Выбрать главу

Zedd kratzte sich am Kinn. Dann blickte er auf. »Aber wie Ihr schon sagtet, ist das nur eine Theorie.«

»Nun, immerhin waren die alten Zauberer von ihrer Richtigkeit überzeugt. Und ich denke auch, dass sie die richtigen Schlüsse gezogen haben.«

»Was würde denn passieren, wenn ... wenn, ich weiß nicht, wenn Lord Rahl Kahlan erst einmal erzählen würde, dass sie ihn liebe und seine Gemahlin sei - und er erst danach die Kästchen der Ordnung fände, seine Gabe zurückgewänne und erführe, was er tun müsse, um schließlich das richtige Kästchen zu öffnen und so das Gegenmittel zur Feuerkettenreaktion zu erzeugen? Würde es dann immer noch funktionieren?«

»Ja, würde es.«

Jetzt schien Cara endgültig verwirrt. »Wo ist also das Problem?«

»Es ist ein entworfener Bann. Die Ereignisse würden also ebenso ihren Lauf nehmen. Ist die Theorie stimmig - und ich glaube, das ist sie -, würden alle anderen Bestandteile der Ordnung nach wie vor funktionieren. Dem Feuerkettenbann würde entgegengewirkt und das Gedächtnis aller würde wiederhergestellt, mit einer einzigen Ausnahme – Kahlans Gedächtnis. Dieses Element des Banns wäre blockiert, und die Person im Zentrum dieses Vorgangs wäre für ihn verloren. Während unser Gedächtnis wiederhergestellt würde und wir uns wieder an Kahlan erinnerten, müsste sie für immer auf ihre Vergangenheit verzichten - etwa vergleichbar mit einem in der Schlacht verwundeten Soldaten, der aufgrund seiner Kopfverletzung nicht mehr weiß, wer er ist. Sie könnte nur auf das Leben nach dem Identitätsraub durch den Feuerkettenbann zurückgreifen, wäre sich nur solcher Ereignisse bewusst, die nach diesem Zeitpunkt geschehen wären. Sie wäre ein anderer Mensch, ein Mensch, der sich ein vollkommen neues Leben aufbauen müsste.

Und die ganze Zeit wüsste sie, dass sie diese Person, die sie weder kennt, noch für die sie wirklich etwas empfindet, angeblich liebt.«

»Demnach wäre sie also das einzige Opfer«, stellte Cara fest. »Wir anderen würden wiederhergestellt.«

Nicci seufzte. »Nun, das ist zumindest die Schlussfolgerung, zu der ich aufgrund meines Verständnisses der Dinge gelangt bin.«

Zedds Blick hatte erneut einen argwöhnischen Zug bekommen. »Nun, ääh ... eine andere Möglichkeit wäre ebenfalls denkbar?«

Nicci nickte. »Aber die möchte ich eigentlich nicht in Betracht ziehen. In den Schriften zur Ordnungstheorie wird an einer Stelle angemerkt, dass die Folgen des Gegenmittels, vorausgesetzt der Ankerpunkt im sterilen Feld fehlt, nicht ihren Lauf nehmen können, und es dadurch in sich zusammenfällt. Das Gegenmittel würde unter diesen Voraussetzungen versagen und die Feuerkettenreaktion außer Kontrolle geraten. Das Leben, wie wir es kennen, würde vernichtet, und unsere Fähigkeit zu vernunftbegabtem Denken im Inferno des Feuerkettenbanns untergehen, bis unser Verstand nicht mehr imstande wäre, unser Überleben zu sichern. Ein paar wenige könnten aufgrund brutaler Barbarei noch eine Weile überdauern, aber das Ende der Menschheit wäre unabwendbar. Ich denke, jetzt seht Ihr ein, warum die Zauberer damals so großen Wert auf den Erhalt des sterilen Feldes gelegt haben.«

Zedd zog seine Stirn nachdenklich in Falten. »Aber die vorherrschende Theorie besagt, dass sie, falls etwas schiefgeht und sie dieses Vorwissen erlangt, ehe die Macht der Ordnung ins Spiel gebracht werden kann, für immer ein Opfer des Feuerkettenbanns bliebe, ohne dass dies einen Einfluss auf die Aufhebung des Feuerkettenbanns bei allen anderen hätte.«

»Richtig. Angesichts ihrer Bedeutung für Richard fürchte ich, dass sie in diesem Fall für die Feuerkettenreaktion zweitrangig würde. Mit ihr mag es angefangen haben, aber mittlerweile sind alle infiziert, und wenn die Reaktion nicht unterbrochen wird, ist alles verloren. Dem Feuerkettenbann entgegenzuwirken ist also mittlerweile wichtiger als die Liebe, die Richard und Kahlan füreinander empfinden. Es wäre günstig, wenn sie wiederhergestellt werden könnte, aber um dem Bann entgegenzuwirken, ist es nicht mehr unbedingt erforderlich. Was immer es für diese eine Person oder für Richard persönlich bedeuten mag, die Macht der Ordnung muss heraufbeschworen werden, um dem Feuerkettenbann entgegenzuwirken und alle anderen von diesem Infekt zu befreien.

