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Weil das Erzielen von Treffern so schwierig war, punkteten die Mannschaften selten mehr als drei- bis viermal in einer Partie, so dass der Abstand im Endergebnis auf diesem Niveau gewöhnlich bestenfalls ein oder zwei Punkte betrug.

Die offizielle Spielzeit einer Partie ergab sich aus der vorgeschriebenen Anzahl von Drehungen des Stundenglases. Stand es dann unentschieden, wurde das Spiel fortgesetzt, bis eine Mannschaft einen weiteren Punkt erzielte. Danach hatte die nun zurückliegende Mannschaft eine weitere Drehung des Stundenglases Zeit, diesen Treffer abermals auszugleichen. Gelang dies nicht, war das Spiel verloren. Erzielten sie den Punkt jedoch, erhielt nun wieder die gegnerische Mannschaft das Angriffsrecht. Auf diese Weise wurde die Verlängerung fortgesetzt, bis der Treffer einer Mannschaft nicht mehr innerhalb der nachfolgenden Ausgleichszeit egalisiert werden konnte. Ein Unentschieden war demnach ausgeschlossen. Es gab stets einen Gewinner und einen Verlierer.

Ob mit oder ohne diese zusätzliche Entscheidungsphase - nach Beendigung der Partie wurde die unterlegene Mannschaft auf das Spielfeld geführt und jeder Spieler dort ausgepeitscht, eine Bestrafung, bei der man sich einer grausigen Peitsche aus verknoteten, am Griff zusammengebundenen Lederriemen bediente. Jeder dieser Riemen war mit schweren Metallgewichten versehen. Die Spieler erhielten einen Peitschenhieb für jeden Punkt Differenz, mit der sie unterlegen waren, Hiebe, die von der begeisterten Menge für jeden einzelnen der in der Spielfeldmitte knienden Spieler abgezählt wurden. Während die Unterlegenen ihre Auspeitschung gesenkten Hauptes über sich ergehen ließen, sprangen die Sieger am Spielfeldrand umher und zeigten sich der Menge.

Angesichts der erbitterten Rivalität unter den Mannschaften geriet das Auspeitschen stets zu einem grausigen Schauspiel. Schließlich waren die Spieler vor allem aufgrund ihrer brutalen Angriffslust und weniger wegen ihres Geschicks im Spiel ausgewählt worden.

Die Zuschauer bei den Ja’La-Partien erwarteten blutige Auseinandersetzungen, und nicht einmal die weiblichen Schlachtengänger, die von den Seitenlinien aus zuschauten, ließen sich von dem blutigen Spektakel abschrecken. Wenn überhaupt, so steigerte es noch ihr Verlangen, die Aufmerksamkeit ihrer Lieblingsspieler zu erregen. Für die Bewohner der Alten Welt waren Blut und Sex unentwirrbar miteinander verknüpft - ob in einem Ja’La-Spiel oder bei der Plünderung einer Stadt. Floss während eines Spiels zu wenig Blut, konnte es durchaus zu aufgebrachten Reaktionen in der Menge kommen, da unterstellt wurde, die Mannschaften legten sich nicht hart genug ins Zeug. Kahlan hatte Jagang einmal eine ganze Mannschaft wegen ihres angeblich mangelhaften Kampfeswillens hinrichten sehen. Danach hatten sich die nächsten Mannschaften, die auf dem blutgetränkten Spielfeld gegeneinander antraten, mit ungestümem Eifer in die Partie gestürzt. Vom Standpunkt der Zuschauer aus galt: je größer die zur Schau gestellte Brutalität, desto besser. Nicht selten kam es zu Arm- oder Beinbrüchen, sogar Schädel gingen bisweilen zu Bruch. Wer bereits einmal einen Gegenspieler in einer Ja’La-Partie getötet hatte, war bekannt und wurde allenthalben mit Begeisterung empfangen. Solche Spieler wurden abgöttisch verehrt und betraten das Spielfeld unter dem stürmischen Jubel der Zuschauer. Suchten Frauen nach einer Partie die Nähe der Spieler, galt ihr Interesse bevorzugt diesen dominanten Männern.

Für die Imperiale Ordnung war das Spiel des Lebens ein blutiger Kampfsport.

Kahlan schob sich dicht hinter Jagang, der unmittelbar am Spielfeldrand in der Nähe der Mittellinie stand. Die Partie hatte bereits begonnen, als sie noch auf der Baustelle gewesen waren.

Die kaiserliche Garde sicherte Jagang nach beiden Seiten ab und hielt ihm den Rücken frei. Kahlans Sonderbewacher hatten einen dichten Ring um sie gebildet, um jeden Versuch ihrerseits, sich davonzustehlen, im Keim zu ersticken. Sie vermutete, dass die aufgeheizte Stimmung der Zuschauer, gepaart mit ihrem Alkoholgenuss, die Gefahr von mehr als nur ein wenig Ärger barg.

