Выбрать главу

Zedd ließ sich auf die Bettkante sinken. »Allerdings.«

Alle Energie, alles Feuer war aus ihm gewichen.

»Bei den Gütigen Seelen«, sagte er leise, und es klang, als hätte sich das ganze Gewicht seines Alters soeben auf seine eingefallenen Schultern gelegt.

Nicci beugte sich vor und berührte ihn sachte am Arm. »Zedd, was ist mit Euch?«

Er blickte zu ihr auf, einen unheimlichen Ausdruck in den Augen.

»Vorherwissen kann die Wirkung von Magie beeinflussen. Das ist keine Theorie. Es stimmt.«

»Seid Ihr sicher? Woher wisst Ihr das?«

»Ich kann mich weder an Kahlan noch an irgendwelche sie betreffenden Einzelheiten erinnern. Aber als Richard hier war, hat er mir von ihr erzählt. Er hat meine fehlende Erinnerung aufgefrischt, wie es dazu kam, dass die beiden sich ineinander verliebt haben.

Kahlan ist eine Konfessorin. Deren Gabe zerstört den Verstand desjenigen, den sie mit ihrer Kraft berührt. Um diese zu entfesseln, gibt sie ihre diesbezügliche Zurückhaltung auf, die sie ansonsten unter strengster Kontrolle halten muss.«

»Ich weiß, davon habe ich auch schon gehört. Aber was hat das mit ihrer Liebe zu tun?«

»Eine Konfessorin wählt ihre Gefährten stets unter Männern aus, aus denen sie sich nicht viel macht. Denn würde sie mit einem Mann intim, den sie liebt, würde sie unabsichtlich die Kontrolle über diese Kraft verlieren, woraufhin diese den Betreffenden überwältigen würde. Er hätte nicht die geringste Chance - und wäre nicht mehr derselbe wie zuvor. Er wäre verloren, sein Verstand zerstört. Er selbst wäre nichts weiter als eine leere Hülle, der nur noch die blinde, gedankenlose Hingabe an die Konfessorin bliebe. Sie wäre seiner Person, seiner Liebe und Hingabe gewiss, nur wäre diese Liebe nichtig und bedeutungslos.

Deswegen wählen Konfessorinnen ihre Gefährten allein nach ihrer Befähigung als Vater und als Erzeuger ihrer Töchter aus. Den Mann, den sie lieben, erwählen sie nie. Männer fürchten Konfessorinnen auf Gefährtensuche, denn sie haben Angst, erwählt zu werden und durch ihre Kraft, ihre Identität zu verlieren.«

»Aber offenbar gibt es doch einen Weg, wie es funktioniert«, wandte Nicci ein. »Wie hat es Richard denn geschafft?«

Zedd sah auf. »Es gibt eine Möglichkeit, aber die kann ich Euch unmöglich verraten, nicht einmal Richard. Ich durfte ihm nicht einmal sagen, dass eine solche Möglichkeit überhaupt existiert.«

»Und warum nicht?«

»Weil dieses Vorherwissen ihn und ihre Magie beeinträchtigt hätte, als sie sie zum ersten Mal unabsichtlich gegen ihn entfesselte. Sie hätte ihn überwältigt. Er durfte die Lösung auf keinen Fall kennen, durfte nicht einmal wissen, dass es sie gab, denn dann hätte sie nicht funktioniert.«

Zedd starrte auf den Fußboden. »Es ist keine Theorie. Vorherwissen vermag ein steriles Feld, wie Ihr es nennt, zu stören. Damit hat Richard selbst die Antwort auf die zentrale Frage der Ordnungstheorie gegeben:

Vorherwissen kann die Wirkungsweise von Magie beeinflussen.«

Barfuß tappte Nicci über den Teppich bis zu ihm hin, baute sich vor ihm auf und betrachtete ihn mit düsterer Miene. »All das wusstet Ihr schon, ehe Richard und Kahlan heirateten. Ihr wusstet, dass das Vorherwissen um die Lösung bewirken würde, sie bei Richard versagen zu lassen?«

»Ja. Aber ich habe mich nicht getraut, ihm zu erzählen, dass es eine Lösung gab, die ihm das Zusammensein mit seiner Liebe ermöglichen würde. Denn schon das hätte seine Chance, dass sie wirkt, zunichte gemacht. «

»Wie habt Ihr das herausgefunden?«

Zedd hob seine Hand, ließ sie aber dann in seinen Schoß zurückfallen.

