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Unserem Freund, dem Korrespondenten, gelang es in einer kleinen Pause, eines der Delegierten von Peru habhaft zu werden, knapp darauf brachte er auch einen Repräsentanten von Ecuador herbei. In einem tiefen Ledersofa draußen in einem Vorraum lauschten sie interessiert unserem Plan, über das Meer zu fahren, um die Theorie zu stützen, daß ein altes Kulturvolk aus ihrem eigenen Heimatland zuerst die Südseeinseln entdeckt hätte. Beide versprachen, ihre Regierungen zu verständigen, und garantierten uns beste Unterstützung, wenn wir in ihre Heimat kämen.

Trygve Lie, der die Vorhalle passierte, besuchte uns, als er hörte, daß wir Landsleute wären, und jemand schlug vor, er solle uns auf dem Floß begleiten, aber er hatte genug mit den Stürmen an Land zu tun. Der Vizesekretär der UN, Dr. Benjamin Cohen aus Chile, war selbst ein bekannter Amateurarchäologe und gab uns einen Brief an den Präsidenten von Peru mit, der sein persönlicher Freund war.

Im Saal trafen wir auch den Gesandten Norwegens, Wilhelm Morgenstierne, der von da an der Expedition unschätzbare Dienste leistete.

Dann kauften wir zwei Flugkarten und flogen nach Südamerika. Als die vier schweren Motoren einer nach dem anderen zu dröhnen begannen, sanken wir erschöpft in die tiefen Lederpolster zurück. Wir hatten das unsäglich erleichternde Gefühl, daß die erste Phase des Programms überstanden war. Jetzt ging es geradewegs ins Abenteuer.

3. Nach Südamerika

Landung am Äquator. Balsaprobleme. Flug nach Quito. Kopfjäger und Bandidos. Im Jeep über die Anden. In die Dschungeltiefe. In Quevedo. Wir fällen Balsabäume. Auf dem Floß den Palenque-Fluß hinab. Der verlockende Marinehafen. Im Manneministerium in Lima. Beim Präsidenten von Peru. Bengt Danielsson. Von neuem nach Washington. Zwölf Kilo Akten. Hermanns Feuertaufe. Floßbau im Kriegshafen. Wohlmeinende Warnungen vor dem Start. Harte Argumente. Taufe der »»Kon-Tiki« im Jachtclub von Callao. Abschied von Südamerika.

Als das Flugzeug den Äquator passierte, tauchte es schräg durch die milchweiße Wolkendecke, die bisher wie eine blendende Schneefläche in der prallen Sonne unter uns gelegen hatte. Weiße Nebelschwaden zogen an den Fenstern vorbei, bis sie sich wieder auflösten und über uns als Wolken schwebten, während sich unter uns das grüne Dach des wogenden Dschungels zeigte. Wir flogen über die südamerikanische Republik Ecuador und landeten in der tropischen Hafenstadt Guayaquil. Jacke, Weste und den unzeitgemäßen Wintermantel auf dem Arm, krochen wir hinaus in die Treibhauswärme unter plappernde Südländer im Tropenanzug. Plötzlich fühlten wir das Hemd wie nasses Papier am Rücken kleben. Zollbeamte und Einwanderungsoffiziere umringten uns und trugen uns förmlich hinaus in ein Taxi, das uns zu dem besten und auch einzig möglichen Hotel der Stadt brachte, wo wir uns beide aufs rascheste in unsere Badewannen verzogen, um uns flach unter den Kaltwasserhahn zu legen.

Wir waren jetzt glücklich in dem Land, wo die Balsabäume wachsen, um hier die Stämme für unser Floß zu kaufen.

Der erste Tag verging, bis wir uns mit dem Geld auskannten und genügend Spanisch verstanden, um zum Hotel zurückzufinden. Am zweiten Tag wagten wir uns in ständig größer werdenden Kreisen von der Badewanne fort, und als Hermann endlich die Sehnsucht seiner Jugend gestillt hatte, auf eine richtige Palme zu klettern, und ich wie eine lebende Schale von Fruchtsalat herumwandelte, entschlossen wir uns, an den Balsahandel zu schreiten.

Dies war indessen leichter gesagt als getan. Balsa können wir zwar in Mengen kaufen, aber nicht in Form ganzer Bäume, wie wir sie ja brauchten. Die Tage waren längst vorbei, in denen dieses wunderbare Holz leicht erreichbar unten an der Küste gewachsen war. Auch dem hatte der letzte Krieg ein Ende gesetzt. Man hatte die Bäume zu Tausenden gefällt und in die Flugzeugwerke transportiert, weil sie so leicht und luftig waren. Die einzige Stelle, wo sie noch in Mengen wuchsen, war in den Dschungeln im Inneren des Landes, das bekamen wir überall zu hören.

»So fahren wir hin und schlagen sie uns selbst«, sagten wir.