Aber trotz dieser Demonstration der Macht seiner Leibgarde war Jagang kein Mann, der Ärger fürchtete. Er hatte seine Herrschaft mithilfe brutaler Gewalt erzwungen und hielt mit uneingeschränkter Rücksichtslosigkeit an ihr fest. Selbst unter den größten seiner Gardisten gab es kaum einen, der es an schierer Muskelkraft, ganz zu schweigen von seinem Geschick und seiner Erfahrung als Krieger, mit ihm aufzunehmen vermochte. Es hätte Kahlan nicht verwundert, wenn er imstande gewesen wäre, einem Mann mit bloßer Hand den Schädel zu zerquetschen. Zudem war er ein Traumwandler und konnte sich, ohne das Geringste befürchten zu müssen, selbst unter die übelsten Trunkenbolde mischen.

Draußen auf dem Feld prallten die Mannschaften in einer gewaltigen Karambolage aus Knochen und Muskeln zusammen. Kahlan sah, wie die Angriffsspitze, von zwei Seiten gleichzeitig attackiert, den Broc verlor. Keuchend kauerte der Spieler auf einem Knie und versuchte, sich die Rippen haltend, wieder zu Atem zu kommen. Er war nicht der von ihr gesuchte Mann.

Das Horn erschallte und verkündete das Ende dieses Spielabschnitts. Die Fans der gegnerischen Mannschaft bejubelten frenetisch das Scheitern des Versuchs zu punkten. Als der Schiedsrichter den Broc zum anderen Spielfeldende hinübertrug und ihn der Angriffsspitze der anderen Mannschaft aushändigte, entfuhr Kahlan ein Seufzer. Auch er war nicht der Gesuchte. Als schließlich das Stundenglas umgedreht wurde und das Horn erneut erschallte, begannen die Angriffsspitze und ihre Mannschaft ihren Sturmlauf quer über das Feld, während die gegnerische Mannschaft ihnen zur Verteidigung ihrer Tore entgegen stürmte.

Das Geräusch aufeinanderprallender Körper war schauerlich. Einer der Spieler schrie vor Schmerzen. Obwohl Julian hinter der Mauer aus Gardisten stand und von den Geschehnissen auf dem Spielfeld kaum etwas mitbekam, ließ das Geräusch der Schreie sie zusammenzucken und sich noch enger an Kahlan schmiegen. Noch während die zu Boden gegangenen Spieler von den Gehilfen des Schiedsrichters vom Platz gezerrt wurden, wurde die Partie wieder aufgenommen. Jagang hatte offenbar genug gesehen. Er wandte sich ab und begab sich hinüber zum nächsten Ja’La-Feld. Die Menge aus schiebenden und drängelnden Männern, die alle das Spiel zu verfolgen versuchten, teilte sich, um dem Kaiser Platz zu machen. Obwohl die Zuschauermenge gewaltig war, stellte sie nur einen winzigen Bruchteil aller Männer in diesem Armeelager dar.

Trotz des Turniers wurden die Arbeiten an der Rampe fortgeführt. Die meisten der dort arbeitenden Soldaten würden nach Beendigung ihrer Schicht noch reichlich Gelegenheit erhalten, die anderen für diesen Tag und Abend angesetzten Partien zu verfolgen. Ab und an schnappte Kahlan Gesprächsfetzen auf, denen zufolge zahlreiche Mannschaften um das Recht wetteiferten, am Schluss gegen die Mannschaft des Kaisers antreten zu dürfen. Das Turnier bot eine willkommene Abwechslung für diese Männer, die nichts anderes kannten als den immer gleichen Tagesablauf aus Plackerei und der langwierigen Belagerung des Palasts des Volkes.

Es war ein langer Marsch durch die johlende, grölende und buhende Menge rings um die Partie, die der Kaiser jetzt verließ. Sie bahnten sich einen Weg durch das morastige, schmutzstarrende und stinkende Lager und gelangten schließlich zum nächsten Ja’La-Feld, wo man für den Kaiser und seine Gruppe von Leibwächtern einen Bereich abgesperrt hatte. Eine Gruppe von Offizieren gesellte sich dort zu ihm, die sich mit ihm ausgiebig über die in Kürze antretenden Mannschaften unterhielt. Allem Anschein nach waren in der Partie, die sie eben verlassen hatten, rangniedrigere Mannschaften gegeneinander angetreten, hier dagegen würden Spieler auflaufen, von denen man, aus welchem Grund auch immer, eine bessere Vorstellung erwartete. Soeben hatten sich die beiden Angriffsspitzen in der Spielfeldmitte eingefunden, um auszulosen, welche Mannschaft als Erstes das Angriffsrecht erhalten würde. Die beiden zogen einen Strohhalm aus einem Bündel, das ihnen der Schiedsrichter anbot, hielten die Halme dann in die Höhe. Der Spieler, der den kürzeren gezogen hatte, fluchte, sein siegreicher Widersacher dagegen reckte den Strohhalm mit einem triumphierenden Aufschrei in den Himmel. Seine Mitspieler und der seine Mannschaft unterstützende Teil des Publikums brachen in brausenden Beifall aus.