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Andrusch spießte ein großes Stück Speck aufs Messer und schnupperte dran, bevor er es in den Mund schob und fortfuhr:

»Sie haben mich in den Stall gebracht, der Kretschmer von Oßling hat nach der Stallmagd gerufen.

>He, Kathel - versorg mir den Ochsen vom Kamenzer Vetter gut, daß er uns nicht vom Fleisch fällt!< - >Schon rechts sagt die Kathel und stopft mir auch gleich einen Arm voll Heu in die Raufe. Da reicht es mir mit dem Ochsenleben, und ohne mich lang zu besinnen, sag ich, mit Menschenworten sag ich es: >Heu und Stroh könnt ihr selber fressen - ich mag einen Schweinebraten mit Knödeln und Kraut und ein schönes Bier dazu!<«

»Ach du grüne Sieben!« rief Krabat. »Und weiter?«

»Nu ja«, sagte Andrusch. »Die drei sind vor Schreck auf den Hintern gefallen und haben um Hilfe geschrien, als ob sie am Spieße steckten. Da. habe ich sie zum Abschied noch einmal angemuht - und dann bin ich als Schwälbchen zur Stalltür hinausgesegelt, tschieptschiep, das war alles.«

»Und Blaschke?«

»Hol ihn der Teufel samt seinem Viehhandel!« Andrusch griff nach dem Ochsenziemer, und wie zur Bekräftigung knallte er wild drauflos. »Ich bin froh, daß ich wieder da bin mit meiner Pockennase!«

»Ich auch«, sagte Tonda. »Du hast deine Sache gut gemacht - und Krabat, denke ich, wird eine Menge dabei gelernt haben.«

»Ja!« rief der Junge. »Ich weiß nun, wie spaßig es ist, wenn man zaubern kann!«

»Spaßig?« Der Altgesell wurde ernst. »Du magst recht haben - spaßig ist es zuweilen auch.«

Feldmusik

Der polnischen Krone wegen führte der Kurfürst von Sachsen seit Jahren Krieg mit dem Schwedenkönig; und da man zum Kriegführen außer Geld und Kanonen vor allem Soldaten braucht, ließ er im Lande fleißig die Trommel rühren und Truppen anwerben. Es gab Burschen genug, die freiwillig zu den Fahnen liefen, besonders am Anfang des Krieges; bei anderen mußten die Werber nachhelfen, sei es mit Branntwein, sei es mit Stockschlägen. Doch was tat man nicht alles im Dienst eines glorreichen Regimentes, zumal es für jeden Rekruten, den man ihm zuführte, ein besonderes Kopfgeld gab.

Ein Trupp Werber, bestehend aus einem Leutnant vom Dresdener Fußregiment, einem Schnauzbart von Korporal, zwei Gefreiten und einem Tambour, der seine Trommel wie einen Buckelkorb auf dem Rücken trug - ein Trupp Werber verirrte sich eines Abends im Frühherbst auch in den Koselbruch. Es dunkelte schon, der Meister war über Land geritten, auf drei, vier Tage, die Mühlknappen lümmelten in der Gesindestube herum und gedachten den Rest des Tages mit Faulenzen zuzubringen: da klopfte es an der Tür, und als Tonda hinausging, stand draußen der Leutnant mit seinen Soldaten: Man sei Offizier Seiner Durchlaucht des allergnädigsten Kurfürsten, und man habe den Weg verloren, weshalb man in dieser verdammten Mühle Quartier zu nehmen sich resolviert habe für die Nacht - ob das klar sei?

»Gewiß, Euer Gnaden. Ein Platz auf dem Heuboden findet sich allemal für Euch.«

»Auf dem Heuboden?« schnauzte der Korporal. »Er ist wohl nicht recht bei Trost, Kerl! Das beste Bett in der Mühle für Seine Gnaden, potz Schlapperment - und der Schinder holt Ihn, wenn meines um ein Haar schlechter ist! Hunger haben wir außerdem. Also aufgetischt, was die Küche hergibt, und Bier oder Wein dazu, das ist einerlei, wenn's nur ausreicht - und ausreichen muß es, sonst schlag ich Ihm eigenhändig die Knochen im Leib entzwei! Vorwärts, und sput Er sich, oder die Pestilenz soll Ihm in den Balg fahren!«

Tonda pfiff durch die Zähne, leicht nur und kurz, doch die Mühlknappen in der Stube hörten ihn. Als der Altgesell mit den Werbern die Stube betrat, war sie leer.

