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Torstein setzte unserer Fischerei die Krone auf, als wir eines Tages beim Mittagessen saßen. Plötzlich legte er die Gabel weg und steckte die Hand ins Meer. Ehe wir uns dessen versahen, wirbelte das Wasser hoch auf, und ein großer Dolfin landete zappelnd unter uns. Torstein hatte seine Klaue um das kurze Ende einer Fischleine geschlagen, die ruhig vorbeigeglitten kam. An ihrem anderen Ende aber hing ein vollständig überrumpelter Dolfin, der Erich wenige Tage vorher mit einem Haken durchgegangen war.

Es verging kein Tag, ohne daß wir sechs bis sieben Dolfine um uns hatten, die uns in Kreisen und unterhalb des Floßes folgten. An schlechten Tagen waren es vielleicht nur zwei oder drei, aber am Tage darauf konnten wieder dreißig und vierzig auf einmal auftauchen. In der Regel genügte es daher, den Koch zwanzig Minuten vorher zu verständigen, wenn wir frischen Fisch zum Mittag wünschten. Dann band er eine Schnur an eine kurze Bambusstange und hängte einen halben fliegenden Fisch an den Haken. Wie ein Blitz war der Dolfin da, durchschnitt die Wasserfläche mit seiner prachtvollen Stirn und jagte auf den Happen zu, zwei oder drei andere in seinem Kielwasser. Der Dolfin war ein prächtiger Gesell und kein Spielverderber. Frisch gefangen, war er kernfest und delikat wie eine Mischung von Dorsch und Lachs. Zwei Tage hielt er sich auch gut, und mehr war gar nicht für uns notwendig, denn es gab genug Fische im Meer.

Mit den Lotsenfischen wurden wir auf eine andere Art bekannt. Ein Hai brachte sie mit und ließ sie uns nach seinem Tode adoptieren. Wir waren noch nicht lange auf See gewesen, als wir schon den ersten Haibesuch bekamen, und Haie wurden rasch ein fast alltägliches Ereignis. Es kam vor, daß sie nur auf Inspektion des Floßes angesegelt kamen und weiter auf Raub zogen, nachdem sie uns ein- oder zweimal umkreist hatten. Aber meistens hielten sich die Haie in unserem Kielwasser dicht hinter dem Steuerruder. Hier zogen sie uns lautlos nach und kurvten von Steuerbord nach Backbord, während sie nur selten bedächtig mit dem Schwanz schlugen, um Schritt zu halten mit dem ruhigen dahingleiten des Floßes. Der blaugraue Haikörper spielte im Sonnenlicht dicht unter dem Wasserspiegel ins Braune. Sie folgten den Wogen auf und nieder, so daß die Rückenflosse immer verräterisch in die Luft stach. War schwere See, konnten sie oft mit den Wogenwänden hoch über unser eigenes Niveau gehoben werden, so daß wir sie direkt von der Seite sahen, während sie würdig mit ihrem wimmelnden Gefolge von kleinen Lotsenfischen vor dem breiten Maul wie hinter einer Glaswand dahinschwammen. Einige Sekunden konnte es aussehen, als ob sie und ihr gestreiftes Gefolge genau zu uns an Bord geschwommen kämen, bevor sich das Floß elegant überlegte, sich auf den Wogenkamm hinaufschwang und auf der anderen Seite wieder heruntersank.

Im Anfang hatten wir großen Respekt vor dem Hai wegen seines Renommees und seines schreckeneinjagenden Aussehens. Es war eine gnadenlose Kraft in diesem stromlinienförmigen Körper, der nur aus einem einzigen stählernen Muskelbündel bestand. Es war eine kalte Gier in dem breiten, flachen Kopf mit den kleinen, grünen Katzenaugen und dem enorm klaffenden Maul, das Fußbälle schlucken konnte.

Wenn der Steuermann rief: »Hai Backbord!« oder »Hai Steuerbord!« pflegten wir nach Handharpunen und Haigabeln hinauszufahren und uns längs der Kante des Floßes aufzustellen. Er glitt meistens rund um uns herum, die Rückenflosse dicht an den Stämmen. Und der Respekt vor dem Hai stieg, als wir sahen, daß sich die Gabeln wie Spaghetti verbogen, wenn wir sie gegen den Sandpapierpanzer des Rückens stießen, und die Speerspitzen der Harpunen in der Hitze des Kampfes brachen. Alles, was wir erreichen konnten, wenn wir die Haihaut bis in den Knorpelschädel oder in die Muskelstränge durchdrangen, war ein höllischer Kampf, in dem das Wasser nur so wallte, bis der Hai sich losriß und verschwand, während ein wenig Öl heraufschwamm und sich über die Wasserfläche ausbreitete.

