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Ich beschleunigte meinen Schritt, ging durch die Tore zu den unteren Stallgassen. Durch das Tor auf der anderen Seite. Über den kleinen Trabring. Hinaus auf die Heide. Wandte mich nach links.

Bitte, laß ihn zurückkommen, dachte ich. Laß ihn zurückkommen. Lancat, der von seinem Ausflug zurückkehrte, gesattelt und aufgezäumt und bereit loszureiten. Er war da, kam am Zaun entlang auf mich zu, geführt von einem der weniger tüchtigen Reiter, zurückgeschickt von Etty, da er ihr bei den Galopps nur von geringem Nutzen sein konnte.

«Helfen Sie mir, meinen Pullover auszuziehen«, sagte ich drängend.

Er sah überrascht aus, aber Pfleger, die mein Vater ausgebildet hatte, machten niemals irgendwelche Einwände. Er half mir, den Pullover auszuziehen. Er war keine Florence Nightingale. Ich wies ihn an, mir auch die Schlinge abzunehmen. Niemand konnte mit einer Schlinge vernünftig reiten.

«Jetzt helfen Sie mir rauf.«

Er tat auch das.

«Okay«, sagte ich.»Gehen Sie rein. Ich werde Lancat später zurückbringen.«

«Jawohl, Sir«, sagte er. Und wenn ich ihm befohlen hätte, einen Kopfstand zu machen, hätte er auch nichts anderes gesagt als» Jawohl, Sir«.

Ich lenkte Lancat zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Dann ließ ich ihn über die Schrittbahn traben. Zu langsam. Viel zu langsam. Begann zu kantern und brach damit die Regeln der Heide. Es war schrecklich. Ich riß ihn herum, auf die Bury-Hill-Bahn, die während der nächsten vierzehn Tage eigentlich nicht benutzt werden durfte, und hielt direkt auf die Bury-Road-Kreuzung zu.

Könnte genausogut galoppieren… Ich legte die ersten tausend Meter auf der Galoppbahn zurück und die nächsten sechshundert auf der Schrittbahn, ohne viel langsamer zu werden, und erschreckte eine Reihe frühmorgendlicher Autofahrer, als ich die Hauptstraße überquerte.

Zu viele Pferde auf der Waterhall-Bahn. Aus einer Entfernung von mehr als einer halben Meile konnte ich das Rowley-Lodge-Lot nicht von den anderen unterscheiden. Alles, was ich sehen konnte, war, daß es noch nicht zu spät war. Die morgendliche Szene war friedlich und wohlgeordnet. Keine zu Tode erschrockenen Menschentrauben, die sich über blutende Leiber beugten.

Ich ließ Lancat weiter galoppieren. Er hatte vor zwei Tagen ein hartes Rennen gehabt, und ich hätte ihn eigentlich nicht so fordern dürfen, wie ich es tat… Er war schnell und bereitwillig, aber ich ritt ihn zuschanden.

Es war technisch ziemlich schwierig, mit einem Rucksackverband zu reiten, ganz zu schweigen von allem anderen. Der Boden sah außerdem sehr hart aus und lag viel zu weit unten. Ich blieb im Sattel, weil dies das geringere von zwei beträchtlichen Übeln war. Ich wünschte allerdings inbrünstig, ich wäre zu Hause geblieben. Ich kannte die Geschichten von Jockeys, die mit gebrochenen Schlüsselbeinen Jagdrennen ritten. Sie waren verrückt. Das taten nur Irre.

Ich konnte Etty sehen. Konnte einige der vertrauten Pferde sehen.

Ich konnte Alessandro und Lucky Lindsay sehen.

Ich war zu weit weg, als daß sie mich hätten hören können, selbst wenn ich genug Luft gehabt hätte, um zu schreien, und keiner von ihnen blickte nach hinten.

Alessandro spornte Lucky Lindsay zu einem schnellen Kanter an und jagte mit zwei anderen Pferden die Line-Galoppbahn hinauf.

Eine Meile entfernt, oben am anderen Ende des Hügels, waren Bäume und Gebüsch und ein kleines Wäldchen.

Und Carlo. Und Cal.

Ich hatte ein schreckliches Vorgefühl von unvermeidlichem Unglück; es war wie in einem Alptraum, in dem man versucht, durch eine Sirupmasse wegzulaufen. Lancat konnte den frischen Lucky Lindsay oben auf der Galoppbahn unmöglich einholen. Die einzige Möglichkeit bestand darin, ihm den Weg abzuschneiden, aber auch da konnte ich mich so entsetzlich leicht verkalkulieren.

