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»Recht hast du, Bruder - die Vorrede, denk ich, ist lang genug gewesen! Gebt mir noch mal den Krug rüber, dann hört zu ...«

»Damals«, erzählte Andrusch, »ist Pumphutt also nach Schleife gekommen, zum Obermüller, der, wie ich schon gesagt hab, ein Geizkragen sondersgleichen gewesen ist. Die Butter aufs Brot hat den Mann gereut, und das Salz in die Suppe. Drum hat er auch ständig Ärger gehabt mit den Mühlknappen, weil ihm keiner hat bleiben wollen. Viel Arbeit bei schlechtem Fraß, das verträgt sich nicht lange, das weiß man ja.

Damals kommt Pumphutt also vor diese Mühle und fragt nach Arbeit. >Arbeit genug<, sagt der Obermüller, der sich ja eigentlich hätte denken können, wer da vor ihm stand mit seinem spitzen Hut und dem Ring im Ohr. Aber das ist es ja eben, daß jeder, der es mit Pumphutt zu tun kriegt, erst hinterher merkt, daß er's gleich hätte merken müssen. Der Obermüller in Schleife merkt auch nichts davon, und Pumphutt verdingt sich ihm auf drei Wochen zur Aushilfe.

Es sind noch zwei andere Knappen da und ein Lehrjunge, dürr wie die Zaunstecken alle drei, mit geschwollenen Beinen vom vielen Wassersaufen. Denn Wasser gibt es genug in der Obermühle, das ist aber auch das einzige, was der Müllscher ihnen nicht zumißt. Mit Brot sind sie knapp gehalten, mit Grütze noch knapper, und Fleisch oder Speck gibt es überhaupt nicht, nur Käse manchmal, und hie und da einen halben Hering. Sie arbeiten recht und schlecht, die drei, weil sie arme Teufel sind, und der Müllscher hat ein Papier von ihnen, daß sie ihm Geld schulden, deshalb können sie ihm nicht weglaufen.

Pumphutt schaut sich das eine Weile an. Er hört, wie der Lehrjunge jeden Abend vor Hunger flennt, bis er einschläft. Er sieht, wie den beiden Gesellen, wenn sie sich morgens am Brunnen waschen, die Sonne durch ihre Bäuche durchscheint, so dünn sind sie.

Eines Mittags dann, wie sie bei Tisch sitzen, es ist laut in der Stube, die Mühle läuft weiter, sie haben zuvor einen Posten Buchweizen aufgeschüttet, der unterdessen geschrotet wird - eines Mittags kommt nun der Meister zu ihnen herein, wie sie gerade die Suppe löffeln, ein wäßriges, fades Zeug, mit Brennesseln drin und Melde und fünf, sechs Kümmelkörnern, es können auch sieben gewesen sein. Das ist für Pumphutt der Augenblick, um sich den Müllscher vorzunehmen.

>He, Meester!< ruft er und zeigt in die Suppenschüssel. >Ich hab mir das jetzt zwei Wochen lang angesehen, was du den Leuten auf deiner Mühle vorsetzt. Meinst du nicht, daß es bissei dürftig ist auf die Dauer? Koste doch mal davon!< - und er hält ihm den Löffel hin.

Der Müller tut so, als habe er bei dem Lärm, den die Mühle macht, nicht verstehen können, was Pumphutt gesagt hat. Er zeigt mit den Fingern auf seine Ohren, er schüttelt den Kopf und grinst dazu.

Aber das Grinsen vergeht ihm bald. Pumphutt, der ja nun eben mehr kann als Brot essen, haut mit der flachen Hand auf den Tisch - und im Augenblick, klapp! steht die Mühle still, und zwar ganz, ohne daß was nachklappert oder ausrumpelt. Nur das Wasser braust durchs Gerinne und klatscht an die Radschaufeln: daran, daß jemand die Schleuse heruntergeleiert hat, kann es also nicht liegen. Es muß sich da was im Laufwerk verkeilt haben, wenn es nur nicht das Kammrad ist oder die Mühlenwelle! Der Obermüller von Schleife, wie er den ersten Schreck überwunden hat, kriegt das große Zappeln. >Schnell!< ruft er, >schnell!< ruft er. Junge, du machst die Schleuse dicht - und wir anderen gehen nachsehen, was mit der Mühle los ist! Rasch, rasch aber, kommt schon!<

>Das braucht's nicht<, sagt Pumphutt in aller Seelenruhe, und diesmal ist er es, der grinst.

>Wie das?< fragt der Meister.

>Weil ich es bin, der die Mühle zum Stehen gebracht hat.<

>Du?<

>Ich bin Pumphutt.<

Ein Sonnenstrahl, wie bestellt, fällt durchs Stubenfenster herein, und es blitzt ein gewisser Goldring auf, in einem gewissen Ohrläppchen.