Um unsere letzten Harpunenspitzen zu sparen, banden wir ein Bündel unserer stärksten Fischhaken zusammen und verbargen sie im Kadaver eines ganzen Dolfins. Mit enggedrehten Stahlseilen hängten wir sie an ein Stück Rettungsseil und warfen den Lockbissen über Bord. Ruhig und sicher kam der Hai und schob die Schnauze über das Wasser, öffnete mit einem Ruck das riesige, halbmondförmige Maul und ließ den ganzen Dolfin kurzerhand verschwinden. Und dann saß er fest. Es wurde ein fürchterlicher Waffengang. Tobend schlug der Hai das Wasser zu Schaum, aber wir hatten das Seil fest in der Faust und zogen den widerstrebend Herumschlagenden an die Stämme am Heck. Hier blieb er abwartend liegen und sperrte bloß den Rachen auf, wie um uns mit seinen parallelen Reihen von Sägeblattzähnen zu schrecken. Hier warteten wir auf eine See, um ihn auf die niedrigen, tangglatten Endstämme hinaufzuhieven, und nachdem wir hinterhältig eine Schlinge um seine Schwanzflosse geworfen hatten, zogen wir uns zurück, bis der Kriegstanz vorüber war.

In den Schädelknorpeln des ersten Haies fanden wir eine unserer Harpunenspitzen. So glaubten wir zuerst, darin den Grund für die verhältnismäßig bescheidene Kampflust dieses Exemplars gefunden zu haben. Aber später fischten wir Hai um Hai ganz nach derselben Methode - es ging jedesmal so glatt. Sogar wenn der Hai zu reißen und zu ziehen vermochte, und obwohl er so unangenehm schwer zu hantieren war, so wurde er doch förmlich mutlos und zahm und machte nie vollen Gebrauch von seinen Riesenkräften, wenn es uns nur glückte, die Leine so straff zu halten, daß der Hai bei diesem Tauziehen nicht einen Zoll gewinnen konnte. Die Haie, die wir an Bord zogen, waren leicht zwei bis drei Meter lang. Es waren Blauhaie sowohl wie Braunhaie. Der Letztgenannte hatte über seinen Muskelbündeln eine Haut, durch die es fast unmöglich war, ein scharfes Messer zu stoßen, außer wir stießen mit allen Kräften zu - und kaum dann. Die Bauchhaut war ebenso undurchdringlich wie der Rücken. Die fünf offenen Kiemenspalten seitlich des Schädels waren der einzige verwundbare Punkt.

Wenn wir einen Hai hereinzogen, hatten sich oft schwarze und glitschige Remorafische an seinem Körper festgesogen. Mit Hilfe einer ovalen Saugschale auf dem flachen Kopf saßen sie so festgenagelt, daß wir sie nicht losbekamen, auch wenn wir mit aller Kraft am Schwanz zogen. Aber selbst konnten sie sich lösen und weghüpfen und sich im Laufe einer Sekunde an einem anderen Platz anheften. Wenn es ihnen zu dumm wurde, am Hai festzukleben, sintemalen ihr alter Hauswirt kein Zeichen machte, ins nasse Element zurückzukehren, sprangen sie ab und verschwanden zwischen den Stämmen des Floßes, um sich einen anderen Hai zu suchen. Fanden sie nicht gleich zu einem solchen, so befestigten sie sich in der Zwischenzeit an der Haut eines anderen Fisches. Die Remorafische maßen von einem Finger bis zu einem Fuß in der Länge. Wir erprobten auch den alten Trick der Eingeborenen, den sie anwendeten, wenn sie einen lebenden Remorafisch zu fassen bekamen. Sie banden nämlich eine Schnur um seinen Schwanz und ließen ihn davonschwimmen. Er würde sich am ersten Fisch festsaugen, den er traf, und würde so festhalten, daß ein Fischer mit einigem Glück beide am Schwanz des Remorafisches hereinziehen konnte. Wir selbst hatten damit kein Glück. Jedesmal, wenn wir den Remorafisch mit einer Schnur um den Schwanz über Bord warfen, zottelte er nicht weit, sondern saugte sich sofort an den Stämmen unseres Floßes fest. Er war dabei wohl in dem frommen Glauben, nun einen extragroßen Riesenhai gefunden zu haben. Und hier hing er dann, wenn wir auch noch sehr an unserer Schnur zogen. Nach und nach bekamen wir mehrere solcher kleinen Remorafische mit uns. Sie baumelten steifnackig zwischen dem Bewuchs unserer Floßkanten. Von nun an ritten sie mit uns über den ganzen Stillen Ozean.