Выбрать главу

Zum Glück waren diese Monster zu groß, als daß sie in den Spalt zu dringen vermochten, hinter dem sich der Unglückliche verborgen hatte. Aber die Tiere umgaben das Gestein. Oben, rechts und links von ihm sah der junge Mann nur weit aufgerissene Mäuler und Zangen, die versuchten, ihn zu packen. Mit seiner elektrischen Klinge schlug er die angriffslustigsten der Tiere zurück. Durch seinen Metallhelm nahm er die seltsamen Geräusche wahr, die das Schmatzen der Schlünde und das Kratzen der Zangen auf dem Gestein verursachten.

Unermüdlich teilte er seine elektrischen Schläge aus. Das war wie im Rausch, und er wirkte wie der tötende Sensenmann selbst. Plötzlich merkte er, wie aus der oberen Spalte seines Verstecks langsam eine sich öffnende Schere einer Riesenkrabbe auf ihn zukroch, die ihn im nächsten Augenblick packen würde. Sie schloß sich … glücklicherweise war es Robert gelungen, sich zur Seite zu wälzen, die große Klaue griff ins Leere, doch hatte sie die auf seinem Helm befestigte Lampe dabei zerschnitten.

Nun war er ohne Licht. Völlige Dunkelheit umgab ihn. Er sah nichts mehr, doch hörte er das Scharren und Schmatzen seiner Gegner.

Sollte er zugrunde gehen, ohne sich verteidigen zu können, ohne seinen Vorrat an Elektrizität verbraucht zu haben? Nur, weil er seine Gegner nicht mehr sah? Doch nein, ein Lichtschein tanzte auf dem Wasser, dann noch einer, und wieder einer. Plötzlich tauchten aus der ihn umgebenden Dunkelheit flackernde Lichter auf. Sie kamen auf ihn zu, entfernten sich wieder, flammten auf, verloschen; es war die nimmermüde Farandole der Sternoptychiden. Die leuchtenden Fische erhellten das Schauspiel vom Tod des Franzosen.

Wie rasend betätigte Robert die elektrische Klinge. Er stach auf alles, was sich bewegte. Doch wie er auch zustechen mochte, er hatte das Gefühl, jeder gelähmten Zange wuchs eine neue nach, jedem verbrannten Schlund entsprang ein neuer … Er merkte, wie die Spannung seiner Klinge nachließ. Die Funken wurden kürzer. Einer noch, dann noch einer – ein getroffenes Ungeheuer, dann nichts mehr! Vergebens drückte Robert die Knöpfe des Kontaktgebers. Der Kämpfer hatte seine Munition aufgebraucht … Das Spiel war aus!

Überall krochen jetzt bedrohlich aufgeklappte Zangenarme auf ihn zu. Robert kauerte sich nieder, kroch in sich zusammen, machte sich so klein wie möglich, um die Zangen nicht zuschnappen zu lassen. Einen Schritt vor seinem Gesicht, vor seinem Körper tasteten sich zögernd spinnenartige Gliedmaßen an ihn heran … Es war unerträglich; er fühlte, daß er in den wenigen Augenblicken, die er noch zu leben hatte, vor Angst wahnsinnig werden würde.

Er schloß die Augen, um nichts mehr zu sehen.

Plötzlich schrie er laut auf – er meinte wenigstens, laut aufgeschrien zu haben. Man ergriff ihn an den Armen, er wurde emporgerissen. Verloren! Stumpfsinnig verharrte er und verstand nicht, was er sah. Er fragte sich, ob der Wahnsinn nicht vielleicht schon von ihm Besitz ergriffen habe.

Die Ungeheuer waren verschwunden, Taucher umringten ihn. Es waren seine Freunde, die ihn wiedergefunden hatten. James Pack kannte das Gebiet sehr gut; manches Mal schon hatte er den Graben, der westlich vor der Goldinsel lag, erkundet. Und nun hatte er den verstörten Freund wiedergefunden.

Robert war am Ende seiner Kräfte. Schwer schleppte er sich, von James und Armand gestützt, zum Unterseeboot Nummer zwei. Erst als man ihm den Taucheranzug ausgezogen hatte und ihn in den Salon führte, kam er allmählich wieder zu Kräften. Er wirkte verstört, sein Gesicht war kreidebleich. Aber das hinderte ihn nicht daran, Lotia eine wunderschöne blaue Koralle zu überreichen.

Achtes Kapitel

Triplex kapert die englische Flotte

Wir verzichten darauf, die Wut zu beschreiben, die die Passagiere befiel, als sie von Niaris verbrecherischem Anschlag erfahren hatten.

