Выбрать главу

Der lange Strohhalm stellte ihn vor die Wahclass="underline" Entweder nahm er den Broc zum ersten Angriffsrecht entgegen oder er überließ ihn seinem unterlegenen Gegner. Selbstverständlich verzichtete keine Mannschaft jemals auf die erste Chance, zu punkten, nicht zuletzt, weil dies als gutes Omen für ihre Siegesaussichten galt.

Nach allem, was Kahlan von den Soldaten und Bewachern in ihrer Umgebung aufschnappte, waren die meisten der Überzeugung, das Spiel des Lebens werde schon mit dem Ziehen dieses Strohhalms entschieden, ein Vorgang, in dem sich ihrer Meinung nach die Fügung des Schicksals offenbarte.

Keine der Angriffsspitzen war die von Kahlan gesuchte. Gleich mit Spielbeginn wurde offenkundig, dass diese Männer erheblich fähiger waren als die der vorherigen Partie. Die Attacken auf den ballführenden Spieler wurden mit wilder Entschlossenheit geführt. Männer warfen sich durch die Luft bei ihren ungestümen Versuchen, Körperkontakt herzustellen - sei es, um die gegnerische Angriffsspitze auszuschalten oder die eigene zu schützen. Diese wiederum trug nicht nur den Broc übers Feld, sondern warf sich mit ihrem ganzen Gewicht in ihre Gegenspieler. Als sich ihr jemand näherte, schleuderte sie den Broc mit voller Wucht aus kürzester Distanz. Der Blocker ächzte unter der Wucht des Aufpralls und ging zu Boden. Das Publikum applaudierte johlend. Einer der Flügelstürmer schnappte sich den Broc und warf ihn in vollem Lauf zur Angriffsspitze zurück.

»Tut mir leid«, meinte Julian leise zu Kahlan, während die Gardesoldaten, Offiziere und Jagang das Spiel verfolgten, und einige von ihnen Kommentare zu den Spielern abgaben.

»Du kannst ja nichts dafür. Du hast getan, was du konntest.«

»Aber du hast so viel für mich getan. Ich wünschte, ich wäre so gut wie du, dann könnte ich mi-«

»Still jetzt. Ich bin auch eine Gefangene. Wir beide können gegen diese Männer nichts ausrichten.«

Da ging ein zaghaftes Lächeln über Julians Lippen. »Wenigstens bin ich froh, dass ich bei dir sein kann.«

Kahlan erwiderte das Lächeln, dann blickte sie auf zu ihren Bewachern, die wie gebannt die nervenaufreibende Partie verfolgten.

»Ich werde versuchen, mir zu überlegen, wie ich uns von hier fortbringen kann«, gab sie leise zurück.

Ab und zu riskierte Jillian einen Blick zwischen den Hünen hindurch und versuchte zu erkennen, was sich auf dem Spielfeld tat. Als Kahlan bemerkte, dass sie sich die nackten Ärmchen rieb und vor Kälte zu zittern begann, legte sie beschützend ihren Umhang um sie, damit sie etwas von ihrer Wärme mitbekam.

Die Partie zog sich hin. Mittlerweile hatte jede Mannschaft einen Treffer erzielt, doch da das Spiel kurz vor Ende noch immer unentschieden stand und sich keine der Mannschaften einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen vermochte, ahnte Kahlan, dass es in der Nachspielzeit noch eine ganze Weile dauern konnte, bis der Sieger gefunden wäre. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Die Angriffsspitze der einen Mannschaft wurde von hinten an den Beinen attackiert, während sich gleichzeitig ein Blocker von vorne mit gesenkter Schulter gegen ihn warf. Das Ganze war offenkundig abgesprochen, und die Angriffsspitze erschlaffte und schlug hart zu Boden. Alles deutete darauf hin, dass er sich bei dem Angriff das Genick gebrochen hatte. Die Menge raste. Kahlan bog Julians Gesicht fort und drückte es stattdessen fester an sich.

»Schau nicht hin.«

Jillian, den Tränen nahe, nickte. »Ich weiß wirklich nicht, wieso sie diese grausamen Spiele mögen.«

»Weil es grausame Menschen sind«, murmelte Kahlan.

Ein anderer Spieler wurde zur Angriffsspitze ernannt, während ihr Spielführer unter ohrenbetäubendem, zufriedenem Grölen auf der einen und wüsten Beschimpfungen auf der anderen Seite vom Spielfeld geschleift wurde. Die beiden Hälften des Publikums schienen kurz davor, handgreiflich zu werden, doch dann nahm das Spiel rasch seinen Fortgang, und sie wurden wieder in den Bann des rastlosen Geschehens gezogen.