Ich ritt quer durch Waterhall, galoppierte über die Kanterbahn und stürmte dann über die Mittelbahn, und zwar genau entgegengesetzt zu den Pferden, die dort arbeiteten. Zornige Schreie von allen Seiten konnten mich nicht aufhalten. Ich hoffte, Lancat würde genug Vernunft besitzen und nicht frontal in ein anderes Pferd hineinlaufen, aber abgesehen davon war meine einzige, meine allumfassende, ausschließliche, verzehrende Sorge, Alessandro zu erwischen, bevor eine Kugel es tat.

Endlose Meter über Gras… nur eine Meile, plusminus… aber endlos. Lancat wurde müde, und jeder neue Schritt kostete ihn größere Mühe… Sein flüssiger Rhythmus war zu ruckartigem Stoßen geworden. Er würde monatelang kein Rennen bestreiten können… Ich forderte seine Reserven, die letzten Vorräte an Kraft, die er besaß… und er gab sie großzügig hin.

Endlose Meter… und nicht im richtigen Winkel… Lancat wurde langsamer — ich würde die Line-Galoppbahn erst erreichen, nachdem Alessandro vorbei war. Ich hielt mich weiter rechts… schwankte gefährlich im Sattel, konnte mit meiner linken Hand nicht einmal die Zügel halten und wollte mich mit meiner rechten an den Halsriemen klammern, wollte mich um des lieben Lebens willen festklammern, doch wenn ich mich festklammerte, konnte ich nicht lenken… Es war nicht weit, nicht wirklich weit. Überhaupt keine Entfernung für ein frisches Pferd. Überhaupt keine Entfernung für Lucky Lindsay.

All diese Bäume und Büsche da vorn. Irgendwo dort drin lagen Carlo und Cal… Und wenn Enzo nicht wußte, wo, würde er sie nicht finden. Die Leute lagen nicht für jedermann sichtbar herum, nicht mit einer auf ein galoppierendes Pferd zielenden Lee Enfield; und Cal würde auf dem Boden liegen müssen. Würde es müssen, um genau genug zielen zu können. Die Lee Enfield schoß so präzise wie keine andere Waffe, aber nur, wenn man während des Zielens und Abfeuerns auf dem Boden lag. Sie hatte einen zu starken Rückstoß, um noch zuverlässig zu sein, wenn der Schütze stand.

Enzo würde sie nicht finden. Vielleicht würde er den Wagen finden. Alessandros Mercedes. Aber er würde Carlo und Cal nicht finden, bis das donnernde Krachen ihren Standort verriet… Und selbst dann würde niemand außer Enzo sie finden, bevor sie den Wagen erreichten und davonfuhren. Alle würden sich auf Alessandro konzentrieren, Alessandro mit einem gewaltigen Loch in der Brust, Alessandro in seinem kamelfarbenen Pullover und dem blauen Hemd, die genauso waren wie die

Kleidungsstücke, die Tommy Hoylake trug.

Carlo und Cal kannten Alessandro… Sie kannten ihn gut… aber sie glaubten, er habe seinem Vater gehorcht und sei im Hotel geblieben… Und ein Jockey sah so ziemlich wie der andere aus, aus einer gewissen Entfernung auf einem galoppierenden Pferd.

Alessandro, dachte ich. Alessandro, der an dem goldenen Maimorgen immer weiter galoppierte. direkt in den Tod.

Schneller konnte ich nicht. Lancat konnte nicht schneller. Über den Atem des Pferdes konnte ich nichts sagen, aber meiner ging nur noch in gewaltigen Stößen. Mehr Schluchzer, möchte ich sagen. Ich hätte wirklich zu Hause bleiben sollen.

Ich steuerte noch eine Spur mehr nach rechts und trieb Lancat an. Schwächlicher Versuch. Steigerte das Tempo nicht im mindesten.

Wir kamen näher. Der Winkel wurde plötzlich schärfer, als die Line-Bahn ihre Kehre nach rechts machte. Lucky Lindsay kam um die Ecke, raste auf den Streckenabschnitt zu, auf dem Alessandro am verwundbarsten sein würde… Carlo und Cal waren bestimmt dort… dort vorne, denn Cal konnte sichergehen, daß er einen Mann treffen würde, der direkt auf ihn zukam… Auf diese Weise gab es nicht dieselben Probleme, wie wenn man versuchte, ein bewegliches Ziel zu treffen.

Sie mußten auch mich sehen können, dachte ich. Aber wenn Cal durch sein Visier blickte und das Fadenkreuz im Ring auf Alessandros braunen Pullover und den schwarzen, gesenkten Kopf richtete, würde er mich nicht bemerken… und würde ohnehin nichts Besonderes darin sehen, nur ein weiteres Pferd, das über die Heide galoppierte.

Lancat schwenkte aus eigenem Antrieb auf Lucky Lindsay zu und nahm das Rennen auf… Durch und durch Kämpfernatur, die er selbst in der totalen Erschöpfung noch war, entschlossen, den Kopf nach vorn zu bekommen.