»Genau dasselbe ist auch der allerersten Konfessorin, Magda Saerus, und dem Mann, der sie liebte, Merritt, widerfahren. Auch sie haben sich ineinander verliebt, haben geheiratet. Seitdem ist Richard der Erste, der dieses Dilemma gelöst hat. In Magdas Fall wusste niemand, dass es eine Lösung gab, schließlich war sie die erste Konfessorin. Es existierte also noch kein Vorherwissen, das ihren Mann hätte beeinträchtigen können. Ohne dieses Vorherwissen konnte er das Paradoxon also lösen, dass er eine Konfessorin liebte, ohne von ihrer Kraft vernichtet zu werden.«

Nachdenklich zupfte Nicci an einer blonden Haarsträhne. »Dann stimmt es also.« Die Stirn gerunzelt, betrachtete sie Zedd. »Aber die Zauberer, die die Kraft der Ordnung schufen, hatten doch kein Modell dafür. Für sie war es nur eine Theorie.«

Zedd zuckte die Achseln. »Was vermutlich bedeutet, dass die Konfessorinnen nach der Macht der Ordnung erschaffen wurden - wofür der Oberste Zauberer Merritt den Beweis lieferte.«

Nicci seufzte. »Das könnte vermutlich die Antwort sein.«

Mit einer vagen Geste wechselte sie das Thema. »Cara erwähnte vorhin etwas von einem Problem, einem Problem, die Burg betreffend.«

Endlich löste sich Zedd von seinen geheimen Gedanken, blickte auf und erhob sich. Sein tief zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einer mehr als ernsten Miene.

»Ja, es gibt tatsächlich Ärger.«

»Was für Ärger?«

Er war bereits auf dem Weg zur Tür. »Kommt mit, dann zeige ich es Euch.«

14

Zedd führte Nicci und Cara in einen Bereich der Burg der Zauberer, von dem Nicci wusste, dass er aus einem von mehrschichtigen Schilden schwer bewachten Labyrinth aus Fluren und Gängen bestand. In Wandhalterungen angebrachte Glaskugeln leuchteten eine nach der anderen auf, sobald sie sich ihnen näherten, nur um, kaum waren sie vorüber, wieder zu erlöschen. Die Burg erschien ihr wie ein riesiger, bedrückender Ort der Stille, und das nicht nur wegen ihrer ungeheuren Größe, sondern auch ihrer Unübersichtlichkeit. Sie hatte nicht die leiseste Vorstellung, welcher Arger Zedd so besorgt gestimmt hatte. Sie waren noch nicht weit gekommen, als Rikka, Tom, der blonde D’Haraner aus Richards Elitegarde, sowie Friedrich, der alte Goldschmied, aus einem Lesesaal traten und sich der schweigenden Prozession anschlossen. Nicci vermutete, dass sie dort alle auf das Erwachen nach ihrer Begegnung mit Sechs gewartet hatten. Dass Zedd sie vermutlich gebeten hatte, sich dort bereitzuhalten, steigerte ihre wachsende Besorgnis noch.

»Ihr seht schon sehr viel besser aus als gestern Abend«, bemerkte Rikka, als sie in ein gemütliches Zimmer gelangten, in dem Hunderte von Gemälden in allen Größen hingen. Die Gemälde, allesamt mit einem kunstvollen Blattgoldrahmen versehen, bedeckten die gesamte Wandfläche.

»Danke. Es geht mir wieder gut.«

Ihr fiel auf, dass es sich bei den Gemälden ausschließlich um Porträts handelte, wenngleich in sehr unterschiedlichen Stilrichtungen. Auf manchen waren die in feierliche Gewänder gehüllten Personen in steifer Pose sitzend dargestellt, andere zeigten sie ganz beiläufig in prachtvollen Gärten, in Gespräche unter prunkvollen Säulen vertieft, oder entspannt auf Bänken im Burghof sitzend.

Auf vielen bildete die Burg der Zauberer oder Teile davon den Hintergrund. Es stimmte ein wenig erschreckend und auch traurig, zu sehen, dass all diese Menschen einst auf der Burg gewohnt hatten, als dieser Ort noch voller Leben war. Dadurch wirkte sie jetzt noch verlassener und öder.

Rikka betrachtete Nicci von der Seite her von Kopf bis Fuß. »War das Nachthemd vorher nicht rosafarben?«

»Ich kann Rosa nicht ausstehen.«

Rikka schien enttäuscht. »Ach, tatsächlich? Als Cara und ich es Euch überzogen, fand ich, es machte Euch noch hübscher.«

War Nicci anfangs noch verblüfft, eine solche Bemerkung ausgerechnet aus dem Munde einer Mord-Sith zu hören, so wurde ihr die Geschichte mit dem Nachthemd nun schlagartig klar. Rikka war eine Frau, die einen Ausweg aus der Tristesse ihres früheren Wahns zu finden versuchte, die versuchte, ihre emotionalen Ketten abzuwerfen, Verhaltensweisen, die man ihr von klein auf eingebläut hatte. Zeit ihres Lebens war ihre Welt von Hässlichkeit und Gewalt geprägt gewesen. Das rosafarbene Nachthemd dagegen stand für Anmut und Unschuld - Dinge, die einer Mord-Sith verboten waren. Indem sie gegenüber Nicci ihre Bewunderung für etwas so Einfaches bekundete, erkundete sie die Möglichkeit, etwas Anziehendes und Harmloses schön zu finden - einem Traum nachzuhängen -, ganz so, wie ein junges Mädchen ein hübsches Kleid für seine Puppe nähte. Es war eine ästhetische Prüfung, eine Erkundung der eigenen Sehnsüchte.