Die Mannschaft, die ihre Angriffsspitze verloren hatte, lieferte einen aufopferungsvollen Kampf, dennoch wurde rasch deutlich, dass sie auf verlorenem Posten kämpfte. Der neue Mann war dem Verlust nicht ebenbürtig, und nach Beendigung der letzten regulären Spielzeit des Stundenglases hatten sie mit zwei Punkten Differenz verloren -ein glänzender Sieg für die gegnerische Mannschaft. Diese Punkteverteilung und das brutale Ausschalten der gegnerischen Angriffsspitze würde massiv zum Ruhm der siegreichen Mannschaft beitragen. Jagang und seine Offiziere schienen mit dem Ausgang der Partie zufrieden. Wie erwartet, hatte sie alle Elemente an Brutalität, Blut und rücksichtslosem Triumph geboten, die ihrer Meinung nach zum Ja’La gehörten. Die Gardesoldaten, noch ganz berauscht von der mörderischen Grausamkeit des Spiels, tauschten sich untereinander tuschelnd darüber aus, was ihnen an einigen der wüstesten Karambolagen am besten gefallen hatte. Die Erregung der ohnehin schon aufgewühlten Menge wurde durch die sich daran anschließende Auspeitschung zusätzlich aufgestachelt. Die Männer hatten Blut geleckt und konnten den Beginn der nächsten Partie kaum noch erwarten.

Während der Unterbrechung stimmten sie einen rhythmischen Sprechgesang an, mit dem sie die nächsten Mannschaften voller Ungeduld auf den Platz zu brüllen versuchten, und klatschten dazu im Rhythmus ihrer monotonen Forderungen nach Spektakel in die Hände. Schließlich löste sich am fernen rechten Spielfeldende eine der Mannschaften aus der Menge. Nach dem Jubel zu urteilen, der plötzlich aufbrauste, war diese Mannschaft beim Publikum überaus beliebt. Eine Faust in den Himmel gereckt, trabten sie einmal um das ganze Feld, um sich ihren Anhängern zu zeigen. Soldaten in der Menge sowie weibliche Schlachtengänger beklatschten die ihnen offenbar bekannte und von ihnen unterstützte Mannschaft.

Einer der nicht weit vor Kahlan stehenden Leibwächter Jagangs bemerkte zu dem neben ihm stehenden Soldaten, dass diese Mannschaft weit mehr sei als bloß gut, und er davon ausgehe, dass sie ihren Gegnern eine üble Abreibung verpassen würde. Nach dem Gejohle der Menge schienen die meisten Zuschauer der gleichen Auffassung zu sein. Offenbar war diese überaus beliebte Mannschaft von ebenjener rabiaten Gesinnung, die man in der Imperialen Ordnung schätzte und derer man sich gern erinnerte. Nach der vorangegangenen Partie befand sich der Soldatenmob im Zustand höchster Erregung, und es verlangte ihn nach Blut.

Die gewaltige, dicht gedrängt stehende Masse stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte den Hals, als sich schließlich auch die gegnerische Mannschaft einen Weg durch die Menge linker Hand bis hinunter auf das Spielfeld bahnte.

Sie tat dies ruhig hintereinander gehend, ohne dass ein Einziger seine Faust erhoben hätte, und ganz ohne prahlerisches Gehabe. Kahlan betrachtete sie ebenso erstaunt wie alle anderen. Schweigen legte sich über die Menge. Niemand jubelte.

Dafür waren alle viel zu überrascht.

11

Die Spieler, ausnahmslos mit nacktem Oberkörper, lösten sich in einer Reihe marschierend aus einer dichten Gruppe grimmig drein-blickender Gardisten mit schussbereiten Pfeilen. Jeder einzelne der sich zur Spielfeldmitte begebenden Männer war mit seltsamen, roten Symbolen bemalt, deren Linien, Schnörkel und Bögen ihre Gesichter, Oberkörper, Schultern und Arme bedeckten.

Sie sahen aus, als wären sie vom Hüter der Unterwelt höchstselbst mit Blut gezeichnet worden.

Kahlan fiel auf, dass die Körperbemalung des an der Spitze gehenden Spielers zwar ein ähnliches Muster aufwies, sich gleichwohl aber leicht von der der anderen unterschied. Außerdem trug er als Einziger einen Doppelblitz im Gesicht, dessen beide Hälften, beginnend jeweils an den Schläfen, spiegelbildlich im Zickzack über seine Brauen verliefen, anschließend Lider und Wangenknochen kreuzten und schließlich an einem Punkt in den Vertiefungen der Wange endeten. Ein Effekt, den sie als bis ins Mark beängstigend empfand. Mitten zwischen diesen Doppelblitzen funkelten zwei raubtierhaft stechende, graue Augen hervor.