»Unmöglich«, sagten die Zuständigen. »Die Regenzeit hat bereits eingesetzt, und alle Straßen in den Dschungel sind unpassierbar. Dafür sorgen schon die Wildbäche und der tiefe Schlamm. Brauchen Sie Balsabäume, dann kommen Sie in einem halben Jahr wieder nach Ecuador, da ist die Regenzeit vorüber, und die Straßen ins Land hinein sind wieder abgetrocknet.«

In unserer Not besuchten wir Don Gustavo von Buchwald, den Balsakönig von Ecuador, und Hermann rollte seine Skizze des Floßes auf und gab ihm die Maße der Stämme, die wir brauchten. Der kleine, zaundürre Balsakönig griff eifrig nach dem Telefon und setzte alle seine Agenten in Bewegung. Fast in jedem Sägewerk gab es Planken, leichte Bretter und vereinzelte kurze Stümpfe, aber nicht einen einzigen für uns brauchbaren Stamm. In Don Gustavos eigenem Lager befanden sich zwei große trockene Stämme, aber damit kamen wir nicht weit. Es wurde deutlich, die Jagd war umsonst. Aber Don Gustavo gab uns doch einen Hinweis.

»Ich habe einen Bruder, der eine große Balsaplantage besitzt. Er heißt Don Federico und wohnt in Quevedo, einem kleinen Dschungelnest mitten im Lande. Er kann Ihnen alles beschaffen, was Sie brauchen, sobald wir mit ihm nach der Regenzeit Verbindung bekommen. Jetzt aber ist es sinnlos wegen des Dschungelregens.«

Und wenn Don Gustavo sagte, daß es sinnlos war, so war es auch sinnlos für alle Balsakundigen in Ecuador. So standen wir in Guayaquil, ohne die Stämme für das Floß und ohne die Möglichkeit, selbst hinzufahren und die Stämme vor Ablauf vieler Monate zu schlagen, dann, wenn es bereits zu spät war.

»Die Zeit ist knapp«, sagte Hermann.

»Und Balsa müssen wir haben«, fügte ich hinzu. »Das Floß muß eine genaue Kopie sein, sonst haben wir keine Garantie, lebend aus der Sache herauszukommen.«

Im Hotel bekamen wir eine kleine Schulkarte mit grünem Dschungel, braunen Bergen und rotumringelten Orten. Sie verriet uns, daß der Urwald sich ununterbrochen vom Stillen Ozean bis an den Fuß der himmelhohen Anden erstreckte. Mir kam eine Idee. Es war sichtlich unmöglich, jetzt aus dem Küstenstrich durch den Dschungel zu den Balsabäumen zu gelangen, aber wie wäre es, wenn man von der anderen Seite, von den kahlen Flanken der Andenketten in das Innere des Dschungels hinabstieg? Hier bestand eine Möglichkeit, die einzige, die wir entdecken konnten.

Draußen am Flugplatz lag eine kleine Lastenmaschine. Man war gern bereit, uns mit nach Quito hinaufzunehmen, der Hauptstadt dieses merkwürdigen Landes, die hoch oben auf dem Andenplateau liegt, dreitausend Meter über dem Meeresspiegel. Zwischen Kisten und Möbeln durchblickend, erhaschten wir einzelne Ausschnitte von grünem Dschungel und blitzenden Wasserläufen, bevor wir in den Wolken verschwanden. Als wir daraus hervortauchten, lag das Tiefland unter einem endlosen Meer von wogenden Schwaden verborgen. Vor uns aber türmten sich kahle Hänge und nackte Bergspitzen aus dem Nebelmeer empor und ragten in einen strahlenden, tiefblauen Himmel.

Wie mit einem unsichtbaren Aufzug hob sich das Flugzeug über die Ketten. Trotz des Klimas und obwohl der Äquator in unserem Gesichtskreis war, hatten wir schließlich schimmernde Schneefelder unter uns. Geschickt glitt das Flugzeug zwischen den Gipfeln hindurch und kam über ein saftiges, frühlingsgrünes Hochgebirgsplateau, wo wir in unmittelbarer Nähe einer der eigenartigsten Hauptstädte der Welt landeten.

Von Quitos über 200 000 Einwohnern sind die allermeisten mehr oder minder reinblütige Bergindianer, denn Quito war schon lange, bevor Kolumbus Amerika erreichte, die Hauptstadt ihrer Vorväter. Uralte Klöster mit unfaßbar reichen Kunstschätzen prägen das Bild der Stadt. Sie und andere prachtvolle Bauwerke der Spanierzeit überragen weitaus die niedrigen Dächer der nach dem Gebrauch des Landes aus großen Blöcken erbauten und mit Lehm verschmierten Indianerhütten. Ein Labyrinth gewundener Gänge zieht sich zwischen ihnen hin, und hier trafen wir ein lebendiges Gewimmel von Bergindianern in rotbunten Mänteln mit großen, selbstgemachten Hüten. Viele waren mit ihren Packeseln auf dem Weg zum Markt. Andere kauerten an den Häusern und dösten in der Sonne. Mit halber Fahrt und unter ständigem Hupen gelang es manchmal primitiven Autos, in denen weißgekleidete Aristokraten spanischer Herkunft saßen, sich in den schmalen Durchgängen zwischen Kindern, Eseln und barfüßigen Indianern ihren Weg zu bahnen. Die Luft hier auf dem Hochplateau war so leuchtend kristallklar, daß die Berge ringsum unmittelbar hinter den Häusern aufzuragen schienen und dadurch noch dazu beitrugen, diese Atmosphäre des Unwirklichen und Jenseitigen zu erhöhen.