»Belieben die Herren Soldaten nur Platz zu nehmen, das Essen kommt gleich!«

Während die ungebetenen Gäste sich's in der Gesindestube behaglich machten, die Halsbinden lockerten und die Gamaschen aufknöpften, steckten die Mühlknappen in der Küche die Köpfe zusammen, um zu beratschlagen.

»Diese bezopften Affen!« rief Andrusch. »Was glauben die eigentlich, wer sie sind!«

Er hatte schon einen Plan parat. Alle Burschen, selbst Tonda, erklärten sich unter großem Hallo damit einverstanden. In Eile richteten Andrusch und Staschko mit Michals und Mertens Hilfe die Speisen her: drei Schüsseln voll Kleie und Sägemehl, mit ranzigem Leinöl zu einem Brei verrührt und mit Tabakskrümeln gewürzt. Juro lief in den Schweinestall und kam mit zwei angeschimmelten Broten unter dem Arm zurück. Krabat und Hanzo füllten fünf Bierkrüge mit dem brackigen Traufwasser aus der Regentonne.

Als alles bereit war, ging Tonda zu den Soldaten hinein und meldete, daß das Essen fertig sei. Wenn Seine Gnaden gestatten, werde er auftragen lassen.

Dann schnalzte er mit den Fingern; und dies war ein Fingerschnalzen besonderer Art, wie sich noch herausstellen sollte.

Zunächst ließ der Altgesell die drei Schüsseln herbeibringen. »Hier, wenn's gefällig ist, eine Nudelsuppe mit Rindfleisch und Hühnerklein - da eine Schüssel Grünkohl mit Kuttelfleck - dort ein Gemüse von weißen Bohnen, gerösteten Zwiebeln und Speckgrieben ...«

Der Leutnant schnupperte an den Speisen, ihm fiel die Wahl schwer.

»Recht brav, was Er uns da auftischt. Laß Er mich mal die Suppe versuchen, fürs erste!«

Auch Schinken sei da und Rauchfleisch, fuhr Tonda fort, auf die schimmligen Brote zeigend, die Juro auf einer Platte hereintrug.

»Fehlt aber noch das Wichtigste!« mahnte der Korporal. »Rauchfleisch macht durstig - und Durst will gelöscht sein, solang er jung ist, potz Krätze- und-Cholera-auf-den-Hals!«

Auf Tondas Wink kamen Hanzo und Krabat, Petar, Lyschko und Kubo hereinmarschiert, jeder mit einem Bierkrug voll Traufwasser.

»In Respekt, Euer Gnaden - auf Dero Gesundheit!« Der Korporal leerte seinen Krug auf das Wohl des Leutnants, dann wischte er sich den Schnauzbart und rülpste. »Nicht schlecht, das Gesöff - meiner Seele, nicht schlecht, das Zeug! - Selbstgebraut?«

»Nein«, sagte Tonda. »Vom Bräuhof in Traufersdorf, mit Verlaub.«

Es wurde ein lustiger Abend. Die Werber aßen und tranken für zehn, und die Mühlknappen lachten sich eins, denn sie sahen ja, was die Herren Soldaten in Wirklichkeit zu verspeisen beliebten, ohne es im geringsten zu ahnen.

Die Regentonne war groß. Das Traufwasser reichte hin, um die Bierkrüge wieder und wieder aufzufüllen. Allmählich begannen sich die Gesichter der Gäste zu röten. Der Tambour, ein Junge in Krabats Alter, kippte beim fünften Krug wie ein Mehlsack vornüber; er schlug mit dem Kopf auf die Tischplatte, daß es sich anhörte wie ein Paukenschlag, und begann zu schnarchen. Die anderen tranken fleißig weiter - und mitten im schönsten Gelage entsann sich der Leutnant beim Anblick der Müllerburschen des Kopfgeldes, das ihm für jeden der Fahne zugeführten Rekruten winkte.

»Wie wäre es«, rief er, den Bierkrug schwenkend, »wenn ihr die Müllerei an den Nagel hängtet und Kriegsdienst nähmet? Als Mühlenknecht ist man ein Nichts, ein Niemand, ein Haufen Dreck. Als Soldat aber...«