Es gibt aber noch eine andere Theorie. Einige wenige Zauberer waren der Ansicht, dass es in der Ordnungstheorie Hinweise darauf gibt, dass die Anwendung einer solchen Energiemenge bei dem Zielobjekt der Feuerkettenreaktion, so sie in einem anderen als einem sterilen Feld erfolgt - also in einem bereits durch Vorherwissen verunreinigten -, zum Tod besagter Person führen könnte.«

»Was würde bei einem solchen Unfall mit allen anderen Menschen geschehen?«, fragte Zedd.

»Sie würde noch nicht tot am Boden liegen, da würde der Auslöser für den entworfenen Teil der Macht der Ordnung gezündet, und die Folgen für den Rest des Bannes nähmen ihren Lauf. Die Macht der Ordnung würde sich von ihrem Kern ausbreiten.

Wenn es dazu käme, und Kahlan ginge dabei verloren, wäre das für Richard ein entsetzlicher persönlicher Verlust, für uns andere dagegen wäre es nicht weiter von Bedeutung. Mit der Einführung der Macht der Ordnung würde die Verunreinigung durch den Feuerkettenbann aufgehoben, und alle anderen würden wiederhergestellt.«

Zedd musterte sie durchdringend. »Auch wenn wir uns nicht an sie erinnern, so zweifelt doch keiner von uns daran, wie viel sie Richard bedeutet. Immerhin hat er uns schon bewiesen, dass er sogar bereit wäre, in die Unterwelt hinabzusteigen, wenn er der Meinung wäre, sie dadurch retten zu können. Wenn er wüsste, dass er sie mit dem Offnen eines der Kästchen umbringen könnte ...«

Nicci schien weder sein Blick noch die Bedeutung dahinter zu erschrecken. »Richard hat gar keine Wahl. Er muss das richtige Kästchen öffnen, um so den entworfenen Bann auszulösen, der dem Feuerkettenbann entgegenwirken wird ... selbst wenn das bedeuten sollte, dass Kahlan dabei ihr Leben verliert. So einfach ist das.«

Einen Moment lang legte sich Schweigen über den Raum. Zedd rieb sich das Kinn und starrte in die Schatten. »Angesichts dieser tatsächlichen oder eingebildeten Gefahren scheint es mir das Klügste, Kahlan - sollte sie gefunden werden - über ihre früheren Gefühle für Richard im Dunkeln zu lassen. Am besten, man überlässt es der Macht der Ordnung, ihre Gefühle wiederherzustellen.«

»Das scheint mir auch das Sinnvollste. Sobald wir Richard gefunden haben, müssen wir ihm klarmachen, dass er Kahlan nicht die Wahrheit sagen darf.«

Zedd verschränkte die Hände hinter seinem Rücken und schüttelte den Kopf. »Ich gebe zu, angesichts der Risiken scheint das klug. Nur mag ich eigentlich nicht glauben, dass simples Vorherwissen eine solche persönliche Tragödie auslösen und einen solchen Schaden bewirken kann.«

»Wenn es Euch ein Trost ist, einige der Zauberer damals waren genau der gleichen Ansicht. Aber auch ich hielt es für ausgeschlossen, dass mir die Anwendung meiner Kraft gegen eine Hexe derart schaden könnte.«

Zedd, den Blick gedankenverloren in die Ferne gerichtet, dachte nach.

»Da ist etwas dran. Manchmal bewirkt man gerade mit den besten Absichten den größten Schaden.

»Wenn wir den Jungen erst gefunden haben, können wir ihm alles erklären. Nur sind wir verdammt weit davon entfernt. Wir haben ja nicht einmal mehr eines der Kästchen.«

Nicci seufzte. »Wohl wahr. Meine größte Sorge ist allerdings, wie wir Richard überzeugen sollen.« Sie räusperte sich. »Ich denke, am besten übernehmt Ihr das, Zedd. Auf Euch hört er noch am ehesten.«

Zedd sah kurz in ihre Richtung und ging dann weiter auf und ab.

»Verstehe.« Er blieb stehen und wandte sich zu ihr herum. »Trotzdem, ich weiß noch immer nicht so recht, ob ich diese Theorie, dass emotionales Vorherwissen diesen Vorgang stören kann, wirklich glauben soll...«

Mitten im Satz schloss er, einen bestürzten Ausdruck im Gesicht, plötzlich den Mund.

»Was ist?«, erkundigte sich Nicci. »Ist Euch etwas eingefallen?«