>Du bist Pumphutt?<

Dem Müllscher wird's butterweich in den Knien. Er weiß ja, wie Pumphutt mit Meistern umspringt, die ihre Knappen darben lassen und kujonieren. >Mein Gott!< denkt er, >daß ich es nicht gemerkt habe, als er um Arbeit gefragt hat! Bin ich denn blind gewesen die ganze Zeit über?<

Pumphutt schickt ihn hinaus, nach Papier und Tinte. Dann schreibt er ihm vor, was die Müllerburschen von nun an zu kriegen haben:

>Für jeden ein halbes Pfund Brot am Tag, gut gewogen.

Früh eine dicke Grütze von Weizenschrot oder Hirse, auch Buchweizen darf es sein oder Graupen, in Milch gekocht, sonn- und feiertags Zucker dran.

Zweimal die Woche zu Mittag Fleisch und Gemüse, bis jeder satt ist;

die anderen Tage Erbsenbrei oder Bohnen mit Speck oder aufgebratene Knödel oder nach Gutdünken eine andere nahrhafte Speise, ausreichend in der Menge, mit allem Gewürz, was darangehört ...<

So schreibt er und schreibt, eine ganze Liste voll. Haargenau legt er fest, was der Obermüller in Schleife den Burschen in Zukunft zu geben hat.

>Unterschreib das mit deinem Namen<, sagt Pumphutt, wie er mit seiner Liste fertig ist, >und dann schwöre mir, daß du dich daran halten wirst!<

Der Müller weiß, daß ihm keine Wahl bleibt. Er setzt also seinen Namen darunter und schwört.

Da nimmt Pumphutt den Bann von der Mühle: klapp! mit der Hand auf den Tisch - und schon läuft das wieder. Die Liste gibt er dem einen der beiden Gesellen zur Aufbewahrung; dann sagt er zum Müllscher, und diesmal versteht ihn der trotz des Mühlenlärms ausgezeichnet:

>Damit wir uns recht verstehen, Meester: Was du beschworen hast, ist beschworene Sache. Wenn ich jetzt weiterziehe, dann hüte dich, deinen Schwur zu brechen, sonst ...< Klapp! stand die Mühle schon wieder still, ohne Nachplempern, ohne Ausrumpeln, daß es den Müllscher vor Schreck gerissen hat. -

>Aber dann<, hat der Pumphutt gesagt, >dann ist Feierabend für immer, dann bringt dir kein Mensch den Krempel wieder zum Laufen, merk dir das!< - hat's gesagt, hat gemacht, daß die Mühle weitergelaufen ist, und ist weggegangen.

Seither haben die Mühlknappen, wie man hört, auf der Obermühle in Schleife ein gutes Leben. Sie kriegen, was ihnen zukommt, keiner braucht Hunger zu leiden, und Wasserbeine haben sie auch nicht mehr.«

Den Burschen gefiel, was Andrusch ihnen von Pumphutt erzählt hatte. »Weiter!« verlangten sie. »Mehr von ihm! Trink noch was - und laß hören!«

Andrusch setzte die Kanne an, um sich die Gurgel zu schmieren, und weiter ging es von Pumphutt: wie er's den Meistern gegeben hatte, in Bautzen und Sohrau, in Rumburg und Schluckenau - sich zum Spaß und den dortigen Müllerburschen zum Nutzen.

Krabat mußte an ihren eigenen Meister denken, die Reise nach Dresden zum Kurfürsten fiel ihm ein - und er fragte sich, wie es wohl ausgehen würde, wenn Pumphutt durch Zufall einmal an ihren Meister geriete: welcher von beiden dem anderen überlegen wäre, falls es auf eine Kraftprobe zwischen ihnen hinausliefe.

Pferdehandel

Nach Ostern fingen sie damit an, alles Holzwerk zu überholen, das auf der Mühle vorhanden war. Staschko, als der geschickteste von den Burschen, hatte vom Meister den Auftrag dazu bekommen; Kito und Krabat waren ihm als Gehilfen zugeteilt. Von der Mehlkammer bis zum Dach hinauf sahen sie alles nach, was aus Holz war; und wo es sich zeigte, daß etwas schadhaft geworden war, daß ein Pfosten zu brechen drohte, ein Trittbrett sich aus den Zapfen gelöst hatte, in den Bohlen der Zwischenböden der Wurm war, wurde es von den dreien ausgewechselt oder auf andere Weise instand gesetzt, sei es durch Stützen, sei es durch einen Unterzug. An der Schalung des Mühlgrabens gab es manches zu flicken, das Wehr mußte frisch verzimmert werden, der Bau eines neuen Wasserrades stand ihnen auch ins Haus.