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Walbesuch war überhaupt häufig. Meistens waren das kleine Spring-und Zahnwale, die sich in großen Schwärmen um uns auf der Wasserfläche herumtummelten, und ab und an waren es auch fette Pottwale und große Bartenwale, die entweder vereinzelt oder in kleinen Herden auftauchten. Manchmal zogen sie vorbei wie ein Schiff am Horizont, während sie hin und wieder ihren Atemstrahl zum Himmel emporschickten, aber manchmal setzten sie auch genau Kurs auf uns. Wir waren auf eine bösartige Kollision gefaßt, als das erste Mal ein solcher schwerer Riese von einem Wal seinen Kurs änderte und zielbewußt in genauer Richtung auf das Floß angeschwommen kam. Je mehr er sich näherte, desto deutlicher konnten wir ihn in schweren und langgestrecktem Stoß pusten und blasen hören, jedesmal wenn er seinen Kopf über das Wasser herauf rollte. Er war wie ein enorm dickhäutiges und unförmiges Landtier, das rauschend durch das Wasser kam. Er hatte ebensowenig mit einem Fisch zu tun wie eine Fledermaus mit einem Vogel. Er kam genau von Backbord auf uns zu, wo wir vollzählig auf der Floßkante standen, während ein Mann auf der Mastspitze saß und herunterrief, er sähe weitere sieben bis acht Stück, die ebenfalls auf dem Wege zu uns seien. Die große und glänzende, prachtvolle schwarze Schädelwölbung des ersten Wales war nicht mehr als zehn Meter von uns entfernt, als er sich unter die Wasserfläche sinken ließ. Dann sahen wir den ungeheuren, blauschwarzen Walrücken ruhig unter das Floß gleiten, genau unter unsere Füße. Hier lag er einen Augenblick dunkel und unbeweglich, und wir hielten den Atem an, als wir auf die gigantische, gewölbte Rückenfläche dieses Säugers niedersahen, der erheblich länger war als das ganze Floß. Dann ließ er sich langsam weiter hinuntersinken durch das bläuliche Wasser und schwand uns aus den Augen. In der Zwischenzeit hatten wir die ganze Meute auf den Leib bekommen, aber sie wollten uns nichts Böses. Wale, die ihre Riesenkräfte mißbraucht und Walfänger mit ihrem Schwanz zum Sinken gebracht hatten, waren vermutlich selbst zuerst angegriffen worden. Den ganzen Vormittag hindurch hatten wir die pustende und blasende Gesellschaft um uns. Ihre Fontänen wuchsen in die Luft, wo wir sie am allerwenigsten erwarteten, ohne daß sie selbst das Floß oder das Steuerruder auch nur streiften. Sie hatten förmlich ihren Spaß daran, sich frei in Sonne und See zu tummeln. Aber um die Mittagszeit tauchte der ganze Schwarm wie auf ein gegebenes Signal unter und war verschwunden.

In unserer Bambushütte finden wir Schutz gegen den Wind und Schatten vor der Tropensonne. Zwischen den Wänden von geflochtenem Bambus und unter einem Dach von Bananenblättern fühlen wir uns wie im Urwald. Von links nach rechts: Watzinger, Haugland, Raaby, Danielsson und der Verfasser.

 

Oben: Unter dem bärtigen Antlitz Kon-Tikis. Das Gesicht auf dem Segel ist einer Bildsäule jenes verschwundenen Monarchen nachgebildet, der ein hellhäutiges Kulturvolk vor fünfzehnhundert Jahren denselben Weg übers Meer führte.

Unten: Flauer Wind und tropische Wärme plagen uns wenig. An schönen Tagen unternehmen wir in einem kleinen Gummiboot weite Ausflüge aufs Meer hinaus.

 

Nicht nur Wale bekamen wir unter dem Floß zu sehen. Wenn wir die Schilfmatten hoben, auf denen wir schliefen, sahen wir zwischen den klaffenden Stämmen direkt in das kristallklare Wasser hinab. Warteten wir einen Augenblick, so sahen wir eine Brust- oder Schwanzflosse vorbeiziehen, und bisweilen bekamen wir ganze Fische vor unsere staunenden Augen. Wären die Zwischenräume ein paar Zoll breiter gewesen, so hätten wir gemütlich im Bett liegenbleiben und mit einer Schnur unter den Matratzen fischen können.

Vor allem hielten sich Dolfine und Lotsenfische ans Floß. Von dem Augenblick, an dem sich die ersten Dolfine in der Strömung vor Callao uns anschlossen, verging nicht ein Tag auf der ganzen Reise, an dem uns diese großen Fische nicht umkreisten. Wir wußten nicht, was sie zum Floß zog. Aber entweder war es die magische Wirkung des reibenden Daches oder es war die reichliche Nahrung in unserem Küchengarten aus Tang, Seegras und Entenmuscheln, die wie Girlanden hinter allen Stämmen und hinter dem Steuerruder hingen. Es begann mit einer dünnen Lage von glattem Grünzeug, aber bald wuchsen die grünen Tangbüschel mit verblüffender Geschwindigkeit heraus. So glich die »Kon-Tiki« bald einem bärtigen Wassermann, der sich durch die Wogen schob, und drinnen im Tang bildete sich ein beliebter Aufenthaltsplatz für winzige Fischbrut und unsere blinden Passagiere, die Krabben.