James Pack mußte seine ganze Autorität in die Waagschale werfen, um seine Gäste daran zu hindern, den Ägypter zu lynchen. Wenn er das Leben des Schuldigen schonte – der übrigens gegenüber allen Drohungen unempfindlich schien –, so nur deshalb, weil er sich versprach, daß der Ägypter früher oder später nicht umhin käme, sich länger gegen eine Verbindung Lotia–Robert zu sträuben. Andererseits brauchte er den Ägypter noch als möglichen Zeugen im Prozeß gegen Allsmine. Man beschloß, Niari auf der Goldinsel unter Arrest zu stellen.

Wie man sich denken kann, hatte keiner mehr Lust, einen Unterwasserausflug zu machen. James Packs Gäste fühlten sich außerstande, noch einmal so etwas zu erleben.

Sie gaben sich also damit zufrieden, die Insel zu durchstreifen, vor allem den hoch gelegenen Park. Lotia hatte sich wieder wie vor dem Unterwasserspaziergang in ihrer Behausung eingeschlossen, und nichts vermochte sie zu bewegen, mit ihren Freunden die Zeit totzuschlagen.

Armand war hinter einem neuen Geheimnis her, das heißt, es war eigentlich das alte.

»Wer ist denn der Besitzer des Hauses, das auf dem Hochplateau steht?« fragte er eines Tages den Korsaren.

»Es gehört einem Gentleman.«

»Daran zweifle ich nicht, aber wo ist er? Obwohl tadellos in Schuß, scheint das Haus unbewohnt.«

»Im Augenblick ist es das auch.«

»Werden wir denn den Eigentümer auch einmal zu Gesicht bekommen?«

»Sicher.«

»Und wann?«

»In einigen Tagen. Er wird bei Ankunft der englischen Flotte von seinem Haus Besitz ergreifen.«

Mehr sagte Triplex nicht. Man kann den Ärger des Journalisten sicher begreifen. Sollte Dante Alighieri auf die Erde zurückkehren, so müßte er seinem Höllenkreis einen achten hinzufügen – den Kreis des Mysteriums, in dem Frager, die während ihres Erdendaseins nicht weise gewesen waren, im Jenseits die peinigenden Schmerzen ungestillter Neugier erfahren müßten.

Armand vergaß alles: Lotias Bedrücktsein, Roberts Verzweiflung. Er verbrachte ganze Tage auf dem hoch gelegenen Plateau der Goldinsel und suchte mit dem Fernglas den Horizont ab. Er erwartete die englische Flotte mit fieberhafter Ungeduld, da ihre Ankunft ihm endlich erlauben würde, den Namen des Eigentümers der Villa zu erfahren.

Inzwischen hatte er wohl versucht, irgendeinen Hinweis zu finden; aber die Vorsichtsmaßnahmen waren zu gut. Die Türen des Hauses waren verschlossen, und durch die Fenster hindurch konnte er keinerlei Möbel entdecken. Armand zerbrach sich vergebens den Kopf, wie das Haus eingerichtet sein mochte; um es zu erfahren, hätte er ins Haus einbrechen müssen. Und wir müssen gestehen, daß er immerhin mit dieser Idee spielte, doch da bescherte ihm der Zufall ein Indiz. Es war an einem Morgen, an dem er noch ungeduldiger als sonst schon früh seine Unterkunft verlassen hatte. Im Park lief er nervös auf und ab, als sein Blick auf einen Korb fiel, der am Rande des Rasens stand.

Dickfleischige Pflanzen, die in Europa nur in Gewächshäusern gedeihen, waren dort eingepflanzt und trieben wunderliche Blüten. Der Journalist stieß einen Schrei des Triumphes aus. In der Mitte des Korbes war, von roten Blumen eingerahmt, ein Zeichen angebracht, und dieses Zeichen formte die Initialen J. P.

»J. P.«, rief er aus. »Verflixt. Ich habe es gefunden. J. P. James Pack. Ich werde ihm gleich meine Entdeckung unter die Nase reiben!«

Schon im voraus von der Überraschung entzückt, die er jetzt dem Korsaren machen würde, eilte er die Treppen zu dem unterirdischen See hinab, an dessen Strand er den Korsaren beschäftigt wußte.

»Guten Tag«, sagte er gutgelaunt zu ihm. »Ich muß Ihnen meinen Dank abstatten.«

»Mir?« fragte der Bucklige.

»Ja, Ihnen.«

»Und weswegen?«

»Wegen des Stillschweigens, das Sie über den Eigentümer des Häuschens auf dem Plateau gewahrt haben.«

Der Korsar lächelte.