

Neuerliche Pause.

«Wie lange wird er dort bleiben?«

«Das weiß ich nicht. Zwei oder drei Monate vielleicht.«

«Wird er sterben?«

«Nein.«

«Was ist los mit ihm?«

«Er hatte einen Autounfall. Vor einer Woche. Hat sich ein Bein gebrochen.«

Wieder Pause. Die Waffe rührte sich immer noch nicht. Niemand, dachte ich wild, sollte so unfair sterben. Aber Menschen starben unfair. Wahrscheinlich hatte es nur einer von einer Million wirklich verdient. Der Tod an sich war etwas Unfaires, aber in mancher Gestalt eben unfairer als in anderen.

Mord, so erschien es mir mit Nachdruck, war die unfairste Todesart von allen.

Alles, was er am Ende — in milderem Ton — sagte, war:»Wer wird in diesem Sommer die Pferde trainieren, wenn es Ihrem Vater nicht gut genug geht?«

Nur lange Erfahrung mit gerissenen Verhandlungspartnern, die mit großen Drohungen um sich warfen, so daß sie ihre eigentlichen Ziele erreichen konnten, indem sie sie als harmlose Nebensächlichkeit präsentierten, bewahrte mich davor, ins offene Messer zu laufen. Um ein Haar und aus Erleichterung über eine so arglose Frage hätte ich ihm die Wahrheit gesagt: daß darüber noch nicht entschieden war. Wenn ich das getan hätte, so begriff ich später, hätte er mich erschossen, denn was er wollte, ging ausschließlich den augenblicklichen Trainer von Rowley Lodge an. Temporäre Stellvertreter, irrtümlich entführt, waren zu gefährlich, als daß man sie frei herumlaufen und alles mögliche erzählen lassen konnte.

Instinktiv antwortete ich also:»Ich werde sie selbst trainieren«, obwohl ich nicht die geringste Absicht hatte, dies länger zu tun, als ich brauchte, um jemand anderes zu finden.

Es war tatsächlich die entscheidende Frage gewesen. Der furchteinflößende schwarze Kreis des Schalldämpferlaufs senkte sich um einen Bruchteil, wurde zur Ellipse, verschwand vollkommen. Er legte die Waffe auf seinen Schoß und balancierte sie auf einem wohlgepolsterten Oberschenkel.

Mein Atem hob und senkte meine Brust in hektischen Stößen, und die Lösung der unmittelbaren Anspannung verursachte mir Übelkeit. Nicht, daß plötzlich absolute Sicherheit als

Verheißung am Horizont aufgeflackert wäre. Ich war immer noch gefesselt und in einem fremden Haus, und ich hatte immer noch keine Ahnung, zu welchem möglichen Zweck ich als Geisel dienen konnte.

Der dicke Mann beobachtete mich weiter. Dachte weiter nach.

Ich versuchte, die Steifheit, die in meine Muskeln kroch, zu mildern, versuchte, die unbedeutenden Schmerzen und das pochende Kopfweh auszublenden, die ich nicht im geringsten wahrgenommen hatte, solange ich einer noch größeren Bedrohung gegenübergestanden hatte.

Im Zimmer war es kalt. Die Gummigesichter schienen es mollig warm zu haben in ihren Masken und Handschuhen, und der dicke Mann war gut isoliert und unempfindlich, aber in meinem Falle trug die Kälte eindeutig das Ihre zu meinem Jammer bei. Ich fragte mich, ob die Kälte als psychologische Einschüchterungsmaßnahme für meinen schon älteren Vater geplant oder ob sie einfach nur Zufall war. Nichts in dem Raum machte einen gemütlichen, bewohnten Eindruck.

Alles in allem war es ein Mittelklassewohnzimmer in einem kleinen Mittelklassehaus, erbaut, so schätzte ich, in den dreißiger Jahren. Man hatte die Möbel vor die gestreifte, cremefarbene Tapete geschoben, um dem dicken Mann ausreichenden Handlungsspielraum zu geben: Möbel, die aus einer phantasielosen dreiteiligen, mit rosafarbenem Chintz bezogenen Sitzgarnitur bestanden, einem Klapptisch, einer Stehlampe mit pergamentfarbenem Schirm und einer Glasvitrine mit gähnender Leere hinterm Glas. Auf dem auf Hochglanz gebrachten Birkenparkett lagen keine Teppiche, es gab keinen Schnickschnack, keine Bücher, keine Zeitschriften, überhaupt nichts Persönliches. So kahl wie die Seele meines Vaters, aber nicht sein Geschmack.

Der Raum paßte nicht im geringsten zu dem, was ich bisher von der Persönlichkeit des dicken Mannes gesehen hatte.

«Ich werde Sie freilassen«, sagte er,»unter gewissen Bedingungen.«

Ich wartete. Er schätzte mich ab und ließ sich immer noch Zeit.

«Wenn Sie meine Anweisungen nicht aufs genaueste befolgen, werde ich Ihren Vater ruinieren.«

Ich spürte, wie mein Mund sich erstaunt öffnete. Ich klappte ihn wieder zu.

«Ich nehme an, Sie bezweifeln, daß ich das tun könnte. Zweifeln Sie nicht. Ich habe schon Besseres zerstört als den kleinen Reitstall Ihres Vaters.«

Ich reagierte nicht auf die Stichelei mit dem Wort» klein«. Vor Jahren schon hatte ich gelernt, daß man sich, wenn man auf Sticheleien reagiert, eine Verteidigungshaltung aufzwingen läßt, die nur dem Gegner nutzt. In Rowley Lodge standen, wie er zweifellos wußte, fünfundachtzig Vollblüter, deren Gesamtwert sechs Millionen Pfund überstieg.

«Wie?«fragte ich ohne Umschweife.

Er zuckte mit den Schultern.»Was wichtig für Sie ist, ist nicht, wie ich es tun könnte, sondern wie Sie mich davon abhalten können. Und das ist natürlich vergleichsweise einfach.«

«Nur die Pferde nach Ihren Instruktionen laufen lassen?«meinte ich in neutralem Ton.»Nur auf Befehl verlieren?«

Ein Anfall neu entfachten Zorns verzerrte die dicklichen Gesichtszüge, und die Pistole hob sich um fünfzehn Zentimeter von seinem Knie. Die Hand, die sie hielt, entspannte sich langsam, und er legte sie wieder hin.

«Ich bin«, sagte er schwerfällig,»kein mieser, kleiner Gauner.«

Aber du reagierst auf eine Beleidigung, dachte ich, selbst auf eine, die nicht beabsichtigt war, und eines Tages, wenn das Spiel lange genug dauerte, würde mir das vielleicht einen Vorteil verschaffen.

«Ich entschuldige mich«, sagte ich ohne Sarkasmus.»Aber diese Gummigesichter sind nicht gerade Spitzenklasse.«

Er warf einen gereizten Blick auf die beiden Gestalten, die hinter mir standen.»Die Masken sind ihre eigene Wahl. Sie fühlen sich sicherer, wenn man sie nicht erkennen kann.«

Wie Strauchdiebe, dachte ich, die am Ende baumeln.

«Sie können Ihre Pferde laufen lassen, wie Sie wollen. Sie haben absolute Wahlfreiheit… mit einer Ausnahme.«

Ich gab keinen Kommentar. Er zuckte mit den Schultern und fuhr fort.

«Sie werden jemanden einstellen, den ich Ihnen schicke.«