Es war eine Zeit, in der die Ameisen an Bord überhandzunehmen drohten. Eine kleine Art Ameisen muß in einem der Stämme gewesen sein, und als wir auf See kamen und die Feuchtigkeit in das Holz einzudringen begann, da wimmelten sie hervor bis in unsere Schlafsäcke. Sie überschwemmten aber auch alles und bissen und quälten uns so, daß wir schon meinten, sie würden uns vom Floß vertreiben, Aber später, als sie auf dem Meer immer mehr in die Feuchtigkeit gerieten, ging es ihnen auf, daß hier nicht ihr richtiges Element war. Nur vereinzelte Exemplare hielten stand, bis wir die andere Seite des Meeres erreichten. Neben den Krabben gefiel es den drei bis vier Zentimeter langen Entenmuscheln am besten auf dem Floß. Sie wuchsen zu Hunderten hier, besonders in Lee, neue Larven setzten sich fest und wuchsen heran, wenn wir die alten in den Suppentopf pflückten.

Die Entenmuscheln waren frisch und schmeckten delikat. Der Tang wurde als Salat gepflückt, war eßbar, aber weniger gut. Daß die Dolfine sich in unserem Grünzeuggarten versorgten, bekamen wir zwar nie direkt zu sehen, aber ständig wendeten sie den blinkenden Bauch in die Luft und strichen unter die Stämme.

Der Dolfin, ein farbenreicher tropischer Fisch, darf nicht mit dem Delphin verwechselt werden, der ein kleiner Zahnwal ist. Der gewöhnliche Dolfin hat eine Länge von l bis 1,35 Meter, ist auf der Seite stark abgeflacht, mit einer enormen Höhe über Kopf- und Nackenpartie. Einmal maßen wir bei einer Länge von 1,34 Meter eine Kopfhöhe von 37 Zentimeter. Er hat eine prächtige Farbe. Im Wasser schillert er wie eine Schmeißfliege in Blau und Grün, während seine Flossen goldgelb glitzern. Aber zogen wir ihn an Bord, so bekamen wir ein wunderliches Schauspiel zu sehen. Wenn er starb, veränderte er allmählich seine Farbe und wurde silbergrau mit schwarzen Flecken, und schließlich wurde er einfarbig silberweiß. Das dauerte vier bis fünf Minuten, und zuletzt kamen die alten Farben langsam wieder zurück. Sogar im Wasser konnte der Dolfin bei gewissen Veranlassungen seine Farbe wechseln wie ein Chamäleon, und oft sahen wir eine »ganz neue Art« von kupferglänzenden Fischen, die sich bei näherer Bekanntschaft als unser altes Gefolge, die Dolfine, entpuppten.

Die hohe Stirn gab dem Dolfin das Aussehen einer flachgedrückten Bulldogge, und diese Stirn fährt immer über die Wasserfläche dahin, wenn der Raubfisch selbst wie ein Torpedo hinter einem fliehenden Schwarm fliegender Fische dahinrauscht. Wenn er guter Laune war, legte er sich auf die Seite, nahm rascheste Fahrt, bis er hoch in die Luft sprang und platt wie ein Pfannkuchen herunterklatschte, daß eine Fontäne in die Höhe ging. Er war noch nicht ganz im Wasser, als er noch einmal einen Schwung hinauftat und wieder einen, über die Dünungen hinweg. Aber wenn er schlechter Laune war, wie zum Beispiel, wenn wir ihn auf das Floß zogen, dann biß er. Torstein lief längere Zeit mit einem Lappen um die große Zehe herum, weil er sie irrtümlich in das Maul eines Dolfins gesteckt hatte, der es schloß und noch ein bißchen extra darauf kaute. Nach der Heimkunft erfuhren wir, daß der Dolfin badende Menschen angreift und mit größtem Vergnügen verspeist. Das war nun für uns wenig schmeichelhaft, denn wir pflegten täglich unter ihnen zu baden, ohne daß sie sich besonders für uns interessiert hätten. Aber sie waren fürchterliche Raubtiere, denn wir fanden sowohl Tintenfische wie auch ganze fliegende Fische in ihrem Magen. Fliegende Fische waren überhaupt ihr Leibgericht. Auf alles, was auf die Wasserfläche klatschte, jagten sie blind zu in der Hoffnung, daß es ein fliegender Fisch sei. Manche verschlafene Morgenstunde, wenn wir gerade aus der Hütte krochen und halbwach die Zahnbürste in die See tauchten, erwachten wir mit einem Ruck, wenn ein fünfzehn Kilogramm schwerer Fisch wie ein Blitz unter dem Floß hervorgeschossen kam und enttäuscht sein Gebiß in die Zahnbürste schlug. Und wenn wir uns friedlich mit dem Frühstück auf der Floßkante zurechtsetzten, kam es vor, daß sie in die Höhe sprangen und einen von ihren kräftigsten Seitenplatschern taten, so daß uns das Seewasser den Rücken hinabfloß und in unser Essen spritzte.